Das Ferienprogramm

two men facing each other while shake hands and smiling
Foto von Sebastian Herrmann

Doch nicht nur die Regelbetreuung in Krippen, Kindergärten und Kitas bereitet Eltern Kopfzerbrechen. Auch das Überbrücken der Ferien oder der schulautonomen Tage stellt Berufstätige immer wieder vor planerische Herausforderungen. Unternehmen wie Billa oder EVN reagieren darauf, indem sie, gemeinsam mit externen Partnern, Ferienfreizeiten für ihre Mitarbeiter anbieten – meist zu einem überschaubaren Kostenbeitrag. „Wir verlangen 80 Euro pro Kind und Woche“, erzählt Wolfgang Maier von der EVN. Die Ferienfreizeit dauert zwei Wochen, jedes Jahr gibt es einen thematischen Schwerpunkt – zum Beispiel Kunst oder Musik. Um Teilnehmer muss sich das Unternehmen keine Sorgen machen: „Wir werden förmlich überrannt“, so Maier.

 

 Die Fenstertage

Sehr gefragt bei Eltern ist auch eine Betreuung an den sogenannten „schulautonomen“ Tagen beziehungsweise an Fenstertagen. Diese schulfreien Tage, deren Termine die Schulen selbst festlegen können, fallen oft auf Fenstertage und bergen für Eltern mit mehreren schulpflichtigen Kindern ein Betreuungsproblem. „Zugleich haben viele Unternehmen, gerade im Handel, ein Interesse daran, dass ihre Mitarbeiter an diesen Tagen Umsatz machen“, erklärt Peter Rieder von Arbeitswelten Consulting. Daher böten einige bereits speziell für diese Tage eine Kinderbetreuung im Haus an. „Da reicht es aber nicht, zwei Studentinnen zu engagieren und einen Raum frei zu machen.“ Denn auch bei einer tageweisen Kinderbetreuung im Unternehmen gelte es, Sicherheitsaspekte und Haftungsfragen zu klären. Einige Anbieter wie das Kinderbüro der Universität Wien oder Service4Kids sind auf solche Einsätze spezialisiert, kommen vorab ins Unternehmen, checken die Räume, bringen bei Bedarf Spielsachen mit und bieten Unfallversicherungen für die Kinder an. „Neben der Regelbetreuung gibt es viele verschiedene Wege, Eltern bei der Kinderbetreuung zu unterstützen“, bilanziert Rieder. Für Arbeitgeber kann es sich lohnen, die verschiedenen Modelle zu prüfen. Denn sie können dazu beitragen, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu binden.

 

 Literaturtipp

Familienfreundlichkeit im Betrieb. Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter denken.
Von Peter Rieder, Anna Mertinz und Elisabeth Wenz.
Manz Verlag 2014.

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Quelle: personal manager – Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 6 November/Dezember 2014

Fotocredit:
(1) Eltern_Kind_Büro

 Das Gemeinschaftsprojekt

Die Allianz hat ihren Betriebskindergarten für die Öffentlichkeit geöffnet, so dass auch Eltern, die nicht für das Unternehmen arbeiten, ihre Kinder anmelden können. Die meisten Plätze werden jedoch mit Mitarbeiterkindern besetzt. Für Unternehmen, die einen geringeren Betreuungsbedarf haben, kann auch eine überbetriebliche Einrichtung sinnvoll sein. Diese Erfahrung hat die Silhouette International Schmied AG gemacht. „Wir haben den Betreuungsbedarf intern erhoben und sind zu dem Schluss gekommen, dass eine Kooperation mit mehreren Betrieben sinnvoll wäre“, erzählt Tarek El-Dabbagh, Leiter Personalmanagement bei Silhouette. „Über das Kompetenzzentrum Kompass bekamen wir Kontakt zu weiteren interessierten Unternehmen“, so El-Dabbagh. Das Kompetenzzentrum für Karenz und Karriere im Netzwerk Humanressourcen unterstützt Unternehmen in Oberösterreich bei der betrieblichen Kinderbetreuung. Sie knüpfte den Kontakt zwischen den Firmen Silhouette International Schmied, Rosenbauer International und de PEZ/Haas Gruppe, die nun gemeinsam eine Betriebskrippe mit zwei Gruppen für Kinder im Alter bis drei Jahre auf den Weg bringen. Die Firma Rosenbauer stellt die Räumlichkeiten. Das zweigeschossige Gebäude mit großzügigem Garten entsteht gerade neben dem Werksgelände in Leonding, die Eröffnung ist für Februar 2015 geplant. Zusätzlich zum Betreuungsangebot für die unter Dreijährigen soll es im Obergeschoss des Hauses eine Betriebstagesstätte für weitere zehn Kinder zwischen ein und 16 Jahren geben.


 Das Unterstützungsangebot

Eine alternative Lösung – auch für kleinere Unternehmen, die einen noch geringeren Betreuungsbedarf haben als die genannten Unternehmen – sind Gutscheine für die Kinderbetreuung, die Anbieter wie Sodexo oder Edenred vertreiben. Die Gutscheine lassen sich unter anderem in Kindergärten und -krippen, bei Ferienfreizeiten oder Tagesmüttern einlösen. Beide Unternehmen haben Kontakt zu mehreren Tausend Einlösestellen in Österreich. Das Prinzip ist einfach: Die Dienstleister stellen den Arbeitgebern Gutscheine zur Verfügung, die diese an ihre Mitarbeiter weitergeben können. Die Beschäftigten reichen dann die Gutscheine in Kindergärten, bei Tagesmüttern oder Ferienfreizeiten ein. Am Ende rechnen die Betreuungseinrichtungen direkt mit dem Dienstleister ab. Ein positiver Nebeneffekt des Modells: Die Gutscheine sind bis zu einer Höhe von 1.000 Euro pro Kind und Jahr steuerfrei. Lohnnebenkosten, Lohnsteuer und Sozialversicherung entfallen.  

 Der Notfall

Im Sommer hatte Kerstin Enge ein Problem: Drei Wochen lang schloss die Krabbelgruppe von Tochter Sina-Marie. Die Mitarbeiterin der Presse- und Informationsabteilung des Energiekonzerns EVN benötigte für diese Zeit eine Kinderbetreuung. Da sich die Oma nicht die ganzen drei Wochen um das Kind kümmern konnte, nahm Enge ihre Tochter hin und wieder mit zur Arbeit. Ihr Arbeitgeber stellt dafür einen speziellen Raum zur Verfügung: Mitte 2012 hat die EVN ein Eltern-Kind-Büro für die 700 Mitarbeiter der niederösterreichischen Unternehmenszentrale eingerichtet. Dort stehen zwei Arbeitsplätze für die Eltern bereit, aber auch Wickeltisch, Fläschchen.

Viele Eltern kennen das: Sobald der Säugling auf der Welt ist – und oft schon davor – beginnt die Jagd auf den Krippenplatz. Da entsprechende Plätze gerade für Kinder unter drei Jahren vielerorts knapp sind, öffnen einige Großunternehmen bereits ihre Türen für den Nachwuchs, wie unsere Praxisbeispiele zeigen. Doch auch für Klein- und Mittelbetriebe gibt es Mittel und Wege, Eltern in der Kinderbetreuung zu unterstützen. wärmer und jede Menge Spielzeug – von Büchern über Holzspielzeug bis zur Puppenküche. „Anfangs war ich skeptisch, ob ich mit Kind arbeiten kann, weil Sina-Marie ja noch recht klein ist und viel Zuwendung braucht“, so Enge. „Aber es hat überraschend gut funktioniert, weil das ganze neue Spielzeug sie abgelenkt hat.“ Auch andere Kolleginnen und Kollegen nutzen das Büro mittlerweile, wenn die Tagesmutter krank wird oder der Kindergarten einen Tag schließt.

Angestoßen wurde das Eltern-Kind-Büro durch eine Reihe interner Workshops im Jahr 2011. „Wir haben damals Leitwerte für die gesamte EVN-Gruppe eingeführt. Sie heißen Ensure, Encourage und Enable“, erzählt Wolfgang Maier, Personalleiter der EVN. „In diesem Prozess haben wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter anderem gefragt, was sie von uns brauchen, um diese Werte leben zu können.“ Viele nannten daraufhin die Kinderbetreuung – und die Idee des Eltern-Kind-Büros nahm Gestalt an.

„Für uns ist das Büro ein deutliches Zeichen dafür, dass Eltern mit Kindern in unserem Unternehmen willkommen sind“, so Maier. „Wir haben es nicht irgendwo im Haus versteckt, sondern direkt beim Eingang eingerichtet, so dass es für alle Mitarbeiter und Besucher sichtbar ist.“

Natürlich sei konzentriertes Arbeiten mit einem Kleinkind im Raum nicht einfach. Doch: „Das Büro gibt Eltern, die kurzfristig ein akutes Problem mit der Kinderbetreuung haben, zumindest die Möglichkeit, ein paar Stunden halbwegs gut ihren Aufgaben nachzugehen“, erklärt Maier. Immer mehr nutzen das Angebot bereits. „Anfangs war das Eltern-Kind-Büro höchstens einmal in der Woche belegt, heute ist es an drei von fünf Tagen ausgebucht.“

 Die Dauerlösung

Neben einer Lösung für akute Betreuungsengpässe, wie sie die EVN anbietet, wünschen sich berufstätige Eltern aber auch zunehmend Unterstützung bei der sogenannten Regelbetreuung in Krippen oder Kindergärten. Denn viele, die einen Betreuungsplatz für ihr Kind suchen, stehen vor ähnlichen Problemen: „Die meisten Einrichtungen sperren in den Sommermonaten mehrere Wochen lang zu, sie haben begrenzte Öffnungszeiten – und einen Platz zu bekommen ist nicht immer einfach, vor allem für Kinder unter drei Jahren“, fasst Joachim Burger die Situation zusammen, seit Kurzem Vice President HR CEE bei Ecolab, zuvor HR-Direktor bei T-Mobile Austria. Sein ehemaliger Arbeitgeber hat auf dieses Problem sehr früh reagiert: T-Mobile unterhält bereits seit zehn Jahren einen Betriebskindergarten in Wien, der maximal eine Woche im Jahr schließt und dessen Öffnungszeiten den Arbeitszeiten der Mitarbeiter entgegenkommen: Montags bis donnerstags können die Kinder von 7 bis 18.30 Uhr betreut werden, freitags bis 17 Uhr. Lange Anfahrtswege zum Kindergarten entfallen, denn die Einrichtung ist direkt am Arbeitsplatz in der Wiener T-Mobile-Zentrale. „Für die Mitarbeiter ist es ein super Asset, wenn sie einfach mit dem Lift ein paar Stockwerke runter fahren können, um ihr Kind zu sehen“, so Burger.

T-Mobile gehörte vor zehn Jahren zu den Pionieren in Sachen betrieblicher Kinderbetreuung. Seitdem hat sich dieses Modell weiter verbreitet: Laut einer Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) gab es im Jahr 2011 insgesamt 158 Betriebskrippen und -kindergärten in ganz Österreich, davon 54 in Wien. In den vergangenen drei Jahren dürften weitere hinzugekommen sein. Die Unternehmen profitieren von den Einrichtungen, betont Peter Rieder, Geschäftsführer von Arbeitswelten Consulting, der Unternehmen durch das Audit Familie und Beruf begleitet. „Berufstä- tige Eltern arbeiten einfach besser, wenn sie wissen, dass ihre Kinder gut versorgt sind“, betont der Berater. Die betriebliche Kinderbetreuung fördere die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen und erleichtere den Wiedereinstieg nach dem Beruf. Wer eine gute Krippe mit großzügigen Öffnungszeiten in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes habe, sei eben eher geneigt, schnell wieder an den Schreibtisch zurückzukehren.

Trotz aller Vorzüge sollten Arbeitgeber ein solches Projekt aber auch nicht unterschätzen, so Rieder. „Einen Betriebskindergarten aufzubauen ist kostspielig und aufwendig.“ Die passenden Räume müssen gefunden und eingerichtet sowie diverse Bau-, Sicherheitsund Hygienevorschriften eingehalten werden. Daher rät der Experte dazu, sich bei Bedarf einen professionellen Partner als Betreiber und Träger zu suchen. Laut der ÖIF-Studie hatten 2011 rund zwei Drittel der bestehenden Betriebskrippen und -kindergärten einen externen Träger wie die Kinderfreunde oder das Oberösterreichische Hilfswerk, 16 Prozent wurden von Vereinen betrieben, die den Unternehmen nahestehen (oder von diesen gründet wurden), weitere 25 Prozent der Einrichtungen betreiben die Arbeitgeber selbst.

Neben der Wahl eines externen Partners sei eine gründliche Planung des Projekts sehr wichtig, ergänzt Rieder. Beispiel Allianz Österreich: Das Unternehmen hat im Jahr 2013 einen Betriebskindergarten eröffnet – und vorausgegangen ist eine intensive Vorbereitungsphase. „Wir haben im Jänner 2012 eine österreichweite Mitarbeiterinnenbefragung durchgeführt, die gezeigt hat, dass das Interesse an einem Betriebskindergarten groß ist“, berichtet Karl Killian, zuständig für Recruiting bei der Allianz Österreich. „Daraufhin haben wir dem Vorstand ein Grobkonzept für einen Kindergarten vorgestellt. Dieses wurde angenommen, und wir erhielten das Go dafür, eine Detailkonzept auszuarbeiten.“ Anschließend ging eine erste Information an die Mitarbeiter.

Wie lässt sich ein Betriebskindergarten gestalten? Welche Konzepte gibt es? Um sich ein erstes Bild von den verschiedenen Möglichkeiten zu machen, recherchierte die HR-Abteilung, wie andere österreichische Unternehmen Betriebskindergärten führen. Es folgte eine Bedarfs- und Standorterhebung, die zeigen sollte, wo ein Kindergarten aufgrund der Beschäftigtenstruktur Sinn macht. Da der Betreuungsbedarf in Wien besonders groß war, fiel die Wahl auf die Generaldirektion am Hietzinger Kai. Die Allianz erarbeitete ein Betreuungskonzept, das auf altersgemischte Familiengruppen setzt, in denen Kinder von ein bis sechs Jahren gemeinsam betreut werden. Denn das Unternehmen wollte die reale Familiensituation so gut wie möglich widerspiegeln. Außerdem entschied sich der Versicherer für einen bilingualen Schwerpunkt. „Wir sind ein internationales Unternehmen und unsere Konzernsprache ist Englisch“, begründet Killian die Entscheidung.

Das Unternehmen lud dann verschiedene Kindergartenbetreiber zu strukturierten Interviews – und der Verein Multika erhielt den Auftrag. Gemeinsam mit dem künftigen Betreiber, einem Architekten und der hauseigenen Büroverwaltung führte HR eine Machbarkeitsanalyse durch und erstellte einen Umsetzungsplan. „Dabei legten wir fest, welche Räume für den Betriebskindergarten infrage kommen und was wir wie umbauen müssen“, erläuterte Killian. Anschließend stimmte das Unternehmen die vertraglichen Eckpunkte mit dem Betreiber ab. Heute sind am Hietzinger Kai zwei Kindergartengruppen mit insgesamt 14 Kindern untergebracht – und Recruiter Killian hat ein neues Argument, mit dem er Eltern mit kleinen Kindern in Bewerbungsgesprächen für sein Unternehmen gewinnen kann.