Moderne digitale Lerntools gehen auf die Lernenden individuell ein. Das Lernerlebnis wird im Selbststudium, aber auch in den digitalen Phasen des Blended Learnings immer persönlicher. Der Content wird so zusehends zum Content des lernenden Users. Digitale Lernsysteme, die derart individualisiert sind, gehen gezielt auf das Vorwissen, die Vorgeschichte und die aktuellen Lernbedürfnisse des Lerners ein. Der E-Learning-Inhalt passt sich – dank künstlicher Intelligenz – an die Lernenden an, wird niederschwelliger und bedürfnisorientierter.

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Foto von Romain V

Lernen im Kontext der lernenden Organisation kann heutzutage aber noch mehr. Es überwindet die Grenzen klassischer Personalentwicklung, durchdringt vielmehr sämtliche Bereiche der Organisation. Corporate Learning – konsequent weitergedacht – wird zunehmend zum Treibstoff moderner Unternehmen und Organisationen in einer sich transformierenden, digitalisierten Wissensgesellschaft.

Movement Learning – der Lerner wird Teil einer Bewegung

Diese Digitalisierung führt zu kontinuierlichen Veränderungen, oftmals zu Disruption. Aus den Veränderungsprozessen werden jene Unternehmen gestärkt hervorgehen, die es schaffen, sich anzupassen. Unerlässlich hierfür ist die Akzeptanz und Mitwirkung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. An diesem Punkt knüpft das Konzept des Movement Learning an. Movement Learning setzt hierbei auf das sogenannte Movement Campaigning auf, das vor allem aus der politischen Kommunikation bekannt ist und international erfolgreich das Narrativ der „Bewegung“ in Abgrenzung zur „politischen Partei“ in den Mittelpunkt rückt. Ein Beispiel hierfür ist die Kampagne Emmanuel Macrons im französischen Präsidentschaftswahlkampf 2017. Mit Movement Learning sollen Lernzielgruppen grosser und kleiner Unternehmen mit einer passenden Technologie, hochwertigem Content, persönlicher Involvierung und einer gezielten Strategie in die „richtige Richtung bewegt“ werden. Hier geht es nicht zuletzt um Motivation und das Begünstigen von eigeninitiativer Teilhabe am grossen Ganzen der Organisation. Die „Gesellschaft der lernenden Organisation“ wird dabei nicht frontal und top-down beschallt – anders als in Werbung, Markt- und häufig auch unternehmensinterner Kommunikation und Trainings. Vielmehr werden die Lernenden eingeladen, Teil einer Bewegung zu sein, gleichsam bottom-up an der erfolgreichen Zukunftsgeschichte des Unternehmens mitzuschreiben.

Movement Learning geht ähnlich vor wie aktuelle politische „Wahl-Bewegungen“. Obwohl die Veränderungen gross sind, die das Unternehmen gemeinsam erzielen will – etwa die Digitalisierung –, so sind die Schritte dorthin klein und niederschwellig und werden gemeinsam vollzogen. Sie betreffen zum Beispiel Änderungen am Arbeitsplatz (Stichwort: connected workspace), Homeoffice sowie den Wegfall fixer Schreibtische.

Erfolgserlebnisse entstehen so viel schneller, weil die Teilschritte überschaubar und die Stakeholder – die Mitarbeiter – mit im Boot sind.

Das Konzept des Movement Learning transformiert herkömmliches Changemanagement im Rahmen des Corporate Learning und der internen Unternehmenskommunikation in ebendiese „Logik der gemeinsamen Bewegung“. Die Veränderung wird zum ständigen Begleiter. Gleichzeitig werden die Stakeholder zu Begleitern dieser Veränderung. Die Akzeptanz für den Change steigt, weil Movement Learning ihnen das Gefühl gibt, nicht nur zu reagieren, sondern vielmehr selbst Akteur zu sein. Vielleicht ist auch der Ausgang nur grob skizziert. Für alle Beteiligten – Mitarbeiter wie Management – ergibt sich jedoch bald ein Aha-Effekt, gespeist aus der Erkenntnis, stärker als bisher an einem Strang zu ziehen. Es ist ein kontinuierlicher Prozess, der von allen mitgetragen, ja vielleicht sogar mitentwickelt wird.

Individuum – Community – Organisation: Es geht um Haltung!

Ein Werkzeug, das im Rahmen dieses Konzepts erfolgreich als Schnittstelle zwischen Botschaft und Botschaftsvermittlung fungiert, ist das cBook – ein integriertes Lernsystem. Das bedeutet: einerseits Lernmanagementsystem (LMS) und Trägermedium für den Inhalt (die Botschaften), andererseits aber auch Nachschlagewerk und Arbeitswerkzeug in der Umsetzung des Erlernten – inklusive weitreichender Vernetzungsmöglichkeiten mit der eigenen Lerngruppe, mit Trainern oder auch – via sogenannte Community Charts – mit dem Unternehmen selbst. Dieses erhält dadurch die Möglichkeit, Meinungen und Befindlichkeiten der Lernenden zu erfragen – also wichtige Informationen und Entscheidungsgrundlagen für Verantwortungsträger. Wie die Projekterfahrung zeigt, waren die Ergebnisse dieser Community Charts aus dem cBook für das Management häufig viel wichtiger als Statistiken aus dem Lernmanagementsystem – also wer hat wann welchen Kurs mit welcher Bewertung absolviert. Kein Wunder, haben doch die Lerngruppen gleichzeitig zu ihrer persönlichen Entwicklung dem Unternehmen (der lernenden Organisation) etwas Wertvolles zurückgespielt: ihre Haltung. Und zu wissen, wie die eigene Belegschaft tickt, hilft der Organisation, Vorgangsweisen gegebenenfalls zu adaptieren und feiner entlang der Movement-Learning-Strategie abzustimmen.

Fazit

Die Erkenntnis lautet also: Beim Thema Lernen dürfen und sollten Unternehmen über den Tellerrand konventioneller Wissensvermittlung und klassischen Lernmanagements hinaus denken. Nicht als Selbstzweck. Auch nicht, um dogmatisch dem heiligen Gral der Innovation nachzujagen. Vielmehr deshalb, weil die Zeit nicht stehen geblieben ist.

Auf dem Gebiet des Lernens ist sowohl technologisch als auch konzeptionell in den vergangenen Jahren viel passiert. Organisationen müssen überlegen, ob sie dynamischen Veränderungsprozessen weiterhin auf konventionelle Art begegnen wollen oder ob sie sich selbst als lernende Organisationen definieren sowie Innovation und Fortschritt als Kategorie ihres Organisationserfolges begreifen.

Wenn sie das tun, sollten sie beherzigen, dass die lernende Organisation alle betrifft – vom CEO bis zum Neueinsteiger. Das bedeutet, dass Corporate Learning vor allem dann erfolgreich ist, wenn es zum einen die strategischen Botschaften des Unternehmens integriert („Reason Why“) und zum anderen die Lernenden, die Trainierenden und die Führungskräfte involviert. Dies vereint unter einem Dach, unter Nutzung moderner Technologien sowie unternehmensweiter Konsistenz der Botschaften, ist die Basis von Movement Learning.

Es geht also um mehr als „nur“ Lernen. Es geht um den gemeinsamen Weg und um das Versprechen, das die Organisation damit intern kommuniziert.

Nicht zuletzt sendet ein Unternehmen, das die eigene Belegschaft auf so neuartige, einladende und spannende Weise zu schulen gewillt ist, eine weitere Botschaft nach innen, die da lautet: Wir haben Innovationskraft. Uns ist die (Weiter-)bildung unserer Mitarbeiter etwas wert. Wir sind in der Zukunft angekommen (Stichwort: Employer Branding). Das gibt Sicherheit, schafft Motivation und stärkt letztlich ganz im Sinne des Movement Learning vor allem eines: Die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen.