Jede Ausgabe des Horizon Report stellt sechs neue Technologien oder Anwendungen vor, deren Nutzung sich wahrscheinlich innerhalb der kommenden ein bis fünf Jahren – abgestuft in drei Zeithorizonte – an Bildungseinrichtungen durchsetzen wird. Die Technologien, die der 2009 Horizon Report präsentiert, sind in drei Zeithorizonten angesiedelt, innerhalb derer sich nach Einschätzung des zughörigen Beirats die Technologien in Lehre, Lernen, Forschung oder kreativem Ausdruck durchsetzen werden.

person using laptop on white wooden table
Foto von Tyler Franta

Im ersten Zeithorizont (Technologie wird sich in den kommenden zwei Jahren durchsetzen) ordnen die Autoren des Berichts mobile Endgeräte und Cloud Computing ein, beides Technologien, die an vielen Hochschulen bereits etabliert seien – weitere Einrichtungen planten, diese in den kommenden Monaten einzusetzen:

  • Mobile Endgeräte: Mobile Endgeräte werden schon jetzt an vielen Hochschulen als Bestandteil des Netzwerks betrachtet und entwickeln sich weiterhin sehr schnell. Das letzte Jahr brachte neue Schnittstellen, die Fähigkeit, Anwendungen von Drittanbietern auszuführen sowie Standorterkennung, wodurch Mobiltelefone zu immer vielseitigeren Instrumenten wurden, die sich leicht an diverse Aufgaben in Lehre, Lernen, Produktivität und sozialem Networking anpassen lassen. Für viele Nutzer haben Breitband-Mobilgeräte wie das iPhone bereits zahlreiche Aufgaben übernommen, die einst tragbaren Computern vorbehalten waren.
  • Cloud Computing: Groß angelegte „Datenfarmen” – große Cluster miteinander verbundener Server – machen riesige Quantitä-ten von Rechenleistung und Speicherkapazität leicht verfügbar. Kostengünstige, einfache Lösungen für externe Speicherleistung, Skalierbarkeit von Multi-User-Anwendungen, Hosting und Multiprozessor-Computing ebnen den Weg zu einem völlig neuen Verständnis von Computern, Software und Dateien.

Die Institutionen mit der höchsten Technologieaffinität nutzten auch schon die beiden Technologie-Cluster Georeferenzierung und das personenbezogene Web, die in dem Bericht im mittelfristigen Zeithorizont (wird sich in den kommenden drei bis fünf Jahren durchsetzen) angesetzt sind:

  • Geo-Referenzierung: Geokodierte Daten haben viele Anwendungsmöglichkeiten, aber bis vor Kurzem war es für Nichtexperten zeitaufwändig und schwierig, die räumlichen Koordinaten eines Ortes oder Objekts zu ermitteln. Die Möglichkeiten diese Daten zu nutzen, waren zudem begrenzt. Inzwischen können viele gängige Geräte automatisch ihre eigene genaue geografische Position ermitteln und aufnehmen und diese Daten zusammen mit erfassten Medien (wie Fotos) speichern oder sie für eine Reihe von Nutzungsmöglichkeiten an webbasierte Anwendungen übermitteln. Das volle Potenzial von Geotagging ist erst noch dabei sich zu offenbaren, aber die Auswirkungen auf die Forschung sind jetzt schon tiefgreifend.
  • Das personenbezogene Web: Ausgehend von dem Wunsch, Online-Content zu reorganisieren statt nur zu rezipieren, ist das personenbezogene Web Teil eines Trends, der durch Tools angetrieben wird, die den Informationsfluss in individualisierbarer Weise aggregieren, weiter angereichert durch eine wachsende Sammlung von Widgets, die Online-Content verwalten. Der Begriff personenbezogenes Web soll hierbei für eine Gruppe von Technologien stehen, die eingesetzt werden, um die Art und Weise, in der das Internet rezipiert und genutzt wird, zu konfigurieren und zu strukturieren. Mit einer wachsenden Anzahl von frei verfügbaren und einfachen Tools und Anwendungen kann der Nutzer ohne weiteres eine individualisierte, persönliche web-basierte Umgebung schaffen, die ganz gezielt die eigenen sozialen, beruflichen, lernbezogenen und anderen Aktivitäten unterstützt.

Die beiden Technologien semantische Anwendungen und Smart Objects, die im langfristigen Zeithorizont (wird sich in den kommenden vier bis fünf Jahren durchsetzen) angesiedelt sind, finde man für gewöhnlich noch nicht im Bildungskontext, wobei aber Forschung in beiden Bereichen betrieben werde und die voranschreitende Entwicklung darauf hindeute, dass diese Themen zukünftig an Bedeutung gewinnen.

  • Semantische Anwendungen: Neue Anwendungen setzen die Vision eines semantischen Web in die Praxis um, ohne zusätzliche Ebenen von Tags, Identifikatoren oder andere Top-Down-Methoden zur Kontextdefinition einarbeiten zu müssen. Tools, die den Kontext, in dem Informationen angelegt sind, leicht erfassen können und diesen benutzen, um die eingebettete Bedeutung zu extrahieren, bieten umfassendeneue Wege zum Finden und Aggregieren von Content. Gleichzeitig erlauben andere Tools die einfache Modifizierung, Ausgestaltung und Neudefinition von Kontexten bei der Zusammenführung von Informationsflüssen.
  • Smart Objects: Smart Objects – Intelligente Objekte, manchmal auch als das „Internet of Things” bezeichnet, stehen für eine Reihe von Technologien, die normale Objekte in die Lage versetzen ihre eigene geografische Position zu erkennen und entsprechend zu reagieren, oder sich mit anderen Objekten oder Informationen zu verbinden. Ein Smart Object „weiß“ etwas über sich selbst – zum Beispiel wo und wie es hergestellt wurde, wofür es ist, wo es sich befinden sollte, wem es gehört – und über seine Umgebung. Während die zugrunde liegenden Technologien, die dies möglich machen – RFID, QR Codes, Smartcards, Berührungs- und Bewegungssensoren und ähnliches – nicht neu sind, sehen die Autoren des Berichts hier nun neue Formen von Sensoren, Identifikatoren und Anwendungen mit einer sehr viel stärker generalisierbaren funktionalen Ausstattung.

Jede der hier vorgestellten Technologien wird im Hauptteil des Berichts detailliert beschrieben, einschließlich einer Diskussion ihrer Definition und ihrer Relevanz für Lehre, Lernen, Forschung und kreativen Ausdruck. Für jedes der sechs Themen führen die Autoren dort zusätzlich spezifische Beispiele auf.

Schlüsseltrends

Jedes Jahr recherchiert, identifiziert und klassifiziert der Horizon Beirat Schlüsseltrends, die die Praxis von Lehre, Lernen, Forschung und kreativem Ausdruck beeinflussen. Der Beirat bewertet aktuelle Artikel, Interviews, Aufsätze und neue Forschungsergebnisse, um aufkommende oder fortschreitende Trends zu entdecken. Die Trends werden danach klassifiziert, wie bedeutend ihre Auswirkung auf die Bildung in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich sein wird. Die Top-Trends für 2009:

  • Die fortschreitende Globalisierung nimmt weiterhin Einfluss auf die Art wie wir arbeiten, zusammenarbeiten und kommunizieren.
  • Die Idee der kollektiven Intelligenz definiert unser Verständnis von Mehrdeutigkeit und Ungenauigkeit neu.
  • Erfahrung mit und Affinität zu Games als Lerninstrument ist eine zunehmend universale Eigenschaft unter denjenigen, die in die Hochschulausbildung und in die Arbeitswelt eintreten.
  • Visualisierungstools machen Informationen aussagekräftiger und Erkenntnisse intuitiver.
  • Jährlich werden über eine Milliarde Telefone produziert. Mobiltelefone profitieren von einer beispiellosen Innovationskraft, die vom globalen Wettbewerb getrieben ist.

Der 2009 Horizon Report informiert neben den beschriebenen Schlüsseltechnologien und Trends außerdem über eine Reihe von besonderen Herausforderungen, die auf Bildungseinrichtungen in den kommenden fünf Jahren zukommen.

Der Bericht steht zum kostenfreien Download zur Verfügung und wurde unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlicht, um seine Nutzung, Verbreitung und Vervielfältigung möglichst einfach zu machen. Er kann über http://www.mmkh.de/upload/dokumente/2009-Horizon-Report-gr.pdf abgerufen werden (PDF, 840 kb).

Quelle: Horizon Report 2009