Bestandteile von Entgeltsystemen

white desk lamp beside green plant
Foto von Samantha Gades

Aus Total-Compensation-Sicht bezeichnet der Begriff Entgelt alle im Rahmen eines arbeitsvertraglichen Verhältnisses gewährten monetären beziehungsweise monetär bewertbaren Leistungen. Hierzu zählen neben dem Grundentgelt auch leistungs- und erfolgsabhängige Komponenten sowie Mitarbeiterbeteiligungen. Der Total-Compensation-Ansatz stellt dabei bewusst die Gesamtvergütung – mit ihren einzelnen Entgeltkomponenten – in den Vordergrund der Betrachtung.

Fixe Vergütung gestalten

Das fixe Grundentgelt ist die Basis der Vergütung. Es orientiert sich traditionell an den Anforderungen der Stelle, die in Stellenoder Arbeitsbeschreibungen festgeschrieben sind. Ändern sich die Arbeitsinhalte, so muss das Personalmanagement die Stellenprofile und damit auch die Grundgehälter entsprechend anpassen. Das Problem: Die Arbeitsprozesse ändern sich in vielen Branchen rasch, nicht zuletzt aufgrund des technologischen Fortschritts. Eine rein anforderungsorientierte Methode der Grundgehaltsfindung ist deshalb oft nicht praktikabel. Sie verursacht unter Umständen einen großen administrativen Aufwand und erschwert den flexiblen Einsatz der Mitarbeiter.

Aus diesen Gründen verzichten viele Unternehmen bereits auf eine analytische Arbeitsbewertung zugunsten einer Entgeltdifferenzierung nach globalen Arbeitssystemen wie zum Beispiel die Volkswagen AG mit ihrem Lohnfi ndungssystem LODI. Im Rahmen von LODI wird eine Anzahl ähnlicher Stellen, die in einer überschaubaren Arbeitsorganisation gleichartige Arbeitsbedingungen aufweisen, zu Arbeitssystemen zusammengefasst. Bei der Entlohnung nach Arbeitssystemen wird dann nicht nur eine einzige Stelle sondern das gesamte Arbeitssystem betrachtet. Die zunehmende Bedeutung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten für die praktische Arbeit führt dazu, dass die Qualifikationen der Mitarbeiter bei der Entgeltfindung immer stärker berücksichtigt werden. Das Grundentgelt richtet sich zunehmend nach den von den Mitarbeitern angebotenen erfolgskritischen Qualifikationen (z.B. Fachwissen, Fremdsprachen oder Teamfähigkeit).

Leistungsabhängige Vergütung

Über ihr Grundgehalt hinaus können die Personalabteilungen variable, leistungsbezogene Vergütungselemente anbieten. In der Produktion lösen Prämiensysteme zunehmend die traditionellen Akkordlöhne ab. Der Akkordlohn orientiert sich an der Menge der produzierten Waren. Der Prämienlohn bezieht sich zwar ebenfalls auf die individuelle Leistung. Neben der Menge werden jedoch auch andere Faktoren wie zum Beispiel Qualität und Einsparungen berücksichtigt. Außerhalb des Produktionsbereichs ist die Bewertung von Leistung komplizierter. Hier bietet sich der Einsatz von Zielvereinbarungssystemen an. Das Führen mit Zielvereinbarungen (Management by Objectives) wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Der Prozess der Zielvereinbarung besteht aus drei Schritten.

Zielsystem entwickeln

Im ersten Schritt entwickelt das Management ein konsistentes Zielsystem, das anschließend über alle Hierarchieebenen hinweg operationalisiert werden muss. Besonders wichtig: Das HR-Management sollte nur solche Ziele vereinbaren, die sich an der Strategie des Unternehmens orientieren und sich als nachweislich kritisch für den Unternehmenserfolg erwiesen haben.

Ausgehend von den Unternehmenszielen leitet das Management Teilziele für einzelne organisatorische Einheiten ab. Daran orientieren sich die Mitarbeiterziele, die Arbeitnehmer und Vorgesetzte gemeinsam festlegen und in der Regel schriftlich fixieren. Dabei müssen sie darauf achten, dass die Ziele erreichbar und realistisch, aber auch herausfordernd sind. Aus Gründen der Transparenz und Akzeptanz müssen die Ziele präzise formuliert und messbar sein.

Grundsätzlich lassen sich quantitative und qualitative Ziele unterscheiden. Zu den quantitativen Zielgrößen gehören beispielsweise Kosten- oder Umsatzziele, die den Unternehmenserfolg abbilden. Im Unterschied dazu beziehen sich qualitative Zielevor allem auf eine Verbesserung bestehender Zustände oder Prozesse. Traditionell dominierten in der Unternehmenspraxis oft einseitig quantitative Ziele. In jüngster Zeit werden Zielvereinbarungen jedoch zunehmend auf Basis der so genannten Balanced Scorecard getroffen, die neben Umsatzzielen auch qualitative Leistungsaspekte berücksichtigt, welche wiederum ebenfalls Einfluss auf den ökonomischen Erfolg haben.

Ziele vereinbaren und gewichten

In einem zweiten Schritt vereinbaren und gewichten Vorgesetzte und Mitarbeiter gemeinsam die Ziele ihrer Arbeit. Sie stellen eine Hierarchie der Ziele auf und legen Kriterien fest, anhand derer sich überprüfen lässt, ob ein bestimmtes Ergebnis erreicht wurde. Zudem stellen sie einen Zeitplan für die Umsetzung auf.

Parallel dazu sollte das HR-Management das Budget für die variablen Zahlungen festlegen. Dieser Gesamttopf kann sich beispielsweise aus dem Gegenwert bisheriger Einmalzahlungen, aus tariflichen Sonderleistungen oder aus Entgelterhöhungen speisen. Zielvereinbarungssysteme können weitgehend kostenneutral implementiert werden.

Ziele überprüfen

Nach Ablauf des zuvor festgelegten Zeitraums überprüfen Vorgesetzte und Mitarbeiter, ob die Ziele erreicht wurden. Dieser Abgleich bildet die Grundlage für die zu vergebende Vergütung. Ob ein quantitatives Ziel erreicht wurde, lässt sich in der Regel relativ leicht errechnen. Qualitative Ergebnisse kann das HR-Management zum Beispiel mit Hilfe von Kundenbefragungen oder Vorgesetztenbeurteilungen ermitteln.

Erfolgsabhängige Komponente

Zusätzlich zur individuellen Leistungsvergütung kann das Unternehmen im Rahmen der Total Compensation eine variable, erfolgsabhängige Komponente gewähren. Im Gegensatz zur individuellen Leistungsvergütung, die sich an Steuerungsgrößen orientiert, die der einzelne Mitarbeiter beeinflussen kann, bezieht sich die erfolgsabhängige Komponente auf die Gesamtleistung des Unternehmens. Der Mitarbeiter partizipiert am Erfolg seines Betriebs, wodurch sich seine Motivation, aber auch sein Kostenbewusstsein erhöhen soll. Die Literatur unterscheidet zwischen Leistungs-, Ertrags- und Gewinnbeteiligung.

Formen der Erfolgsbeteiligung

Die verschiedenen Formen der Erfolgsbeteiligung unterscheiden sich durch ihre Bemessungsgrundlagen. Bei der Leistungsbeteiligung zieht das Unternehmen die Gesamtleistung einer organisatorischen Einheit (zum Beispiel einer Business-Unit) als Referenzgröße für das Beteiligungsvolumen heran. Zu Beginn defi niert der Betrieb die Ausgangsleistung der Einheit. Wird diese überschritten, partizipieren die Mitarbeiter am gemeinsamen Erfolg.

Der Nachteil von Leistungsbeteiligungen ist, dass sie Markteinflüsse nicht berücksichtigen. Der Erfolgsanteil muss auch dann an die Mitarbeiter gezahlt werden, wenn die Gewinn- und Verlustrechnung den notwendigen finanziellen Spielraum nicht aufweist. Aus diesem Grund haben Leistungsbeteiligungssysteme in der Vergangenheit an Bedeutung verloren. Hinzu kommt, dass diese Systeme sehr aufwendig in der Konzeption sind und damit hohe Kosten verursachen.

Die Ertragsbeteiligung umfasst beispielsweise Umsatz-, Wertschöpfungs- oder Nettoertragsbeteiligungen. Sie berücksichtigt nicht ausschließlich die internen Leistungserstellungen, sondern auch die am Markt erzielten Erlöse. Wie bei der Leistungsbeteiligung kann es jedoch auch bei Ertragsbeteiligungen zu Zahlungszwängen kommen, ohne dass in der Gewinn- und Verlustrechnung der notwendige Spielraum vorhanden ist.

Beispiele für die Gewinnbeteiligung stellen Bilanzgewinn-, Ausschüttungsgewinn- oder Substanzgewinnbeteiligungen dar. In der Praxis ist die Gewinnbeteiligung die dominanteste Form der Erfolgsbeteiligung, da eine Auszahlung nur erfolgt, wenn tatsächlich ein Gewinn erzielt wurde. Dies unterstützt das Ziel der Kostenflexibilisierung und trägt zudem zur Beschäftigungssicherung bei. Weiterhin besitzt diese Form der Beteiligung den Vorteil, dass nach der Implementierung nur ein geringer Aufwand zur Pflege des Systems anfällt.

Kapitalbeteiligungen

Neben leistungs- und erfolgsorientierten Vergütungskomponenten sind Kapitalbeteiligungen möglich. Darunter fallen Fremd- und Eigenkapitalbeteiligungen sowie Mischformen. Im Gegensatz zur Erfolgsbeteiligung ist diese Form der Vergütung immer mit einer Kapitaleinlage des Mitarbeiters verbunden. Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die verschiedenen Formen der Kapitalbeteiligung.

Formen der Kapitalbeteiligung

Die Fremdkapitalbeteiligung umfasst eine vorab festgelegte Zinszahlung, unabhängig von der Entwicklung des Unternehmenserfolgs. Die bekannteste Form der Fremdkapitalbeteiligung stellt das Mitarbeiterdarlehen dar, bei dem der Beschäftigte dem Unternehmen ein Darlehen zur Verfügung stellt, wobei sowohl ein fester als auch ein variabler Zinssatz vereinbart werden kann.

Im Rahmen von Eigenkapitalbeteiligungen stellt der Mitarbeiter dem Unternehmen dauerhaft Mittel zur Verfügung und ist damit auch an Gewinn und Verlust beteiligt. Die Wahl des Beteiligungsinstruments hängt von der Rechtsform des Unternehmens ab. Weit verbreitet sind mittlerweile Belegschaftsaktien beziehungsweise Stock-Options (Aktienoptionsrechte). Diese Form der Beteiligung fördert einerseits die Bindung an das Unternehmen. Inwieweit sie tatsächlich motiviert, hängt jedoch auch von der Entwicklung auf dem Aktienmarkt ab.

Neben der Eigen- und Fremdkapitalbeteiligung existieren in der Praxis auch Mischformen. Diese eigenkapitalähnlichen Beteiligungsarten können genau wie die Fremdkapitalbeteiligung unabhängig von der Rechtsform gewährt werden. Genussscheine stellen hier die gängigste Art der Beteiligung dar. Der Mitarbeiter erhält einen Anspruch auf einen Anteil am Gewinn aber keinerlei Gesellschafterrechte.

Gestaltungsempfehlungen

Aus konzeptioneller Sicht sollte sich die Gesamtvergütung aus fixen und variablen Bestandteilen zusammensetzen. Bei der Grundentgeltfindung empfiehlt sich eine Abkehr von anforderungs- hin zu qualifikationsorientierten Systemen. Diese motivieren die Mitarbeiter, Leistungen zu verbessern und lassen ausreichend Spielraum für den flexiblen Personaleinsatz. Personalmanager können variable Vergütungsbestandteile – abhängig von der jeweiligen Unternehmenssituation – einzeln oder in Kombination zusätzlich zum Grundentgelt gewähren. Leistungsabhängige Komponenten motivieren die Mitarbeiter, ihre individuelle Performance zu verbessern. Erfolgsabhängige Komponenten und Kapitalbeteiligungen fördern die Bindung der Beschäftigten an ihr Unternehmen zusätzlich.

Fazit:Die richtige Mischung macht’s: Der Total-Compensation-Ansatz erhöht die Transparenz der im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gewährten Leistungen. Er hilft den Personalverantwortlichen, ihre Vergütungspolitik passgenau an die Ziele des Unternehmens anzupassen.

Literaturtipps

Personal und Arbeit: Grundlagen des Human Resource Management und der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen.

Von Walter A. Oechsler.

7. Aufl ., München/Wien 2000.

Führen mit Zielvereinbarungen: Organisatorischer und rechtlicher Rahmen von Führungs-, Beurteilungsund Entgeltsystemen.

Von Walter A. Oechsler. In: H. Fischer,

(Hrsg.), Unternehmensführung im Spannungsfeld zwischen Finanz- und

Kulturtechnik. Hamburg 2001, S. 293-312.

Quelle: personal manager 5/2004