E-Learning fungiert als Sammelbezeichnung für Lernprozesse unter Nutzung von elektronischen Medien. Deren Potenziale werden seit längerer Zeit für die Personalentwicklung in Unternehmen sowie an Ausbildungsinstitutionen genutzt. Die Personalentwicklung wird dabei mit E-Learning nicht nur in Form eines High-Tech-Mediums konfrontiert. Bei allen Formen von Outsourcing von Personalentwicklungsleistungen tritt E-Learning primär als Geschäftsmodell eines Anbieters, zum Beispiel eines Software-Herstellers oder eines Anbieters von Learning Management-Systemen, auf. Grundsätzlich zeichnen sich aus Sicht von Personalentwicklern zwei Zugänge zum E-Learning ab:

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Foto von Thought Catalog
  • Learning folgt Technologie: Bei diesem technologiegetriebenen Zugang stehen die technologischen Potenziale von Web 1.0- und Web 2.0-Tools im Mittelpunkt. Die neuen E-Learning Tools fungieren hierbei als Enabler von Lernmodellen, die ohne IT-Unterstützung nicht umsetzbar wären.
  • Learning folgt Strategie: Bei diesem bedarfsorientierten Zugang sind die E-Learning-Potenziale ein Mittel zur Umsetzung von HR-Strategien, wobei sich diese wiederum aus den kernkompetenzbasierten Unternehmensstrategien ableiten. Solche strategischen Ziele bestehen zum Beispiel in der Förderung der Employability von Mitarbeitern, im Employer Branding als Instrument im Wettbewerb um hochqualifizierte und -talentierte Mitarbeiter und in der Senkung der Personalentwicklungskosten.

Aus strategischer Sicht erschließt das E-Learning zwei Performance-Potenziale für die Personalentwicklung: die Nutzensteigerung einerseits sowie die Kostensenkung andererseits. Bei der Nutzenfokussierung geht es vor allem um eine Steigerung der Effektivität des Lernens und damit der Personalentwicklung.

Strategische Vorteile für HR und Mitarbeiter

In diesem Zusammenhang dienen technologieunterstützte Lernformen beispielsweise dazu, dass durch die Nutzung von Web-based Trainings (WBT) der Lernprozess stärker selbst gesteuert ablaufen kann als dies im Rahmen von Seminaren möglich ist. Die Lernenden können ihr Lerntempo selbst bestimmen und können im Lernprozess vor- und zurückspringen, müssen allerdings nach dem Self- Serve-Prinzip auch die Regie übernehmen.

Der Medieneinsatz hat oft auch das Ziel, die Motivation der Lernenden zu steigern. So kann auf der einen Seite eine ansprechende, medial unterstützte Lernumgebung, etwa in virtuellen Welten wie Second Life, den Spaß am Lernen durch Edutainment erhöhen. Auf der anderen Seite birgt auch die intensive soziale Vernetzung mithilfe von Social Software ein Motivationspotenzial. Technologisch unterstützte Simulationen, beispielsweise in Virtual und Augmented Reality-Umgebungen, dienen dazu, die Anwendungsnähe und damit den Realitätsbezug des Lernens zu erhöhen (Abb.).

Die Kostenfokussierung berücksichtigt den erheblichen Effizienzdruck, unter dem die Personalentwicklung gerade in Krisenzeiten steht. Da ELearning die Möglichkeit schafft am Arbeitsplatz, von zu Hause aus, mobil und immer mal zwischendurch zu lernen, können erhebliche Kosteneinsparungen erreicht werden. Außerdem werden Kosten gesenkt, indem zum Beispiel weniger Personal für die Weiterbildung eingestellt werden muss, da E-Learning-Programme wie Web-based Trainings in der Regel weniger betreuungsintensiv sind als etwa Präsenz-Workshops.

Kosten managen

Nicht nur die Budgets für die Personalentwicklung werden durch E-Learning entlastet. Verbesserungen zeigen sich auch beim Kostenverlauf, etwa der Reagibilität von Entwicklungskosten gegenüber Veränderungen der Zahl der Lerner, und bei den Kostenstrukturen, vor allem durch Nutzung geeigneter Geschäftsmodelle, die auf unterschiedlichen Varianten des Outsourcings beruhen.

Kennzeichnend für die strategischen Nutzenvorteile von E-Learning-Formen sind vor allem die Förderung der Lernmotivation, die Gestaltbarkeit der Lernumgebung, der mögliche Grad der Individualisierung und die Vernetzungspotenziale im Sinne eines sozialen, interaktiven Lernens. Mit individualisierten, durch adaptive Software, wie zum Beispiel intelligente tutorielle Systeme, unterstützten Lernwegen verändert sich aber auch die Bedeutung des Lehrenden. Denn die Lernprozesse laufen im Rahmen von Web-based Trainings und Computer-based Trainings vor allem lernerzentriert ab. Die Lehrperson übernimmt dadurch zunehmend die Rolle eines Moderators statt eines Wissensvermittlers.

Außerdem beinhaltet E-Learning ein Potenzial für interorganisationales Lernen. Gerade Instrumente des Web 2.0, wie zum Beispiel Weblogs, Wikis oder Virtual Communities, sind oft auf offene Kommunikation über die Unternehmensgrenzen hinweg ausgelegt und unterstützen dabei informelle Lernprozesse zwischen Akteuren unterschiedlichster organisatorischer Provenienz. Statt der Formierung von unternehmensspezifischen Gemeinschaften bilden sich internetbasierte Communities meist themenspezifisch.

Budget im Blick

Bei der kostenfokussierten Gestaltung von E-Learning dominieren momentan Ansätze, die auf Personalentwicklungsbudgets fokussiert sind, also insbesondere die (absolute) Kostenhöhe von Personalentwicklungsmaßnahmen in den Mittelpunkt stellen. Das zeigt sich etwa in Zielen wie der Senkung der Personalentwicklungskosten (Vermeidung von Reise- und Opportunitätskosten), die man durch den E-Learning-Einsatz erreichen möchte.

Das kostenstrategische Potenzial von E-Learning besteht jedoch nicht nur im Cost Cutting. Oft sind die Kostenverläufe, also das Verhalten der Kosten gegenüber Einflussgrößen, und die Kostenstrukturen, also die Zusammensetzung nach Fixkosten und variablen Kosten, aussagefähigere Indikatoren für die langfristige Verbesserung der Kostensituation im E-Learning.

Die Variabilisierung der E-Learning- Kosten erfolgt vor allem durch aktuelle Geschäftsmodelle wie Application Service Providing und Software as a Service. Dabei werden die hohen fixen Infrastrukturkosten des Providers von diesem variabel-bedarfsorientiert verrechnet, das heißt der E-Learning- Nutzer hat keine Fixkosten, sondern zahlt variabel (nach on demand- oder pay as you learn-Modellen) in Abhängigkeit von der tatsächlichen Lernzeit oder der Lernerzahl.

Beim Mobile Learning ermöglichen technologische Fortschritte im Mobilfunkbereich orts- und zeitunabhängiges Lernen. Das Lernen kann somit auf unproduktive Zeiten wie beispielsweise Reisezeiten und Leerzeiten während der Arbeitszeit verschoben werden.

Micro Learning repräsentiert einen der E-Learning-Trends, die sowohl strategie- als auch technologiegetrieben sind. Hier werden Informationen „on demand“ in Form kurzer Lerneinheiten für spezifische Lernbedarfe bereitgestellt. Das Lernen wird dabei immer mehr zum Problemlösen anhand von Mikro-Lerneinheiten (= micro content). Durch die Modularisierung der Lerninhalte müssen nur diejenigen Inhalte abgerufen werden, die für die konkrete Problemstellung relevant sind.

Aus der Bandbreite an E-Learning- Trends fokussiert Rapid E-Learning insbesondere eine Beschleunigung von Lernprozessen. Rapid Authoring Tools erlauben eine schnelle Entwicklung, Aufbereitung und Zusammenstellung der Lerninhalte. Dadurch gelingt sowohl eine Verringerung der benötigten Content-Entwicklungszeit als auch der Erstellungskosten von E-Learning-Tools. Die Nutzung von Open Educational Resources repräsentiert einen Trend, mit dem sich die E-Learning-Kosten auf mehrere Nutzer verteilen lassen. Diese frei verfügbaren Lern-Ressourcen umfassen sowohl Open Source-Lösungen für technische Infrastrukturen zum Beispiel für Learning Management- Systeme als auch kostenlos zugängliche Lerninhalte (Open Content, Usergenerated Content).

Auch der Standardisierungstrend zielt auf eine Verbesserung der Kostensituation, vornehmlich durch Senkung der variablen Kosten. Gerade Großunternehmen mit globalen Bildungsaktivitäten sind aus Kostengründen an neuen Lösungen im Hinblick auf eine Reusability interessiert. Dabei werden Lerninhalte in Form kleiner Lernmodule in Datenbanken vorgehalten. Von dort können sie auf einfache und effiziente Weise in eine Vielfalt von Applikationen überführt und dem Lernenden zur Verfügung gestellt werden. Die Standardisierung im E-Learning wird vor allem durch internationale Organisationen wie Branchenverbände oder andere Netzwerke vorangetrieben, die Standards entwickeln und ihre Verbreitung unterstützen (etwa AICC, ASTD). Personalentwickler tun sich angesichts der Vielfalt existierender Angebote oft schwer mit der Beantwortung der Frage, wie die Zukunft des E-Learnings im eigenen Unternehmen konkret aussieht. Die Bestandsaufnahme der Trends ergibt, dass es weder aus technologischer noch aus strategischer Sicht einen dominanten Mainstream im E-Learning gibt, dem sich die Praxis anschließen könnte. Dennoch existieren Navigationshilfen, wenn man E-Learning als Werkzeuge im Dienste der Personalentwicklungsstrategie interpretiert. Je nach Nutzen- oder Kostenfokus der verfolgten Strategie besitzt das Cluster der nutzenfokussierten oder der kostenfokussierten Trends eine höhere Relevanz für Personalentwickler.

Lese-Tipp

– Andreas Hohenstein, Karl Wilbers (Hrsg): Handbuch E-Learning. Expertenwissen aus Wissenschaft und Praxis – Strategien, Instrumente, Fallstudien. Deutscher Wirtschaftsdienst, Köln 2009, ISBN-13 9783871562983, 74 Euro

– Annette Kuhlmann, Werner Sauter: Innovative Lernsysteme – Kompetenzentwicklung mit Blended Learning und Social Software. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2008, ISBN-13 9783540778301, 49,95 Euro

Internet-Tipp

Open Educational Resources, www.oercommons.org

Learning Management-Systeme, www.moodle

AICC, www.aicc.org

ASTD, www.astd.org

www.mmkh.de/upload/dokumente/2009-Horizon-Reportgr.pdf

www.mmb-institut.de/2004/pages/trendmonitor/download/MMB-Trendmonitor_2008_I.pdf

Quelle: PERSONAL – Heft 12/2009