„Besonders attraktiv ist die Lernform für die Bereiche Marketing und Vertrieb oder das Onboarding“, erklärt Hajo Noll, Geschäftsführer des E-Learning-Anbieters Canudo aus Frankfurt am Main. Sein Unternehmen hat bereits einige Projekte realisiert, andere laufen im Pilotbetrieb. Noll ist überzeugt davon, dass Mobile Learning die Zukunft gehört. „Es passiert bereits viel“, ist Nolls Fazit, „aber bis die Projekte evaluiert sind und man deshalb darüber reden mag, dauert es noch.“ Warum sich seine Kunden für Mobile Learning entscheiden und welchen Aufwand sie dafür betreiben müssen, hat Hajo Noll uns im Gespräch verraten.

six white sticky notes
Foto von Kelly Sikkema

In welchen Bereichen setzen Ihre Kunden Mobile Learning vorzugsweise ein?

Wir merken eine besondere Nachfrage bei Vertriebsteams und im Handel. Für Swarovski Optik in Österreich haben wir zum Beispiel interaktive Teleskoptrainings für die Händlerplattform realisiert, die auch per iPad genutzt werden können. Der Erfolg ist so gross, dass das Unternehmen sofort bereit war, auch öffentlich darüber zu berichten.

Eine andere Zielgruppe neben Marketing und Vertrieb sind Azubis und Nachwuchskräfte. Die werden zwar nicht mit Smartphones ausgestattet, aber man hat festgestellt, dass die absolute Mehrheit bereits irgendein Smartphone besitzt. Da geht es zum Beispiel um das Thema Onboarding. Der Kunde hatte diese Inhalte ursprünglich für eine stationäre Lernstation im Unternehmen vorgesehen, das haben wir auch umgesetzt. Für die junge Zielgruppe hat man dann zusätzlich ein Pilotprojekt gestartet und die Inhalte mit einer WebApp auf das Smartphone gebracht. Ebenfalls mit grossem Erfolg, denn man merkt bereits an den Zugriffszeiten, dass die jungen Leute darauf auch privat zugreifen. Die Onboarding-App umfasst unter anderem Videos und coole Übungen, die der Auszubildende auch seinen Eltern oder Freunden zeigen will und kann. Das sorgt für ein ganz anderes Verbundenheitsgefühl mit dem Unternehmen. Mit so einer Lösung sind Sie genau da präsent, wo der Azubi sich aufhält, womit er im Privatleben sowieso ständig umgeht wenn er Kurznachrichten schreibt oder im Internet ist und seine sozialen Netzwerke pflegt.

Warum lernt es sich mit Mobile Learning besser?

Der Erfolg des mobilen Lernens ist aus unserer Sicht deshalb grösser als beim traditionellen E-Learning vor dem PC, weil die Leute, platt gesagt, mit der Hand näher an die Inhalte kommen. Das steigert die Akzeptanz entscheidend. Die Menschen sind einfach begeistert davon, mit der Hand auf dem Bildschirm aktiv zu werden. Diesen Effekt kann man beim Mobile Learning mitnehmen und so den Erfolg steigern. Wir haben das bei einem anderen Kunden mit einer Peergroup getestet. Dieselben Inhalte wurden einmal als Training über den PC angeboten und einmal auf dem iPad. Die Zielgruppe, die mit dem iPad gelernt hat, fand die Inhalte genial. Im Gegensatz dazu die Gruppe vor dem PC, die die Inhalte über den Browser aufgerufen hat. Die waren sehr zurückhaltend mit ihrer Begeisterung. Die Inhalte seien informativ, hiess es, mehr nicht. Dabei war nur das Gerät ein anderes.

Allein die Möglichkeit, Produktbilder nicht anklicken zu müssen sondern direkt mit einem Fingerwisch weiterzukommen oder Bilder und Text mit zwei Fingern zu vergrössern oder zu verkleinern, löst Begeisterung aus. Das können sie mit dem Browser nicht. Da müssen sie auf die Lupenfunktion klicken, das ist wesentlich umständlicher. Das iPad macht deshalb einfach mehr Spass und spricht den Lerner emotionaler an.

Welchen Aufwand müssen Unternehmen betreiben, um Inhalte als klassisches E-Learning auf dem PC und in einer mobilen Variante anzubieten?

Für den klassischen Kunden, der jährlich 20 bis 30 Trainings umsetzen will, muss man günstige Lösungen für die Umsetzung von Lerninhalten für PC- und Tablet-User schaffen. Wenn man sich bei der Erstellung traditioneller E-Learning-Angebote für den PC in Bezug auf die Bildschirmauflösung daran orientiert, dass dieses Programm auch eines Tages zum Beispiel auf dem iPad laufen soll, bedeutet das nur etwa einen Tag Zusatzaufwand. Das ist ein rein grafischer Vorgang, ohne dass das Konzept noch einmal überarbeitet werden müsste. Möglich macht das das Autorentool Lectora, mit dem wir arbeiten und das wir auch unseren Kunden zur Verfügung stellen (siehe www.autorenware.de). Alternativ erstellen wir Lerninhalte für die Nutzung auf allen gängigen Smartphones. Diese Web-App(likationen)lassen sich wie eine App aus dem App-Store als Lesezeichen direkt auf dem Bildschirm ablegen und funktionieren wie ein ganz normaler Lerninhalt. Da können Sie weiterklicken, Sie können Interaktionen nutzen, sich 3D-Modelle ansehen und Vieles mehr.

Wie sieht es mit der Lernkontrolle aus?

Bei unseren Web Apps kann der Kunde aktuell nur evaluieren, wann und wie oft darauf zugegriffen wurde. Aber mehr ist auch nicht das Ziel. Ansonsten müsste die Web-App über eine Datenbankschnittstelle angeboten werden. Die Lernprogramme für das iPad haben ganz normale standardisierte Scorm-Schnittstellen und sind auf der Plattform des Unternehmens abgelegt. Damit kann man alles tracken, zum Beispiel wie viel Prozent des Kurses ein Teilnehmer bearbeitet hat und ob er oder sie den Test bestanden hat.

Fragen Ihre Kunden bereits explizit nach Mobile Learning oder steht das klassische E-Learning im Vordergrund?

Meistens steht die mobile Variante nicht im Vordergrund sondern immer noch das klassische E-Learning. Die meisten Leute haben ja immer noch ihre Rechner vor sich. Mobile Learning funktioniert bei der Zielgruppe, die sowieso unterwegs sind, die mobil sind. Wer ist das? Das sind heute noch vor allem Marketing und Vertrieb. Das wird sich ändern, wenn man grundsätzlich sein Leben, vor allem sein Arbeitsleben mobiler gestaltet. Diese Strukturen brechen aber langsam auf.

Wie überzeugen Sie Ihre Kunden dennoch?

Die Kunden können in unseren Angeboten wählen, ob der Kurs zusätzlich kompatibel mit einem Tablet-PC wie zum Beispiel dem iPad oder auch dem Galaxy Tab sein soll und veranschlagen dafür einen Tag Mehraufwand für ein neues grafisches Template mit dem richtigen Bildschirmformat. Der Reiz ist der geringe Aufwand für das mobile Lernen und das der Kunde einen Inhalt hat, mit dem er PC und Tablet User bedienen kann. Und das überzeugt die Kunden!

www.canudo.de

Das Gespräch führte Gudrun Porath.