Az. 8 C 23.09 und 8 C 40.09

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Foto von Parker Byrd

Sachverhalt

Die Klägerinnen bieten ihren Mitarbeitern eine betriebliche Altersversorgung in Form einer unmittelbaren Pensionszusage (Direktzusage) bzw. einer Direktzusage und Unterstützungskassenzusage an. Für jeden Versorgungsberechtigten haben sie Rückdeckungsversicherungen abgeschlossen. Die Ansprüche aus den Versicherungsverträgen wurden zur Insolvenzsicherung an die Versorgungsberechtigten verpfändet.

Im Rahmen der gesetzlichen Insolvenzsicherung steht der PSV im Insolvenzfall für die Erfüllung der laufenden Versorgungsverpflichtungen und der unverfallbaren Anwartschaften ein. Der hierfür erforderliche Betrag wird auf die beitragspflichtigen Arbeitgeber umgelegt. Maßstab für die Höhe des individuellen Arbeitgeberbeitrags zur Insolvenzsicherung ist der Umfang der eigenen Versorgungszusagen.

Der PSV hat auch für die rückgedeckten Zusagen der Klägerinnen Beiträge erhoben. Die Klägerinnen wehren sich hiergegen, weil eine Insolvenzsicherung bereits über das Pfandrecht bestehe und durch die Rückdeckungsversicherung das Ausfallrisiko wirtschaftlich ausgeschlossen sei.

Die Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beitragserhebung auf Versorgungszusagen, deren Rückdeckungsversicherung an die Versorgungsberechtigten verpfändet ist, als zulässig bestätigt.

Gemäß § 10 Abs. 1 und 3 BetrAVG bestehe die Pflicht, auch für kongruent rückgedeckte Versorgungszusagen Beiträge zur Insolvenzsicherung an den PSV abzuführen. Maßgeblich sei der gewählte Durchführungsweg. Dieser bestimme sich allein durch die rechtliche Konstruktion des Primäranspruchs. Es spiele keine Rolle, ob rechtsgeschäftliche Abreden zur Sicherung des Primäranspruchs getroffen worden seien. Diese lassen die Leistungspflicht des PSV im Insolvenzfall nicht entfallen.

Die Regelung zur Beitragserhebung solle gewährleisten, dass bei Insolvenz des Arbeitgebers genügend Deckungsmittel zur Erfüllung der Versorgungsverpflichtungen zur Verfügung stehen und die zu sichernden Ausfallrisiken mit geringem Verwaltungsaufwand auf eine große Solidargemeinschaft verteilt werden. Daher knüpfe die Beitragsregelung an das abstrakte Insolvenzrisiko des gewählten Durchführungsweges an. Nicht maßgeblich seien dagegen das konkrete Insolvenzrisiko des Arbeitgebers oder zusätzliche Sicherungsabreden. Kongruente Rückdeckung und pfandrechtliche Sicherung bilden keinen neuen Durchführungsweg mit abweichendem Primäranspruch. Wollte man diesbezüglich differenzieren, würde der Insolvenzschutz verkürzt, der Verwaltungsaufwand für den PSV erheblich erhöht und der Grundsatz der solidarischen Risikoverteilung durchbrochen.

Die verfassungsrechtlich geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG) der Klägerinnen werde durch § 10 BetrAVG in zulässiger Weise eingeschränkt. Die Klägerinnen erhielten für den Beitrag eine Gegenleistung in Form der Übernahme der Insolvenzsicherung. Die Höhe des Beitrags müsse dabei weder das Insolvenzrisiko des einzelnen Arbeitgebers noch das durch rechtsgeschäftliche Sicherungsabreden zu beeinflussende konkrete Ausfallrisiko in der Insolvenz berücksichtigen. Die Verteilung der Beitragslast müsse lediglich durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein.

Die Verteilung der Beitragslast sei letztlich ebenso gerechtfertigt wie eine Ungleichbehandlung der streitgegenständlichen Versorgungen gegenüber den beitragsfreien (Direktversicherung, Pensionskasse) und beitragsermäßigten (Pensionsfonds) Durchführungswegen. Ziel der gesetzlich geregelten Beitragserhebung sei, das Insolvenzrisiko mit geringem Verwaltungsaufwand auf eine große Solidargemeinschaft zu verteilen. Die unterschiedliche Behandlung der Durchführungswege sei gerechtfertigt durch die unterschiedliche abstrakte Gefahr der Eintrittspflicht des PSV. Für das abstrakte Insolvenzrisiko sei maßgeblich, ob sich der Versorgungsanspruch gegen den Arbeitgeber oder gegen einen rechtlich und auch wirtschaftlich von ihm unabhängigen Dritten richte, sowie die konkrete Ausgestaltung des Primäranspruchs, beispielsweise durch Widerruflichkeit des Bezugsrechts.

Unerheblich sei dagegen die konkrete Wahrscheinlichkeit des Insolvenzeintritts des einzelnen Arbeitgebers. Rechtsgeschäftliche Sicherungsabreden beeinflussen das abstrakte Insolvenzrisiko ebenso wenig, da sie den Primäranspruch lediglich durch Sekundäransprüche absichern. Zur Beitragspflicht dürfen all die Arbeitgeber herangezogen werden, die durch die Wahl des Durchführungswegs die Gefahr einer insolvenzbedingten Nichterfüllung des Versorgungsanspruchs begründet haben. Die Beschränkung der Anknüpfung auf das abstrakte Risiko und das Abstrahieren sowohl von der individuellen Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz als auch von Zusatzabreden zur Minderung des konkreten Ausfallrisikos seien legitimiert durch den Gesetzeszweck der solidarischen Risikoverteilung und –finanzierung.

Die Gleichbehandlung der streitgegenständlichen Versorgungen mit Direktzusagen, die nicht über verpfändete Rückdeckungsversicherungen abgesichert sind, sei ebenfalls durch das allein maßgebliche abstrakte Insolvenzrisiko gerechtfertigt, wie es aus der Konstruktion des Primäranspruchs hervorgeht.

Fazit

Privatrechtliche Insolvenzsicherungsmodelle für Direktzusagen oder Unterstützungskassenzusagen führen innerhalb des derzeitigen gesetzlichen Rahmens weder zu einem Entfallen noch zu einer Reduktion der Beitragspflicht zum PSV. Auch wenn sich die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich nur auf den Fall einer verpfändeten Rückdeckungsversicherung beziehen, so ist doch evident, dass damit ein Präjudiz für andere Insolvenzsicherungsmodelle (wie z. B. die sich zunehmender Beliebtheit erfreuenden Treuhandkonstruktionen, sogenannte Contractual Trust Arrangements) ergangen ist.

Es bedarf vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts wohl einer gesetzlichen Neuregelung zur beitragsrechtlichen Privilegierung privatrechtlicher Insolvenzsicherungsmodelle. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber hat bereits ein Konzept für eine Änderung des Betriebsrentengesetzes vorgelegt.

Verpfändungs- und Treuhandmodelle verlieren durch die Entscheidungen nicht ihre Sinnhaftigkeit. Wenn auch keine Reduktion des Beitrags zur Insolvenzsicherung eintritt, so ermöglichen diese Modelle bei entsprechender Gestaltung zumindest eine Verkürzung der Bilanz durch Saldierung von Aktiv- und Passivposten und gewährleisten die Verfügbarkeit von Liquidität, wenn es zum Leistungsfall kommt.

Weitere Informationen: www.hoganlovells.com/de