1 Essensgutscheine – Wozu?

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Foto von bruce mars

1954 erfand der Brite John Hack das Konzept der Essensgutscheine. Arbeitnehmer konnten damals zum ersten Mal derartige Gutscheine für die Verpflegung in ihren Mittagspausen nutzen. Schon acht Jahre später brachte der Franzose Jacques Borel Ticket Restaurant Menüschecks in Frankreich auf den Markt. In vielen Staaten weltweit, so z.B. in Brasilien oder Italien, ist die Mittagspause an Arbeitstagen eine gelebte Tradition. Diesen Umstand verdanken die Arbeitnehmer der, auch in Deutschland gewährten, staatlichen Förderung der Mitarbeiterverpflegung. Der Markt für Restaurantschecks ist in den letzten Jahren konsequent gewachsen, da die Gutscheine Vorteile sowohl für die Arbeitgeber- als auch für die Arbeitnehmerseite bieten:

  • Steigerung der Mitarbeitermotivation
  • Senkung der Lohnnebenkosten
  • Verpflegung der Angestellten, falls das Unternehmen keine Kantine hat
  • Ausgleich zwischen Konzernzentrale, die meist über eine Kantine verfügt, und Filialmitarbeitern, die sich meist teuer selbst verpflegen müssen
  • Ausgewogene Ernährung bedeutet gesündere Mitarbeiter

2 Deutschland: Kein Land der Mittagspause

Ein Blick auf den deutschen Markt zeigt allerdings, dass das Potenzial von Restaurantgutscheinen noch nicht in vollem Umfang genutzt wird. Und dies obwohl Bundesregierung und Bundesrat jährlich die Zuschüsse für die Mitarbeiterverpflegung in Deutschland erhöhen. Die noch verhaltene Akzeptanz liegt in den von Land zu Land verschiedenen Essensgewohnheiten begründet.

Deutsche Arbeitnehmer nutzen im Gegensatz zu Kollegen in anderen Staaten ihre Mittagspause nicht richtig. Meist wird schnell am Arbeitsplatz ein Sandwich „hinuntergeschlungen“ oder gar nichts gegessen. Dabei ist eine ausgewogene Ernährung, insbesondere auch hinsichtlich der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer, außerordentlich wichtig. Die persönliche Leistungskurve jedes Arbeitnehmers hat viel mit der Ernährung zu tun. Wer mittags nichts oder das Falsche isst, fällt zum einen in ein tieferes „Mittagsloch“ und zum anderen wird das Leistungshoch am Nachmittag nicht mehr erreicht.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Arbeitgeber ihre Belegschaft darin unterstützen können, sich ausgewogen zu ernähren. Gerade in der Auswahl des Kantinenessens kann der Arbeitgeber gezielt Abwechslungsreichtum bieten. Allerdings haben viele kleine und mittelständische Unternehmen nicht die Möglichkeit selbst eine Kantine zu betreiben.

TIPP: Kantine oder Restaurantscheck – Size matters!

Viele Unternehmen stehen vor der Entscheidung, ob sie eine eigene Kantine für die Verpflegung der Mitarbeiter nutzen sollen. Rein rechnerisch sollte die jeweilige Firma mindestens 250 bis 300 Angestellte haben, bevor sich die Inhouse-Verpflegung überhaupt rentiert. Unternehmen unter 250 Mitarbeitern sollten aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf Alternativen wie Essensgutscheine zurückgreifen.

Auch für sehr große Firmen mit verschiedenen Unternehmenssitzen bieten sich Restaurantschecks dann an, wenn nur die Konzernzentrale über eine Kantine verfügt, die Außenstellen allerdings nicht. Mit den Menüschecks fühlen sich die Angestellten in den Filialen gleichbehandelt und brauchen sich nicht teuer selbst zu verpflegen.

PRAXISBEISPIEL: Restaurantgutscheine von Edenred

Eine häufig genutzte Variante der Restaurantgutscheine in Deutschland ist Ticket Restaurant von Edenred. 100.000 Mitarbeiter aus kleinen und mittelständischen Firmen, aber auch Großkonzerne wie z.B. die Commerzbank, verpflegen ihre Belegschaft über diese Menüschecks. Dabei können die Essensgutscheine von den Empfängern wie Bargeld eingesetzt werden.

Ein Netzwerk aus großen Gastronomieketten über Supermärkte, wie Rewe, Penny oder Vitalia, bis hin zu den vielen kleinen Restaurants, Bäckereien oder Metzgereien um die Ecke, nehmen die Restaurantgutscheine an. Im Edenred Partner-Netzwerk finden sich mittlerweile über 30.000 Gastronomiebetriebe – und das Netz wächst stetig. Denn Unternehmen haben die Möglichkeit, sollte das Lieblingsrestaurant eines Empfängers die Gutscheine nicht annehmen, dieses dem Edenred-Netzwerk hinzufügen zu lassen und so die Mitarbeiter optimal zu versorgen.

3 Lohnnebenkosten durch Restaurantschecks einsparen

Die Bezahlung ist für viele Arbeitnehmer ein wichtiger Motivationsaspekt in der täglichen Arbeit. Unternehmen müssen hier einen Spagat schaffen: Sie versuchen auf der einen Seite, Vergütungsstrukturen aufzusetzen, die wettbewerbsfähig sind, und auf der anderen Seite die hohen Lohnnebenkosten im Zaum zu halten. Diesbezüglich bieten Restaurantschecks vielfältige Möglichkeiten – unterstützt durch staatliche Subventionen. Alle finanziellen Aspekte der Förderung der Mitarbeiterverpflegung und insbesondere der Restaurantgutscheine sind in § 8 Abs. 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) sowie in den Regelungen des Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) festgeschrieben.

Derzeit ist es Unternehmen in Deutschland gestattet ihre Arbeitskräfte mit bis zu 5,93 Euro bei der Essensverpflegung zu unterstützen – dies ist auch der Maximalwert für Menüschecks. Dieser Betrag setzt sich aus einem steuerlichen Sachbezugswert von 2,83 Euro, geregelt im SvEV, sowie einem im EStG dargelegten maximalen Arbeitgeberzuschuss von 3,10 Euro zusammen. Essensgutscheine gelten für den Gesetzgeber als Barzuschüsse zum Arbeitsentgelt. Erst im November 2010 stimmte der Bundesrat, auf Anraten der Bundesregierung, in seiner 876. Sitzung der “Dritten Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung” zu. Damit steigerte sich der steuerliche Sachbezugswert von 2,80 Euro auf 2,83 Euro. Auf den ersten Blick ein kleiner Betrag, der jedoch aufgrund des staatlichen Subventionsmodells eine deutliche Einsparung der Lohnnebenkosten mit sich bringen kann.

4 Mehr als 100 Euro pro Monat als steuerfreie Lohnsteigerung

Je nach unternehmenseigenem Finanzierungsmodell können die Firmen ihren Mitarbeitern mit den Restaurantschecks 1.304 Euro bzw. 682 Euro steuerfrei gewähren. Die Höhe des Betrags ist abhängig von der Beteiligung der Arbeitnehmer an den Restaurantschecks. Zwei Varianten stehen sich hier gegenüber:

Variante 1: Der einzelne Arbeitnehmer beteiligt sich an der Finanzierung der Essensschecks und trägt den amtlichen Sachbezugswert, der laut SvEV auf 2,83 Euro festgelegt ist. Gleichzeitig zahlt das Unternehmen den Arbeitgeberanteil von 3,10 Euro. Bei durchschnittlich 220 Arbeitstagen im Jahr erhält der Angestellte 682 Euro mehr im Jahr. Das Unternehmen spart sich hierbei komplett die Steuer- und Sozialversicherungsabgaben.

Variante 2: Der Arbeitgeber übernimmt die Gesamtkosten des Restaurantschecks und trägt somit die vollen 5,93 Euro für seine Belegschaft. Bei durchschnittlich 220 Arbeitstagen erhält der Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung von 1.304,60 Euro im Jahr. Das Unternehmen muss hierbei den Essenszuschuss pauschal versteuern. Dies bedeutet, dass auf den amtlichen Sachbezugswert von 2,83 Euro eine Besteuerung von 25% entfallen. Der maximale Arbeitgeberzuschuss von 3,10 Euro ist abgabenfrei.

5 Brutto = Netto

Besonders deutlich wird die Ersparnis für Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer bei einer Gegenüberstellung einer Gehaltserhöhung in bar und einer Steigerung des Entgelts über Essensgutscheine.

Beispiel (Variante 1):

Ein mittelständisches Unternehmen im Schwarzwald entscheidet nach der Wirtschaftskrise den Arbeitnehmern eine Gehaltserhöhung zukommen zu lassen. Ein Teil der Vergütung soll über Essensgutscheine realisiert werden. Mit dem Betriebsrat wird sich darauf verständigt, dass die 100 Arbeitnehmer den amtlichen Sachbezugswert von 2,83 Euro selbst übernehmen. Das Unternehmen trägt den maximalen Arbeitgeberzuschuss von 3,10 Euro.

Der Mittelständler vereinbart mit den Mitarbeitern, die Essensgutscheine an 15 Arbeitstagen im Monat auszugeben, was bedeutet, dass jeder Angestellte hierbei eine Gehaltserhöhung von 46,50 Euro monatlich erhält. Der Konzern bezahlt eine Gesamt-Bruttolohnsteigerung über Restaurantschecks für die 100 Mitarbeiter im Wert von insgesamt 4.650 Euro aus. Aufgrund der Gesetzeslage in Deutschland und der Übernahme des amtlichen Sachbezugswerts durch die Mitarbeiter entfallen für den Mittelständler die kompletten Ausgaben zur Sozialversicherung, die bei einer Bar-Auszahlung 920 Euro pro Monat bedeutet hätten. Somit spart das Unternehmen im Jahr 11.160 Euro an Lohnnebenkosten nur durch die Essensgutscheine.

6 Wachstumspotential für Restaurantschecks

Unternehmen versuchen heute mit diversen Maßnahmen die Motivation ihrer Belegschaft zu steigern und auf einem hohen Niveau zu halten. Dies wird vor dem Hintergrund eines massiven Fachkräftemangels sowie dem sogenannten „War for talents“ für die Konzerne eine erfolgskritische Aufgabe für die Zukunft. Das Thema „Ernährung“ nimmt hierbei eine wichtige Rolle ein, da sie sich direkt auf die Leistungsbereitschaft und Gesundheit der Belegschaft auswirkt. Maßnahmen in diesem Bereich honoriert der Gesetzgeber mit Steuervergünstigungen.

Zudem können Unternehmen ohne Kantine ihre Angestellten mittags dennoch verpflegen. Die Arbeitnehmer können hierbei aus einem reichhaltigen Angebot an Gastronomiebetrieben wählen und für eine ausgewogene Ernährung sorgen. Restaurantgutscheine sind in anderen Ländern wie Brasilien, Italien, Belgien oder Schweden bereits ein alltäglicher Teil der Arbeitswelt und werden hier schon rege im Vergütungsmix der Unternehmen genutzt. Das Wachstumspotential für diese Form der Gutscheine ist daher sehr groß und wird sich in Deutschland weiter entwickeln. Denn gerade in hektischen Arbeitsphasen ist eine ausreichende Mittagspause eine Leistungsgarantie!

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht – 01/11