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Photo by Jason Goodman

Was müssen Personaldienstleister beim Recruiting des eigenen Personals beachten? Weshalb ist es wichtig, das Recruiting den Profis zu überlassen und ausreichend Geld zu investieren? Welche Arten von Jobportalen gibt es? Welche Rolle spielt Social Media beim Recruiting? Und welche KPIs sind am Ende des Tages wesentlich für eine erfolgreiche Stellenbesetzung und Zukunftsstrategie?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, ist in der heutigen Folge Recruiting-Experte Stefan Kramer bei Alexander Petsch, CEO des HRM Institute, zu Gast.

Bitte lasst die Profis ran

„Hast du kein Personal, kannst du niemanden überlassen und du kannst auch kein Geld verdienen. Deswegen ist es für keinen anderen Unternehmenszweig, für keine andere Dienstleistung wichtiger als für die Personaldienstleistungsbranche gutes Personal zu finden.“ Mit diesen Worten beginnt Stefan Kramer zu beschreiben, weshalb er das Recruiting von eigenem Personal für „die Aorta der Zeitarbeit“ hält.

Trotz dieser Wichtigkeit hat er allerdings in seinen vielen Jahren Erfahrung in der Zeitarbeitsbranche erlebt, dass das Augenmerk selten gezielt auf die Gewinnung von Personal gelegt wird. Deshalb ist sein erster Hack derart banal und simpel, dass man über dieses Thema eigentlich gar nicht sprechen müsste. Doch er ist deshalb erwähnenswert, weil er in der Praxis immer noch zu selten Anwendung findet. Der Hack lautet nämlich: Lasst die Profis ran und ermöglicht es Recruitern, euer Recruiting zu übernehmen.

Denn der größte Fehler, den Personaldienstleister machen, ist es, ihre Disponenten dafür einzusetzen, das Recruiting für das eigene Personal nebenbei zu erledigen, ohne einen gezielten Fokus darauf zu legen und ohne genügend Ressourcen dafür zur Verfügung zu stellen. Dabei wäre es wichtig, dass geschulte ExpertInnen das Thema übernehmen, um potenzielle Fehler zu vermeiden. Das Recruiting in der Personaldienstleistungsbranche sollte also ernst genommen und mit Profis angegangen werden.

Gebt Geld für Recruiting aus

Genauso entscheidend ist es dabei, dass in das Recruiting Geld investiert wird. Vor dem Hintergrund des Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels kann nicht erwartet werden, KandidatInnen ohne einen entsprechenden Mitteleinsatz erfolgreich zu finden. Diejenigen Unternehmen, die in ihre Sichtbarkeit investieren, sind nämlich diejenigen, die von den potenziellen neuen MitarbeiterInnen auch gefunden werden.

Im ersten Schritt müssen sich Personaldienstleister beim eigenen Recruiting also Gedanken darüber machen, wie viel Budget sie einsetzen und worin sie investieren möchten. Laut Stefan Kramer ist die kostenpflichtige Stellenschaltung auf den einschlägigen Portalen und Jobboards die erste Investition, die getätigt werden müsste. Die Stellenbörsen können ihre Wirkung nämlich erst dann ideal entfalten und einen messbaren Erfolg erzielen, wenn ihnen Geld zur Verfügung gestellt wird.

In diesem Zusammenhang ist es zudem wichtig, sich mit den Besetzungs- und Opportunitätskosten auseinanderzusetzen. Diese entstehen beispielsweise, wenn Anträge nicht angenommen oder abgewickelt werden können, weil das entsprechende Personal fehlt. Unternehmen können dabei leicht ausrechnen, wie viel eine unbesetzte Stelle sie kostet. Hierfür hat Stefan Kramer ein anschauliches Rechenbeispiel: Wenn wir in der Zeitarbeit einen Kundenauftrag haben und einen entsprechenden Mitarbeiter, der diesen bearbeitet, können wir davon ausgehen, dass der Mitarbeiter einen Deckungsbeitrag generiert. Je nach Stelle und Qualifikation handelt es sich dabei durchschnittlich um 3 bis 4 Euro. Bei 160 monatlichen Stunden ergibt dieser Deckungsbeitrag Kosten zwischen 500 und 700 Euro im Monat. Solange wir für diesen Kundenauftrag allerdings keinen passenden Mitarbeiter haben, weil die Stelle unbesetzt ist, handelt es sich bei diesen Opportunitätskosten um einen Beitrag, der monatlich nicht verdient werden kann.

Personaldienstleister, die diese Summe in eine Stellenanzeige investieren, haben dagegen die Möglichkeit, die Stelle früher und schneller zu besetzen und somit die Investition durch den Kundenauftrag, der zeitnah bearbeitet werden kann, zurückzuerhalten. Sie haben dabei eine gute Recruitingstrategie und ein hohes Return on Investment.

Nutzt Spezial-Jobbörsen und Social Media

Doch wo sollte die Stelle eigentlich ausgeschrieben werden? Zunächst müssen sich Personaldienstleister vor Augen führen, dass es unterschiedliche Arten und Kategorien von Jobboards gibt. Neben den großen Generalisten, Meta-Stellenbörsen und gängigen allgemeinen Jobportalen besteht die Möglichkeit, die Bundesagentur für Arbeit, regionale Jobportale und Spezial-Anbieter oder Nischen-Jobbörsen für einzelne Branchen zu nutzen. Diese haben zwar weniger Reichweite, weil sie sehr spitz aufgestellt sind, dafür können Unternehmen dort aber genau die passende Zielgruppe erreichen.

Bei der Ausschreibung einer Stelle muss vor allem beachtet werden, nicht alle Budgets in einen Topf zu werfen, sondern zu variieren und zu kombinieren, um einen erfolgreichen Mix zu erstellen. Es gibt ebenfalls die Option, die Stellen auf kostenfreien Jobboards zu veröffentlichen, doch besonders erfolgversprechend sind kostenpflichtige Veröffentlichungen nach dem Cost-per-Click-Modell. Hierbei kann das Budget gezielt eingesetzt werden und es kann überlegt werden, ob das Geld in All-in-Kampagnen investiert und auf alle Jobs, die aktuell ausgeschrieben sind, aufgeteilt wird oder ob ähnliche Jobs zusammenfasst und Spezial-Kampagnen aufgesetzt werden, die man im Nachgang genau überwacht und optimiert.

Abgesehen von den Jobportalen lautet das Schlagwort des Jahres „Social Media“, so Stefan Kramer. Die Social Media Nutzung ist besonders gut geeignet, um passive KandidatInnen zu erreichen, die nicht aktiv auf Jobsuche sind. Die entsprechenden Stellenanzeigen können auf den Social Media Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok und Co. ausgepielt werden, indem man für jede Plattform und jede Kampagne ein Budget definiert. Hierfür ist allerdings eine umfassende Strategie notwendig, wofür Arbeitgeber genau wissen müssen, welche die richtigen Kanäle sind, auf denen sie ihre Zielgruppe finden und welche Bedürfnisse diese Zielgruppe aufweist. Wenn neben den reinen Stellenanzeigen auch das Thema Employer Branding im Fokus steht und die potenziellen KandidatInnen mit regelmäßigem Content bespielt werden soll, ist diese komplexe Strategie laut Stefan Kramer nur mithilfe einer externen Agentur zu bewältigen.

Hört nicht nur auf das Bauchgefühl, sondern verwendet KPIs

Ein essenzieller Teil des Recruitings ist, wie Stefan Kramer es beschreibt, „sich nicht auf das Bauchgefühl zu verlassen, sondern zu kontrollieren, zu messen und zu vergleichen, um das optimale Ergebnis zu erzielen“. Dabei spielt das Thema KPIs eine signifikante Rolle. Denn nur anhand der messbaren Faktoren und nicht anhand des Bauchgefühls, kann am Ende entschieden werden, welcher Kanal und welche Strategie sich wirklich lohnt. Die Daten müssen also gemessen und ausgewertet werden, um daraus Entscheidungen für die Zukunft ableiten zu können.

Die Messung kann zwar über ein ATS (Applicant Tracking System, Bewerbermanagementsystem) erfolgen, doch wenn man im Kleinen anfangen möchte, kann zu Beginn auch eine Exceltabelle bereits wertvolle Erkenntnisse dazu liefern, wie gut die Stellenausschreibung funktioniert, wie viele Klicks und Views sie bekommt und wie viele Bewerber auf welchem Jobboard oder Social Media Kanal auf die Stelle aufmerksam geworden sind. Zudem kann anhand der Anzahl an Absprüngen abgeleitet werden, ob der Stellentitel oder die Anzeige interessant genug für die Zielgruppe ist. Mit handfesten KPIs sind auch die Budgetverteilungen und -verhandlungen sowie die zukünftige Recruitingstrategie viel besser planbar.

Wesentliche KPIs sind bei den Messungen beispielsweise die Cost-per-Hire und Cost-per-Qualified-Candidate. Insbesondere die Kosten pro qualifiziertem Kandidaten sind spannend, denn mit mehreren interessanten KandidatInnen können unterschiedliche Stellen besetzt werden. Stefan Kramers Tipp ist dabei, als Zeitarbeitsunternehmen keinem guten Kandidaten abzusagen, sondern zu versuchen, alle KandidatInnen zu vermarkten. Wenn beispielsweise eine Elektriker-Stelle in Berlin ausgeschrieben wird und sich drei gute Elektriker darauf bewerben, kann mit einem die aktuelle Stelle besetzt werden, während die anderen beiden eventuell für andere ähnliche Stellen geeignet sind. Hiermit lohnt sich das Investment in die Stellenanzeige umso mehr, denn es handelt sich dabei nicht nur um Kosten für eine zu besetzende Stelle, sondern im besten Fall für drei.

Einen extra Hack hat Stefan Kramer zum Thema Zeitarbeit, Personaldienstleister und Recruiting dann auch noch parat: „Machen, einfach machen. Einfach ans eigene Recruiting denken, gute Leute suchen und sich auf das Know-how von Recruitern verlassen.“ Denn wie er noch anmerkt: Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen überholen die Langsamen.

Zur Person: Seit über 22 Jahren ist Stefan Kramer im HR-Umfeld, speziell im Recruiting, unterwegs. Er war unter anderem zehn Jahre bei der Manpower Group als Prokurist und Bereichsleiter tätig und besetzte danach als Geschäftsführer der WISAG Job & Karriere gemeinsam mit seinem Team Tausende Stellen pro Jahr. Basierend auf seiner Expertise hat Stefan Kramer das Buch „Wie ich endlich aufhörte im Trüben zu fischen – Predictive Recruiting für Großunternehmen“ geschrieben und hat 2022 Miramato als Strategieberatung im HR-Bereich gegründet. Zudem ist er bei zvoove für die Recruiting-Software zuständig.

Viele weitere Hacks als Checkliste oder das gesamte Interview als Podcast oder Text: HRM.de – Recruiting Hacks für Personaldienstleister

Kontakt zu unserem heutigen Podcast-Gast Siegfried Haider: Stefan Kramer – HRM.de

Tape Art Cover Bild by Max Zorn : http://www.maxzorn.com / https://youtu.be/iGqo7e-FN0s

Music by “Monsters of Rec: die HR & Recruiter Branchenband” https://www.hrm.de/unternehmen/monsters-of-rec/

Podcast Produktion: York Lemb – Employee Podcast https://www.hrm.de/unternehmen/employee-podcast/

Und wenn Ihr mal wieder auf der Suche nach Wein/Sekt für Euren nächsten HR-Event seid, dann wäre doch der: HR² Wein passend https://wein.hrm.de/

Viel Spaß mit dieser Podcast Folge.

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