Beim letzten MMB Learning Delphi aus dem Jahr 2009 lag das mobile Lernen mit 20 Prozent noch auf Platz 3. Nicht nur mobile Lernformen, sondern auch die Bereitstellung kleinster Lerneinheiten zur Problemlösung am Arbeitsplatz (Micro Learning) stehen 2010 hoch im Kurs. Mit 27 Prozent der Expertenstimmen belegen die Lernhäppchen Platz 2 der Trendliste und lösen damit Games und Simulationen ab, die es 2009 mit 26 Prozent auf Platz 2 schafften, 2010 aber nicht mehr unter den Zukunftstrends zu finden sind. Dass die Kombination von digitalen und sozialen Lernelementen mit klassischem Präsenzlernen für die betriebliche Weiterbildung nicht wegzudenken ist, belegt der dritte Platz: 24 Prozent der Teilnehmer sehen Blended Learning als ein weiterhin sehr wichtiges Lerndesign für die kommenden drei Jahre an.

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Foto von Trent Erwin

Insgesamt 65 Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich an der Studie „MMB Learning Delphi“ beteiligt. Überwiegend repräsentieren die Befragten zu gleichen Teilen E-Learning-Anbieter und E-Learning-Anwender, aber auch Journalisten, Wissenschaftler und Berater. Die Delphi-Befragung wurde im Frühjahr 2010 online vom MMB-Institut für Medien- und Kompetenzforschung, Dr. Lutz P. Michel, Essen, durchgeführt.

Die betriebliche Weiterbildung twittert nicht

Laut dem MMB Learning Delphi werden Unternehmen auch zukünftig auf traditionelle Lernformen setzen. Diese werden aber zunehmend mit Blended-Learning-Arrangements und Web 2.0-Komponenten angereichert. Dabei fällt auf, dass vor allem solche Tools relevant sind, die sich in firmeninternen Netzwerken einsetzen lassen. Werkzeuge, die sich an eine breite, schwer abzugrenzende Öffentlichkeit wenden (Blogs, Twitter, Podcasts), werden als weniger relevant eingestuft. Mit anderen Worten: Den firmeninternen Lerner-Communities wird inzwischen eine deutlich höhere Bedeutung beigemessen als noch vor Jahren. Der Anteil der Experten, die diesen Technologien in der nahen Zukunft eine zentrale Rolle für das digitale Lernen vorhersagen, ist im Laufe der Jahre von teilweise unter 60 auf mittlerweile 84 Prozent angestiegen.

Verschlechtert haben sich die Werte für primär offene Angebote: Auch wenn die Wichtigkeit von Podcasts in diesem Jahr etwas höher eingeschätzt wird als 2009 (plus 4 Prozentpunkte), so ist dennoch ein deutlicher Abwärtstrend gegenüber 2006 und 2007 erkennbar. Ähnlich liegt der Fall bei Weblogs, die anfangs von 74 Prozent der Experten als Lerninstrument der Zukunft angesehen wurden. 2010 wird die Wichtigkeit gerade mal von 17 Prozent der Befragten als zentral eingestuft – und büßte damit noch einmal 15 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr ein. Relativ konstant bleibt die Expertensicht in Bezug auf das Lernen mit Simulationen. Nach einem kleinen Bedeutungsverlust im Jahr 2007 wird dieser Technologie in diesem Jahr mit 69 Prozent Zustimmung sogar ihre bislang größte Bedeutung beigemessen.

Insgesamt sehen alle Befragten – sowohl E-Learning-Dienstleister als auch E-Learning-Anwender sowie alle anderen Teilnehmergruppen – eine höhere Relevanz für geschlossene E-Learning-Systeme wie firmeninterne Wikis und Communities, die nur für die eigenen Mitarbeiter eines Anwenderunternehmens zugänglich sind. Nur rund ein Viertel der Experten betrachtet offene Technologien wie öffentliche Wikis, Weblogs und Foren, die für jeden zugänglich sind, als zukünftig relevant für das betriebliche Lernen. Hiermit zeichnet sich eine mögliche Abkehr vom Open-Trend ab, der Unternehmen zwar ermöglicht, Wissen und Lerninhalte von außen zu erhalten, aber auch voraussetzt, dass dafür eigene Informationen preisgegeben werden.

Geldverdienen mit virtuellen Klassenräumen und Simulationen

Die befragten Experten wurden auch gebeten, den wirtschaftlichen Erfolg ausgewählter Lernformen und Lerntechnologien zu prognostizieren. Während Blended Learning-Arrangements auch in ökonomischer Hinsicht Erfolg versprechend zu sein scheinen, fällt die Prognose des kommerziellen Erfolgs für die Social Media-Komponenten Lerner-Communities und Social Networks allgemein deutlich geringer aus – nur jeder zweite Experte glaubt, dass man mit diesen Technologien auch Geld verdienen kann. Bei den ökonomischen Chancen sind Weblogs der eindeutige Verlierer der diesjährigen Expertenrunde. Nur noch fünf Prozent glauben an einen kommerziellen Erfolg – das sind noch einmal 12 Prozentpunkte weniger als 2009.

Auch (semantische) Suchmaschinen werden mittlerweile von den meisten als wirtschaftlich unattraktiv angesehen. Simulationen dagegen verzeichnen nicht nur einen Bedeutungsgewinn für das betriebliche Lernen – die befragten Experten stufen auch die ökonomischen Aussichten für diese Lernform höher ein als im Jahr zuvor (2010: 67 Prozent). Im Jahr 2009 waren es erst 54 Prozent. Zusammen mit virtuellen Klassenräumen entwickeln sich Simulationen zu einer Form des E-Learnings, die für Anwender relevanter und für Produzenten kommerziell interessanter wird – ein Hinweis darauf, dass diese Lernformen in Zukunft zu wichtigen Säulen im E-Learning- Markt werden können, meint MMB.

Zukunft Personal auf Platz 2

Die Messe Zukunft Personal wurde Dank ihres neuen Kongresses Professional Learning Europe (PLE) zum zweitbesten Event für E-Learning-Anbieter in Deutschland gewählt. Genau 59 Prozent der vom MMB Learning Delphi 2010 befragten E-Learning-Experten billigen der Zukunft Personal ein hohes und sehr hohes Marketingpotenzial für die Branche zu. Damit liegt die Kölner Veranstaltung (12. bis 14. Oktober 2010) nur knapp hinter der Traditionsveranstaltung LEARNTEC (64 Prozent der Expertenstimmen) und weit vor Messen und Kongressen wie der Online Educa (47 Prozent), der didacta (45 Prozent) oder der CeBIT (33 Prozent). „Der Veranstalter der Zukunft Personal hat… einiges getan und offensichtlich das Richtige“, urteilt der NEWSblog der Zeitschrift Managerseminare. Und das Portal weiterbildungsblog.de meint, die Delphi-Studie sei zwar nicht repräsentativ, aber ein interessantes Blitzlicht.

Die große Mehrheit der Experten ist sich einig, dass eine Verknüpfung von Messe und Kongress dem E-Learning-Markt unter Marketingaspekten am meisten auf die Sprünge helfe. Auch die Durchführung von Tagesmessen und Aussteller-Camps hält mehr als die Hälfte (54 Prozent) für eher gut geeignet. Neuere Formate wie Open Spaces, Barcamps oder World Cafés spielen für die befragten Experten eine nachgeordnete Rolle. Bis zu zwei Drittel halten diese Formen für eher weniger geeignet.

MMB-Institut für Medien- und Kompetenzforschung, MMB-Trendmonitor II/2010 (pdf)