Herr Davidson, was fühlen Sie, kurz bevor Sie einen Vortrag halten?

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Foto von Headway

Genau das, was auch meine Zuhörer fühlen sollen, wenn sie beispielsweise ein Coaching zu dem Thema gebucht haben. Ich fühle, dass ich alles unter Kontrolle habe, bin energetisch und dankbar, dass ich meine Botschaft verbreiten darf.

Viele Menschen empfinden in dieser Situation das genaue Gegenteil: Sie sind nahezu panisch.

Ja, das stimmt. Viele Leute kommen zu mir, weil sie diesen Zustand überwinden möchten. Im Endeffekt läuft alles auf die richtige körperliche Haltung und die Atmung hinaus.

Das ist alles?

Zumindest ist das die Grundlage für eine gute Präsentation. Wenn Sie an Menschen denken, die gerade kurz vor einer Aktivität stehen, die körperlicher Anstrengung bedarf – egal ob das nun ein Tennisspieler, ein Golfer, ein Schwimmer oder ein Hundertmeterläufer ist. Wenn etwa der Schwimmer am Rand des Pools steht, gerade kurz davor ins Becken zu springen, kommt alles darauf an, wie er steht. Wie er in diesen wenigen Sekunden atmet, bestimmt zu einem Großteil das Gelingen seiner Ausführungen.

Wenn wir also hauptsächlich unsere Haltung und unsere Atmung unter Kontrolle bringen müssen, heißt das, eine Präsentation zu halten ist nichts anderes als schauspielern?

Es ist wichtig den Unterschied zu kennen. Ein Schauspieler soll eine andere Person darstellen. Daniel Craig tut zum Beispiel so al wäre er James Bond. Wenn wir ihn sehen, ist er das für uns auch. Wir sehen nicht Daniel Craig – das ist ein Unterschied. Für einen Speaker ist es hingegen wirklich wichtig eine Verbindung zum Publikum aufzubauen. Es muss glauben, dass er vollkommen echt ist und nicht vorgibt jemand anderes zu sein. Dafür kann der Speaker einige Schauspieltechniken zum Einsatz bringen.

Welche Schauspieltechniken benutzen Sie?

Die Synchronisierung der Körpersprache, der Stimme und der Worte. Wenn ich mit der Stimme spiele, um bestimmte Teile meiner Rede zu unterstreichen, muss ich sichergehen, dass meine Körpersprache dazu passt. Das Publikum soll eine Botschaft erhalten, egal ob es sich eher auf meine Stimme konzentriert oder meinen Bewegungen zuschaut. Das hat damit zu tun, dass wir Informationen vor allem auf drei Wegen wahrnehmen: Visuell, auditiv und kinästhetisch. Deshalb ist es für die Bühnenpräsenz wichtig, dass diese Erfahrungen in einer einzigen verschmelzen.

Haben Sie irgendwelche Lieblingsredner?

Doug Stevenson und Alvin Law schätze ich sehr – und auch Mark LeBlanc.

Was zeichnet diese Speaker vor anderen aus?

Ihre Bescheidenheit. Und ihre Fähigkeit, die Zuhörer durch alle gefühlsmäßigen Erfahrungen zu führen – vom Lachen bis hin zur Traurigkeit, um sie schließlich mit einem sehr guten Selbstwertgefühl zurückzulassen.

Gibt es andererseits Redner, die Sie hassen?

Manche Redner schaffen es nicht mich mitzureißen – aus unterschiedlichen Gründen. Doch meistens liegt das daran, dass sie die Zuhörer mit zu vielen Informationen erschlagen, so dass nicht klar wird, was eigentlich ihre Message ist. Das zeigt, dass sie ihren Auftritt nicht wirklich durchdacht haben. Den Zuhörer wird dann nicht klar, was sie von dem Vortrag mitnehmen sollen. Bei mir kommt das als fehlender Respekt für das Publikum an, außerdem ist so etwas uneffektiv. Solche Speaker verschwenden meine Zeit und ihre eigene – das regt mich auf.

Der Kontakt von Angesicht zu Angesicht mit dem Publikum war früher sehr wichtig. Heute kommunizieren wir häufig in digitaler Weise, beispielsweise im Internet. Wie beeinflusst das die Bedeutung einer Rede?

Ein aktuelles Beispiel, das diesen Einfluss zeigt, ist die Presidentschaftskampagne von Barack Obama. Das war eine meisterhafte Vorführung dessen, wie man moderne Technologie mit einer herausragenden Bühnenpräsenz verknüpfen kann. Obama war in der Lage die Kraft der Internets zu nutzen, um seine Botschaft zu unterstreichen. Und das ist die wirkliche Stärke des Internets: Es wird Live-Auftritte von Rednern nicht ersetzen, aber enorm verstärken.

Glauben sie, dass neue Medien auch die Art und Weise der Präsentation verändern?

Ja, und am meisten hat bisher das Fernsehen die Redetechniken beeinflusst. Wenn wir zum Beispiel an Redner wie Martin Luther King, Kennedy oder ähnliche denken – ihre Reden waren so gedacht, dass das Publikum sie von Anfang bis Ende hört. Mitte der 1960er Jahre endete dieser Trend und eine neue Methode kam auf: die Technik der “sound bite politics”. Politiker erkannten, dass jede Rede, die sie halten, nicht komplett an die Millionen Zuschauer vor den Fernsehgeräten ausgestrahlt wird. Nur die wenigen, die bei der Rede anwesend sind, bekommen die vollständige Präsentation mit. Deshalb sind die Reden so geschrieben, dass sie in Sound-Häppchen von 9, 10 oder 30 Sekunden zerkleinert werden können. Wir als Zuschauer erleben dabei nicht mehr, wie der Redner seine Präsentation langsam steigert und entwickelt wie das früher der Fall war.

Welche aktuellen Veränderungen beobachten Sie bei professionellen Redeformen?

In der „Speaker-Industrie“ gehen gerade wirklich faszinierende Dinge vor sich. Während Unternehmen noch vor einigen Jahren professionelle Redner engagierten, um einen spezifischen Workshop oder eine Keynote-Präsentation zu halten, möchten sie heute eine viel ganzheitlichere Performance. Die wirkliche Bühnenpräsenz oder das Redenhalten ist nur ein kleiner Teil eines umfassenderen Erlebnisses. Wenn ich beispielweise einen Workshop für einen Kunden halte, beziehe ich die Teilnehmer schon vorher ein, indem ich sie bitte, einen Fragebogen auf meiner Website auszufüllen. Die Ergebnisse baue ich dann wiederum in den Workshop ein. Halte ich etwa einen Keynote-Vortrag für ein Unternehmen, in dem ich die Mitarbeiter in eine bestimme Richtung motivieren oder entwickeln möchte, fordere ich sie am Ende auf, im Internet zusätzliche Informationen darüber zu lesen und so den Prozess weiterzuentwickeln.

Um welche Themen geht es den Unternehmen hauptsächlich bei solchen Workshops?

Wenn Sie das einmal unabhängig von der Branche betrachten, ist das wichtigste Thema gerade ohne Zweifel, dass sich die Veränderungen wirtschaftlicher Prozesse rapide beschleunigen. Denken Sie beispielweise daran, wie schnell Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Deshalb ist das wirkliche Problem, mit dem sich Wirtschaftsorganisationen heute konfrontiert sehen, der Belegschaft die Dringlichkeit von Veränderungen klar zu machen. Meiner Ansicht nach scheitern jedoch die meisten Unternehmen daran, diese Dringlichkeit am Leben zu halten.

Was machen sie falsch?

Einerseits reagieren viele Unternehmen nur, wenn schon jeder sieht, dass etwas schief läuft, wie gerade etwa bei General Motors und anderen amerikanischen Automobilfirmen. Doch auch wenn die Manager denken, es läuft alles prima, müssen sich die Organisationen verändern. Andererseits sehe ich ein Problem darin, dass die Führungskräfte große Schwierigkeiten mit der Kommunikation haben. Manchmal fehlen ihnen die Präsentationsskills. Aber selbst wenn sie diese beherrschen und alles können, worüber wir vorher gesprochen haben, scheitern sie häufig. Die Schwierigkeit besteht darin, dass viele Unternehmen sich nur auf sich selbst konzentrieren. Sie möchten effizienter werden anstatt sich auf den Markt und ihre Kunden zu konzentrieren.

Welchen Einfluss hat die Wirtschaftskrise auf diese Schwierigkeiten?

Es ist nur zu verständlich, wenn Unternehmen in der momentanen Situation erst einmal auf sich selbst schauen und ihre Prozesse verbessern möchten. Meiner Einschätzung nach werden jedoch die Unternehmen erfolgreich aus der Krise kommen, die sich am Markt orientieren und die Wünsche und Erfahrungen der Kunden in ihre eigene Welt integrieren.

Interview: Stefanie Hornung

 

Vortrag: Trends in speaking – what tomorrow’s audience expects of you

am Donnerstag, 26. März, 11.20 – 12.05 Uhr,

im Forum 4 der PERSONAL2009, M,O,C, München