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Foto von Tyler Franta

Wer als Arbeitgeber Outplacement einsetzt, kann oder will Kündigungen wohl nicht verhindern, möchte die Betroffenen jedoch gütlich auf dem Weg zu einem neuen Job am Arbeitsmarkt begleiten. Ein Blick in die Auftragsbücher von Outplacement-Beratern zeigt, wie die Wirtschaft mit Fach- und Führungskräften umgeht. Der Befund setzt den gebetsmühlenhaften Ruf der Wirtschaft nach diesen Zielgruppen in ein weniger populäres Licht. Da mangelt es Kandidaten nämlich nicht etwa nur an Qualifikationen, es werden auch Positionen vakant, die zu den heißen Stühlen der Republik zählen. Dass derer viele sind, zeigt die jüngste Auswertung von Aufträgen der Outplacement- und Karrieremanagement-Experten Grass & Partner. Das Unternehmen veröffentlicht seit Jahren seine Zahlen, legte aber nun erstmals einen Langzeitreport vor, der die Trends der Jahre zwischen 2012 und 2014 miteinander vergleicht.

              “Zahl der entlassenen Konzern- und
                    Geschäftsleitungsmitglieder ist hoch –
          nahezu jeder Vierte kommt
                              aus der ersten Stufe.”

In diesen Branchen wackelten viele Stühle

Für spektakuläre Ausschläge in den Statistiken sorgten in den letzten drei Jahren der Banken- und Industriesektor. Dass die Werte sich nicht aus einer etwaigen Spezialisierung des Providers ergeben, lässt sich daran belegen, dass diese zwei Sektoren breite Pfeiler in der Ökonomie der Schweiz darstellen und sich stark wandeln. Im Zuge dessen kamen 35% der Fälle in 2012 aus Banken, diese Quote sank bis 2014 auf 14%, die Branche hat sich offenbar beruhigt. Die Industrie macht es gerade anders herum: In 2012 waren nur 11% der Fälle ihr zuzurechnen, in 2014 stieg die Marke schon auf satte 35%. 

Auch der Versicherungssektor legt markante Zahlen vor, indem er nämlich absolut keine Veränderung zeigt. Seine Quote beträgt konstant 10%. Die Barometer der anderen ausgewerteten Branchen steigen und fallen vergleichsweise moderat. Von diesen hebt sich der Sektor „Pharma und Chemie“ hervor: 19% in 2012 und 2013 wurde zu 14% in 2014. Weniger Jobverluste verzeichnet auch die Informatik, hier setzte man in 2012 noch zu 12% Leute vor die Tür, dagegen weisen 2013 nur 5% und 2014 6% aus. Anders ist das Bild in der Dienstleistung, der Wert springt von 2% in 2012 auf 8% in 2013 und schlussendlich auf 11% im letzten Jahr.   

Keine Macht dem Social Media

Es ist bekannt, das jene, welche die Fäden in Wirtschaft und Gesellschaft wirklich in der Hand halten, wenig Spuren in Social media-Welten hinterlassen. Es überrascht aber doch, dass dies nun auch durch zahlen untermauert wird. Bei der Frage, wie denn neuen Stellen gefunden wurden, kamen soziale Medien nur zu 5% in 2014 zum Zug. Werte aus Vorjahren liegen nicht vor.

Die Hitliste der erfolgreichsten Strategien wird angeführt vom Networking (durchschnittlich 40,3%), gefolgt von Inseraten und Internetrecherche (26,6%, Tendenz steigend), Interim Management (8,3%) und Executive Search (7%). Spontanbewerbungen, interne Umpositionierungen und Selbständigkeit erzeugen weniger Quote. Im Klartext heißt das: Der digitalen Welt gelingt es nicht, Kontakte mit Handschlagsqualität umzusatteln. Wer in der Schweiz Manager und Spezialisten sucht, muss also weiterhin sein Zimmer verlassen.      

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Copyright Foto: Rainer Sturm | www.pixelio.de

Leistung toll, aber Chemie schlecht

Der Markt der Managementratgeber profitiert davon, dass Topkarrieren oft nur mit harten Bandagen zu machen sind. Da soll an Kompetenzen gefeilt werden, Netzwerke solle man ausbauen und jede Menge Tricks beachten. Auch Fachkarrieristen wird ähnliches geraten. Die Auswertung von Grass & Partner zeigt, dass die Ratschläge offenbar ins Leere gehen, denn die Natur des neoliberalen Wirtschaftssystems legt ganz andere Schienen. Nur in durchschnittlich 7,7% der Fälle war die Leistung der Trennungsgrund. Personalabbau folgt auf Platz zwei mit 12,7%. Persönliche Chemie als Trennungsgrund kommt auf 26,3%. Die unumstrittene Nummer eins aber bilden Restrukturierungen und M&A mit 50%. Andere Gründe oder interne Umpositionierungen fallen nur marginal ins Gewicht.

Inwiefern laut Statistik wirklich vor allem Personen zwischen 40 und 54 Jahren den Koffer packen mussten, ist nicht ganz eindeutig. Da der Report mit der Zahl derjenigen arbeitet, denen Outplacement zur Verfügung gestellt wurde, wäre denkbar, dass Unternehmen der zitierten Altersgruppe insbesondere Begleitung zubilligen, während man sich bei jüngeren Beschäftigten zurückhält und vergleichsweise weniger Personen über 55 Jahre als Fach- und Führungskräfte arbeiten. Die Durchschnittswerte für ausgewählte Altersgruppen für die letzten drei Jahre lauten:

35 – 39 Jahre: 10% |
40 – 44 Jahre: 20,3% |
45 – 49 Jahre: 27% |
50 – 54 Jahre: 23%     

Umzüge vor allem auf der Teppichetage
und neuerdings in Fachbüros

An der Spitze zählt in der kurzatmigen Unternehmenspraxis oft nicht mehr, wie gut jemand Leute führen kann oder welches Markt-Knowhow er hat. Der Manager ist, was er einnimmt. Sein Umsatz stimmt oder sein Türschild wechselt. Das erleben vor allen Dingen Konzern- und Geschäftsleitungsmitglieder. Ihre Entlassungen bilden innerhalb der letzten drei Jahre durchschnittlich 22,6% der Fälle. Häufiger erwischt es obere Kader, ihre Fallzahl liegt im Vergleich bei 27,6%. Mittlere Kader sind zu 19% im Durchschnitt und untere Kader zu 9,7% betroffen.

Während viele Führungskräfte Entlassungen der Statistik zufolge gewohnt sein dürften, betreffen sie neuerdings Fachspezialisten in immer größerem Ausmaß. In 2012 kamen auf diese Zielgruppe 8% der Fälle. In 2013 sprang der Wert auf 20% und landete in 2014 bei 25%.

Aus welchen Tätigkeitsfeldern die entlassenen Fachleute kommen, berichtet die Auswertung nicht. Jedoch lassen die Barometer der betroffenen Berufe einen Rückschluss zu. Unter den Felder Forschung/Entwicklung, Human Resources, Informatik, Marketing/Einkauf, Finanzierung/Controlling und Produktion/Logistik sowie Andere ragt vor allem die rasante Verschärfung im Bereich Mgt. Support Stab heraus. In 2012 kamen die entsprechenden Fälle auf 8%, in 2013 auf 16% und letztes Jahr auf 23%. Auch Marketing und Einkauf weist mehr Trennungen über Outplacement auf (10% in 2012, 18% in 2014). Beruhigt hat sich die Lage für Finanzprofis und Controller. Ihre Quote von 36% in 2012 sank auf 14% in 2014. Personalverantwortliche bewegen sich statistisch gesehen im Mittelfeld, ihre Quote beträgt im Durchschnitt 9%.