Sachverhalt

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Foto von Zaiqiao Ye

Im Jahr 2003 wurde die Überschuldung der Pensionskasse festgestellt, über die die Arbeitgeber ihre betriebliche Altersversorgung durchführen. Zur Sicherung des Fortbestands der Pensionskasse wurden die laufenden Rentenleistungen im Rahmen des Leistungsplans der Pensionskasse herabgesetzt, beginnend am 1. Juli 2003.

Zwei Arbeitnehmer klagten vor den Landesarbeitsgerichten Hessen und Baden-Württemberg gegen ihre Arbeitgeber auf Erstattung dieses Differenzbetrags. Die Arbeitgeber hatten für die Arbeitnehmer über Jahre hinweg Beiträge an die Pensionskasse gezahlt zur Finanzierung einer betrieblichen Altersversorgung.

Die Entscheidungen

Beide Landesarbeitsgerichte gaben den Arbeitnehmern recht. Die Arbeitgeber mussten den Fehlbetrag auffüllen. Dies ergebe sich aus der gesetzlichen Nachschussverpflichtung in § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG.

Die Arbeitgeber hätten ihre Verpflichtung aus der betrieblichen Altersversorgung nicht schon dadurch erfüllt, dass sie die Beiträge an die Pensionskasse abgeführt haben. Das Gesetz sehe im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung nur Leistungszusagen, beitragsorientierte Leistungszusagen oder Beitragszusagen mit Mindestgarantie vor (§ 1 Abs. 1 und 2 BetrAVG). Daher waren sich die Gerichte einig, dass im konkreten Fall keine reine Beitragszusage vorliege, sondern eine beitragsorientierte Leistungszusage. Die zugesagte Leistung erfasse auch die Überschussanteile, auf die die Arbeitnehmer nach den Satzungsbestimmungen einen Anspruch haben.

Zwar sei die Pensionskasse berechtigt gewesen, die Leistungen zu kürzen. Allerdings habe dies keine Auswirkungen auf die Höhe der Versorgungsleistungen, für die die Arbeitgeber einstehen müssten. Die Kürzung durch die Pensionskasse betreffe lediglich das Versicherungsverhältnis. Die arbeitsrechtliche Versorgungszusage des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern bleibe hiervor unberührt. Die Satzungsbestimmungen der Pensionskasse zur Herabsetzung der Leistung seien nicht Inhalt des Versorgungsversprechens gewesen, da andernfalls eine unzulässige Beitragszusage vorläge.

Das LAG Hessen führt weiter aus, dass auch eine dynamische Verweisung in der Versorgungszusage auf die Leistungsbestimmungen der Pensionskasse die Leistungspflicht des Arbeitgebers nicht beschränke. Denn durch die Leistungskürzung habe die Pensionskasse ihre Tarif- und Versicherungsbedingungen nicht neu geordnet. Sie habe lediglich bestimmt, dass sie ihrer vollen versicherungsrechtlichen Leistungspflicht nach den Leistungsbestimmungen nicht nachkomme. Dies habe keine Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Versorgungszusage, für die unverändert die Tarif- und Versicherungsbestimmungen gelten würden.

Führten satzungsgemäße Leistungsherabsetzungen wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Versorgungsträgers zu einer Entlastung des Arbeitgebers, widerspräche das dem Schutzzweck der Nachschussverpflichtung in § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Der Arbeitgeber solle durch die Einschaltung eines Dritten (hier der Pensionskasse) nicht entlastet werden. Vielmehr müsse er gerade dann einstehen, wenn der Dritte nicht leistungsfähig sei.

Die Pensionskasse in den beiden Entscheidungen war eine regulierte Pensionskasse. Anders als deregulierte Pensionskassen unterliegen regulierte Pensionskassen nicht den gleichen Anforderungen an Rechnungszins und Kalkulation wie normale Lebensversicherer. Sie können ihren von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht genehmigten Tarif mit einem höheren Rechnungszins anbieten. Kalkulieren daher insbesondere die deregulierten Pensionskassen der Versicherer mit einem “Garantiezins” von 2,25 %, kann dieser Zins bei einer regulierten Pensionskasse (oft Firmenpensionskassen) z.B. bei 4 %. liegen. Die zugesagte Garantieleistung ist höher.

Für die Urteilsbegründung spielt diese Unterscheidung keine Rolle. Eine Nachschussverpflichtung kommt daher bei jeder Pensionskasse in Frage. Allerdings ist das Risiko möglicherweise geringer, wenn die Tarife mit einem niedrigeren Rechnungszins kalkuliert sind. Bei einem Zins von 2,25 % kann der darüber liegende Überschuss ggf. zum Ausgleich von Fehlbeträgen verwendet werden. Die regulierte Pensionskasse müsste im genannten Beispiel dagegen schon aufgrund der Garantiezusage 4 % an die Versorgungsberechtigten weitergeben.

Allerdings kommt es auf die Satzungs- und Tarifbestimmungen der jeweiligen Pensionskasse an. Die Entscheidungen haben auch klar gemacht, dass aus der Satzung ein Anspruch auf Teile der Überschüsse bestehen kann. Die Pensionskasse kann daher nicht frei über die Überschüsse verfügen. Dann muss auch der Arbeitgeber für diese Überschussanteile einstehen. Die Haftung ist nicht auf die Garantieleistung beschränkt, sondern erfasst auch die zugesagten Überschüsse.

Fazit:

Die betriebliche Altersversorgung in Deutschland hat stets ein Leistungselement zu enthalten, für das der Arbeitgeber gerade stehen muss. Ein Arbeitgeber hat nicht schon dann seine Versorgungsverpflichtungen erfüllt, wenn er Beiträge an den Versorgungsträger gezahlt hat. Die reine Beitragszusage ist dem deutschen Betriebsrentenrecht fremd. Das wirtschaftliche Risiko trägt insofern folglich nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber.

Zwar betreffen die zitierten Urteile explizit nur eine Pensionskasse. Darüber hinaus gelten diese Überlegungen aber auch für andere Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung. Der Arbeitgeber steht grundsätzlich in der Nachschussverpflichtung, auch wenn er die betriebliche Altersversorgung auf einen externen Versorgungsträger ausgelagert hat. Neben der Pensionskasse müssen die Erwägungen daher ebenso für die Direktversicherung, die Unterstützungskasse und den Pensionsfonds gelten.

Arbeitgeber sollten sich daher darüber im Klaren sein, dass sie auch für die in der Satzung einer Pensionskasse gemachten Versprechen einstehen müssen. Dies gilt entsprechend für Regelwerke von Direktversicherungen, Unterstützungskassen oder Pensionsfonds. Die Erbringungen der vollständigen Leistung bleibt auch nach Entrichtung der Beiträge das Risiko des Arbeitgebers, nicht des Arbeitnehmers. Ob eine Beschränkung der Haftung gegenüber den Arbeitnehmern auf die tatsächlich erbrachte Leistung des Versorgungsträgers im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis möglich ist, muss die Zukunft noch zeigen.

Die Entscheidungen dürfen jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass eine wirtschaftliche Notlage wie die der Pensionskasse ein Ausnahmefall ist. Ein Aufstocken von Versorgungsleistungen wird daher regelmäßig nicht erforderlich sein.

Weitere Informationen: www.hoganlovells.com