BAG, Beschluss v. 19. Januar 2010 – Az. 3 ABR 19/08

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Der zugrundeliegende Fall

Bei der Arbeitgeberin bestand eine Konzernbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung. Im Rahmen verschiedener Betriebsübergänge nach § 613a BGB hat die Arbeitgeberin mehrere Arbeitnehmer von dritten Firmen übernommen. Arbeitgeberin und Betriebsrat streiten nun darum, ob diese Arbeitnehmer der Konzernbetriebsvereinbarung und damit der Versorgungsordnung unterfallen oder zumindest aus dem Gleichheitsgrundsatz an der Versorgung teilhaben.

Die Entscheidung des BAG

Das BAG hat entschieden, dass die Konzernbetriebsvereinbarung nicht für Arbeitsverhältnisse gilt, die nach § 613a BGB im Rahmen eines Betriebsübergangs auf die Arbeitgeberin übergegangen sind.

Der Wortlaut ist entscheidend

Dies ergebe sich aus der Auslegung der Konzernbetriebsvereinbarung. Die Konzernbetriebsvereinbarung gelte für “eintretende” Arbeitnehmer oder “neu begründete” Arbeitsverhältnisse. Beides liege bei einem Betriebsübergang nicht vor, weil dort die Arbeitgeberin die Rechte und Pflichten eines bestehenden Arbeitsverhältnisses übernehme. Vielmehr seien Betriebsübergänge aufgrund des Wortlauts der Betriebsvereinbarung gerade vom Anwendungsbereich ausgeschlossen. Die Konzernbetriebsvereinbarung sehe daher vor, dass sie für neu zum Konzern kommende Arbeitsverhältnisse nicht automatisch gelte, sondern gesondert in Kraft gesetzt werden müsse. So könne die Arbeitgeberin prüfen, inwieweit bestehende Versorgungszusagen dieser Arbeitnehmer an das System der Arbeitgeberin angepasst werden müssen.

Keine Zusage trotz Ungleichbehandlung

Ein Verstoß gegen den betriebverfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz sieht das BAG hierin nicht. Zwar liegt eine Ungleichbehandlung vor, denn Arbeitnehmer, die ein neues Arbeitsverhältnis begründen, fallen unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung und erhalten damit eine Versorgungszusage. Nur die Arbeitnehmer, die infolge eines Betriebsübergangs aufgenommen werden, bleiben außen vor. Diese Ungleichbehandlung sei aber gerechtfertigt. Der besonderen Situation des Betriebsübergangs sei es geschuldet, dass die Versorgungsregelungen nicht automatisch für jeden Arbeitnehmer gelten. Vielmehr müsse geprüft werden, welche Regelungen gelten und welche Unterschiede zu anderen Arbeitnehmern bestünden.

Auch aufgrund § 613a BGB können die betroffenen Arbeitnehmer keine Rechte aus der Betriebsvereinbarung herleiten, da diese Vorschrift lediglich den Status Quo sichere, nicht aber die Teilhabe an Regelungen, die beim Erwerber bestehen.

Unser Fazit

Im konkreten Fall konnte das Gericht zugunsten der Arbeitgeberin entscheiden, weil die Betriebsvereinbarung so formuliert war, dass die Arbeitgeberin ihr Versorgungssystem steuern kann. Dennoch wäre bei anderer Formulierung auch ein anderer Ausgang des Verfahrens denkbar gewesen. Entscheidet das BAG zugunsten des Betriebsrats, stehen die Arbeitnehmer günstig da: Sie nehmen an der Versorgung beim neuen Arbeitgeber teil, haben aber zugleich wegen § 613a BGB die unveränderten Versorgungsansprüche des bisherigen Arbeitgebers, die im Rahmen des Betriebsübergangs aufrecht erhalten werden. Eine Harmonisierung beider Systeme fällt dann schwer. Es kommt daher entscheidend auf eine vorausschauende Gestaltung der gewünschten Regelung an. Nur so kann ein Arbeitgeber den Betriebsübergang steuern und das Entstehen unerwünschter Ansprüche und Anwartschaften vermeiden.