Wie wichtig ist Personalarbeit für den Erfolg eines Unternehmens?
Personalarbeit ist ein großer Hebel und in erster Linie Aufgabe der Führungskraft. Studien zeigen, dass richtig geführte Mitarbeiter um den Faktor zehn über sich hinauswachsen können. Darin steckt auch ein enormes wirtschaftliches Potenzial. Es wäre fahrlässig, dieses nicht zu nutzen.
Woran erkennen Sie gute Personalarbeit?
Personalarbeit soll vor allem einfach und kreativ sein. Die Führungskräfte sollten dazu von der Personalabteilung praktikable, aber innovative Werkzeuge zur Verfügung gestellt bekommen. Dabei sind es oft die einfachen Dinge, die den großen Unterschied machen: Anerkennung, viel Kommunikation, eine offene Feedbackkultur und Konsequenz auf allen Ebenen.
Welche Rolle sollte HR im Unternehmen einnehmen?
Wir verstehen den HR-Manager als Coach für die Führungskräfte, der als solcher seinen festen Platz im Management-Team hat. In seiner Wichtigkeit ist er zumindest gleichbedeutend, wenn nicht sogar über alle anderen Funktionsbereiche im Management, wie etwa Vertrieb oder Finanz, zu stellen. Im Leitbild vieler Unternehmen wird der Mitarbeiter als das höchste Gut beschrieben, in der Realität spiegelt das die Organisationsstruktur aber oft nicht wider.
Was sind die wichtigsten Aufgaben von HR?
HR sollte sich weniger mit Arbeitsrecht oder Lohnverrechnung herumschlagen, sondern sich viel mehr mit Führungskräfte-Coaching und Personalentwicklung auseinandersetzen sowie interne Kommunikation fördern. Beispielsweise ist in unserem Unternehmen die Lohnverrechnung im Finanzbereich angesiedelt, während sich HR intensiv um die zuvor genannten Themen kümmert.
Welche Kompetenzen müssen HR-Manager mitbringen?
HR-Manager müssen vor allem kommunikativ, kreativ und umsetzungsstark sein. Letzteres ist insofern besonders wichtig, weil Personalthemen zumeist zeitkritisch sind und nicht hinausgeschoben werden dürfen. Weitere wichtige Eigenschaften sind persönliche Integrität und ein möglichst objektiver und wertschätzender Umgang mit Mitarbeitern auf allen Ebenen.
Welche Personalthemen werden in der Zukunft an Bedeutung gewinnen?
Die Bedürfnisse und Erwartungen der Generation Y an den Arbeitgeber zu kennen, Flexibilität sowohl in der zeitlichen wie auch in der räumlichen Dimension und sich als Top-Arbeitgeber positionieren, um so dem Arbeitskräfte- beziehungsweise Facharbeitermangel gerecht zu werden.
Quelle: personal manager Zeitschrift für Human Resources Ausgabe 1 Jänner / Februar 2013
Klingt ein wenig optimistisch, ist aber sein voller Ernst: „Das Ziel lautet immer: Null Fehler!“ sagt Christian Bruckner. Und so steht es auch in den Produktunterlagen und Unternehmensleitlinien der österreichischen Produktionsstätte des US-Konzerns Worthington Cylinders. Die Kunden verlassen sich auf eine hohe Produktqualität. Hersteller von Atemluftgeräten ordern bei Worthington Cylinders nämlich Atemluftflaschen, deren Abnehmer zum Beispiel Feuerwehr- und Sporttaucher sind. Unternehmen der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie erwarten, dass ihre Lebensmittel ihren Nährstoffgehalt durch die Sauberkeit der in der Produktion eingesetzten Flaschen behalten. Für Elektrohersteller führen innen wie außen korrodierte Hochdruckbehälter zu Katastrophen. Lenker von Erd- und Biogas-Autos wollen mit den eingebauten Speicherflaschen sicher fahren. Brandschutzhersteller vertrauen darauf, dass die verwendeten Flaschen auch im Ernstfall nicht explodieren. „Wir fertigen unsere Stahlprodukte nahtlos und mit einer unverbrüchlichen Beschichtung. Damit konnten wir einen Standard setzen und exportieren inzwischen zu 40 Prozent nach Westeuropa, 25 Prozent nach Australien; es folgen Südamerika und Afrika mit jeweils zehn und Osteuropa mit sieben Prozent. Im laufenden Geschäftsjahr produzieren unsere 360 Mitarbeiter 600.000 Flaschen für interkontinentale Kunden aus 90 Ländern“, so Christian Bruckner, der bis vor drei Jahren noch General Manager mit Schwerpunkt Finanzen beim Kosmetikkonzern Elizabeth Arden und davor bei Nestlé war. Im Jänner 2012 übernahm er die Geschäftsleitung in Kienberg.
Als der studierte Betriebswirt in 2009 zum Unternehmen kam, konnte er an die Arbeit seines Vorgängers und seiner Kollegen anknüpfen. Diese hatten 2006 begonnen, das Unternehmen am EFQM-Modell auszurichten, einem Management-System für Unternehmensqualität der European Foundation for Quality Management. Es umfasst 32 Teilkriterien, aufgeteilt in neun Themenmodule wie zum Beispiel „Führung“ oder „Mitarbeiter“. Bruckner erklärt dazu: „Das Modell verzahnt auf der Basis von Selbstbewertungen und -verpflichtungen des teilnehmenden Unternehmens Mitarbeiter- sowie Kundeninteressen, Ressourcen und Unternehmenspolitik, und das ohne inhaltliche Vorschriften. Das ließ uns die Freiheit, selbst zu gestalten“, berichtet Bruckner. EFQM verbinde sein Unternehmen mit Kaizen. Diese japanische Philosophie beinhalte das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung von Arbeitsprozessen auf allen Firmenebenen. Mittlerweile gehört Bruckner mit seinen Kollegen zu den Professionals des Kaizen. Und so wurde er heuer zur deutschen Kaizen-Jahrestagung nach München geladen, um neben Firmen wie SAP, Robert Bosch und MAN darüber zu sprechen, dass kontinuierliche Verbesserung grundsätzlich Führungsaufgabe ist. In seinem Vortrag stellte der Niederösterreicher die Drehscheibe seines Unternehmens voran; eine Wertewelt, benannt nach dem Firmenstandort: „K.I.E.N.B.E.R.G.“
Jede Initiale repräsentiert einen Wert: Kommunikation, Initiative, Eigenverantwortung, null Fehler, Bildung, Erfüllung von Anforderungen, richtungsweisend und gemeinsam. Bruckner erklärt zum ersten Punkt: „Wichtig ist uns eine transparente Kommunikation. Wie wir zum Beispiel in den Krisenjahren 2008 und 2009 Personal abbauen mussten, haben wir wöchentliche Meetings mit allen Beschäftigten einberufen und klar über den jeweiligen Geschäftsstand informiert. Fragen waren und sind jederzeit erwünscht. Wichtig ist auch, dass Kommunikation keine eingleisige Sache ist. Mit anderen Worten: Es wird etwas so lange erörtert, bis Sender und Empfänger auf dem gleichen Kenntnisstand sind. Die Verantwortung dafür liegt ausdrücklich beim Sender, also zum Beispiel bei Führungskräften.“ Dieser Ansatz gründe im Respekt davor, dass Mitarbeiter mündige Menschen seien, die ein Recht auf Information hätten. Das verpflichte sie aber auch zum zweiten Wert, zur Initiative. Damit dieser Anspruch sich in der Praxis nicht zum Nachteil der Mitarbeiter verkehrt, so Bruckner, lege der Wert „Eigenverantwortung“ fest, dass man zwar Aufgaben, nie aber Verantwortung delegieren kann. Das allerdings könnte wichtig werden, wenn eben doch Fehler unterlaufen. Dazu sagt Bruckner: „Bei Worthington Cylinders sollte es keine Schuldzuweisungen geben – Mitarbeiter sind auch nur Menschen und Zank führt nicht zu raschen Lösungen. Abläufe und Prozesse werden so gestaltet, dass Fehler nahezu unmöglich sind“. Damit Mitarbeiter geeignete Entscheidungen treffen und nahezu fehlerfrei arbeiten können, brauchen sie Bildung und Schulung; es ist der fünfte aller Kienberg-Werte. Kosten- und zeitintensive Maßnahmen seien immer noch günstiger als Fehler, so Bruckner. Der sechste Wert – Erfüllung von Anforderungen – hebe darauf ab, dass Worthington Cylinders die Bedürfnisse aller Interessensgruppen erfüllen muss, also die von Kunden, Mitarbeitern, Eigentümern, Lieferanten oder Partnern sowie die der Gesellschaft. Einer der Indikatoren dafür, dass dies passiert, sind zwei jährliche Mitarbeiterbewertungen, durchgeführt von einem externen Institut. Dafür werden jeweils zehn Personen – darunter direkte Vorgesetzte, Kollegen und interne Kunden – zu ihrer Meinung über einen jeweiligen Mitarbeiter anonym befragt. Dieser soll sich zudem selbst einschätzen. Aus den Antworten werden Rückschlüsse auf die Arbeitseinstellung des Mitarbeiters gezogen. „Wir glauben, dass die Wahrheit in der Menge liegt, Einzelmeinungen sind nicht ausschlaggebend. Wer motiviert ist, sich auskennt, sich mit Kollegen konstruktiv austauscht und an unserer Wertewelt orientiert, hat mehr Erfolg als jene, bei denen all das nicht gegeben ist. Daher ist für uns die persönliche Arbeitseinstellung der gültige Maßstab, auch bei Beförderung und der Verteilung der Gewinnbeteiligung“, berichtet der Niederösterreicher. Führungskräfte würden auf diese Weise ebenso bewertet. Jede von ihnen erhielte einen individuellen Bericht, der Stärken und Potenziale aufzeige. Das sei nötig, denn Führungskräfte hätten im Unternehmen eine Vorbildfunktion. Sie verkörperten den Wert „Richtungsweisend“. Feedback komme außerdem über die ebenfalls sechs Mal jährlich stattfindenden Mitarbeitergespräche, in denen Mitarbeiter auch thematisieren, wie sie die Zusammenarbeit empfinden. Dadurch sollen klassische Barrieren zwischen den Hierarchien aufweichen und der letzte Wert „Gemeinsam“ gelebt werden. Dies sei nur durch gegenseitiges Verständnis möglich. Dieser Sache dient auch der Mitarbeiterrat: Alle zwei Monate sitzen der Personalleiter und ein weiteres Mitglied aus dem Management mit einzelnen Mitarbeitern aus allen Abteilungen zusammen und besprechen aktuelle Themen und Anliegen.