3 | Einseitige Durchsetzung von Teilzeitarbeit

three men sitting on chair beside tables
Foto von Austin Distel

Falls sich Unternehmen und Mitarbeiter nicht einvernehmlich auf Teilzeitarbeit einigen können, gibt § 8 Abs. 1 TzBfG vielen einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeitarbeit: „Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird.“

Wichtig

Der Anspruch aus TzBfG steht neben anderen spezialgesetzlichen Ansprüchen, etwa § 14 Abs. 5 BEEG. Er ist in der praktischen Handhabung für den Arbeitgeber konfliktträchtig:

›› Zum einen möchte der Beschäftigte seine
    Interessen gegen den Arbeitgeber durchsetzen,

›› zum anderen ist eine Ablehnung des Teilzeitantrags
    nur in engen Grenzen zulässig, s. § 8 Abs. 4 TzBfG
    (entgegenstehende betriebliche Gründe; vgl. auch Zange, AuA 1/13, S. 16 ff.).

Man kann in diesem Verfahren eine Reihe von formalen Fehlern begehen.

6 | Entscheidung des Arbeitgebers

Nachdem das Unternehmen aufgrund des Teilzeitantrags des Mitarbeiters mit ihm über die Reduzierung der Arbeitszeit verhandelt hat, verlangt das Gesetz darüber zu entscheiden, § 8 Abs. 5 TzBfG: „Die Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung schriftlich mitzuteilen.“

Wichtig

Es besteht das Risiko einer Fristversäumnis: Wird der Teilzeitantrag nicht einen Monat vor dem gewünschten Beginn abgelehnt, gilt er als angenommen. Insofern ist es wesentlich, dass man jeden (formlosen) Teilzeitantrag ordnungsgemäß erfasst und die daraus resultierenden Fristen notiert.

Der Arbeitgeber muss daneben die Formvorgabe des § 8 Abs. 5 TzBfG beachten: Eine Entscheidung muss schriftlich erfolgen. Insoweit hat er die gleichen strengen Anforderungen wie bei einer Kündigung zu befolgen, insbesondere sicherzustellen, dass er vor Gericht nachweisen kann, dass dem Beschäftigten fristgerecht ein entsprechendes schriftliches Ablehnungsschreiben zugegangen ist. Alle hierfür notwendigen Schritte müssen rechtssicher dokumentiert werden.

In der Praxis wird bisweilen das Gegenteil beobachtet: Es erfolgt eine informelle Ablehnung durch die Fachabteilung per E-Mail, was dazu führt, dass mangels schriftlicher Ablehnung der Teilzeitantrag des Arbeitnehmers als angenommen gilt.

Praxistipp

Gleichwohl bietet gerade der Ablehnungszeitpunkt für Unternehmen Gestaltungsspielraum: Möchte es auf jeden Fall den Beginn der Teilzeitarbeit verhindern, sollte es möglichst kurz vor Ende der Entscheidungsfrist den Teilzeitantrag ablehnen. In diesem Fall muss der Mitarbeiter den Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht auf Abgabe einer Willenserklärung verurteilen lassen, in der Zwischenzeit verbleibt es bei der Vollzeitbeschäftigung.

Dieses Verfahren ist gerade anders als im Rahmen des § 15 BEEG konstruiert, in dem vom Zeitpunkt des Antragseingangs gerechnet wird. Im Rahmen des BEEG kann der Arbeitnehmer also die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass vor dem gewünschten Beginn der Reduzierung der Arbeitszeit eine endgültige gerichtliche Entscheidung feststeht, indem er seinen Elternzeitantrag möglichst rechtzeitig stellt. Im Rahmen des TzBfG hat er keine solche „Sicherungsmöglichkeit“.

1 | Keine Festschreibung der Lage der Arbeitszeit

In der Praxis weit verbreitet – und vergleichsweise wenig konfliktbelastet – ist die einvernehmliche Vereinbarung einer Teilzeitarbeit; beide Parteien streben die Teilzeitbeschäftigung an. Risiken für Unternehmen bestehen freilich im Rahmen der Vertragsgestaltung. Insbesondere wird der Arbeitnehmer regelmäßig auf eine konkrete Festschreibung weiterer Arbeitsbedingungen drängen, so dass der Arbeitgeber sein Direktionsrecht weiter als im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses beschränkt.

Praxistipp

Man sollte im Vertrag über Teilzeitarbeit lediglich wenige Eckpunkte festlegen. Erforderlich ist im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Nr. 7 Nachweisgesetz (NachwG) die Festlegung des Umfangs der wöchentlichen bzw. monatlichen Arbeitszeit:

„Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden (…).“

Der Arbeitgeber sollte dabei aber – soweit möglich – eine Festlegung der Lage der Arbeitszeit à la „Die Arbeitnehmerin arbeitet Montag bis Donnerstag, 8:00 – 12:00 Uhr.“ vermeiden. Das Unternehmen ist bei einer ausdrücklichen Festlegung der Lage der Arbeitszeit nicht mehr zur einseitigen Änderung durch Direktionsrecht berechtigt.

Die gesetzliche Neuverteilungsbefugnis des § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG („Der Arbeitgeber kann die nach Satz 3 oder Absatz 3 Satz 2 festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt und der Arbeitgeber die Änderung spätestens einen Monat vorher angekündigt hat.“) nutzt ihm in diesem Fall nichts. Nach der Rechtsprechung des BAG ist diese Neuverteilungsbefugnis nur anwendbar für die Arbeitszeitreduktion im Rahmen des § 8 TzBfG, nicht allerdings für die einvernehmliche Festlegung der Lage der Arbeitszeit (Urt. v. 17.7.2007 – 9 AZR 819/06, NZA 2008, S. 118). Der Arbeitgeber ist dann gezwungen, eine Änderungskündigung auszusprechen und dabei natürlich die strengen Anforderungen hieran zu beachten. Ein Verzicht auf die Festlegung der Lage der Arbeitszeit im Vertrag über Teilzeitarbeit ist ebenfalls zulässig; nach richtiger Ansicht verlangt § 2 Abs. 1 Nr. 7 NachwG gerade keine entsprechende Festlegung (vgl. Landmann/Rohmer/Neumann, GewO, 70. EL 2015, § 5 NachwG RdNr. 12).

Für Unternehmen ist es deshalb vorzugswürdig, die Lage der Arbeitszeit im Vertrag über Teilzeitarbeit gar nicht festzulegen oder zumindest ausdrücklich eine Neuverteilungsbefugnis zu vereinbaren.

Muster
Neuverteilungsbefugnis

Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Verteilung der Arbeitszeit unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von einem Monat zu ändern, wenn betriebliche Gründe dafür vorliegen und das betriebliche Interesse an der Änderung das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der Verteilung erheblich überwiegt.

Eine solche Klausel hält auch einer AGB-Kontrolle stand, da sie lediglich den gesetzlich vorgesehenen Mechanismus zur Neuverteilung auch auf verwandte Sachverhalte erstreckt und damit nur schwer als überraschend oder unangemessen beurteilt werden kann.

2 | Risiken beim Urlaubsanspruch

Auch eine unkommentierte Festlegung des Urlaubsanspruchs im Vertrag über Teilzeitarbeit birgt Risiken für den Arbeitgeber.

Siehe BEISPIELE

Unternehmen sollten im Vertrag über Teilzeitarbeit zunächst verdeutlichen, welchen Anspruch ein Vollzeitarbeitnehmer hätte, auch um dadurch klarzustellen, dass Teilzeitbeschäftigte nicht diskriminiert werden. Sodann sollte man vertraglich „vorrechnen“, wie sich der Anspruch durch Teilzeit verändert.

Muster
Teilzeit und Urlaub

1. Der Mitarbeiter hat Anspruch auf einen gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen pro Kalenderjahr (bei einer 5-Tage-Arbeitswoche). Die Gesellschaft gewährt dem Mitarbeiter zusätzlich zu dem gesetzlichen Mindesturlaub einen vertraglichen Urlaub von weiteren zehn Arbeitstagen pro Kalenderjahr (bei einer Fünf-Tage-Arbeitswoche).

2. Als Teilzeitarbeitnehmer hat der Mitarbeiter lediglich Anspruch auf einen reduzierten Urlaub. Maßgeblich für die Reduzierung ist, auf wie viele Arbeitstage pro Woche die Arbeitszeit des Mitarbeiters verteilt ist.

3. Bei vier Arbeitstagen pro Woche hat der Mitarbeiter demnach Anspruch auf einen gesetzlichen Mindesturlaub von 16 Arbeitstagen und einen zusätzlichen vertraglichen Urlaub von acht Arbeitstagen pro Kalenderjahr.

4. Falls die Anzahl der Arbeitstage pro Woche durch Vereinbarung oder im Wege des Direktionsrechts der Gesellschaft erhöht oder verringert werden, erhöhen bzw. vermindern sich die Ansprüche auf den gesetzlichen und vertraglichen Urlaub entsprechend.

4 | Teilzeitantrag des Arbeitnehmers

Das einseitige Verfahren wird durch einen Teilzeitantrag des Arbeitnehmers eingeleitet, § 8 Abs. 2 TzBfG: „Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen. Er soll dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.“

Ein wirksamer Teilzeitantrag muss also zwingend den Umfang der Verringerung der Arbeitszeit angeben, nicht allerdings die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit. Insoweit kann der Beschäftigte auch auf eine Festlegung verzichten und die Verteilung weiterhin dem Direktionsrecht des Arbeitgebers überlassen. In vielen Fällen wird er allerdings von dem Privileg Gebrauch machen und die Lage seiner Arbeitszeit festlegen.

Falls der Mitarbeiter auch die Lage der Arbeitszeit angibt, darf sein Teilzeitantrag nur einheitlich angenommen oder abgelehnt werden (BAG, Urt. v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02, NZA 2003, S. 911). Für ihn erhöht sich also das Ablehnungsrisiko, wenn er auch die Lage der reduzierten Arbeitszeit festlegt, da das Unternehmen dann auch aus diesem Grund einen Teilzeitantrag ablehnen darf.

Für den Arbeitgeber ist riskant, dass der Teilzeitantrag des Arbeitnehmers formlos möglich ist. Es kann also zu „unbemerkten Teilzeitanträgen kommen“, die außerhalb der Personalabteilung eingehen und nicht ordnungsgemäß bearbeitet werden, so dass die Zustimmungsfiktion greift.

Für den Beschäftigten besteht in der Praxis die Hürde, einen wirksamen Teilzeitantrag zu formulieren. Rechtstechnisch gibt § 8 Abs. 1 TzBfG den Anspruch auf Annahme einer Willenserklärung; der Arbeitnehmer muss also ein hinreichend konkretes Angebot machen, das sich mit einem schlichten Ja oder Nein beantworten lässt (BAG, Urt. v. 16.10.2007 – 9 AZR 239/07, AuA 9/08, S. 567). Unklarheiten, die nicht im Wege der Erörterung ausgeräumt werden können, gehen zulasten des Mitarbeiters.

5 | Erörterungsobliegenheit

Das TzBfG verlangt vom Unternehmen nicht nur die Entscheidung über einen Teilzeitantrag, sondern insbesondere eine vorherige Erörterung des Begehrens, § 8 Abs. 3 TzBfG: „Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern und zu einer Vereinbarung zu gelangen. Er hat mit dem Arbeitnehmer Einvernehmen über die von ihm festzulegende Verteilung der Arbeitszeit zu erzielen.“

Die Erörterungsobliegenheit scheint in der Praxis weitgehend unbekannt zu sein. Die Nichterörterung birgt für den Arbeitgeber jedoch Risiken: Nach der Rechtsprechung ist eine Ablehnung eines Teilzeitantrags ohne vorherige Erörterung zwar nicht unwirksam. Gleichwohl darf das Unternehmen, falls es gar nicht mit dem Beschäftigten erörtert, im Rahmen eines Rechtsstreits keine Einwendungen entgegenhalten, die im Rahmen der Verhandlungslösung hätten ausgeräumt werden können (BAG v. 18.2.2003, a. a. O.). Zwar ist zumeist umstritten, welche Einwendungen des Arbeitgebers durch Erörterung hätten ausgeräumt werden können; gleichwohl gibt das Unterlassen der Erörterung dem Arbeitnehmer im Teilzeitprozess eine starke Verhandlungsposition. 

7 | Fazit

Teilzeitarbeit ist en vogue und von vielen Beschäftigten gewünscht. Gleichwohl bestehen sowohl bei der einvernehmlichen Vereinbarung als auch bei der einseitigen Durchsetzung von Teilzeit gefährliche Fallstricke, die man mit vernünftigen Maßnahmen verringern kann.

Zentral ist ein Problembewusstsein für die strengen Form- und Fristvorgaben des Teilzeitantrags nach § 8 Abs. 1 TzBfG. Insbesondere in den Fachabteilungen muss ein entsprechendes Problembewusstsein vorhanden sein. Bei einer Vielzahl von Teilzeitanträgen bietet es sich an, ein Musterablehnungsschreiben entwerfen zu lassen, das auf die jeweiligen Sachverhalte angepasst werden kann.

Arbeitgeber sind daneben gut beraten, spezielle Verträge über Teilzeitarbeit zu entwickeln, die sich von den Arbeitsverträgen für Vollzeitarbeitnehmer unterscheiden. Insbesondere müssen ältere Verträge über Teilzeitarbeit daraufhin überprüft werden, ob unnötige Festlegungen oder Fehler bei der Berechnung des Urlaubs vermieden werden können.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht | Ausgabe 05/2016 | www.arbeit-und-arbeitsrecht.de