Im vierten Quartal 2008 hat Perbit erneut die Webseiten seiner Kunden untersucht. Aufbauend auf den Ergebnissen der letztmaligen Untersuchung aus dem Jahr 2006 interessierte vor allem die Fragestellung, wie sich die Recruiting-Kanäle seitdem verändert haben. Aber auch der Einfluss von Recruiting-Software war Gegenstand der Befragung. Abweichend von der Vorgängerstudie wurde die Studie zudem um die Fragen nach der Rolle von Employer Branding und Web 2.0-Anwendungen erweitert. Insgesamt konnten 340 Websites unter die Lupe genommen werden. Mit 62 Prozent waren kleine Unternehmen mit unter 500 Mitarbeitern überdurchschnittlich und Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl zwischen 500 und 1000 mit 24 Prozent vertreten, während größere Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern 14 Prozent der Grundgesamtheit stellten. Diese Größenstruktur erlaubt nicht nur einen Vergleich zwischen Unternehmen unterschiedlicher Größenklassen, insbesondere das Nutzungsverhalten von ERecruiting in kleinen Unternehmen konnte untersucht werden. Damit betritt die Untersuchung bedeutendes Neuland.

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Foto von Studio Republic

Vielfältige Optionen

87,4 Prozent aller untersuchten Unternehmen haben eine eigene Karriereseite. Das entspricht einem Zuwachs von 6,2 Prozent im Vergleich zu 2006. Dieser erste Eindruck einer Ausweitung des E-Recruitings wird auch durch die weiteren Ergebnisse gestützt. Zwar lassen 70,9 Prozent eine Briefbewerbung zu, Möglichkeiten zur digitalen Kontaktaufnahme überwiegen zusammengenommen jedoch deutlich. Allerdings lassen sich hier Unterschiede erkennen, die auf unterschiedliche Professionalisierungsgrade schließen lassen: Mehr als die Hälfte der Unternehmen ermöglicht eine Bewerbung per E-Mail (54,1 Prozent), ein knappes Drittel nutzt Online-Formulare (30 Prozent), ein Benutzerkonto für Bewerber oder ein Online-Formular mit Upload-Möglichkeit sind mit 5,9 beziehungsweise 0,3 Prozent vergleichsweise selten vertreten.

Im Vergleich zum letzten Untersuchungszeitpunkt vor zwei Jahren fällt die starke Expansion von Online-Formularen auf. So hat sich die Zahl der Unternehmen, die diese Form der Kontaktaufnahme anbieten, seit 2006 nahezu verdoppelt. Aber auch die Möglichkeit einer Initiativbewerbung bieten 2008 mit 17,4 Prozent nahezu dreimal so viele Unternehmen ausdrücklich an als 2006 (5,1 Prozent).

Die zunehmende Professionalisierung des E-Recruitings wird besonders deutlich, betrachtet man die E-Recruiting- Aspekte, die weniger auf elektronische Kontaktaufnahme als vielmehr auf den Aufbau einer Arbeitgebermarke abzielen. So liegen die Kommunikation offener Stellen via Homepage sowie die Möglichkeit, sich online zu bewerben, schon seit Jahren im Trend. Das Thema Employer Branding steht jedoch erst seit kurzem auf der Agenda der Personalverantwortlichen. Die Tatsache, dass mehr als ein Viertel der vornehmlich kleinen und mittleren Unternehmen sowohl umfangreiche Bewerberinformationen zur Verfügung stellt (26,5 Prozent) als auch eine zielgruppenspezifische Ansprache nutzt (27,1 Prozent), spricht für eine steigende Bedeutung elektronischer Rekrutierungswege. Immerhin jedes zehnte Unternehmen (9,4 Prozent) setzt Testimonials auf seiner Karriereseite ein. Die Bedeutung von Web 2.0-Anwendungen und Bewerberslogans wird hingegen bislang nur von einer Minderheit der Unternehmen erkannt. Die Anwendung durch 3,5 Prozent beziehungsweise 2,1 Prozent sprechen für einen eindeutigen Nachholbedarf in diesem Bereich.

Abbildung: Instrumente im E-Recruiting

Fast 90 Prozent der mittelständischen Unternehmen nutzen eine Karriere- Webseite. Instrumente zum Employer Branding wie Testimonials oder Web 2.0-Anwendungen werden dagegen eher selten genutzt.

Auch die Kleinen können es

In einem Vergleich nach Unternehmensgröße sind die Unterschiede geringer als erwartet. Tendenziell sind die genannten Maßnahmen in Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern stärker verbreitet. Die größten Unterschiede bestehen in der zielgruppenspezifischen Ansprache und der Kontaktaufnahme via E-Mail. Während etwa die Hälfte der größeren Unternehmen eine zielgruppenspezifische Ansprache nutzt (48,9 Prozent), geschieht dies nur etwa bei einem Drittel der mittleren (32,9 Prozent) und einem Viertel der kleinen Unternehmen (25,3 Prozent). Ähnlich ausgeprägt ist die Diskrepanz bei der Kontaktaufnahme via E-Mail: Hier sind 75,6 Prozent der größeren Unternehmen aktiv, jedoch nur etwa die Hälfte der mittleren (50 Prozent) und kleinen Betriebe (56,6 Prozent). Insofern kleine Unternehmen E-Mail-Bewerbungen zulassen, tun sie dies besonders häufig ausschließlich. Mit einem Vorsprung von etwa 10 Prozent lassen 28 Prozent nur diese Bewerbungsform zu. Die ausdrückliche Aufforderung, eine Initiativbewerbung zu schicken, lässt sich bei jedem dritten größeren Unternehmen finden, jedoch nur bei 14,8 beziehungsweise 18,6 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen. Die geringsten Unterschiede lassen sich bei den Aspekten „Briefbewerbung“ und „Bewerberformular“ identifizieren.

Konservative Banker

Eine Betrachtung der Rekrutierungsinstrumente nach Branche liefert ein heterogenes Bild. Das Segment der Bankwirtschaft stellt sich in seinem Rekrutierungsverhalten erwartungsgemäß konservativ dar. Mit 80 Prozent wird die Kontaktaufnahme via Brief überdurchschnittlich oft bevorzugt. Bei der Möglichkeit, via E-Mail mit den Unternehmen Kontakt aufzunehmen, bekleidet diese Branche mit 51,3 Prozent den letzten Platz. Ebenso werden Online-Formulare (21,3 Prozent) und die Aufforderung zur Initiativbewerbung (11,3 Prozent) deutlich seltener genutzt als von Unternehmen anderer Branchen. Offensichtlich schätzen Unternehmen dieser Branche die Chancen einer zielgruppenspezifischen Ansprache auf ihrer Karriereseite als besonders hoch ein. Hier liegt die Bankwirtschaft mit durchschnittlich 38,8 Prozent deutlich vorne.

Die beobachteten Tendenzen in der Bankwirtschaft finden sich in einer ähnlichen Form auch bei Unternehmen der Werbe-, Druckund Medienwirtschaft. Briefbewerbungen werden hier mit 85,7 Prozent besonders häufig zugelassen, während E-Mail-Bewerbungen deutlich abgeschlagen nur von etwa jedem dritten Unternehmen erwünscht sind (35,7 Prozent). Initiativbewerbungen sind mit 14,3 Prozent nur etwas häufiger ausdrücklich erwünscht als in der Bankwirtschaft. Deutliche Unterschiede zwischen den beiden Branchen zeigen sich hingegen sowohl bei der zielgruppenspezifischen Ansprache als auch bei der Anwendung von Online-Formularen. Eine zielgruppendifferenzierte Ansprache findet in der Werbe-, Druck- und Medienwirtschaft mit 21,4 Prozent nur etwa halb so häufig Anwendung wie in der Bankwirtschaft, während es sich im Bereich der Online-Formulare mit 35,7 Prozent nahezu gegensätzlich verhält.

Anders stellt sich die Situation für Unternehmen der Dienstleistungsbranche dar. Hier scheint der Trend vom Recruiting zum E-Recruiting besonders ausgeprägt zu sein. Während Dienstleistungsunternehmen bei E-Mail-Bewerbungen mit 76,6 Prozent deutlich vor allen anderen Branchen liegen, nimmt die postalische Kontaktaufnahme nur einen vergleichsweise geringen Stellenwert von 74,5 Prozent ein und wird nur von Industrieunternehmen untertroffen. Bei der Nutzung von Online- Formularen und der Aufforderung nach Initiativbewerbungen liegt die Branche mit 38,3 Prozent beziehungsweise 27,7 Prozent auf einem knappen zweiten Platz. Dienstleistungsunternehmen nutzen mit 34 Prozent auch eine zielgruppenspezifische Ansprache vergleichsweise häufig. Industrie- und Industriezulieferunternehmen ähneln in ihrem Rekrutierungsverhalten stark den Dienstleistungsunternehmen. Unternehmen der Handelsbranche nehmen eine Zwischenstellung zwischen Bankwirtschaft und Dienstleistungsunternehmen ein.

Employer Branding

Um der Vielfalt von Employer Branding gerecht zu werden, wurde folgende Definition gewählt: Nur wenn mindestens zwei der fünf Kriterien „Zielgruppenspezifische Ansprache“, „Testimonials“, „Web 2.0-Technologien“, „Bewerberslogan“ und „Bewerberinformationen“ zutreffen, liegt Employer Branding vor.

Entsprechend der Definition kommuniziert ein knappes Drittel (31,1 Prozent) großer Unternehmen seine Arbeitgebermarke via Internet, im Segment der mittleren Unternehmen sind es 17,1 Prozent und bei den kleinen Unternehmen 21,4 Prozent. Dabei fällt wiederum auf, dass der Professionalisierungsgrad des Recruitings nur sehr bedingt von der Größe der untersuchten Unternehmen abhängt. Fast schon überraschend ist das Ergebnis, dass Aufbau und Kommunikation einer Arbeitgebermarke in kleinen Unternehmen signifikant verbreiteter ist, als in Unternehmen mittlerer Größe.

Ähnlich überraschend sind einige Ergebnisse der branchenspezifischen Analyse. So ist die Bankwirtschaft mit 31,3 Prozent der Spitzenreiter in Sachen Arbeitgebermarke, während Unternehmen aus der Werbe-, Druck- und Medienwirtschaft mit 7,1 Prozent den letzten Platz einnehmen. Die Hypothese, dass hierfür in erster Linie Größeneffekte eine Rolle spielen, kann aufgrund der allgemeinen Tendenz nicht aufrechterhalten werden.

Die Rolle der Recruiting-Software

Eine letzte zentrale Untersuchungsfrage betrifft den Einfluss von Recruiting-Software auf das Rekrutierungsverhalten der untersuchten Unternehmen. Insgesamt war zu erwarten, dass der Einsatz von Recruiting-Software mit einem Ausweiten von E-Recruiting-Maßnahmen einhergeht. Diese Annahme wurde auch weitgehend bestätigt.

So lassen mit mehr als fünf Prozent Vorsprung 78,7 Prozent der Unternehmen mit Recruiting-Software postalische Bewerbungen zu, der Vorsprung bei E-Mail- Bewerbungen beträgt bei einem Wert von 61,9 Prozent mehr als acht Prozent. Ähnlich verhält es sich im Bereich der Initiativbewerbungen. 14,8 Prozent der Unternehmen ohne Recruiting-Software fordern potenzielle Bewerber zum Versenden einer Initiativbewerbung auf. Im Gegensatz dazu verfahren 21,9 Prozent der Betriebe, die ein entsprechendes System benutzen, auf diese Weise. Ein letztes Kriterium, das einen Unterschied in vergleichbarer Größenordnung aufzeigt, betrifft die zielgruppenspezifische Ansprache: Der Einsatz von Recruiting- Software erklärt hier eine Differenz von mehr als acht Prozent.

Einen geringeren Einfluss hat Recruiting- Software hingegen offensichtlich auf die Anwendung von Benutzerkonten, Testimonials, Web 2.0-Technologien und Bewerberslogans. Zwar liegen Unternehmen mit entsprechenden Systemen auch hier vorne, die Differenz beträgt jedoch nur zwischen 0,4 Prozent und drei Prozent.

Letztlich sind zwei Ergebnisse der Studie unter diesem Aspekt besonders hervorzuheben. Zum einen sind Bewerberinformationen bei Unternehmen ohne Recruiting- Software mit einem Vorsprung von 3,3 Prozentpunkten etwas häufiger vertreten als in Unternehmen mit Recruiting- Software-Einsatz. Im Gegensatz dazu steht das Ergebnis im Bereich der Online-Formulare. Kein anderer Rekrutierungskanal ist derart stark davon abhängig, ob ein entsprechendes System eingesetzt wird. Mit 38,5 Prozent machen nahezu doppelt so viele Unternehmen, die ein solches System im Einsatz haben, von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Alles in allem lässt sich ein eindeutiger Trend vom Recruiting zum E-Recruiting feststellen, wobei der Dienstleistungssektor Trendsetter ist. Insgesamt stecken jedoch viele Unternehmen noch in den Anfängen. Insbesondere Testimonials, Web 2.0-Anwendungen und Bewerberslogans finden selten Anwendung. Daran ändert auch der Einsatz von Personalsoftware nicht viel. Anders bei den übrigen E-Recruiting-Kriterien: Hier ist bis auf umfassende Bewerberinformationen generell ein deutlich positiver Effekt zu verzeichnen. Insbesondere die zielgruppenspezifische Ansprache und die Nutzung von Online-Formularen profitieren offensichtlich von einem Personalsoftwareeinsatz. Online-Formulare werden sogar fast doppelt so häufig von Unternehmen verwendet, die ein entsprechendes System einsetzen.

Die komplette Studie kann bei der Autorin angefordert werden.

Quelle: Personalwirtschaft – Sonderheft 06/2009