Bereits im März erschien eine Pressemitteilung zur Entscheidung des BAG vom 11. März 2008 (3 AZR 358/06) zur Rentner-Gesellschaft. Zur Erinnerung: Auf dem Wege der Ausgliederung (und in der Regel als Ergänzung eines “asset deals”) können Unternehmen die Ansprüche und Anwartschaften von nicht mehr aktiven Arbeitnehmern (also Rentnern und mit unverfallbarer Anwartschaft Ausgeschiedenen) auf eine separate Gesellschaft übertragen. Zweck dieser Gesellschaft ist es regelmäßig nur, die Versorgungsrechte zu verwalten und abzuwickeln Das BAG hat in seiner Entscheidung die Zulässigkeit einer so gennanten Rentner-Gesellschaft bestätigt. Der nun vorliegende Volltext des Urteils konkretisiert nun erstmals die Anforderungen an die finanzielle Ausstattung einer Rentner-Gesellschaft (siehe dazu Punkt 1 unten).

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Foto von Tyler Franta

Die Generalanwältin beim EuGH hatte sich im September in ihren Schlussanträgen in der Angelegenheit “Bartsch” zur Frage der Zulässigkeit von Altersabstandsklauseln geäußert, Altersabstandsklauseln – welche in Deutschland sehr häufig in Versorgungsordnungen vorkommen – sehen vor, dass die Leistungen an Hinterbliebene reduziert oder gar vollständig ausgeschlossen werden, wenn der Alterstabstand zwischen dem verstorbenen Arbeitnehmer und dem Hinterbliebenen eine bestimmte Anzahl von Jahren – im Vorlagefall waren dies 15 – überschreiten. Die Generalanwältin hat die Ansicht vertreten, dass Altersabstandsklauseln jedenfalls teilweise – nämlich solange die Hinterbliebenenleistung nur gekürzt und nicht vollständig ausgeschlossen wird – als vereinbar mit europäischem Recht anzusehen ist. Der EuGH hat einen Verstoß gegen europäisches Recht im konkreten Fall abgelehnt (siehe dazu Punkt 2 unten).

1. Anforderungen an die finanzielle Ausstattung einer Rentner-Gesellschaft

Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 11. März 2008 (3 AZR 358/06) klargestellt, dass eine Rentner-Gesellschaft ausreichend mit finanziellen Mitteln ausgestattet sein muss, um die auf sie ausgegliederten Versorgungsverbindlichkeiten zu erfüllen. Ist dies nicht der Fall, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Ausgliederung; das ausgliedernde Unternehmen ist dann allerdings gegenüber seinen ehemaligen Arbeitnehmern schadensersatzpflichtig.

Eine ausreichende finanzielle Ausstattung ist nach Ansicht des BAG nur gegeben, wenn die Rentner-Gesellschaft bei einer realistischen betriebswirtschaftlichen Betrachtung genügend leistungsfähig ist – also in der Lage, die Versorgungsverpflichtungen langfristig zu erfüllen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Leistungsfähigkeit ist die Eintragung (der Ausgliederung der Versorgungsverpflichtungen) in das Handelsregister.

Im Einzelnen hat das BAG folgende Voraussetzungen an die finanzielle Ausstattung einer Rentner-Gesellschaft formuliert:

  • Die finanzielle Ausstattung muss neben der Auszahlung der laufenden Renten auch die Vornahme von Anpassungen nach § 16 BetrAVG ermöglichen. Für die Einschätzung des hierfür notwendigen Finanzbedarfs soll dabei der Kaufkraftverlust der jeweils letzten 20 Jahre ausschlaggebend sein.
  • Bei der Frage, auf welche Art und Weise die Rentner-Gesellschaft mit ausreichenden Mitteln ausgestattet wird, haben die Unternehmen einen großen Freiraum: Zulässig sind Geldanlagen oder Mieteinnahmen der Rentner-Gesellschaft, aber auch z.B. ein Schuldbeitritt des ausgliedernden Unternehmens. Ergebnisabführungsverträge, die zwar eine Verlustübernahme beinhalten, aber jederzeit gekündigt werden können, sieht das BAG hingegen als unzureichend an.
  • Wird eine Rentner-Gesellschaft im Zuge eines Sanierungskonzeptes gegründet, scheint das BAG unter gewissen Voraussetzungen geringere Anforderungen an die finanzielle Ausstattung bezüglich der Rentenanpassungen zu stellen. Einzelheiten hat das BAG allerdings ausdrücklich offen gelassen.

Ein weiterer Punkt der Entscheidung wird für Unternehmen von besonderem Interesse sein: Das BAG gesteht dem nicht mehr aktiven Arbeitnehmer einen Auskunftsanspruch über die finanzielle Ausstattung der Rentner-Gesellschaft zu. Dieser Anspruch besteht, sobald greifbare Anhaltspunkte für eine eventuelle mangelnde Ausstattung bestehen und richtet sich sowohl gegen das ausgliedernde Unternehmen als auch gegen die Rentner-Gesellschaft selbst. Arbeitgeber müssen daher in Zukunft verstärkt damit rechnen, dass Betroffene detaillierte Informationen über die finanzielle Lage der Rentner-Gesellschaft verlangen.

2. Entscheidung des EuGH zu Altersabstandsklauseln

Im konkreten Fall ging es um eine Altersabstandsklausel, die die vollständige Kürzung von Hinterbliebenenleistungen vorsah, wenn der überlebende Ehegatte mehr als 15 Jahre jünger war als der verstorbene Arbeitnehmer. Das BAG war der Ansicht, dass diese Altersabstandsklausel nach deutschem Recht zulässig ist, hat den Fall aber dennoch dem EuGH vorgelegt – insbesondere vor dem Hintergrund der EG-Richtlinie 2000/78, welche durch das AGG umgesetzt wurde und ein Verbot der Diskriminierung wegen Alters enthält.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 23. September 2008 (C-427/06) nun entschieden, dass es im vorgelegten Fall keine Regelung des Europarechts gab, an welcher eine Ungleichbehandlung festgemacht werden konnte. Insbesondere war die EG-Richtlinie 2000/78 zum Zeitpunkt des Versterbens des ehemaligen Arbeitnehmers in Deutschland noch nicht umgesetzt worden. Somit war die Altersabstandsklausel im konkreten Fall zulässig. Ob diese Wertung jedoch auch bei Sachverhalten gilt, die sich nach Inkrafttreten des AGG abspielen, ist offen.

Fazit

Die Entscheidung des BAG zur Rentner-Gesellschaft ist eine Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung und bringt weitere Rechtssicherheit. Die Zulässigkeit des Instituts der Rentner-Gesellschaft können Unternehmen nun endgültig als gesichert ansehen. Zudem gibt die Entscheidung ihnen klare Kriterien für die finanzielle Ausstattung solcher Rentner-Gesellschaften an die Hand.

Hinsichtlich der Frage, ob Altersabstandklauseln mit europäischem Recht vereinbar sind, bleibt es weiter spannend. Hier müssen Unternehmen die weitere Rechtsprechung noch abwarten.

Weitere Informationen finden Sie unter www.lovells.com.