High Performance entsteht nicht durch Zufall. Sie ist das Ergebnis kontinuierlicher Arbeit. Doch einige zentrale Grundsätze helfen dabei, Höchstleistungen zu fördern.

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Am Anfang aller Arbeit steht ein Perspektivwechsel: Führungskräfte müssen begreifen, dass ein Team mehr ist als eine Gruppe von Einzelpersonen. Es ist ein Organismus. Dieser folgt bestimmten Verhaltensnormen – individuell und gemeinschaftlich – welche den Fortschritt verhindern. Nur wenn Sie diese Normen erkennen und durch konstruktive Verhaltensweisen ersetzen, ist High Performance möglich.

Einfache Modelle der Teamentwicklung nutzen

Daher ist es zunächst wichtig, Verhaltens-Mechanismen in Teams nachzuvollziehen. Für gezielte Interventionen eignen sich mentale Modelle (etwa das „Hogan High-Performance Team Assessment“ oder die „Lencionis Team-Pyramide“). Diese machen den Teams ihre Stärken, Schwächen und Verhaltensmuster bewusst und helfen ihnen dabei, ein gemeinsames Bewusstsein und eine einheitliche Sprache zu entwickeln. So können Teams zum Beispiel unausgesprochene Konflikte bewusst machen und diskutieren.

Einfache Modelle zu Team-Dynamik und -Leistung bilden in diesem Kontext oft besser die Komplexität eines „Team-Organismus” ab, als komplizierte und vielschichtige Konzepte. Die Verwendung solcher Modelle hilft Teams, ihre Dynamiken zu verstehen und ihre Leistungen zu analysieren. Dabei ist es wichtig, die Modelle möglichst wertfrei zu halten und auf einer sachlichen Ebene zu diskutieren. Denn nur dann können Teams eine offene und konstruktive Diskussion über ihre Performance führen, ohne dass sich einzelne Mitglieder persönlich angegriffen fühlen. Komplizierte Modelle führen hier nur zu Verwirrung.

Vertrauen stärken

Ein wesentlicher Faktor für jeden Fortschritt ist Vertrauen. Denn wenn die Teammitglieder einander vertrauen und ihre Gedanken und Gefühle offen teilen, sind sie engagierter, arbeiten besser zusammen und treffen schnellere Entscheidungen.


Um das Vertrauen zu erhöhen, sind Teambuilding-Aktivitäten und regelmäßige Feedbackgespräche sinnvoll. Um eine konstruktive Diskussion zum Thema Vertrauen zu führen, eignet sich das Modell der Harvard-Professorin Frances Frei zu den drei Hauptfaktoren von Vertrauen: Authentizität, Logik und Empathie. Sie erklärt es so: „Menschen neigen dazu, Ihnen zu vertrauen, wenn sie glauben, dass sie es mit Ihrem wahren Ich zu tun haben (Authentizität), wenn sie Vertrauen in Ihr Urteilsvermögen und Ihre Kompetenz haben (Logik) und wenn sie das Gefühl haben, dass Sie sich um sie sorgen (Empathie).”

Eine Kultur der Verantwortlichkeit und Integrität schaffen

Die Autoren und Paartherapeuten Gay und Kathlyn Hendricks haben die Bedeutung von Integrität und Verantwortlichkeit für Paare herausgearbeitet. Was für Paare gilt, lässt sich aber ebenso auf Teams beziehen. Integrität bedeutet, dass eine Person in Übereinstimmung mit ihren Werten und Überzeugungen handelt. Verantwortlichkeit, dass eine Person die volle Verantwortung für ihr Leben und ihre Erfahrungen übernimmt.

Für Sie als Führungskraft kann Integrität fördern heißen, dass Sie ein gemeinsames Wertesystem und eine Vision für das Team entwickeln, an der sich alle Mitglieder ausrichten. (Auf die Bedeutung einer gemeinsamen Vision komme ich später noch einmal zu sprechen). Verantwortlichkeit wiederum heißt, dass Sie Teammitglieder ermutigen, nicht passiv zu agieren, sondern in eine aktive Rolle zu schlüpfen. So kann eine Kultur des Wachstums entstehen.

Eine konstruktive Konflikt- und Fehlerkultur etablieren

Verhaltensänderungen sind nur dann möglich, wenn alle Teammitglieder bereit sind, dazuzulernen. Eine Studie der Harvard-Professorin Amy Edmondson (1999) zeigt, dass eine lernende Teamkultur, in der Fehler als Lernmöglichkeiten betrachtet werden, dazu beiträgt, die Effektivität und Anpassungsfähigkeit von Teams zu erhöhen. Offen gegenüber Fehlern und Rückschlägen zu sein – etwa durch regelmäßige Reflexionsrunden, in denen sich die Mitarbeitenden über Learnings austauschen – ist hier hilfreich.

Dasselbe gilt für Konflikte: Sie sind völlig normal und treten in jedem Team auf. Entscheidend ist, wie sie ausgetragen werden. Offene Kommunikation und die Bereitschaft, konstruktives Feedback zu geben und anzunehmen, sind essentiell für eine Kultur des Wachstums. Fördern können Sie diese Fähigkeiten durch Übungen wie die Einrichtung eines Debattierclubs.

Gewaltfrei kommunizieren

Womit wir beim Thema Fehlerkommunikation wären. Denn auch wenn einzelne Teammitglieder den Anforderungen nicht gerecht werden und im Vergleich zu ihren Kollegen weniger leisten, ist es wichtig, respektvoll und wertschätzend im Umgang zu bleiben. Die Lencionis Team-Pyramide und die Methode der Gewaltfreien Kommunikation (Nonviolent Communication, NVC) bieten hilfreiche Ansätze.

  1. Schaffen Sie ein Klima des Vertrauens: Wie bereits erwähnt, ist das Fundament eines erfolgreichen Teams Vertrauen. Herrscht ein solches Klima bereits vor, ist schon viel gewonnen: Teammitglieder sind bereit, sich verletzlich zu zeigen und offen über Schwächen, Fehler und Bedenken zu sprechen.
  2. Beobachten Sie statt zu bewerten: Nutzen Sie die Prinzipien der Gewaltfreien Kommunikation, um sachliche Beobachtungen zu teilen, anstatt Bewertungen oder Anschuldigungen auszusprechen. Sprechen Sie über konkrete Situationen oder Verhaltensweisen und beschreiben Sie die Auswirkungen auf die Teamleistung, ohne die Person zu kritisieren.
  3. Sprechen Sie Gefühle und Bedürfnisse an: Dadurch zeigen Sie Empathie und erkennen an, dass die Person möglicherweise auch eigene Herausforderungen und Bedürfnisse hat.
  4. Suchen Sie gemeinsam nach Lösungen: So können Sie auch die Teamleistung insgesamt verbessern. Mögliche Lösungsansätze wären das Angebot einer zusätzlichen Unterstützung, Fortbildung oder die Anpassung der Aufgaben.
  5. Treffen Sie verbindliche Vereinbarungen: Schließen Sie die Diskussion mit verbindlichen Vereinbarungen ab, die alle Teammitglieder unterstützen. Legen Sie konkrete Maßnahmen, Zeitpläne und Verantwortlichkeiten fest.

Indem Sie den Fokus auf gemeinsame Ziele, Verantwortung und Lösungssuche legen und einen respektvollen, empathischen Kommunikationsstil pflegen, können Sie eine konstruktive Diskussion über die Teamleistung führen und auf die individuelle Ebene überleiten, ohne dass Personen Gesicht verlieren.

Nachhaltigkeit in der Verhaltensänderung

Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass viele Führungskräfte Coaches und Trainer einsetzen, um den Prozess zur High Performance abzukürzen. CEOs sollten bei ihrer Arbeit dagegen darauf achten, die Fähigkeiten ihrer Teams so zu stärken, dass sie sich schnell verselbstständigen und dadurch nachhaltig wirken. Doch wie kann das gelingen?

Intrinsische Motivation fördern

Die Motivation, eine Verhaltensänderung vorzunehmen, ist entscheidend für ihren langfristigen Erfolg. Wenn alle von den Vorteilen überzeugt sind, ist die Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften Veränderung größer. So erhöhen Sie die allgemeine Motivation:

  • Arbeiten Sie eine gemeinsame Vision heraus: Peter Hawkins schreibt in seinem Buch „Leadership Team Coaching”, eine gemeinsame Vision sorge dafür, dass sich die Teammitglieder auf eine einheitliche Richtung konzentrieren. Die Mitarbeitenden haben ein Ziel vor Augen – wenn sie an dieses Ziel glauben, steigt die intrinsische Motivation.
  • Berücksichtigen Sie Teaminteressen: Die intrinsische Motivation steigt auch dann, wenn alle Teammitglieder merken, dass ihre Bedürfnisse wahrgenommen werden.
  • Feiern Sie Erfolge: Wenn Sie erreichte Meilensteine feiern, zollen Sie dem Team Anerkennung und halten die Motivation aufrecht. So können Sie in turbulenten Zeiten auch auf fehlende Leistung hinweisen.

Klar definierte Ziele festlegen

Um nachhaltige Verhaltensänderungen zu erreichen, ist es wichtig, klare und realistische Ziele festzulegen. So wird der Prozess der Veränderung greifbar und verständlich. Es gilt dabei das „What gets measured gets managed”-Prinzip des Management-Vordenkers Peter Drucker: Wenn wir fähig sind, Einflussfaktoren von High Performance zu messen, können wir sie gezielter vorantreiben.

  • Setzen Sie SMART-Ziele: Darunter verstehen sich Ziele, die spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden sind. Stellen Sie sicher, dass alle Team-Mitglieder im Zielprozess eingebunden sind und holen Sie das kollektive Commitment des Teams ab.
  • Überprüfen Sie die Zielerreichung: Eine regelmäßige Überprüfungen der Zielerreichung ermöglichen es Ihnen, den Fortschritt zu verfolgen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
  • Definieren Sie individuelle Verantwortung: Damit stellen Sie sicher, dass jedes Teammitglied seine individuellen Verantwortlichkeiten und Ziele kennt. Das Buch „Extreme Ownership” von Jocko Willink verdeutlicht das Konzept der Verantwortlichkeit am Beispiel der Navy SEALs auf beeindruckende Weise.

Unterstützung und Feedback

Regelmäßiges Feedback und Unterstützung durch Kollegen, Vorgesetzte oder Coaches sind entscheidend für den Erfolg von Verhaltensänderungen.

  • Führen Sie Feedback-Sitzungen durch: Darin können Teammitglieder ihre Fortschritte, Herausforderungen und Erfolge teilen.
  • Stellen Sie Coaching- oder Mentoring-Angebote bereit: Damit unterstützen Sie Teammitglieder bei ihrer persönlichen Entwicklung. Dies gilt für die einzelnen Mitglieder wie auch für das Team als Ganzes.
  • Fördern Sie eine Atmosphäre für konstruktives Feedback: Dadurch ermutigen Sie Teammitglieder, sich gegenseitig zu unterstützen.

Gewohnheiten und Routinen einüben

Einmal in den Alltag integriert, laufen Verhaltensänderungen nach einer gewissen Zeit automatisiert ab. Daher können Gewohnheiten und Routinen entscheidend sein.

  • Üben Sie neue Verhaltensweisen ein: Neue Verhaltensweisen integrieren Sie am besten in den Alltag, indem Sie gemeinsame Routinen oder Rituale entwickeln.
  • Überwachen Sie den Fortschritt: Nur durch regelmäßige Kontrolle stellen Sie sicher, dass neue Gewohnheiten beibehalten werden und Wirkung zeigen.
  • Fördern Sie Selbstreflexion: Wenn Teammitglieder regelmäßig über ihre Gewohnheiten und Verhaltensweisen nachdenken, fällt es leichter, sie in den Alltag zu integrieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen: High Performance ist nur dann möglich, wenn alle Mitglieder zu Verhaltensveränderungen bereit sind. Coaches können den Prozess unterstützen, nachhaltig sind die Maßnahmen jedoch nur, wenn die Arbeit im Team auch nach dem Coaching fortgeführt wird. Ihre Reise zur High Performance mag herausfordernd sein, doch sie ist unerlässlich, damit Sie in der heutigen, schnelllebigen und anspruchsvollen Geschäftswelt erfolgreich bestehen können.