In Zeiten von Budgetkürzungen und Entlassungen fällt es schwer, der allgemeinen Krisenstimmung positive Seiten abzugewinnen. Dennoch birgt die Wirtschaftskrise Potential für Veränderung und Entwicklung, speziell in der Personalarbeit von Unternehmen. Dave Ulrich, Professor für Business an der University of Michigan begründet dies so: „HR becomes more important, not less, because financial capital, business strategies, and other traditional sources of competitiveness are being copied, leaving talent and organizational culture as driving sources of uniqueness. The current financial crisis is not about toxic assets, but bad leadership who made poor decisions.” Ulrich zufolge sollten Personaler noch konsequenter an den Führungskompetenzen im Unternehmen arbeiten und eine Unternehmenskultur etablieren, die im Wesen Transparenz, Integrität und Kundenorientierung anstrebt.

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Foto von Adolfo Félix

Diese Notwendigkeit scheinen deutsche Personalverantwortliche bereits erkannt zu haben – eine repräsentative Umfrage des forsa-Institutes unter Arbeitgebern im Auftrag des ILS Institut für Lernsysteme und der Europäischen Fernhochschule Hamburg bestätigt, dass in 56 Prozent der deutschen Betriebe mit mehr als 150 Mitarbeitern das Budget für innerbetriebliche Qualifizierungs¬maßnahmen 2009 unverändert gegenüber dem Vorjahr bleibt, zwölf Prozent planen sogar eine Erhöhung ihres Weiterbildungsetats. Lediglich 10 Prozent der Befragten gaben an, für 2009 Kürzungen im Weiterbildungsetat vorzunehmen.

Während in früheren Krisen gern durch Budgetkürzungen kurzfristige Einsparerfolge bei Kommunikation oder Personalentwicklung erzielt wurden – allein beim Blick auf die Portokasse ist die Versuchung groß, in der Weiterbildung Kosten zu reduzieren – setzen Unternehmen aktuell offenbar stärker auf den langfristigen Return of Investment gut ausgebildeter Mitarbeiter. Dieses Umdenken begründet sich vermutlich in der größeren Furcht vor einem Fachkräftemangel und demografischen Wandel als der aktuellen Rezession. Kontinuierliche Fortbildungsmöglichkeiten im Unternehmen sichern das Know-how von Fachkräften, darin sind sich neun von zehn Personalleitern in Deutschland laut forsa einig. Knapp 90 Prozent der Arbeitgeber betrachten Weiterbildungsmaßnahmen darüber hinaus als wichtiges Mittel zur Mitarbeitermotivation.

Produktivität steigern mit Weiterbildung

Eine Studie der Universität Linz im Auftrag der Arbeiterkammer Wien zeigt zudem auf, das jeder Euro, der zusätzlich in die Weiterbildung investiert wird, dem Unternehmen rund 13 Euro wieder einbringt. Die Produktivität des einzelnen Mitarbeiters erhöht sich um vier Prozent, allerdings ist dieser Effekt stark vom Schwerpunkt der Fortbildung abhängig. Der Produktivitätszuwachs bei geförderten Soft Skills – beispielsweise in den Bereichen Führung, Team oder Kommunikation – liegt höher als bei Kursen zu Sprachen oder IT. Diese Steigerung der Produktivität hielt sich im folgenden Jahr bei immerhin noch zwei Prozent, während sich die Kosten der Weiterbildung bereits nach drei Monaten amortisiert hatten.

Abgesehen von diesen finanziellen Argumenten haben Personaler schon seit langem die positiven Effekte von Weiterbildung erkannt. Die aktive Förderung der Mitarbeiter macht diese kompetenter, flexibler und selbstbewusster, was Leistungsfähigkeit und Innovationskraft des Unternehmens erhöht. Dadurch intensiviert sich die Kundenbindung und das Unternehmen agiert wesentlich konkurrenzfähiger im Markt. Wird diese Spirale auf die Spitze getrieben, lässt sich so die Volkswirtschaft im Allgemeinen stärken und dank gut ausgebildeter Arbeitskräfte die Krise schneller überwinden. Der geförderte Mitarbeiter selbst ist motivierter, sieht eine Perspektive zur Weiterentwicklung und bindet sich enger an das Unternehmen. Das attraktive Unternehmensimage erleichtert der Personalabteilung auch die Rekrutierung von High Potentials im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte, der spätestens zu Beginn des Aufschwungs wieder aufflammen wird.

Also heißt es, antizyklisch zu handeln, damit der Aufschwung voll ausgekostet werden kann und nicht am Fachkräftemangel scheitert. Personaler stehen dabei vor der diffizilen Aufgabe, die Fähigkeiten der Mitarbeiter in noch höherem Maße zu fördern und parallel neue Talente zu rekrutieren, das jedoch bei gleichbleibenden oder sogar geringeren Kosten.

Kurzarbeit zum Vorteil des Unternehmens nutzen

Obwohl nach Informationen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) aktuell Millionen Beschäftigte Kurzarbeit leisten, befinden sich gerade einmal 10.000 bis 15.000 davon in Weiterbildungsmaßnahmen. Geht es nach dem Wunsch der Bundesregierung, steigt die Zahl der Qualifizierungswilligen noch steil an, denn die Weiterbildung während der Kurzarbeit wird vom Staat gefördert: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Bundesagentur für Arbeit erstatten auf Antrag die vollen Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit der Qualifizierung während der Kurzarbeit. Die Weiterbildungskosten selbst werden zudem durch die Arbeitsagentur und den Europäischen Sozialfonds bezuschusst. Insgesamtt stehen in diesem Jahr der Bundesagentur für Arbeit rund 570 Millionen Euro für die Weiterbildung während der Kurzarbeit zur Verfügung. Bisher sind lediglich 9,5 Millionen Euro aus der Arbeitslosenversicherung und 2,6 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds für solche Weiterbildungsmaßnahmen geflossen. Hinzu kommen 10,1 Millionen Euro für die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge.

Zusätzlich hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem DGB unter dem Titel „weiter bilden“ ein umfangreiches Programm zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung in Deutschland aufgelegt, das in den kommenden Jahren insgesamt 140 Millionen Euro aus Bundesmitteln und Mitteln des Europäischen Sozialfonds zur Verfügung stellt. Gefördert werden betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen sowie Vorhaben, die Rahmenbedingungen für betriebliche Weiterbildung verbessern. Gemeinsames Ziel ist es, die Beteiligung der Erwerbsbevölkerung an Weiterbildungen bis zum Jahr 2015 von derzeit 43 auf 50 Prozent zu steigern. Olaf Scholz, Bundesminister für Arbeit und Soziales, erklärte dazu: „Unternehmen, Gewerkschaften und Bundesregierung sind sich einig, dass die berufliche Weiterbildung in Deutschland weiter nach vorn gebracht werden muss. Wir müssen stärker in Weiterbildung investieren. Qualifizierte und gut motivierte Belegschaften sind im internationalen Wettbewerb ein wichtiger Standortvorteil für Deutschland. Deshalb brauchen wir neben zeitlich befristeten Sofortmaßnahmen auch Instrumente, die auf eine längerfristige Entwicklungen hin ausgerichtet sind. Der Ansatz dieses Programms stärkt die Rolle der Sozialpartner im Bereich der betrieblichen Weiterbildung.“

Eigenverantwortung der Mitarbeiter stärken

Die allgemeine Krisenstimmung führt fast nebenbei zu einer starken Sensibilisierung der Mitarbeiter, da sie sich unabhängig vom internen Unternehmensklima unweigerlich Gedanken um ihren Arbeitsplatz und ihre Zukunft machen. Personalverantwortliche profitieren von dieser Situation, indem sie den Beschäftigten Wege zu einer eigenverantwortlichen Weiterqualifizierung aufzeigen, beispielsweise einem Fernstudium, die der Arbeitgeber teilweise auch unterstützt und bezuschusst. Vorteil einer eigenverantwortlichen Fortbildung ist zudem, dass der Mitarbeiter sie auch unabhängig von der Kurzarbeit weiterführen kann.

Qualität der Weiterbildung prüfen

Selbst erfahrenen Personalentwicklern fällt die Wahl der richtigen Weiterbildung oft nicht leicht, vor allem wenn der Kosten-Nutzen-Aspekt dermaßen stark in den Vordergrund drängt. Als besonders nutzbringend gelten meist langfristige Programme, die aber im Vergleich zu Tagesseminaren mit hohen Kosten verbunden sind. Zudem steht nicht selten die Frage im Raum, wie schnell die zusätzlich qualifizierten Mitarbeiter im Unternehmen gebraucht werden und wie langfristig dementsprechend die Weiterbildung angelegt sein darf.

Besonders die Qualität der Weiterbildung – der richtige Mix aus hochwertigen Inhalten und qualifizierten Trainern – ist ein entscheidender Parameter bei der Auswahl. Doch woran läßt sich diese bemessen? Der Markt bietet hier mit seiner Flut an Siegeln und Zertifikaten bisher keine Transparenz: „Die Anforderungen eines Qualitäts- oder Gütesiegels sind nicht immer für jeden ersichtlich und entpuppen sich oftmals als PR- und Marketinginstrument“, so Alexander Malinski, Weiterbildungsexperte bei seminus. Markteinheitliche Bewertungssysteme könnten Abhilfe schaffen, stecken aber zur Zeit noch in den Kinderschuhen. „Wichtigstes Auswahlkriterium ist meistens die eigene Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Trainern und Seminaranbietern. Auch die Empfehlungen von Kollegen spielen für die Entscheidung zum Besuch der Veranstaltung eine wichtige Rolle“, berichtet der Projektmanager.

Branchenbeobachter vermuten zudem, dass Unternehmen ihre Weiterbildungsbudgets auf interne Maßnahmen umschichten. Dabei kämen derzeit vor allem Mitarbeiter in Führungspositionen und im Vertrieb in den Genuss von Personalentwicklung. Passend dazu verzeichnet die Weiterbildungsdatenbank seminus derzeit vor allem Suchanfragen zu kaufmännischen Fachkompetenzen, direkt gefolgt von Seminaren zu Führungskompetenzen. IT-Standard-Anwendungen sind auf Platz drei, soziale und persönliche Soft Skills auf dem vierten (2. Quartal 2009).

Verwaltungsaufwand reduzieren

Anlass zum Umdenken gibt auch der Verwaltungsaufwand im HR-Bereich – schätzungsweise 70 Prozent der Arbeitszeit ist ausgefüllt mit Routine und administrativen Aufgaben. Bei der Personalentwicklung umfasst das unter anderem die Recherche und Überprüfung der Aktualität einzelner Seminarangebote, die Erfassung und Dokumentation der gebuchten Veranstaltungen, die Kommunikation zwischen Teilnehmer und Seminarveranstalter, die Rechnungsprüfung und Zahlungsfreigabe sowie die Ermittlung von Kennzahlen zur Qualität der Weiterbildung.

Diese zeit- und damit auch kostenintensiven Tätigkeiten können Personaler inzwischen über unternehmensinterne Shopsysteme optimieren. Solche Systeme werden im besten Fall auf die Firmenstruktur und den individuellen Bedarf zugeschnitten. Im Kombination mit einem ausgelagerten Service, der den Seminareinkauf und die Seminarverwaltung übernimmt, werden HRler von aufwändiger Administration entlastet und können sich verstärkt auf die qualitativen Aspekte der Personalentwicklung konzentrieren.

Juliane Thümmel, seminus GmbH