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Foto von Dylan Gillis

Gerade für multinationale Unternehmen ist eine Mitarbeiterbefragung ein zentrales Steuerungs- und Kommunikationsinstrument, um über Ländergrenzen hinweg

  • Schwerpunktthemen zu etablieren,
  • die Aufmerksamkeit der lokalen Belegschaft zu fokussieren,
  • Impulse für die eigene Unternehmensentwicklung zu setzen und
  • die Wirksamkeit der Personalarbeit zu prüfen.

Sind nationale Mitarbeiterbefragungen bereits mit einem spürbaren Arbeitsaufwand verbunden, nimmt die Komplexität bei internationalen Unternehmen massiv zu. Entsprechend wichtig ist eine professionelle Umsetzung, die sowohl auf die Effizienz als auch die Effektivität des Projektes achtet.

Dabei lassen sich die Herausforderungen für Unternehmen in vier übergreifende Aspekte gliedern, die bei der Umsetzung einer internationalen Mitarbeiterbefragung besonders wichtig sind.


Vier Erfolgsfaktoren internationaler Mitarbeiterbefragungen


1. Intraorganisationale Relevanz und Akzeptanz:

Eine internationale Mitarbeiterbefragung muss die Schwerpunktinteressen von Länderniederlassungen berücksichtigen und die globale Akzeptanz sicherstellen.

2. Multilingualität:
Eine internationale Mitarbeiterbefragung muss die Komplexität, die aus unterschiedlichen Sprachversionen resultiert, meistern und qualitätsgesicherte Erhebungsinstrumente nutzen.

3. Inter- und Multinationalität:
Eine internationale Mitarbeiterbefragung muss die Komplexität, die aus der ländergrenzenüberschreitenden Logistik entsteht, meistern und eine verlässliche Verteilung und Rückholung der Fragebögen garantieren.

4. Inter- und Multikulturalität:
Eine internationale Mitarbeiterbefragung muss die kulturellen Aspekte und die damit verbundenen Einschätzungsunterschiede verschiedener Kulturregionen berücksichtigen.

Inter- und Multinationalität

Internationale Mitarbeiterbefragungen bedeuten immer auch logistische Arbeit. Bei klassischen Papierfragebögen betrifft dies einerseits den Druck und Versand der Fragebögen an alle teilnehmenden Niederlassungen sowie die Bereit- und Aufstellung von Sammelboxen vor Ort. Andererseits betrifft dies die Rückholung und Erfassung der ausgefüllten Fragebögen beim meist externen Befragungsinstitut. Ein professioneller und verlässlicher Ablauf stiftet in dieser Phase ein erhebliches Maß an Vertrauen in das gesamte Projekt. Man stelle sich nur vor, ein Standort würde gar keine Fragebögen erhalten oder es würden ausgefüllte Fragebögen verloren gehen! Versandvorlaufzeiten, das Tracking von versendeten Paketen und die Kenntnis von grenzüberschreitenden Zollregeln sind essentiell.

Bei Onlinebefragungen ist die Logistik meist zentral steuerbar und wesentlich einfacher. Das World Wide Web kennt keine Grenzkontrollen und die nötige Logistik beschränkt sich meist auf das Einrichten von Zugangsmöglichkeiten durch die IT-Abteilungen. In Zukunft wird aber gerade bei Onlinebefragungen das Thema Datenschutz stark an Bedeutung gewinnen und an Komplexität zulegen. Eine entscheidende Frage ist beispielsweise, wo die Daten physisch abliegen.  Es wird zu einem stärkeren Bewusstsein für dieses Thema kommen. Damit steigt auch die Fülle an Anforderungen, die Einhaltung nationaler Gesetze zu belegen und eine entsprechende Verfahrensdokumentation vorzuweisen (etwa nationale Datenschutzvereinbarungen). Die Verantwortlichen im Unternehmen müssen mit den aktuellen Regelungen der betreffenden Länder vertraut sein – oder mit professionellen externen Partnern zusammenarbeiten.

In späteren Phasen der Ergebnisaufarbeitung bedeutet Internationalität beziehungsweise Multinationalität auch, dass Unternehmen lokale Moderatoren einsetzen, die Ergebnisse der Befragung in der jeweiligen Landessprache aufarbeiten. Während die Befragung an sich selbst in großen Unternehmen sehr zentral organisiert werden kann, ist spätestens die Aufarbeitungsphase des Befragungsprojektes eine lokale Aufgabe und benötigt häufig Präsenz vor Ort.

Inter- und Multikulturalität

Ein wichtiger letzter Aspekt ist die Inter- beziehungsweise Multikulturalität. Sie betrifft nicht nur internationale Projekte, aber in diesen spielt sie eine besonders weitreichende Rolle. Es ist – auch bei einer sachkundigen und qualitätsvollen Übersetzung eines Fragebogens – nicht automatisch annehmbar, dass eine in einem Kulturraum entwickelte angemessene und sinnvolle Frage auch automatisch in anderen Kulturräumen dasselbe Messergebnis liefert.

Dabei lässt sich als Daumenregel festhalten: Konkrete, sachbezogene Fragen, die nach expliziten Dingen, Erlebnissen oder Eindrücken fragen, sind einigermaßen kulturstabil (beispielsweise „Hatten Sie ein Mitarbeitergespräch?“, „Haben Sie die Arbeitsmittel, die Sie brauchen, um Ihre Arbeit gut zu erledigen?“). Je eher die Fragen auf latente Konstrukte (wie Zufriedenheit, Engagement, Motivation) abzielen oder allgemeine Einstellungen der Befragten thematisieren, umso weniger kulturstabil sind diese („Alles in allem bin ich mit meiner aktuellen Tätigkeit sehr zufrieden.“).

Unterschiede in den Antworten von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Ländern bedeuten nicht automatisch, dass die abgefragten Sachverhalte auch faktisch unterschiedlich ausgeprägt sind. Es ist vielmehr anzunehmen, dass es immer auch zu kulturell geprägten Einflüssen kommen wird, die kaum zu vermeiden sind und sich maximal mildern lassen. Als ein Beispiel dafür kann der psychologische Begriff der Positivität dienen. Vergleichende Studien zeigen deutlich, dass unterschiedliche Kulturräume allgemeine Aspekte des Lebens positiver oder negativer bewerten. Positivität ist in diesem Zusammenhang die kulturell vermittelte Grundeinstellung und Sichtweise auf die Lebensumgebung um uns herum. So belegen Studien beispielsweise, dass Japan ein Land ist, dass trotz hohem Lebensstandard eine vergleichsweise kritische Sichtweise auf Umgebungsfaktoren im Privat- und Arbeitsleben hat. Kolumbien als krasses Gegenbeispiel hat – trotz konträrem Lebensstandard – in vielen Studien eine der positivsten Wahrnehmungen vieler Umgebungsfaktoren. Die Dinge sind damit nicht immer objektiv unterschiedlich, sie werden teilweise subjektiv unterschiedlich wahrgenommen und bewertet.

Diese Tatsache führt vor allem dazu, dass Unternehmen sehr achtsam vorgehen müssen, wenn sie die Ergebnisse betrachten. So raten wir beispielsweise dazu, auf internationale Rankings oder direkte Vergleiche über beliebige Länder hinweg zu verzichten, da diese bestimmte Fehlinterpretationen verstärken können. Wir empfehlen:

  • Die nationale/lokale Aufarbeitung der Ergebnisse mit Priorität zu versehen und diese Sichtweise als primäre Sichtweise einzunehmen.
  • Die Interpretation der globalen Ergebnisse aus zentraler Sicht (beispielsweise der Konzernzentrale) mit lokaler Meinung/Expertise anzureichern.
  • Internationale Vergleiche im Sinne einer Rangreihung auszuschließen oder zu minimieren.
  • Internationale Vergleiche - wenn überhaupt - innerhalb von vergleichbaren Kulturregionen oder Entwicklungsstadien der Länderorganisationen vorzunehmen.
  • Wo möglich/nötig, externe Benchmarkwerte der jeweiligen Kulturregion einzusetzen, um die Ergebnisse der eigenen Organisation anhand von Vergleichswerten zu normieren.
  • Interne Zeitvergleiche als Maßstab von Veränderung in einer Länderorganisation stärker zu gewichten.

Ein global vorhandenes Messinstrument bedeutet nicht automatisch, eine global-einheitliche Messung bestimmter Sachverhalte. Es gilt, die Ergebnisse immer dialogisch zu hinterfragen und zu vertiefen. Wenn Sie so wollen: Eine Mitarbeiterbefragung soll keine Kommunikation ersetzen, sondern Kommunikation auslösen!

Viel Erfolg für Ihr Projekt!

Eine Mitarbeiterbefragung ist stets ein Puzzlespiel, dessen Erfolg vom gelungenen Zusammenspiel dutzender Faktoren abhängt. Eine Mitarbeiterbefragung ist – ganz im Gegensatz zur klassischen Marktforschung –kein reines Befragungsprojekt, sondern im Kern ein Organisationsentwicklungsprojekt. Entsprechend gilt es, auch den Prozess der Befragung ins Zentrum zu rücken, nicht nur die Umfrage als einzelnen Prozessschritt.

Wir hoffen, dass wir Ihnen in diesem Artikel einige Praxistipps für Ihr nächstes Befragungsprojekt bieten konnten. Viel Erfolg dabei!


Webtipp

Eine Checkliste, die bei der Gestaltung und Umsetzung internationaler Mitarbeiterbefragungen hilft, finden Sie hier.

Multilingualität

Ein Komplexitätsfaktor bei internationalen Befragungsprojekten ist klarerweise die Sprache beziehungsweise die Übersetzung von Sprachversionen. Das gilt nicht ausschließlich für internationale Befragungen, sondern auch für Projekte, die mehrere Sprachgruppen in einem Land erreichen wollen  (beispielsweise in der  Schweiz). Auch bei einer hohen Diversität der Belegschaft können Zusatzsprachen nötig sein. Zwar stellt die englische Sprache oft eine attraktive und pragmatische Ausweichvariante dar. Doch generell ist es empfehlenswert, eine Befragung – soweit möglich – in der jeweiligen Muttersprache zur Verfügung zu stellen.

Übersetzungen betreffen in einem Mitarbeiterbefragungsprojekt selbstverständlich alle Dokumente wie  Einladungsschreiben, Intranetartikel und Ergebnisberichte. Besonders erfolgskritisch ist jedoch der Fragebogen, dessen Übersetzung fundamentale Bedeutung hat. Fehler in der Übersetzung des Fragebogens führen möglicherweise zu Messfehlern, die weiterführende Fehlinterpretationen bis hin zu verschwendeten Mitteln für falsche Folgeaktivitäten bedeuten können.

Entsprechend gilt es, für die Bereitstellung und Kontrolle von Übersetzungen ausreichend Zeit und Ressourcen einzuplanen. Als Standardempfehlung kann gelten, die Angemessenheit von Übersetzungen mit der sogenannten Übersetzungs-Rückübersetzungs-Methode zu prüfen. Dabei werden die Fragen des Fragebogens von bilingualen Übersetzern zunächst von der Ausgangssprache in die Zielsprache und zur Kontrolle von anderen bilingualen Übersetzern von der Zielsprache zurück in die Ausgangssprache übersetzt. Die Übersetzung gilt dann als angemessen, wenn diese inhaltsgleich ist und es keine von Experten als bedeutsam bewerteten Divergenzen gibt. Die Einbeziehung der lokalen Koordinatoren und die Einrichtung lokaler Pretests ist zu empfehlen.

Empfehlungen zur Fragengestaltung im multilingualen Kontext:

  • Die Fragen sollten kurz und einfach gehalten sein.
  • Fragen zu konkreten, sachbezogenen Themen sind einfacher zu übersetzen als abstrakte Fragen oder Einstellungsfragen.
  • Redewendungen und Sprichwörter sind zu vermeiden, da diese teilweise schwierig zu übersetzen sind („Wir alle sitzen in einem Boot.“).
  • Aktive Satzkonstruktionen sind passiven vorzuziehen.
  • Nomen sollten in Frageformulierungen wiederholt werden und nicht durch Pronomen ersetzt werden.
  • Quantifizierungen sollten in Fragen absolut sein und nicht relativ (beispielsweise sind „manchmal“ oder „häufig“ relative

Neben dem methodischen Aspekt von Sprachversionen schwingt beim Umgang mit verschiedenen Sprachversionen auch immer der Aspekt der Wertschätzung mit. Spanisch ist nicht mit Mexikanisch gleichzusetzen oder Kroatisch und Serbisch nicht als Serbokroatisch zu pauschalieren. Hier kann es – trotz Verständlichkeit im Alltag – zu feinen Bedeutungsunterschieden oder falscher Wertschätzung kommen. Entsprechend sollte ein internationales Mitarbeiterbefragungsprojekt auch eine klare Definition beinhalten, welche Sprachen angeboten werden und welche nicht.

Diese vier Aspekte sind in unterschiedlichen Phasen einer Mitarbeiterbefragung zwar unterschiedlich zu gewichten, bleiben aber durchgängig präsent. Tabelle 1 zeigt, in welcher idealtypischen Phase einer Mitarbeiterbefragung welchem Aspekt primäre Bedeutung zukommt.


Intraorganisationale Relevanz und Akzeptanz

Eine Mitarbeiterbefragung bedarf stets einer strategischen Zielsetzung (beispielsweise Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität nach innen oder außen, Optimierung der internen Zusammenarbeit, Führungsverantwortung operativer Führungskräfte stärken, o.a.). Entsprechend gilt es, in Konzeption und Planung die Ziele in der internationalen Unternehmensstruktur abzustimmen. Damit stellen Unternehmen zwei wesentliche Faktoren sicher:

  • Die Akzeptanz der Mitarbeiterbefragungen in allen Teilen der Organisation.
  • Die Relevanz der gesetzten Ziele beziehungsweise der später abgefragten Themen für alle Teile der Organisation.

Damit kommt der internationalen Projektstruktur und den eingesetzten Länderkoordinatoren eine besondere Bedeutung zu. Letztere sind die zentralen Schnittstellen in den jeweiligen Länderorganisationen. Als Sprachrohre der Mitarbeiterbefragung fördern sie deren Akzeptanz beim lokalen Management, den Führungskräften und der Belegschaft. Die Länderkoordinatoren sind darüber hinaus Impulsgeber, wenn es um lokale oder kulturelle Besonderheiten der jeweiligen Niederlassung geht. Eine nicht nur informierende, sondern aktiv beteiligende Projektstruktur ist dabei vorteilhaft.

Es ist empfehlenswert, lokalen Länderorganisationen einen gewissen Freiheitsgrad in der Schwerpunktsetzung des Fragebogens zu geben. Dies erhöht die Relevanz und Akzeptanz meist deutlich. Aus unserer Erfahrung hat sich dabei eine Kombination aus globalen Kernfragebögen und lokalen/regionalen/länderspezifischen Zusatzmodulen oder Zusatzfragen als erfolgreich herausgestellt. Die jeweiligen lokalen Koordinatoren sind damit auch die Schnittstelle, die dabei hilft, die Angemessenheit globaler Inhalte und die Bedarfe an länderspezifischen Fragestellungen zu bewerten.