A stack of thick folders on a white surface
Foto von Beatriz Pérez Moya

Was ist die Idee hinter People’s Voice Media
und wie hat sich diese Idee entwickelt?

Bei People’s Voice Media geht es darum, Menschen und Bürgern eine Stimme zu geben, ihnen zuzuhören und von ihren Geschichten zu lernen. Und so stellen wir Konversationen und Dialoge her. Die Bürger sehen, wie sie vielleicht ihre Situationen verbessern können; die Gemeinden können erkennen, wie sie vielleicht ihre Angebote umorganisieren.

Wenn man die einzelnen Geschichten
zusammenfügt, ergibt sich ein sehr
interessantes Bild einer Gemeinschaft …


Unsere gemeinnützige Organisation gibt es seit 1995; ich bin 1999 dazu gestoßen. Anfangs ging es hauptsächlich darum, Community-Informationen zu sammeln und zu entwickeln. Aber über die Jahre hat sich das verändert und wir haben das Potenzial des Internets für uns entdeckt. Anfangs war das „world wide web“ für uns zu entfernt. Und so kam uns die Idee eines „cww“, eines „community wide web“: eine Quelle für Community-relevante Informationen, die davon lebt, dass die Teile der Gemeinschaft daran teilhaben.

Etwa in 2008 ging es dann los mit unserem Community Reporter-Programm. Uns war ja bewusst geworden: Viele Leute haben Geschichten. Und mit unserem Programm haben wir vielen das erste Mal die Möglichkeit gegeben, ihre Geschichten in der Art und Weise zu erzählen, wie sie es möchten, sei es durch Blogs, Podcasts, Videos oder Geschriebenes, und ihnen so zu zeigen, das auch ihre Sicht der Dinge wichtig ist. Im Gegensatz zu Journalisten geht es beim den Community Reportern nicht um News, um Neuigkeiten. Daran sind wir nicht interessiert. Es geht um die Menschen, um Individuen und deren Geschichten. Und diese Geschichten sind überhaupt nicht so verschieden, sondern bemerkenswerter Weise sogar sehr ähnlich. Wenn man die einzelnen Geschichten zusammenfügt, ergibt sich ein sehr interessantes Bild einer Gemeinschaft, ein Bild, das die Medien sonst so nicht darstellen. Wir möchten die guten Seiten der Gesellschaft, die guten Seiten der Gemeinschaften, Organisationen und der Menschen zeigen, und das nicht in einer Momentaufnahme.

Wir sehen unsere Aufgabe nicht darin, die einzelnen Geschichten zu interpretieren. Jeder sollte die Möglichkeit haben, seine Erzählung so zu gestalten wie er oder sie es möchte. Wir liefern dazu das nötige Training und unsere Unterstützung. Im Grunde geht es beim Community Reporter Programm also darum, Geschichten zu Akkreditieren und zu Validieren.

Sie erhalten den Leonardo in der Kategorie “Crossing Borders”.
Welche Grenzen haben Sie überschritten?

Eigentlich die europäischen. Wir haben in Manchester angefangen, und heute, in 2013, agieren wir in sechs europäischen Ländern. Aber es geht noch weiter: Wir stehen in Verhandlungen mit Organisationen in Kanada und den USA und eventuell auch Afrika. Also eigentlich gibt es für uns keine Grenzen, denn jeder möchte seine Geschichte erzählen. Und was mich dabei am meisten fasziniert sind die Gute-Nachricht-Geschichten. An der Preisverleihung habe ich mich mit jemandem über Afrika unterhalten. Er sagte, dass Leute bei Afrika immer die Armut thematisieren. Aber es gibt auch gute Geschichten, es sollte auch um guten Sachen, die Triumphe gehen, und das kann überall sein.

Denn unser Model heißt: Erzählt die guten Geschichten über euch und eure Gemeinschaft, und das über die Grenzen hinaus. Das heißt, unsere Arbeit ist noch nicht beendet. Wir brauchen junge Menschen in Äthiopien, die mit jungen Menschen in Australien sprechen, die sich mit jungen Menschen in Ungarn austauschen, und die sich wiederum vielleicht mit jungen Menschen in Deutschland unterhalten. Diese Art von Netzwerke brauchen wir, um Konversationen herzustellen und letztendlich voneinander zu lernen. Das möchten wir eigentlich erreichen.


Wie sieht es denn mit dem Zusammenhang von Unternehmen
und Gemeinschaften aus, also von “corporates” und “communities”?

Für uns geht es um die Stimme der Communities. Aber  könnten wir nicht auch durch ein ähnliches Model die Geschichten und Erfahrungen der Angestellten eines Unternehmens herausarbeiten, so Innovationspotential erschließen und was vielleicht auch als Form des Wissensmanagements und des Wissensaustauschs genutzt werden kann. Mitarbeiter sammeln ihre eigenen Geschichten, die Geschichten ihrer Kollegen und letztendlich die Geschichten ihres Unternehmens.

Interview: Alexandra Pfirrmann