Lob und Anerkennung können den Jobwechsel eines Mitarbeiters dagegen verhindern. Denn: Zuviel Lob gebe es nicht, sagen die Autoren. Natürlich müsse auch Platz für Kritik sein, jedoch solle das Lob um einiges überwiegen. Führungskräfte, die aufrichtig an ihren Mitarbeitern interessiert sind, ihnen zuhören und ihre Ideen würdigen, bezeichnen Gostick und Elton als „Seher“. Sie sind fähig, unsichtbare Mitarbeiter sichtbar zu machen.

three men sitting on chair beside tables
Foto von Austin Distel

Zu Beginn steht das „Festsetzen“ der Ziele. Wenn der Mitarbeiter weiß, welche Erwartungen das Unternehmen an ihn stellt, kann er darauf reagieren. „Sehen“ bedeutet, dem Mitarbeiter zuzuhören, ihn wahrzunehmen, ihn kennen zu lernen und auf seine Bedürfnisse eingehen zu können. Individuelle Anerkennung kann laut Gostick und Elton Berge versetzen. Den Autoren zufolge ist Anerkennung das in den USA am stärksten vernachlässigte Motivationswerkzeug. Dabei ist es eine vergleichsweise einfache Methode, die Leistung der Mitarbeiter zu steigern und den Erfolg des Unternehmens langfristig zu gewährleisten. Die Autoren führen in ihrem Buch Studien an, die belegen, dass sich das Engagement der Mitarbeiter in den langfristigen Finanzergebnissen niederschlägt.

Natürlich dürfen Personalverantwortliche die finanzielle Komponente nicht außer Acht lassen, jedoch sollte ihnen bewusst sein, dass überdurchschnittliche Gehälter keine weitere Produktivitätssteigerung bringen. Am effizientesten wirken Lob und Anerkennung, wenn sie konkret formuliert und öffentlich, zum Beispiel in einem Teammeeting, ausgesprochen werden. Die Führungskraft sollte sich ein bisschen Zeit für eine kurze Vorbereitung nehmen, da eine stockende Anerkennungsrede unangenehm auffällt. Der Mitarbeiter möchte seine individuelle Leistung gewürdigt wissen – eine allgemeine Danksagung bringe nicht viel, so Gostick und Elton.

Auch „Feiern“ kann motivieren, sagen die Autoren. Und gerade dann, wenn die Projekte und Zeiten schwierig sind, kann das genau der richtige Zeitpunkt sein, um mit dem Team zu feiern und es so zum Weitermachen zu motivieren.

Das Geheimrezept für motivierte Mitarbeiter ist den Autoren zufolge die Freude an der Arbeit, die Führungskräfte mit den Zutaten „Festsetzen“, „Sehen“ und „Feiern“ steigern können. In ihrem Buch geben sie viele Tipps, die leicht umsetzbar sind, Veränderungen herbeiführen und motivierte Mitarbeiter zur Folge haben können. Warum nicht einfach ausprobieren?

Leseprobe

Der unsichtbare Mitarbeiter

Verborgene Talente entdecken und heben

Von Adrian Gostick und Chester Elton

Wiley-VCH Verlag 2007

140 Seiten, 19,90 Euro

ISBN-13: 978-3-527-50284-4

www.wiley-vch.de

Die Unsichtbaren. So jedenfalls nannten die Hochländer der kleinen Insel diese rätselhaften Geschöpfe, die ihre Schatzkammern füllten – und die dennoch kaum jemand zu Gesicht bekam.

Bei festlichen Anlässen in der großen Halle versammelten die Ältesten manchmal die Hochländer um sich. Im flackernden Kerzenschein erzählten sie mit verhaltener Stimme, dass die Frauen und Männer des unsichtbaren Volks in früheren Zeiten mitten unter ihnen geweilt hatten, doch im Laufe der Zeit waren sie mehr und mehr zu Schatten ihres einstigen Selbst verblasst.

„Und doch leben sie noch immer unter uns…“, pflegte der Erzählter mit einem Blick in das Dunkle jenseits des Kerzenscheins zu sagen. „Sie sind ein wichtiger Teil von uns. Sie sind es, die unsere Berge auf der Suche nach wertvollen Edelsteinen erklimmen. Sie sind es, für die wir als Dankesgabe Früchte darbringen.“

Die Hochländer erschauderten. Viele warfen nervöse Blicke auf die flackernden Schatten, die Kinder, Stühle oder auch Wasserkrüge in den hinteren Ecken der Halle warfen. Doch ihre Augen hatten über die Jahrzehnte der Untätigkeit an Sehkraft verloren, und sie konnten nichts weiter erkennen.

Jedes Mal an dieser Stelle der Geschichte fragte ein Kind mit hoher Stimme unschuldig: „Hat sie irgendjemand in letzter Zeit mal gesehen?“ „Nein, niemand“, lautete die Antwort eines Alten. „So ist das nun mal, und so wird es immer bleiben.“ Ein kollektives Aufatmen erfüllte die Halle. Es war beruhigend zu wissen, dass auch morgen alles so sein würde, wie es auf ihrer Insel im Mediokren Meer schon immer gewesen ist. Unsichtbare Hände würden die Arbeit verrichten. Die Hochländer würden auch morgen nur das sehen, was sie schon immer gesehen haben und übersehen, was sie immer schon übersehen haben. Es wäre alles in Ordnung. Und mehr wollten sie auch gar nicht …

Doch was war mit dem unsichtbaren Volk? Auch die Unsichtbaren, die sich Wurc-Urs nannten, hatten sich tief in den Ausläufern der Berge versammelt und drängten sich um das knisternde Lagerfeuer.

„Ihr wollt doch Sicherheit“, sagte einer der älteren Stammesangehörigen zu den Jüngeren.

Quelle: personal manager 5/2007