Nach Ausbruch der Coronapandemie mussten viele Unternehmen Finanzierungen sichern, Geschäftsmodelle neu ausrichten und Strategien anpassen. Blieb da noch Luft für Learning & Development? Wir vom HRM Institute wollten gerne wissen, welche Bedeutung die berufliche Weiterbildung in diesen Zeiten für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber hat, welche Prioritäten sie dabei setzen und welche Tools sie nutzen. Daher haben wir im März 2021 eine Umfrage unter Führungskräften, HR- und Weiterbildungsverantwortlichen in der DACH-Region gestartet. Die Ergebnisse liefern ein Stimmungsbild zur Weiterbildung in Coronazeiten.

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Foto: Toa Heftiba, Unsplash

Stellenwert von Weiterbildungen bleibt hoch

Die gute Nachricht zuerst: Weiterbildung bleibt auch in Coronazeiten wichtig – obwohl viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aktuell mit vielen anderen Themen beschäftigt sind. Doch für die große Mehrheit der 145 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat die berufliche Fortbildung momentan eine große Bedeutung – und das sowohl auf der persönlichen als auch auf der betrieblichen Ebene.

Mit der Aussage „Die berufliche Weiterbildung hat aktuell in unserem Unternehmen einen hohen Stellenwert“ konnten sich 74 Prozent der befragten Führungskräfte, HR-Verantwortlichen und Weiterbildner identifizieren („stimme völlig zu“ und „stimme zu“, siehe Abbildung). Nur 14 Prozent sind der Ansicht, dass Weiterbildung in ihren Betrieben aktuell keine große Bedeutung hat („stimme nicht zu“ und „stimme überhaupt nicht zu“).

Aktueller Stellenwert beruflicher Weiterbildung in den Unternehmen (hellblauer Balken) und für die Befragten persönlich (dunkelblauer Balken).

Ein noch deutlicheres Bild zeigt sich, wenn wir die persönliche Haltung zum Thema Weiterbildung betrachten. Insgesamt 89 Prozent der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer sind mit der Aussage „Die berufliche Weiterbildung hat aktuell für mich persönlich einen hohen Stellenwert“ einverstanden („stimme zu“ und „stimme völlig zu“). Nur drei Prozent sehen das anders („stimme nicht zu“ und „stimme überhaupt nicht zu“).

Sowohl die persönliche Motivation, sich weiterzubilden, als auch die Fortbildungsbereitschaft der Unternehmen scheinen demnach hoch zu sein. Eine weitere Zahl, die dies untermauert:

Der Befragung zufolge arbeiten 96 Prozent der Teilnehmenden in Betrieben, die berufliche Fortbildungen anbieten. Vier Prozent der Antwortgeber arbeiten für Unternehmen, die nicht weiterbilden. Als Gründe dafür nennen die Teilnehmenden fehlendes Budget und mangelnde personelle Ressourcen („Wir haben niemanden, der sich darum kümmert“). Bei diesen Betrieben handelt es sich überwiegend um Kleinbetriebe unter zehn Mitarbeitern.

Keine radikalen Einschnitte bei den Budgets

Ein großer Teil der Unternehmen ist hingegen weiterbildungsaktiv – und viele haben auch in der Krise die Weiterbildungsbudgets nicht zusammengestrichen. So berichten 44 Prozent der Befragten für das Jahr 2020 von stabilen Budgets für die Fortbildung. Bezogen auf das laufende Jahr 2021 gehen 47 Prozent von stabilen Budgets für Weiterbildungen in ihren Unternehmen aus.

Geschrumpft sind die finanziellen Töpfe für Fortbildungen im Jahr 2020 in rund einem Viertel (26 Prozent) der Unternehmen. Für 2021 gehen aber nur noch zehn Prozent davon aus, dass ihre Arbeitgeberin oder ihr Arbeitgeber die Mittel für die Personalentwicklung reduzieren wird.

In einigen Firmen sind die eingeplanten Summen für die Weiterbildungen sogar gestiegen: Dies geben 17 Prozent der Befragten für 2020 an sowie 24 Prozent für das laufende Jahr 2021.

Weniger Weiterbildungen umgesetzt

Auch wenn es laut Befragung keine radikalen Einschnitte bei den Weiterbildungsbudgets gab, hat sich der Umfang der tatsächlich umgesetzten Schulungen seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie bei der Hälfte der Unternehmen reduziert. Dies deutet darauf hin, dass die geplanten Budgets für Fortbildungen nicht immer ausgeschöpft wurden.

Jeder zweite Studienteilnehmer (51 Prozent) berichtet, dass das eigene Unternehmen seit Ausbruch der Coronakrise weniger Weiterbildungen realisiert hat. In 31 Prozent der Fälle geschah dies aus Kostengründen, in rund 21 Prozent aus Zeitgründen. Teilweise lag es schlichtweg an den Umständen: Diverse Präsenzveranstaltungen fielen aufgrund der geltenden Regelungen zum Coronaschutz ersatzlos aus – und wer auf Onlinetrainings umstellen wollte, musste vielfach erst die technischen Voraussetzungen dafür schaffen. Einzelne Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer berichten, dass in ihren Organisationen die Bereitschaft, sich online weiterzubilden, gering sei. Ein Teilnehmer gibt zu bedenken, dass sich auch nicht alle Weiterbildungsthemen für die digitale Vermittlung eignen.

Jedes zweite Unternehmen hat in der Coronakrise weniger Weiterbildungen umgesetzt.

Ein knappes Drittel der Teilnehmer (31 Prozent) arbeitet für Unternehmen, die Weiterbildungen im selben Umfang anbieten wie vor der Krise. Weitere 19 Prozent der Betriebe schulen sogar häufiger als vor der Coronazeit. Der Hauptgrund: „Durch die Coronakrise haben sich für uns viele neue Fragestellungen ergeben“, sagen 48 Prozent der Studienteilnehmer, deren Arbeitgeber seit dem Auftreten von Covid-19 mehr Schulungen umsetzen. 30 Prozent bieten häufiger Weiterbildungen an, weil sie den Umgang mit Remote Work in Trainings vermitteln.

Ein Teilnehmer berichtet von neuen Lernformaten (Learn Hacks), die das Unternehmen eingeführt hat. Ein anderer nennt strategische Gründe für die Weiterbildungsaktivitäten: „Wir nutzen die Zeit der Unterauslastung gezielt, um unsere Mitarbeiter auf zukünftige Aufgaben vorzubereiten.“

Digitale Tools in der Weiterbildung auf dem Vormarsch

Dabei nutzt die Mehrheit der Unternehmen verstärkt digitale Tools. Die Instrumente der beruflichen Weiterbildung haben sich in und durch die Coronakrise verändert. Das geben 77 Prozent der Befragten an. Besonders häufig kommen aktuell Videokonferenzen zum Einsatz (89 Prozent), dicht gefolgt von Webinaren (85 Prozent). 41 Prozent setzen stärker auf Weiterbildungsplattformen für das E-Learning, 31 Prozent auf Lernmanagementsysteme. Einzelne Nennungen entfielen zudem auf „virtuelle Klassenzimmer“ oder „Schulungsvideos“. Digitale Tools sind somit in der Weiterbildung auf dem Vormarsch.

Videokonferenzen und Webinare werden häufiger für Fortbildungen genutzt.

Weiterbildungsthemen haben sich verschoben

Digitalisierungsthemen dominieren aktuell auch inhaltlich viele Weiterbildungen. In 61 Prozent der Betriebe haben sich die Inhalte der Weiterbildungen in der Pandemie gewandelt. Gefragt, was diese Unternehmen nach Ausbruch der Pandemie häufiger schulen als zuvor, antwortet eine große Mehrheit (86 Prozent) „digitale Themen“. Erst mit einem großen Abstand folgen fachbezogene Weiterbildungen (41 Prozent), Gesundheitsthemen (36 Prozent), Datenschutz (21 Prozent), Führung (9 Prozent) und Compliance (4 Prozent).

Betriebe schulen verstärkt digitale Themen.

Fazit

Auch wenn die Befragung „Weiterbildung in Coronazeiten“ nicht repräsentativ ist, gibt sie ein Stimmungsbild der Weiterbildungsaktivitäten vieler Unternehmen. Die Ergebnisse zeigen, dass berufliches Lernen nicht an Bedeutung verliert, auch wenn einige Unternehmen in den vergangenen Monaten weniger Fortbildungen umgesetzt haben als vor der Krise. Die Pandemie hat die Digitalisierung der Weiterbildung deutlich beschleunigt. Unternehmen nutzen mittlerweile mehr digitale Tools, um Lernprozesse zu unterstützen und zu ermöglichen. Auch bei den Inhalten steht das Schulen digitaler Kompetenzen ganz oben auf dem Fortbildungsplan.

/// Zur Befragung “Weiterbildung in Coronazeiten”

An der Onlinebefragung des HRM Institutes im März 2021 haben 145 Menschen aus dem HR-Umfeld aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teilgenommen. 25 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben eine leitende Funktion im HR-Bereich. Zwölf Prozent gehören der Geschäftsleitung beziehungsweise dem Vorstand an.

Die Befragten arbeiten für Unternehmen verschiedener Branchen und Größen. Dabei stellen Großunternehmen ab 250 Beschäftigten mit 45 Prozent die größte Gruppe.

Mehr als die Hälfte der Antworten (55 Prozent) stammen aus Deutschland, 39 Prozent aus Österreich und sieben Prozent aus der Schweiz. Die meisten Antwortgeberinnen und Antwortgeber arbeiten für private Unternehmen (71 Prozent), 16 Prozent für Non-Profit-Organisationen und 13 Prozent für öffentliche Verwaltungen.