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Foto von Nastuh Abootalebi

PROBLEMPUNKT

Der Arbeitnehmer wendete sich gegen eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung. Das Kündigungsschreiben war vom Personalleiter K mit dem Zusatz „ppa“ und vom Personalsachbearbeiter G mit dem Zusatz „i. V.“ unterzeichnet worden. Laut Handelsregister war K Gesamtprokurist der Beklagten und zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen vertretungsberechtigt. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten wies der Kläger die Kündigung mangels Nachweises der Vertretungsberechtigung des Unterzeichners zurück. Der Kläger behauptete, die Stellung von K als Personalleiter sei ihm nicht bekannt gewesen. Zwar sei er „eine Art Chef“, jedoch sei ihm nicht bewusst gewesen, welche Aufgaben er im Unternehmen erfülle. Die Beklagte hingegen war der Auffassung, die Zurückweisung der Kündigung gehe ins Leere, da einer der beiden Unterzeichner – K – Personalleiter sei. Sie habe Herrn K in eine Stelle berufen, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist. Den Kläger hätte sie hiervon in Kenntnis gesetzt. Das ArbG wies die Klage ab, das LAG gab ihr jedoch statt, wobei es annahm, dass der Kläger die Kündigung erfolgreich gem. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen hat.

ENTSCHEIDUNG

Das BAG sah die Revision als begründet an, hob das Urteil des LAG auf und wies die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurück. Zwar hat der Kläger die Kündigung wegen fehlender Vollmachtsurkunde unverzüglich binnen fünf Tagen (einschließlich Wochenende, Feiertag) nach § 174 BGB zurückgewiesen. Durch diese Norm soll der Empfänger vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen, ohne eigene Nachforschungen anzustellen. Gewissheit können eine Vollmachtsurkunde oder ein In-Kenntnis-Setzen schaffen, wobei Letzteres nach § 174 Satz 2 BGB ein gleichwertiger Ersatz für die Vorlage einer Vollmachtsurkunde sein muss (BAG, Urt. v. 14.4.2011 – 6 AZR 727/09, AuA 1/12, S. 55). Es genügt, dass der Kündigungsempfänger aufgrund der ihm bekannten Stellung des Kündigenden als Personalleiter von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zum alleinigen Ausspruch von Kündigungen ausgehen muss. Ob dieser zugleich eine ausreichende Vertretungsmacht als (Gesamt-)Prokurist besitzt, ist daneben grundsätzlich ohne Belang. Die Zurückweisung könnte in diesem Fall deshalb ausgeschlossen gewesen sein, wenn der Kläger nicht über Herrn Ks Berufung als Personalleiter in Kenntnis gesetzt worden war. Das BAG betonte, dass Arbeitnehmer, die über die Person des Personalleiters hinreichend in Kenntnis gesetzt sind, allein aus dessen Stellung folgern müssen, dieser habe im Verhältnis zur Belegschaft alleinige Vertretungsmacht zum Ausspruch von Kündigungen (BAG, Urt. v. 29.10.1992 – 2 AZR 460/92, NZA 1993, S. 307). Die entsprechende Befugnis eines Personalleiters wird dadurch, dass er zugleich zum (Gesamt-)Prokuristen bestellt ist, nicht begrenzt. Aus dem Umstand, dass K das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz „ppa“ unterzeichnete, folgt nichts Anderes. Nach § 51 HGB hat ein Prokurist in der Weise zu zeichnen, dass er der Firma seinen Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusatz beifügt. Der Gesamtprokurist zeichnet selbst dann mit dem gewöhnlichen Prokurazusatz, wenn er allein mit interner Zustimmung des anderen Gesamtprokuristen handelt. K kann daher auch bei einem Handeln als Gesamtprokurist eine alleinige Vertretungsbefugnis zum Ausspruch von Kündigungen aufgrund interner Bevollmächtigung in Anspruch genommen haben. Wirksame Stellvertretung gem. § 164 BGB setzt überdies nicht voraus, dass der Vertreter klarstellt, aufgrund welcher ihm rechtsgeschäftlich verliehenen Bevollmächtigung er für den Vertretenen auftritt. Ob nun die Zurückweisung der Kündigung wegen der Stellung von K als Personalleiter nach § 174 Satz 2 BGB tatsächlich ausgeschlossen ist, konnte das BAG nicht entscheiden. Das LAG hatte bislang keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger davon in Kenntnis gesetzt worden war, dass Herr K die Stellung des Personalleiters innehatte.

KONSEQUENZEN

Kündigungen werden oft auch wegen Formalien angegriffen. Kündigungsschreiben müssen von der „richtigen“ Person/den „richtigen“ Personen unterzeichnet sein. Im Idealfall ergibt sich die entsprechende Berechtigung bereits aus dem Handelsregister oder dem Kündigungsschreiben und bei Übergabe ist eine entsprechende Vollmacht im Original beigefügt. Zwar genügt im Hinblick auf § 174 BGB grundsätzlich auch, dass der Kündigungsempfänger aufgrund der Stellung des Kündigenden als Personalleiter von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung ausgehen muss, allerdings muss er von dieser Stellung auch (nachweislich) in Kenntnis gesetzt worden sein (z. B. durch Aushang/Organigramm am schwarzen Brett).

PRAXISTIPP

Kündigungen sollten von den Vertretungsorganen oder zwei Prokuristen mit „ppa“-Zusatz unterzeichnet werden. Bei den Unterschriften darf es sich zudem nicht um sog. Paraphen oder unlesbare Kurzzeichen handeln, d. h. es müssen hinreichende individuelle Merkmale gegeben sein (BAG, Urt. v. 6.9.2012 – 2 AZR 858/11, NZA 2013, S. 524).

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Fotocredit:
Stephanie Hofschläger | www.pixelio.de

Quelle:
Arbeit und Arbeitsrecht | 3/2015 | www.arbeit-und-arbeitsrecht.de