Auf Arbeitszeitkonten sammeln Arbeitnehmer durch Einbringung von Überstunden oder Entgeltbestandteilen Wertguthaben an, die später dann für eine Freistellung (z.B. zum Ausgleich von Auslastungsschwankungen oder für einen gleitenden Übergang in die Altersrente, ohne dass zu hohe Rentenabschläge in Kauf genommen werden müssen) herangezogen werden können. Um der gestiegenen Bedeutung von Arbeitszeitkonten Rechnung zu tragen, haben CDU/CSU und SPD bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, die Rahmenbedingungen für Zeitwertkonten konkreter zu gestalten. Bisher wurde ein Referentenentwurf eines “Gesetzes zur Verbesserung von Rahmenbedingungen der sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen” veröffentlicht. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt des Diskussionsentwurfs auf einer Stärkung des Insolvenzschutzes für Wertguthaben auf Arbeitszeitkonten.

three people sitting in front of table laughing together
Foto von Brooke Cagle

Inzwischen existiert bereits eine überarbeitete Version des ersten Diskussionsentwurfs. Denn bisher ist die Situation für begünstigte Arbeitnehmer problematisch, wenn das Unternehmen in die Insolvenz geht, bevor der Arbeitnehmer sein Wertguthaben in Anspruch genommen hat. Hat die Unternehmensleitung es versäumt, für diesen Fall Vorkehrungen zur Absicherung der Arbeitnehmeransprüche zu treffen, so sind diese regelmäßig verloren. In einer Reihe von Urteilen ist das Bundesarbeitsgericht (zuletzt mit Urteil vom 13. Februar 2007 – 9 AZR 207/06) nämlich zu dem Ergebnis gelangt, dass Gesellschaftsorgane grundsätzlich nicht nach § 823 BGB persönlich für Schäden haften, die den Arbeitnehmern durch die Nichterfüllung von Wertguthaben aus Arbeitszeitkonten wegen der Insolvenz des Unternehmens entstehen, wenn keine Insolvenzsicherungsmaßnahmen getroffen worden sind. Das Bundesarbeitsgericht unterstreicht zwar, dass es sich bei der der Insolvenzsicherung bis jetzt zugrunde liegenden Vorschrift des § 7 d SBG IV nicht um eine bloße “Soll-Vorschrift” handelt, sondern dass diese durchaus verpflichtenden Charakter habe. Allerdings stellt ein Wertguthaben weder ein “sonstiges Recht” im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, noch § 7d SGB IV ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar. Somit fehlt es momentan regelmäßig an einer anspruchsbegründenden Haftungsnorm. Daher komme nach der geltenden Rechtslage eine persönliche Haftung nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Management die Arbeitnehmer wahrheitswidrig über das Bestehen eines Insolvenzschutzes täuscht.

Um diese Situation für die Arbeitnehmer zu verbessern, sieht der Diskussionsentwurf neben einer Verpflichtung zur externen Anlage der aus Arbeitszeitkonten resultierenden Wertkonten und deren rechtlichen Trennung vom Vermögen des Arbeitgebers vor, dass ein wirksamer Insolvenzschutz eine Wirksamkeitsvoraussetzung der zugrunde liegenden Zeitwertkontenvereinbarung ist. Konzerninterne Bürgschaften oder Patronatserklärungen sowie die Bildung von Rückstellungen sollen – in Anlehnung an § 8a Altersteilzeitgesetz – zukünftig keine wirksamen Insolvenzsicherungsmaßnahmen mehr darstellen. Daneben sieht der Referentenentwurf ausdrücklich einen Schadensersatzanspruch der Arbeitnehmer vor, wenn es aufgrund einer unterlassenen Insolvenzsicherung zu einer Verringerung oder dem Verlust des Wertguthabens in der Insolvenz des Arbeitgebers kommen sollte. Die vorzeitige Beendigung, Auflösung oder Kündigung des einmal getroffenen Insolvenzschutzes soll nur zulässig sein, wenn dieser Schutz durch eine mindestens gleichwertige Insolvenzsicherung abgelöst wird und der Arbeitnehmer seine schriftliche Zustimmung erteilt. Schließlich wird auch der Umfang der Insolvenzsicherungspflicht erweitert: Während derzeit nur der Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag insolvenzsicherungspflichtig ist, soll zukünftig auch der Arbeitnehmeranteil gegen Insolvenz geschützt werden müssen.

Daneben sieht der Entwurf noch weitere Änderungen der Rahmenbedingungen für Zeitwertkonten vor: So wird der Begriff des Wertguthabens zunächst neu definiert, um Zeitwertkonten von anderen Formen der Arbeitszeitflexibilisierung abzugrenzen. Denn vor allem klassischen Gleitzeitkonten führen nach Ansicht des Gesetzgebers in der Regel nicht zum Aufbau eines Wertguthabens, was deutlicher herausgestellt werden soll. Weiterhin ist vorgesehen, dass Wertguthaben (im Sinne vorstehender Definition) künftig ausschließlich in Geld zu führen sind. Die bislang dem Arbeitgeber vorbehaltene Grundsatzentscheidung, ob die Wertguthaben in Zeit oder in Geld geführt werden sollen, entfällt damit. Geringfügig Beschäftigte sind bisher von der Möglichkeit, Wertguthaben aufzubauen, ausgeschlossen, weil sie ursprünglich versicherungsfrei waren und für sie keine Beiträge in der Sozialversicherung zu entrichten waren. Dies hat sich jedoch zwischenzeitlich geändert (vgl. § 5 Abs. 2 SGB V), so dass ein Ausschluss von geringfügig Beschäftigten wohl nicht mehr mit dem Diskriminierungsverbot in § 4 Abs. 1 TzBfG zu vereinbaren wäre.

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass Arbeitgebern im Hinblick auf die intendierten Verschärfungen im Zusammenhang mit der Insolvenzsicherung von Wertguthaben zu raten ist, rechtzeitig geeignete Insolvenzschutzmaßnahmen zu implementieren. Angesichts der vorgesehenen Verpflichtung zur externen Anlage der Wertguthaben und deren rechtlichen Trennung vom Vermögen des Arbeitgebers könnten hier insbesondere Treuhandmodelle, so genannte Contractual Trust Arrangements (CTA), an Bedeutung gewinnen.

Der (überarbeitete) Diskussionsentwurf soll laut Auskunft des zuständigen Ministeriums innerhalb der nächsten sechs Wochen als offizieller Gesetzentwurf durch die Bundesregierung eingebracht werden.