Oft nutzt HR aber nur Teilprozesse von HR-Software-Lösungen. Nur wenige Betriebe verfügen über vollständig digitalisierte HR-Prozesse. So sind Lohnabrechnungen in der Praxis häufig noch nicht digitalisiert, sie müssen dann vom Verantwortlichen ausgedruckt, kuvertiert und von Hand versendet werden. Ebenso verhält es sich mit vielen Anträgen und Einbringen, die gerade in kleineren Unternehmen immer noch mit aufwendigen Formalitäten einhergehen. Schon die Abwesenheit eines Vorgesetzten kann daher dazu führen, dass sich Vorgänge unnötig in die Länge ziehen und Mitarbeiter auf Bestätigungen oder Rückmeldungen länger als nötig warten müssen. Einfache Personalstatistiken können sehr langwierige Unterfangen sein, wenn die Personalisten mühsam physische Dokumente suchen und auswerten müssen. Aber selbst, wenn HR-Programme verwendet werden, können sich kleine Fehler einschleichen. Vergisst ein Vorgesetzter etwa einen Haken an der richtigen Stelle zu setzen, kann das ebenfalls zu Missverständnissen und Verzögerungen führen.

Dennoch minimiert vor allem die Verwendung einer ganzheitlichen HR-Lösung das Fehlerrisiko deutlich. Vor allem wenn Workflows richtig abgebildet und alle HR-Prozesse miteinander verknüpft sind. Da wie in vielen Geschäftsprozessen anderer Fachbereiche auch im HRM immer mehr Lösungen für unterschiedliche Aufgabenbereiche entwickelt und nach dem „Best-of-Breed“ Prinzip implementiert werden, gilt es diese über Frameworks bzw. Plattformen zu verknüpfen, damit ein Datenaustausch gewährleistet ist. Das Ganze kann aber nicht ganz unkompliziert sein. Hierbei empfiehlt sich die Informationen, die in den einzelnen Programmen gesammelt und verarbeitet werden abzubilden und einen für das Unternehmen sinnvollen Datenfluss festzulegen, um so Schnittstellen zu identifizieren. An der ein oder anderen Stelle wird man aber Kompromisse im Hinblick auf die Effizienz eingehen müssen, denn jede Einzellösung wurde speziell für eine bestimmten Bedarf entwickelt und so wird es sich kaum vermeiden lassen, dass Daten zum Teil doppelt verarbeitet werden. Andererseits ist mit diesem Ansatz sichergestellt, in jedem Teilbereich mit der besten Lösung zu arbeiten.

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Wenn sich Unternehmen von vorherein für eine Komplettlösung entscheiden, haben sie den großen Vorteil, dass es kein vorgegebenes Korsett von unterschiedlichen Datenstrukturen gibt. Hier ist im Vorfeld eine umfassende Analyse der HR-Aktivitäten elementar, was zwar einiges an Zeit beanspruchen wird, aber auch Raum gibt, bisherige Prozesse zu reflektieren und gegebenenfalls neu zu gestalten. Sind alle Anforderungen im Detail definiert, geht es darum einen geeigneten Softwareanbieter auszuwählen. Was einfach klingt, kann sich durchaus in die Länge ziehen. Möglicherweise oder eher wahrscheinlich müssen Arbeitgeber zudem die bisherigen Datenbestände für das neue System adaptieren. Das kann ein recht aufwendiger Schritt sein, den die HR-Verantwortlichen auf jeden Fall bedenken sollten. Im gesamten Implementierungsprozess sind ein gut strukturiertes Projektmanagement, eine realistische Timeline, sowie eine klare Kommunikation das Um und Auf, um Missverständnisse gleich im Keim zu ersticken.

Gefragt sind „Digital Skills“

Doch noch ist das HR 4.0 noch nicht überall angekommen, viele Organisationen müssen ihre Organisationsprozesse noch standardisieren und digital abbilden. Damit dies möglich ist, braucht es allerdings mehr Mitarbeiter mit Kompetenzen in IT und Datenanalyse. Auch in allen anderen Unternehmensbereichen gibt es eine Verschiebung hin zum stärkeren Bedarf an ‚Digital Skills‘. Es ist daher entscheidend, Mitarbeiter in diese Richtung zu entwickeln, um diesen Bedarf in Zukunft abdecken zu können. Personal- und Führungsebene müssen einen Change-Prozess zur internen Weiterbildung in Gang setzen und begleiten, der die zukünftig verstärkt benötigten Qualifikationen berücksichtigt. Unternehmen sollten sich Fragen zu Lern- und Weiterbildungsmethoden stellen und überlegen, welche Anreize sie schaffen können, um alle Mitarbeiter an Board holen zu können.

Wichtig hierbei ist die Notwendigkeit der jeweiligen Schritte aufzuzeigen und darzustellen, welche Vorteile die Weiterbildung für jeden Einzelnen aber auch für das Unternehmen bringt. Anreize können sowohl intrinsisch als extrinsisch ausgerichtet sein, dies hängt von der jeweiligen Unternehmenskultur ab. Gamification-Elemente in Qualifizierungen,  gepaart mit der Competition in der Gruppe schaffen Motivation und Ehrgeiz. Ein anderer Zugang wäre, das Thema Qualifizierung in die Mitarbeitergespräche beziehungsweise Zielvereinbarungen zu integrieren.

Die Personalmanager haben es nun in der Hand, eine viel größere Verantwortung zu übernehmen, aktiv zum Unternehmenserfolg beizutragen und nicht mehr nur hauptsächlich zu verwalten. Mit dem digitalen Wandel in der Arbeitswelt – und damit auch im Personalwesen – ergeben sich viele neue Chancen und Herausforderungen. Als Business-Partner müssen sie Coach und Ideengeber für die Fachabteilungen und Führungskräfte sein. Das heißt, dass sie die Aufgaben in den Fachbereichen verstehen und die Herausforderungen der Zukunft kennen. Damit muss das HRM in den Strategieprozess des Unternehmens eingebunden sein, um frühzeitig die Notwendigkeiten für die Zukunft des Unternehmens aus Personalsicht zu erarbeiten und so den Fachbereichen als Berater zur Verfügung stehen zu können. Dies bedeutet zum einen Akzeptanz auf der obersten Führungsebene, Einbindung in die relevanten Entscheidungen und aktive Qualifizierung der Business-Partner in den relevanten Themenfeldern. Nur so lässt sich die Weiterentwicklung zum strategischen Coach sicherstellen.

Talentmanagement

Vor diesem Hintergrund wächst der Druck auf das Human Resource Management, die Unternehmen auf dem Weg in die Digitalisierung zu unterstützen. Besonders wichtig werden Talentmanagement und Weiterbildung, um Mitarbeiter fit für das digitale Zeitalter zu machen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Kienbaum aus dem Jahr 2018 sind sich 85 Prozent der befragten Personaler einig, dass Talentmanagement ein sehr drängendes Thema ist. 65 Prozent sind überzeugt, dass ihr Talentmanagement bereits innovativ ist. Doch gerade hier ist eine stetige Entwicklung im Gange – und es heißt, am Ball bleiben, um den Anschluss nicht zu verpassen. Denn nimmt man die HR-Brille ab, scheint es nicht ganz so optimal zu laufen, wie es die Personaler vermuten. Die Mitarbeiter und Führungskräfte, die Kienbaum als Talente berücksichtigt, sehen das weit kritischer. Von ihnen halten gerade einmal 30 Prozent das Talentmanagement ihres Unternehmens für innovativ. Stetiges Reflektieren und Adaptieren ist daher in diesem Bereich in Zeiten der Digitalisierung Pflicht und eine schnelle Anpassung an neue Herausforderungen sehr wichtig.


Datenmanagement

Eine weitere Baustelle der Personalarbeit betrifft das Datenmanagement: Durch die Digitalisierung entsteht eine wahre Datenflut. Gerade im Human Resource Management ist der Datenschutz durch die vielen persönlichen und sensiblen Informationen über Mitarbeiter und Bewerber sehr wichtig. Es macht sich aber bezahlt, detaillierte Mitarbeiter-Profile anzulegen, die die Fähigkeiten eines jeden einzelnen abbilden. Diese digitalen Talentepools tragen zu einer effizienten Personalentwicklung bei. Sie führen dazu, dass Potenziale schneller wahrgenommen und Mitarbeiter gezielter mit Weiterbildungen unterstützt werden. Damit lassen sich Kosten für Entwicklungsprogramme besser planen und Budgets punktgenauer einsetzen. Wichtig ist es, „High Potentials“ ausmachen zu können um zu gewährleisten, dass die Investitionen auch langfristig wieder ins Unternehmen zurückfließen. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten. So schlagen einige HR-Programme bereits passende Entwicklungsvorhaben für Kompetenzen vor, die ausgebaut werden sollen. Anderen Anwendungen sind mit sogenannten Selfservice-Portalen und unterstützenden Service- Centers gekoppelt, auf denen sich Mitarbeiter proaktiv über mögliche Weiterbildungen informieren und dafür anmelden können.

Die Wurzeln des Human Resource Managements HRM liegen im späten 18. Jahrhundert zu Beginn der Industriellen Revolution. Mit dem Beginn der Massenproduktion wuchs auch die Notwendigkeit, die Arbeit zu organisieren, einzuteilen – und zu verwalten. Noch heute gehört die Organisation des Personals zu den Hauptaufgaben von Firmen, Unternehmen und Verwaltungen. Die Kernaufgabe des Human Resource Managements war und ist, einen geeigneten Personalbestand im richtigen Umfang bereitzustellen und die benötigte Kapazität aufrecht zu erhalten.

Die meisten strategischen Entscheidungen sind traditionell der Unternehmensführung zugeordnet. Daher wurde HR in der Vergangenheit oft nur als bürokratisches Anhängsel der Geschäftsleitung – mit wenig Einfluss auf die langfristige Entwicklung des Unternehmens – wahrgenommen. Doch in den letzten Jahren hat sich dieses Bild mehr und mehr gewandelt.


Digitalisierung als Treiber von HR

Der Hauptgrund dafür ist die Digitalisierung – ein Begriff, der aktuell omnipräsent ist – und meist im selben Atemzug mit Schlagwörtern wie künstlicher Intelligenz, Big Data oder Cloud Computing genannt wird. Ursprünglich bezeichnete man mit „Digitalisierung“ lediglich das Umwandeln analoger Werte in digitale Formate. Heute verstehen wir darunter die grundlegenden Veränderungen, die digitale Technologien in allen Lebensbereichen hervorrufen. Diese „digitale Revolution“ trifft alle Bereiche der Arbeitswelt, wirkt sich aber naturgemäß in jenen besonders stark aus, die bislang ausschließlich auf menschlicher Arbeitskraft beruhten.

Die künftige Rolle von HR

Bislang war der HR-Bereich vereinnahmt von aufwendigen Verwaltungstätigkeiten, doch durch den digitalen Wandel, der viele Veränderungen mit sich bringt und nun auch bei den kleinen und mittleren Unternehmen langsam ankommt, ändert sich dieses Bild. Experten schätzen, dass in den kommenden Jahren fast alle administrativen HR-Aufgaben vollautomatisiert ablaufen werden. Die dadurch freigelegten Potenziale lassen nun eine mehr strategisch ausgerichtete Rolle des HR endlich zu.

HR wird in Zukunft also weit enger mit der Geschäftsführung zusammenrücken und sich gemeinsam Herausforderungen wie dem demografischen Wandel, Fachkräftemangel und flexibler gewordenen Arbeitsmodellen begegnen. Doch der Ball liegt beim Personalmanagement selbst, das die Weichen richtig stellen und sich als Mitentscheider positionieren muss. Es geht darum, Innovationsprozesse anzuregen, Potenziale zu identifizieren und weiterzuentwickeln. Die HR-Aktivitäten werden maßgeblich und viel direkter Unternehmensziele aufgreifen und vorantreiben müssen – und sie nicht mehr nur abbilden. Personalabteilungen, die jetzt die ersten Schritte in Richtung stetige Mitarbeiterentwicklung gehen, schaffen das Fundament für eine ‚Lernende Organisation‘. Personalentwicklung wird dadurch noch agiler. Diese Entwicklung wird im Zusammenspiel mit einer immer detaillierter werdenden Personalplanung große Möglichkeiten offenlegen. Sie wird auch die Sicht der Geschäftsführung auf das HR verändern, denn die Auswirkungen, beispielweise im Talentmanagement und dem Wissenstransfer, werden innerhalb des Unternehmens deutlich spürbar sein und sich nachweislich im Unternehmenserfolg widerspiegeln. HR wird so zum Richtungsgeber für den betrieblichen Erfolg. Dies geschieht aber nur dann, wenn die Personalisten selbst eine aktive Rolle einnehmen und an der strategischen Entwicklung des Unternehmens teilhaben. HR muss das Ruder dafür aber selbst in die Hand nehmen.


Webtipp:

www.pdagroup.net