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Photo by Aliya Amangeldi

Wie können Unternehmen mit dem Fachkräftemangel im Developer-Bereich umgehen? Welche Länder eignen sich für das Sourcing von Entwicklern und wie gehen Arbeitgeber am besten mit den unterschiedlichen Zeitzonen um? Was sind New Work und asynchrones Arbeiten und welche Aspekte tragen zu einer globalen Unternehmenskultur bei?

Um diese Themen geht es im heutigen HRM Hacks Podcast-Gespräch zwischen Martin Tillert, Partner Director DACH bei der Global Employment Plattform Globalization Partners, und Gastgeber Alexander Petsch, CEO des HRM Institute.

Den Blick über die Landesgrenzen hinaus richten

Das Stichwort „Fachkräftemangel“ bewegt seit Jahren die Nation. Alle, die sich auch nur annähernd mit dem Thema Recruiting beschäftigen, wissen, wie es um diesen Mangelzustand steht. Doch besonders ausgeprägt ist die Herausforderung „Fachkräfte finden“ im Bereich der Developer. Als Hauptgründe hierfür nennt Martin Tillert den Shortfall in den MINT-Berufen und den demografischen Wandel. Nicht zuletzt hat sich die Situation auch durch den Krieg in der Ukraine verschärft, denn sowohl die Ukraine als auch Russland fallen damit als Sourcing- und Offshoring-Locations für Developer weg. Somit fehlen die dortigen deutschsprachigen Entwickler auch für Unternehmen in Deutschland.

Zudem herrscht der Fachkräftemangel oft lokal vor, denn insbesondere mittelständische Unternehmen in ländlichen Regionen haben Schwierigkeiten, auf sich aufmerksam zu machen. Wie schaffen sie es trotzdem Entwickler für sich zu begeistern? Tipp Nummer eins von Martin Tillert ist, den Blick zu weiten und über die Landesgrenzen hinweg zu schauen. Im Rahmen des Nearshoring können zunächst Nachbarländer wie Polen, Ungarn, Bulgarien oder die Türkei ins Visier genommen werden. Die gut ausgebildeten Talente aus dem Ausland tragen zusätzlich auch zum Thema Diversity im eigenen Unternehmen bei: Nicht nur bezüglich der Herkunft, sondern auch der Möglichkeit, das Team mit weiblichen Developerinnen zu erweitern.

In Zeitzonen denken

Bei der Besetzung von Entwickler-Stellen ist es außerdem von Vorteil, „in Zeitzonen zu denken“. Neben dem eigenen Umfeld und den angrenzenden Ländern kann auch dort gesucht werden, „wo sich die eigene Zeitzone mit anderen überlappt“, sagt Martin Tillert. Ein Beispiel hierfür wäre Südafrika. In diesen ähnlichen Zeitzonen können Unternehmen schauen, wo es die passenden Talente für die eigenen Projekte gibt. Doch auch andere Länder mit gut ausgebildeten Uniabsolventen, wie beispielsweise Kolumbien oder Mexiko, können in Betracht gezogen werden. Denn auch dorthin besteht eine zeitliche Überlappung von einigen Stunden innerhalb des Arbeitstages. Somit ergibt sich die Möglichkeit, dass sich das gesamte globale Team täglich zumindest kurz online sehen kann.

Neben dieser Helikoptersicht auf den globalen Talentmarkt gibt es allerdings noch eine weitere Herangehensweise. Und zwar kann vom eigenen Standort aus betrachtet werden, welche internationalen Communitys sich in der Nähe des Arbeitgebers befinden. In Deutschland fällt dabei zunächst die türkische Community auf, in England zum Beispiel die polnische. Diese Gruppen ermöglichen einen besonderen Zugang zu den jeweiligen Talent Hubs, sowohl über ihre Kontakte aus der Gemeinschaft als auch über die Mentalität.

New Work, asynchrones Arbeiten und Work-Life-Balance

Bei der Suche nach geeigneten Developern ist eine geografische Limitierung dennoch nicht immer von Vorteil. Denn die gesuchten Talente sitzen womöglich weder in der gleichen Zeitzone, noch kommen sie aus der ausgewählten Community oder Region. Was können Unternehmen also tun, um die passenden Fachkräfte aus allen Ecken der Welt anzuziehen? Das Zauberwort lautet „New Work“. Spätestens seit der Pandemie haben wir alle die Bedeutung der Remote Arbeit erkannt. Martin Tillert geht dabei aber noch einen Schritt weiter: Die Arbeit der Zukunft ist asynchron. MitarbeiterInnen möchten ein zunehmend flexibles Arbeitsleben, das ihnen ermöglicht, morgens ihre Kinder in die Schule zu bringen und nachmittags abzuholen. Ihren Zeitplan möchten sie eigenständig gestalten können. Aber auch den Standort möchten sie selbst bestimmen. Fachkräfte aus anderen Ländern möchten ihre Heimat eventuell gar nicht verlassen und sind nicht gewillt, für einen Job umzuziehen, während lokale Talente vielleicht ihren Wohnort nach Spanien oder Portugal verlagern möchten. Das führt dazu, dass Unternehmen weg von Präsenz-Meetings hin zum geschriebenen Wort wechseln müssen. Team-Meetings zu einer bestimmten Zeit vor Ort oder auf Zoom fallen zum Teil weg und werden durch Slack und Microsoft Teams Nachrichten ersetzt.

Besonders wichtig bei der Suche nach Talenten ist es, aus der Sicht der MitarbeiterInnen zu denken und ihre Belange zu berücksichtigen. Was wünschen sie sich? Was brauchen sie? Die Work-Life-Balance wird immer wichtiger und die MitarbeiterInnen möchten in erster Linie, dass sie und ihre Familie sich wohlfühlen. Ein grundlegender Tipp von Martin Tillert ist in diesem Zusammenhang, dass Unternehmen sich noch vor der Talentsuche gezielt um das MitarbeiterInnen-Retainment kümmern und herausfinden, wie zufrieden die bereits angestellten Fachkräfte mit dem Arbeitgeber sind. Dabei muss gleich in Erwägung gezogen werden, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Bedürfnisse der ArbeitnehmerInnen zur Priorität zu machen und sie somit besser an die Firma zu binden. Denn Stellen neu zu besetzen ist mittlerweile viel schwieriger als die vorhandenen MitarbeiterInnen zu halten.

All diese Entwicklungen im Rahmen der neuen Arbeitswelt erfordern eine Veränderung der Arbeitsweise im Unternehmen und neue Prozesse, die darauf ausgelegt sind, dass MitarbeiterInnen zeitlich versetzt voneinander arbeiten können. Dabei muss das Vertrauen gegenüber den Angestellten vorhanden sein und es muss insbesondere auf Managementebene eine Umstellung der Sichtweise stattfinden.

Umdenken und eine globale Firmenkultur aufbauen

In dieser Umbruchstimmung von New Work und Future of Work müssen in Unternehmen bestimmte Grundlagen geschaffen werden. Noch vor der Einführung neuer Prozesse, Tools und Arbeitsmethoden muss ein Umdenken erfolgen. Laut Martin Tillert war bisher das Credo der Arbeitgeber, dass sie international rekrutieren und die neuen MitarbeiterInnen in ihre Region ins Unternehmen holen. Doch die Attraktivität der Arbeitgeber reicht mittlerweile oft nicht mehr aus, um jemanden davon zu überzeugen, aus einem anderen Land nach Deutschland zu ziehen. Das könnte damit zusammenhängen, dass die Person nicht bereit ist umzuziehen oder es könnte mit den Arbeitsunterlagen und den langen Approval-Prozessen einhergehen, die notwendig sind, bevor der Kandidat mit der Arbeit vor Ort beginnen kann. Somit müssen Unternehmen ihre Perspektive ändern und über Remote Work sowie über neue Herangehensweisen nachdenken.

Zudem sollte bei der internationalen Rekrutierung, insbesondere im Developer-Bereich, bedacht werden, dass die Arbeitssprache auf Englisch umgestellt wird. Nicht nur unter den MitarbeiterInnen, sondern in erster Linie auch im Management. Vorwiegend deutschen Mittelständlern fällt diese Umstellung schwer, eine globale Firmenkultur ist in der heutigen Zeit jedoch unabdingbar. Der Aufbau dieser beginnt mit der Sprache, er geht in Richtung Diversity allerdings auch darüber hinaus. Andere Kulturen, Mentalitäten und Denkweisen im Unternehmen führen dazu, dass die Produktivität und Problemlösungskompetenz gesteigert werden.

Das Umdenken im Unternehmen erfordert nach der Mindset-Umstellung auch die Einführung neuer Tools, vor allem für das Recruiting. Abhilfe können dabei internationale HRM Systeme und globale Employment Plattformen schaffen. Mit einem integrierten Application Tracking System können sowohl die Auswahl der KandidatInnen als auch die Einstellung schnell vorgenommen werden. Denn Zeit ist in unserer heutigen schnelllebigen Welt der wichtigste Faktor bei der Rekrutierung von passenden Talenten, besonders im hart umkämpften Developer-Markt.

Zur Person: Seine Karriere begann Martin Tillert bei Oracle als Key Account Manager und später als Senior Channel Manager. Danach war er fast 10 Jahre lang als Strategic Channel Development Manager bei Microsoft für den Aus- und Aufbau der strategischen Partnerkanäle verantwortlich. Bei Indeed kam er intensiv mit dem Thema Bewerbermanagement in Berührung, als er für den Aufbau von Partnerschaften zu Bewerbermanagement-Herstellern (Application Tracking Systems / ATS) in Deutschland, Österreich, Schweiz, den nordischen Ländern und Osteuropa zuständig war. In seiner Evangelist Position erklärte er zudem die Funktionsweise von Performance basiertem Marketing sowie SEO und SEA bezogen auf die Jobsuchmaschine Indeed. Seit 2021 ist der Fortuna Düsseldorf Fan nun Partner Director DACH bei der Global Employment Plattform Globalization Partners.

Viele weitere Hacks als Checkliste oder das gesamte Interview als Podcast oder Text: HRM.de – Developer finden aber wie ?

Kontakt zu unserem heutigen Podcast-Gast: Martin Tillert – HRM.de

Tape Art Cover Bild by Max Zorn : http://www.maxzorn.com / https://youtu.be/iGqo7e-FN0s

Music by “Monsters of Rec: die HR & Recruiter Branchenband” https://www.hrm.de/unternehmen/monsters-of-rec/

Podcast Produktion: York Lemb – Employee Podcast https://www.hrm.de/unternehmen/employee-podcast/

Und wenn Ihr mal wieder auf der Suche nach Wein/Sekt für Euren nächsten HR-Event seid, dann wäre doch der: HR² Wein passend https://wein.hrm.de/

Viel Spaß mit dieser Podcast Folge.

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