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Photo by Tim Gouw

Was musst du als Unternehmen im Bewerbungsprozess alles falsch machen, um BewerberInnen zu verschrecken? Wie läuft der ideale Bewerbungsprozess-Crash ab von der Stellenanzeige bis zum Vorstellungsgespräch? Welche Hacks musst du kennen, damit auch die hartnäckigsten KandidatInnen noch aufgeben?

Um herauszufinden, wie du es schaffst, dass sich keiner bei dir bewirbt und welche Faktoren dabei wichtig sind, hat Alexander Petsch, CEO des HRM Institute, im HRM Hacks Podcast-Gespräch mit Ellen Maier, HR-Expertin für Themen wie Recruiting, Active Sourcing, HR-Strategie und Interims-HR-Leitung, gesprochen. Eine Folge mit einem kleinen Augenzwinkern. Die Transferleistung der Hacks bekommst du aber bestimmt super hin.

Der Erstkontakt mit den BewerberInnen

„Herzlichen Dank für Ihre Nachricht. Ich bin leider momentan im Urlaub, zufälligerweise genau ab dem Zeitpunkt des heutigen Tages, der Freischaltung der Anzeige…“

Nachdem du eine Stellenanzeige samt deinen Kontaktdaten erstellt hast und du sie in den gängigen Job-Portalen hochgeladen hast, solltest du dafür sorgen, dass du für eventuelle Rückfragen der BewerberInnen nicht zur Verfügung stehst. Für den Fall, dass sich BewerberInnen auf die Stellenanzeige per Telefon oder E-Mail bei dir melden, stelle sicher, dass du eine Abwesenheitsnotiz eingestellt hast und dass keine Vertretung die Fragen in deiner Abwesenheit beantworten kann.

Laut Ellen Maier gehen aus der Stellenanzeige sowieso bereits die wichtigsten Features des Jobs hervor: der Kicker, der Obstkorb, die Kaki, der Kaffee – manchmal ist er kalt, aber ansonsten Barista-ähnlich. Außerdem das kostenlose Wasser und die kostenlosen Parkplätze. Was gibt es sonst noch Schönes, was du auf jeden Fall mit aufgenommen haben solltest? Vielleicht Weiterbildungsangebote (nach Bedarf und Betriebszugehörigkeit), die familiäre Arbeitsatmosphäre, die Duz-Kultur? Du solltest auf jeden Fall auch erwähnen, dass die Bewerbung mit einem Bild versehen sein soll und dass die KandidatInnen Alter, Familienstand und Anzahl der Kinder angeben sollen.

ArbeitnehmerInnen bewerben sich bei den ArbeitgeberInnen (und nicht umgekehrt)

Um nicht an gute BewerberInnen zu kommen, solltest du unbedingt von oben nach unten denken. Du sollst dich auf gar keinen Fall menschlich, werteorientiert oder zuvorkommend verhalten und bloß keinen roten Teppich für die BewerberInnen ausrollen. Die ArbeitnehmerInnen bewerben sich schließlich bei dir und nicht umgekehrt und der Bewerbungsprozess läuft so, wie du das schon immer gemacht hast.

Den BewerberInnen sollte das Gefühl vermittelt werden, dass sie eine/einer von vielen sind und dass du Wichtigeres zu tun hast, als dich zurückzumelden. Letztendlich hast du ein erfolgreiches Unternehmen mit vielen wichtigen Kundenaufträgen. Du musst dir viel Zeit nehmen und die BewerberInnen sollen genug Geduld mitbringen.

Wenn BeweberInnen doch zwischendurch nach einem Update fragen, verschicke am besten schnellstmöglich eine automatische Antwort wie beispielsweise: „Herzlichen Dank, sehr geehrtes Lieschen Müller, dass Sie sich bei uns im Unternehmen beworben haben. Der Entscheidungsprozess ist uns leider nicht leicht gefallen. Wir haben eine Vielzahl unterschiedlicher BewerberInnen. Ihre Bewerbung ist besonders hervorgestochen. Leider können wir Ihnen aber nicht die von Ihnen gewünschte Position anbieten. Wir wünschen Ihnen für den weiteren Lebensweg alles Gute.“

Das ultimative Ziel dabei ist, dass die BewerberInnen auf den bewährten Bewerbungsportalen über dich und deinen reibungslosen Bewerbungsprozess sprechen. „Mensch, der Personalentscheider oder die Personalentscheiderin war vollkommen empathisch und ist total auf mich und meine Kompetenzen eingegangen. Es hat nur halt nicht sein sollen. Aber sie hätte mich sogar für eine andere Position vorgeschlagen.“

Sei bloß nicht zu schnell

Zunächst einmal: „Verlange immer nach der eierlegenden Wollmilchsau! Zum einen gibt es die nicht. Zum anderen gibt es manche Wettbewerber, die immer noch denken, dass du solche Wollmilchsäue bei dir im Unternehmen hast. Das ist kein Marketing-Gag.“ sagt Ellen Maier.

Bei der Suche nach dieser eierlegenden Wollmilchsau solltest du sicherstellen, dass du einen ausgiebig langen partizipativen Prozess mit vielen internen Abstimmungen hast, an die du auch die BewerberInnen teilhaben lässt. Sowohl bei der Buchung des Besprechungsraums für das Vorstellungsgespräch als auch bei der Terminfindung solltest du dir möglichst viel Zeit lassen. Du möchtest nicht zu schnell sein. Dadurch sortierst du die KandidatInnen aus und es bleiben nur die Besten übrig.

Wenn es dann darum geht, die finale Auswahl für eine Einladung zum Vorstellungsgespräch zu treffen, sind Bild und Jahrgang am wichtigsten. „Was du also alles falsch machen musst, ist nach Schönheit und Jugend zu entscheiden.“, so Ellen Maier.

Das unverbindliche Vorstellungsgespräch (ohne Fahrtkostenerstattung)

Wenn einige KandidatInnen doch so hartnäckig waren, dass sie bis hierhin alles ertragen haben und den bisherigen Bewerbungsprozess über sich ergehen ließen, ist an dieser Stelle der Zeitpunkt gekommen, an dem man sie endgültig verschrecken kann. Und zwar im Vorstellungsgespräch.

Regel Nr. 1 ist dabei laut Ellen Maier: „Zum Einen rede ich erst mal nur über das Unternehmen und über mich. Ich stelle also vermeintlich freundlich die Frage ‚Darf ich Sie erst mal abholen? Und zwar dahingehend, als dass ich Ihnen was über uns erzähle?‘“

Im Interview dürfen dann die klassischen Fragen nicht fehlen:

„Sagen Sie mal was zu Ihren Stärken und Ihren Schwächen.“

„Wo wollen Sie in fünf Jahren sein?“

Und vor allem: „Hm, Sie sind ja wirklich eine sehr attraktive junge Frau, Kinder und so auch schon in Planung?“.

Unglaublich wichtig ist ebenfalls, sich über die Gehaltsvorstellung zu echauffieren – am besten in den letzten paar Minuten des Vorstellungsgesprächs.

Den krönenden Abschluss des Gesprächs stellt diese Aussage dar: „Wir melden uns dann bei Ihnen.“ Das Ende des Interviews sollte auf jeden Fall so unverbindlich wie möglich bleiben und die KandidatInnen sollten sich auf nichts Konkretes berufen können, was bereits vereinbart worden ist.

Wenn BewerberInnen dann noch nach den Fahrtkosten fragen sollten, solltest du am besten erwidern: „Welche Fahrtkosten? Sie können doch froh sein, dass wir Sie eingeladen haben.“

Bei all diesen guten Tipps sollte man nur aufpassen, dass man den BewerberInnen nicht irgendwann noch auf einer Fachmesse, auf Kundenseite begegnet. Denn es könnte sein, dass sie sich ganz genau an den Bewerbungsprozess bei dir erinnern.

Am Ende gibt Ellen Maier dann doch noch einen ernsthaften Ironie-off-Tipp: „Bewerber sind nicht diejenigen, die im Jahre 2022 wild fuchtelnd und mit blutigen Fingernägeln an allen Unternehmenstüren dieser Welt kratzen. Sie haben Gott sei Dank auch eine Würde und das wünsche ich mir auch. Dementsprechend sollte man sich auch so verhalten, wie man selbst gerne behandelt werden möchte.“

Zur Person: Ellen Maier hat ihre Karriere im Berufsbildungswerk begonnen, bevor sie zehn Jahre lang Lehrbeauftragte bei drei bayerischen Hochschulen mit dem Thema Persönlichkeit und Personalentwicklung war. Die zweifache Mutter war außerdem als Geschäftsführerin eines BGM-Anbieters mit 25 MitarbeiterInnen sowie als Personalleiterin bei einem Elektro-Großanlagenbauer und IT-Softwareentwicklungsunternehmen tätig. Nach diesen Stationen hat sie angefangen, als HR-Freelancerin Leistungen wie Recruiting, Active Sourcing, HR-Strategie und Interims-HR-Leitung anzubieten. Ellen Maier ist nicht nur HRler, Coach und Speaker, sondern auch Autorin des Psychothrillers „Die Schmiede der schwarzen Seelen“.

Viele weitere Hacks als Checkliste oder das gesamte Interview als Podcast oder Text: HRM.de – Hacks, wie Arbeitgeber im Bewerbungsprozess vorgehen sollten.

Kontakt zu unserem heutigen Podcast-Gast Ellen Maier: Ellenita – HRM.de

Tape Art Cover Bild by Max Zorn : http://www.maxzorn.com / https://youtu.be/iGqo7e-FN0s

Music by “Monsters of Rec: die HR & Recruiter Branchenband” https://www.hrm.de/unternehmen/monsters-of-rec/

Podcast Produktion: York Lemb – Employee Podcast https://www.hrm.de/unternehmen/employee-podcast/

Und wenn Ihr mal wieder auf der Suche nach Wein/Sekt für Euren nächsten HR-Event seid, dann wäre doch der: HR² Wein passend https://wein.hrm.de/

Viel Spaß mit dieser Podcast Folge.

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