In diesem Fall tritt die Bereicherung Ihrer Arbeitnehmer in den Hintergrund, so dass eine Lohnversteuerung und eine Verbeitragung zur Sozialversicherung unterbleiben können. Dies ist z. B. bei einer Geschäftsfreundebewirtung der Fall. Dann trägt der Arbeitgeber die Kosten für eine Bewirtung, an der nicht nur der Mitarbeiter, sondern auch ein Geschäftsfreund des Arbeitgebers teilnimmt. Ein geldwerter Vorteil entsteht hierbei nicht.

people sitting near brown wooden coffee table
Foto von Jessica Sysengrath

Neue Rechtsprechung

Die Finanzrechtsprechung hatte sich in der jüngeren Vergangenheit mit zwei besonderen Fragestellungen zu beschäftigen und musste klären, ob die Bewirtung von Arbeitnehmern auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil oder eine Bewirtung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers darstellen, bei der die Interessen des Arbeitnehmers von untergeordneter Bedeutung sind und daher in den Hintergrund treten.

BFH-Urteil vom 19.2.2009

Die Arbeitnehmer, die als pädagogische Mitarbeiter einer Kindertageseinrichtung in der Gruppenbetreuung eingesetzt sind, haben arbeitstäglich im Rahmen der Betreuung gemeinschaftlich mit den Kindergartenkindern Mittagsmahlzeiten eingenommen. Das Betriebstättenfinanzamt beanstandete, dass der Arbeitgeber den hierbei entstehenden geldwerten Vorteil nicht der Lohnversteuerung unterworfen hat. Der Arbeitgeber vertrat jedoch die Auffassung, dass im vorliegenden Sachverhalt kein geldwerter Vorteil anzusetzen sei.

Die Teilnahme der pädagogischen Mitarbeiter an den Mahlzeiten der Kinder sei ausschließlich im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Der Vorteil der Arbeitnehmer sei nur von untergeordneter Bedeutung und würde auf Grund der hier vorliegenden besonderen Umstände durch das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers überlagert. Die pädagogischen Mitarbeiter würden während der Mahlzeiten kaum dazu kommen, selbst zu essen, weil sie in erster Linie mit der Aufsicht und Anleitung der Kinder beschäftigt seien. Die Mahlzeiten der Mitarbeiter hätten eher einen pädagogischen Sinn, als dass sie der Nahrungsaufnahme dienen würden.

Wenn Sie Ihren Arbeitnehmern Mahlzeiten gewähren, handelt es sich nach Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Die Rechtsprechung lässt jedoch dann Ausnahmen zu, wenn die in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gewährten Mahlzeiten überwiegend betriebsfunktionalen Zielsetzungen dienen. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) beispielsweise vor, wenn die Betreuer in einem Ferienlager die jugendlichen Teilnehmer während des gemeinsamen Essens überwachen (vgl. BFH-Urteil vom 28.2.1975, Az.: VI R 28/73), ebenso bei der Gewährung von Mahlzeiten im Rahmen üblicher Betriebsveranstaltungen (vgl. BFH-Urteil vom 4.8.1994, Az.: VI R 61/92) oder bei Teilnahme des Arbeitnehmers an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung.

Der BFH bestätigte mit Beschluss vom 1.12.2009, Az.: VI B 35/09 das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts, wonach auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls kein steuerpflichtiger Arbeitslohn, sondern eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers vorliegt.

BFH-Beschluss vom 21.1.2010

In einem ähnlichen Sachverhalt hatte der BFH zu klären, ob es sich bei der unentgeltlichen Verpflegung von Besatzungsmitgliedern eines Flusskreuzfahrtschiffs um steuerpflichtigen Arbeitslohn oder um eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers handelt. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat das Betriebsstättenfinanzamt die Auffassung, dass hier ein lohnsteuerpflichtigen Sachbezug vorliegt. Der Arbeitgeber hingegen war von einer Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ausgegangen.

Im hier vorliegenden streitigen Sachverhalt hatten die Arbeitnehmer im Verlauf der Reise keine Möglichkeit, sich eigenverantwortlich anderweitig zu verpflegen. Darüber hinaus waren die für die Essensaufbewahrung und Essenszubereitung zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten begrenzt. Daher war durch den Arbeitgeber bereitgestellte Einheitsverpflegung erforderlich. Hier sollte nicht die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer zusätzlich entgolten werden; es handelte sich vielmehr um eine von der Arbeitsleistung losgelöste betriebliche Maßnahme des Arbeitgebers.

Der BFH stellte mit Beschluss vom 21.1.2010, Az.: VI R 51/08 fest, dass der den Beschäftigten gewährte Vorteil dann nicht als Lohn anzusehen ist, wenn das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Gemeinschaftsverpflegung wegen besonderer betrieblicher Abläufe den Vorteil der Arbeitnehmer bei weitem übersteigt und damit den Arbeitslohncharakter überlagert. Nach Auffassung des BFH sind Vorteile, die bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls keine Entlohnung der Arbeitnehmer darstellen, sondern als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen anzusehen sind, nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren. Ein Vorteil wird immer dann im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt, wenn auf Grund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall können evtl. eigene Interessen des Arbeitnehmers vernachlässigt werden.

Wechselwirkung

In diesem Zusammenhang ist die Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers zu beachten. Je höher die Bereicherung des Arbeitnehmers zu bewerten ist, desto geringer ist das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers anzusetzen. Ob es sich im hier strittigen Sachverhalt um lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn oder um eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers handelt, ist noch nicht abschließend geklärt. Der BFH hat den Streitfall daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Quelle: LohnPraxis – Nr. 8/9 – August/September 2010