Ausschluss aus der VBL

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Nach der Rechtsprechung des BAG kann ein ausländischer Arbeitnehmer von der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst durch Tarifvertrag ausgeschlossen werden, wenn er einen Anspruch aus dem System der Alterssicherung seines Heimatstaates hat. Die Erfurter Richter sahen darin weder einen Verstoß gegen die europäische Freizügigkeit noch gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot. Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz lehnte das Gericht ab.

Nach den Ausführungen des BAG kann ein solcher Ausschluss ausländischer Arbeitnehmer sachlich gerechtfertigt sein. Dies sei auf den Zweck und die Funktion der VBL zurückzuführen. Diese war als Gesamtversorgung ausgestaltet, die die Leistungen der gesetzlichen Rente ergänzt. Die Gesamtversorgung sichert ein bestimmtes Versorgungsniveau und füllt die nach Abzug der gesetzlichen Rente verbleibende Versorgungslücke auf.

Die Besonderheit des vom BAG entschiedenen Falles lag darin, dass die Arbeitnehmerin als Lehrerin in ihrem Heimatland Griechenland verbeamtet war. Auch während ihrer Beschäftigung in Deutschland war sie daher von der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Für sie galt weiterhin das griechische System der sozialen Sicherung. Damit war ihr Versorgungsbedarf anderweitig gedeckt. Die Klägerin war hinreichend abgesichert, weil ihre griechische Versorgung über das Niveau einer Grundsicherung hinausging. Damit war die Aufnahme in der VBL nicht erforderlich. Anknüpfungspunkt der Rechtfertigung ist damit letztlich nicht die Herkunft, sondern der bestehende oder nicht bestehende Versorgungsbedarf.

Geltung für privat-wirtschaftliche Arbeitgeber

Das System der Gesamtversorgung findet sich auch in der Privatwirtschaft. Insbesondere ältere Direktzusagen garantieren den Arbeitnehmern oft ein bestimmtes Versorgungsniveau. Kennzeichen solcher Versorgungen ist beispielsweise die Anrechnung von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Versorgungsleistungen. Je höher die gesetzliche Rente ausfällt, um so weniger muss letztlich das Unternehmen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung zuschießen, um das Versorgungsniveau zu gewährleisten.

Erfolgt eine anderweitige Absicherung der Arbeitnehmer über ein ausländisches Alterssicherungssystem, so spricht viel dafür, dass auch bei einer solchen Versorgungszusage deren Ausschluss gerechtfertigt ist. Der Arbeitgeber will in diesen Fällen keine bestimmte Rente als Gegenleistung anbieten, sondern lediglich die Existenzsicherung im Alter. Wird dies durch ein anderes System gewährleistet, so kann auch ein Ausschluss der unter dieses System fallenden Arbeitnehmer gerechtfertigt sein.

Höhe der Gesamtversorgung

Wie hoch das Versorgungsniveau über ein ausländisches Alterssicherungssystem sein muss, um einen Ausschluss von der betrieblichen Gesamtversorgung zu rechtfertigen, ist allerdings ungeklärt. Das BAG fordert lediglich, dass der Arbeitnehmer „hinreichend abgesichert“ ist, und lässt eine pauschalierende Betrachtung zu. Der Arbeitgeber muss daher keine Vergeichsrechnung anstellen. Es muss aber offenbar sichergestellt werden, dass typischerweise das Versorgungsniveau der betrieblichen Altersversorgung bereits durch die ausländische Versorgung erreicht wird.

Ausschluss ohne Gesamtversorgung

Die Anknüpfung an das Versorgungsniveau und damit an eine bestehende Versorgung im Ausland macht deutlich, dass eine Ungleichbehandlung nur dann gerechtfertigt ist, wenn die betriebliche Versorgungszusage an eine anderweitig bestehende Absicherung anknüpft. Dies macht auch das BAG deutlich: Zum 1. Januar 2003 wurde die Versorgung im öffentlichen Dienst reformiert, mit der Folge, dass das System der Gesamtversorgung entfallen ist. Die Versorgungsleistungen richten sich nunmehr allein nach der Dauer und der Höhe der an die VBL geleisteten Beiträge. Seitdem hat die Zusatzversorgung nicht mehr die frühere Ergänzungsfunktion. In einem solchen System ist der Ausschluss anderweitig abgesicherter Arbeitnehmer nicht mehr gerechtfertigt.

Daher greift die Argumentation des Ausschlusses nur bei Gesamtversorgungszusagen. Wird dagegen eine Leistung unabhängig vom Versorgungsbedarf des Arbeitnehmers zugesagt, ist der Ausschluss eines ausländischen Mitarbeiters, der über eine ausreichende Absicherung verfügt, nicht zulässig. Eine Ungleichbehandlung müsste dann auf einen anderen Grund gestützt werden, der aber nicht an die Herkunft anknüpfen darf.

Folgen für die Praxis

Bei all den Ausführungen darf der Grundsatz nicht vergessen werden: Die Arbeitnehmer sind im Rahmen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungssatzes gleich zu behandeln. Nur in einem Ausnahmefall wird bei der Einstellung eines Arbeitnehmers eine Absicherung über ein ausländisches System bestehen. Im Grundsatz gilt auch für Ausländer das Recht des Beschäftigungsortes, so dass die Alterssicherung über die gesetzliche Rentenversicherung erfolgt. Dann müssen auch dem ausländischen Arbeitnehmer die gleichen Rechte eingeräumt werden, wie seinen deutschen Kollegen.

Allein aus der Ausländereigenschaft lässt sich kein sachlicher Grund herleiten, einen Arbeitnehmer von einer betrieblichen Altersversorgung auszuschließen. Mit der reinen Vermutung, dass der Mitarbeiter ohnehin “bald” wieder in sein Heimatland zurückkehren wird, lässt sich dies nicht rechtfertigen. Der Ausschluss kann allenfalls dann gerechtfertig sein, wenn lediglich ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wird. Der Grund für den Ausschluss aus einem Versorgungssystem ist dann nicht die Ausländereigenschaft, sondern die Befristung als solche, wenngleich auch solche Fälle differenziert betrachtet werden müssen.