Wenn ich selbst nicht weiß, wer ich wirklich bin, was ich will und was mein Sinn dahinter ist, kann ich keine anderen Menschen führen. Wohin auch? Ohne das bleibt eine Führungskraft einfach ein Vorgesetzter. Jemand, der anderen Menschen vorgesetzt wird, aber nicht führt, geschweige denn inspiriert. Ein Manager organisiert eine Abteilung, plant und kontrolliert Aufgaben. Eine Führungskraft (oder etwas cooler: ein Leader) hat den Fokus auf Menschen, inspiriert, motiviert und macht vor, was er von Anderen erwartet. Er muss nicht alles besser machen können, als seine Mitarbeiter. Aber er muss das Ziel und die nächsten Schritte kennen.
Denn in sehr vielen Unternehmen wissen die Mitarbeiter nicht, wohin das Unternehmen wirklich will (und schon gar nicht, warum man dorthin will). Ist also die Führungskraft „schuld“, wenn der Mitarbeiter nicht motiviert ist? Er trägt vielleicht eine Mitschuld. Die Hauptschuld (wenn man überhaupt von Schuld sprechen darf) trägt jeder Mitarbeiter selber. Jeder, der unglücklich mit seiner Arbeit ist, trägt die volle Verantwortung dafür! Und Mitarbeiter, die eigentlich keinen Spaß haben an dem, was sie tun, schaden dem Unternehmen. Man darf also sagen, dass es höchste Zeit wird, dass jeder – ob Leader, Unternehmer oder Mitarbeiter – mehr darüber nachdenken sollte, ob einem das, was man da täglich acht bis 14 Stunden tut, wirklich Spaß macht. Und wenn nicht, was man an diesem Umstand sehr schnell ändern kann. Und ja: Man kann immer etwas ändern!
Ein Unternehmen wird oft als abstraktes „Gebilde“ gesehen. Eigentlich besteht ein Unternehmen aus Menschen in einer „Interessengemeinschaft“. Alle haben das Ziel, für andere Menschen etwas herzustellen, etwas anzubieten oder ihr Wissen und ihre Erfahrung weiterzugeben. Und die meisten möchten dabei Freude verspüren oder zumindest etwas Spaß haben. Klingt irgendwie logisch. Doch leider hat man das Gefühl, dass sich in gewissen Unternehmen Menschen ansammeln, die mit Frust, Unlust, Ärger und Sorgen ihre Lebenszeit „absitzen“ wollen. Warum fragt man sich nicht öfters, wie wir unsere Arbeitszeit mit möglichst viel Spaß und Befriedigung erleben können? Vielleicht ja weil das nicht ins Bild der heutigen Führungskultur beziehungsweise in unsere Erfahrung von „Arbeit“ passt.
Manche Unternehmen wollen nach außen „cool“ erscheinen. Wenn möglich mindestens so cool wie Google. Doch nur weil man sich einen Pingpong-Tisch, eine Rutschbahn und eine Kühltonne mit Energydrinks ins Unternehmen stellt, wird aus einem trägen Unternehmen noch lange nicht Google. Es ergibt nur ein träges Unternehmen mit Rutschbahn, Pingpong-Tisch und Energydrinks.
Ein zweiter wichtiger Punkt für Führungskräfte ist es, dass sie präsentieren und kommunizieren können. Leider denkt man bei diesem Punkt oft, dass eine Führungskraft das „automatisch“ kann. Das große Problem ist allerdings, dass die Ansprachen und Vorträge die Zuhörer meist sofort ins Wachkoma katapultieren und die Kommunikation sich oft auf Monologe beschränkt. Kommunikation heißt nicht nur sprechen, sondern auch einfühlsam zuhören können. Aber bitte nicht das antrainierte aktive Zuhören, das jeden, der es (er)kennt, innerhalb von zwei Minuten in den Wahnsinn treibt, weil der „Zuhörer“ immer schön mit dem Kopf nickt und Phrasen wiederholt, um zu zeigen, dass er zuhört.
Führungskräfte lancieren gerne Change-Projekte, bei denen Abläufe und Verhaltensweisen geändert werden sollen. Was aber die Mitarbeiter ganz genau beobachten ist, inwieweit Führungskräfte dazu bereit sind, sich selber zu verändern. Eigentlich ist ja der Unterschied zwischen Mitarbeitern und Führungskräften gar nicht so groß. Denn alle Menschen in einem Unternehmen wünschen sich meistens das Gleiche: Sicherheit, Fairness, Wertschätzung, Klarheit, Orientierung und Sinn. Natürlich kommen hier noch individuelle Wünsche dazu, aber die Grundbausteine sind erfahrungsgemäß identisch. Auch das scheint logisch? Und ist es doch wieder nicht!
Ja, wir brauchen ein Change-Projekt. „Coole“ Firmen wie Google haben das schon länger erkannt. Diese bieten ihren Mitarbeitern ein internes Programm an, das sich u.a. mit Achtsamkeit, Emotionaler Intelligenz, Selbstwahrnehmung und Selbstvertrauen befasst. Für unsere heutige Zeit und deren Herausforderungen das perfekte Mittel. Garantiert wirksamer als nichts sagende Leitbilder, vor sich hin staubende Ping-Pong-Tische und überzuckerte Energydrinks. Der Wandel heißt nicht Industrie 4.0 oder 5.0 und auch nicht Digitalisierung X.0. Der Wandel besteht darin, dass wir uns soweit verändern, dass wir mit diesen Entwicklungen richtig umgehen können. Dies bedingt selbstreflektierte Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeiter. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Unternehmer können in ihrem Unternehmen in kürzester Zeit sogar sehr viel verändern. Auch wenn dann die Mitarbeiter im ersten Moment oft komisch schauen… Führungskräfte können sofort beginnen, anders zu kommunizieren, anders zu führen. Und Mitarbeiter können bewusster wahrnehmen, was ihnen an ihrer Arbeit Spaß macht und was eben nicht. Und daran arbeiten, alles ins Positive zu verändern. Sollte das – durch Widerstände im Unternehmen – nicht funktionieren, bleibt immer noch die Möglichkeit, das Unternehmen zu verlassen. Genau diese Option wird von vielen Menschen aber als „mühsam“ empfunden. Doch Hand aufs Herz (und Hirn): Ist es nicht unglaublich (viel) mühsam(er), die beschränkte Lebenszeit mit etwas zu verbringen, das einem absolut keinen Spaß macht, oder das in einem Umfeld passiert, welches absolut nicht inspirierend, aufbauend und wertschätzend ist? Dabei sollte man nicht vergessen: Wir haben auf dieser Erde nur rund 30.000 Tage zu leben. Statistisch gesehen. Davon sind wir ungefähr 13.000 Tage am Arbeiten. Und wenn wir die Sonntage hinzuzählen, an denen viele Menschen denken: „Mist, morgen ist wieder Montag“, kommen nochmals etwa 1.750 Tage dazu, an denen wir uns (wegen der Arbeit) nicht gut fühlen.
Wird in einem Unternehmen ein neues CRM-System eingeführt, führt das bei einigen Mitarbeitern zu Ansätzen von Freudentaumel. Bei anderen produziert diese Nachricht einfach nur Angst – weil sie unsicher sind, ob sie da noch mithalten können. Dass solche menschlichen Unterschiede erkannt werden, wird von einer guten Führungskraft, einem guten Kommunikator verlangt. Und wenn ein CEO vor der ganzen Belegschaft von Jahreszielen und „EBIT“ spricht, hat das nichts mit wertschätzender Kommunikation zu tun. Weil die Mitarbeiter im Lager oder der Produktion meist keinen Bezug, geschweige denn ein inneres Bild von „EBIT“ haben. Kommunikation und Inspiration geht heute anders!