Stellen Sie sich einmal vor, Sie bekämen nur noch Bewerbungen ohne Name, Adresse, Geburtsdatum, Familienstand und Foto. Was würde geschehen?

Bekanntlich bilden wir uns in Sekundeschnelle ein Urteil über Personen, wenn wir Ihnen das erste Mal begegnen. Aber auch der Eindruck auf einem Bewerbungsfoto oder ein ausländischer Name kann in die Irre führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA): So sinke etwa die Chance eines Bewerbers mit türkischem Namen um 14 Prozent - in kleineren Firmen sogar um 24 Prozent.

Der Fall dieses türkischen Bewerbers ist erschreckend: Der promovierte Naturwissenschaftler mit verschiedenen Zusatzqualifikationen und Berufserfahrung soll 230 Bewerbungen verschickt haben – und nur zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sein. Ein Headhunter gab ihm den rettenden Tipp: seinen Vornamen Ali in Alex zu ändern und den Nachnamen seiner deutschen Ehefrau anzunehmen.

Was in den USA längst gang und gäbe ist, in Frankreich, der Schweiz und Schweden bereits in Modellversuchen getestet wird, soll nun auch in Deutschland kommen: der anonyme Lebenslauf. Das forderte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS), Christine Lüders, gestern in Berlin.

„So etwas können wir im Jahre 2010 nicht hinnehmen“, sagte Lüders. „Ich bin mir sicher, dass das Interesse der Wirtschaft an anonymisierten Lebensläufen groß ist. Viele Unternehmen legen heute schon großen Wert auf Vielfalt in ihren Belegschaften und wissen, dass sie davon langfristig profitieren werden“, so die Leiterin der ADS.

Wer möchte da widersprechen?

http://www.antidiskriminierungsstelle.de/ADS/root,did=134418.html

people sitting down near table with assorted laptop computers
Foto von Marvin Meyer