In unserem Arbeitsalltag bringen uns Vorgesetzte oder Kollegen mit Vorbildcharakter weiter, vorausgesetzt sie besitzen die (Hin-)Gabe, alle Mitarbeiter entsprechend zu motivieren, zu stärken und zu orientieren. Denn Studien belegen, wer Vorbilder hat, arbeitet besser und selbstsicherer. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wächst die Sehnsucht nach fähigen Führungskräften. Mitarbeiter brauchen Teamführer, die motivieren, soziale Kompetenz besitzen, Emotionen leben und ihren Mitarbeitern entsprechenden Respekt entgegen bringen. Die Einzelkämpfer, die gestern noch in erster Linie ihren persönlichen Erfolg sahen, sind nicht mehr gefragt. Eine Untersuchung der amerikanischen Unternehmensberatung Accenture Ltd. ergab, dass zwar 80 Prozent ein Vorbild haben oder hatten, doch aktuell würde nur jeder vierte Mann auf ein Vorbild an seinem Arbeitsplatz blicken können und unter den Frauen ist es nur jede fünfte. Idole, die mitreißen sind also spärlich gesät oder am Aussterben.

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Foto von Adeolu Eletu

Woran kann das liegen? Einerseits „Die Zeit der Helden ist vorbei,” davon ist Brigitte Witzer, Autorin des gleichnamigen Buches, überzeugt. Andereseits gibt es unter Vorgesetzten nur noch wenige, die glaubhaft Problemlösungs und Kommunikationskompetenz vermitteln können. Misstrauen gegenüber Führungskräften mischt sich unter die Mitarbeiter. Das ist ja auch nicht weiter verwunderlich. Schließlich ist die Liste ehemaliger Vorzeigechefs mit Erklärungsnöten, Unterschlagungsgeschichten oder versteckten Bankkonten recht lang.

Brigitte Witzer, Autorin und Business-Coach, ist sich sicher, dass die neue Führungsgeneration anders aussehen sollte. Persönlichkeit ist wichtiger als große Gesten und Workaholic-Gehabe. Die Anforderungen an Führungskräfte haben sich geändert. Ein neues Führungsideal muss sich durchsetzen. Wir brauchen Führungskräfte, die sich mit den Mitarbeitern gleichwertig sehen, Realitätsnähe und Bodenkontakt besitzen und im es Idealfall nebenbei noch verstehen, den Leistungswillen und die Karrierelust zu fördern.

Im Zusammenhang mit der Gleichberechtigung von Frauen, stellt sich mir natürlich die Frage, „Wie sieht es mit weiblichen Vorbildern für Frauen aus?” In der Wirtschaft haben Frauen wenige Vorbilder des gleichen Geschlechts. Denn laut Angaben der Hoppenstedt Holding, die jährlich die Frauenquote in allen deutschen Unternehmen ermittelt, kommen auf 50.000 Top-Manager nur 3000 Frauen. Nun können Frauen auch Männer zum Vorbild haben. Doch wenn wir schon dabei sind, das Führungsideal neu zu definieren, dann sollte man auch die Erkenntnis berücksichtigen, dass ein gleiches Geschlecht und ähnliche Vita eine stärkere Vorbildfunktion ausüben. In diesem Sinne bietet die Europäische Akademie für Frauen in der Politik und Wirtschaft (EAF) seit gut 12 Jahren für Frauen ein Mentoring-Programm an. Neun Monate lang bekommen sie eine weibliche Führungskraft als Mentorin zugewiesen. So erfahren Frauen aus nächster Nähe wie ihre Mentorin motiviert, führt, in
schwierigen Situationen Ruhe bewahrt und kann sich regelmäßig mit ihr austauschen. Eine gute Möglichkeit, die Vorbildfunktion im deutschen Arbeitalltag wieder auf Vordermann bzw. Vorderfrau zu bringen.