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Die Kultur eines Unternehmens beeinflusst das Handeln der Mitarbeitenden – und wirkt sich auf den ökonomischen Erfolg von Organisationen aus. Welche wertebezogenen Unternehmenstypen es gibt und wie sie sich nach innen und außen zeigen, hat eine Studie untersucht.

Culture is the Game

„Culture eats strategy for Breakfast”. Mit diesem Zitat unterstrich der Ökonom Peter Drucker eindrücklich, inwieweit die jeweilige Kultur eines Unternehmens aus seiner Sicht dessen Erfolg beeinflusst – neben der Strategie. Lou Gerstner, Ex-CEO von IBM, geht noch etwas weiter: „Culture isn’t just one aspect of the game – it is the game!” Für ihn entscheidet die Unternehmenskultur eher über Erfolg und Misserfolg als beispielsweise Vision, Strategie, Marketing oder Finanzen. Die Kultur sei die Basis, aus der sich alles ableitet.

Neben anekdotischen Bonmots wie diesen zeigen indes auch empirische Daten, dass die Kultur eines Unternehmens und dessen ökonomischer Erfolg eng verknüpft sind: Laut einer globalen Studie von Heidrick & Struggles (2021) legen CEOs „besonders erfolgreicher“ Firmen verstärktes Augenmerk auf die eigene Unternehmenskultur. Entsprechend gestalten diese Unternehmen (die laut der Studie übrigens lediglich elf Prozent aller untersuchten Unternehmen ausmachen) ihre Kultur aktiv, gefördert vom Management.

Die Unternehmenskultur scheint demnach mehr denn je ein wirkmächtiger Treiber des Unternehmenserfolgs zu sein!

Was in diesem Kontext „erfolgreiche Unternehmen“ ausmacht und welche konkreten Handlungsfelder daraus für Verantwortliche entstehen, haben wir auf Basis einer Befragung von 2.000 Arbeitnehmenden in Deutschland untersucht (siehe “Methodik”) und dabei verschiedene wertebezogene Unternehmenstypen („Value Types“) identifiziert.

METHODIK
Die Ergebnisse der Studie beruhen auf einer repräsentativen Online-Befragung (CAWI) von N = 2.000 deutschen Arbeitnehmenden. Abgefragt wurden unter anderem Einstellungen und Meinungen zu den jeweiligen Unternehmenswerten, Employee Experience sowie Reputation der Unternehmen. Die Befragungen fanden im Laufe des Jahres 2021 statt. Daneben flossen Erkenntnisse aus der praktischen Studienarbeit ein.

Die Unternehmenskultur wirkt nach innen und außen

Zunächst eine kurze Definition: In unserem Verständnis besteht die Kultur eines Unternehmens (oder einer Organisation) aus zwei zentralen Elementen:

  • Unternehmenswerte: dies sind jene Normen, Leitlinien und Ziele, an denen ein Unternehmen sein Handeln ausrichtet. Zum Beispiel Offenheit, Toleranz, Erfolg oder Tradition.
  • Employer Value Proposition (EVP): dies ist das gelebte und erlebte Werteversprechen des Unternehmens an die Mitarbeitenden.
Abbildung 1: Das GIM c.o.r.e. Wirkmodell der Unternehmenskultur.

Die Unternehmenswerte sowie die Employer Value Proposition bilden demnach die zentralen Elemente der Unternehmenskultur – wobei die Werte als deren Basis verstanden werden können und die EVP die Kultur für die Mitarbeitenden erfahrbar macht.

Die Unternehmenskultur beeinflusst dabei nicht allein den Arbeitsalltag der Menschen im Unternehmen. Sie wirkt auch auf Employer Branding und Employee Experience, bestimmt also, wie die Organisation gegenüber derzeitigen und potenziellen Mitarbeitenden agiert. Die Unternehmenskultur entwickelt jedoch nicht allein nach innen Wirkkraft.

Sie beeinflusst auch, wie ein Unternehmen nach außen auftritt, wie es im Markt wahrgenommen wird bzw. wahrgenommen werden will (Branding & Image) und wie es gegenüber Kunden agiert (Customer Experience). Schlussendlich wirkt die Kultur auf die Reputation eines Unternehmens – und prägt damit dessen symbolisches Kapital.

Darum ist die Unternehmenskultur so wirkmächtig

Die hohe Relevanz der Kultur liegt nicht zuletzt darin begründet, dass sie umfassend in ein Unternehmen ausstrahlt: Sie wird in der gesamten Organisation sicht- und erlebbar! Abbildung 2 illustriert entsprechend Bereiche, in denen sich eine Unternehmenskultur manifestiert. Da sind zunächst formale Strukturen wie Belohnungssysteme, Organisationsform und Entscheidungsprinzipien, die je nach zugrundeliegender Kultur ausgeformt sind. Oder in Artefakten wie der Büroeinrichtung oder spezifischen Symbolen (z. B. Markenlogo).

Schließlich wird Kultur auch erlebbar im konkreten Verhalten, dem „Umgang miteinander“, in der Art der Kommunikation und in den Geschichten, die erzählt werden (z. B. Erfolgsgeschichten).

Der vielleicht wichtigste Aspekt ist die Art und Weise, wie Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse gelebt werden. Es wird deutlich: Man kann sich der Unternehmenskultur nicht entziehen!

Abbildung 2: Zentrale Aspekte der Unternehmenskultur.

So arbeiten Sie mit der Unternehmenskultur: Value Types

Indem wir auf Unternehmenswerte und Employer Value Proposition fokussieren, wird die Unternehmenskultur konkret messbar und ihre Veränderung evaluierbar. Dabei lassen sich insbesondere aus der EVP unmittelbare Handlungsfelder ableiten. Die Werteebene dient hingegen in erster Linie dazu, die grundsätzliche Handlungsweise der Organisation und deren zugrundeliegende Priorisierungen zu beschreiben und zu verstehen.

Wie haben wir dies nun nun konkret in dieser Studie operationalisiert? Zunächst haben wir die Kultur in den Unternehmen erfasst. Jedes Unternehmen weist dabei ein eigenes Werteprofil auf, das sich mit sogenannten „Value Types“ vergleichen lässt und somit die innere „Werte-Logik“ eines Unternehmens greifbarer macht.

Abbildung 3: Wertetypen im Überblick

Für die Value Types wurden 2.000 bewertete Unternehmen in fünf Unternehmenstypen unterteilt, wie Abbildung 3 zeigt. Die Prozentzahlen geben jeweils den Anteil des Value Typs an der Gesamtheit der Unternehmen an, die Größe der Kreissegmente ist proportional zu ihrer Häufigkeit.

Kennzeichen erfolgreicher Unternehmen: Loyalität, Klarheit und Wertschätzung

Im Rahmen unserer repräsentativen Studie haben wir auch analysiert, an welchen Kriterien sich Unternehmen“ festmachen lassen, die aus Sicht ihrer Mitarbeitenden erfolgreich handeln. Erfolg ist hier bei breit gedacht: Neben wirtschaftlichem Erfolg beinhaltet er auch Aspekte wie Bindung und Gewinnung von Mitarbeitenden.

Abbildung 4 setzt hier ein erstes Signal: Nur ein Teil aller Unternehmen erreicht etwa das Ziel loyaler Mitarbeitender (annähernd). Während in dem Unternehmenstyp „Success“ 84 Prozent der Mitarbeitenden angeben, loyal zu sein, geben dies in Unternehmen vom Typen „Power“ lediglich 49 Prozent für sich an.

Abbildung 4: Loyalität der Mitarbeitenden (Anteil loyaler Mitarbeitender in den fünf Unternehmenstypen; Top2-Boxes, 5er Skala, N=2.000).

Die bewerteten Firmen unterscheiden sich aber nicht nur hinsichtlich der Loyalität ihrer Mitarbeitenden, sondern auch in dem Ausmaß, wie diesen Wertschätzung entgegengebracht wird. Auch hier bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen den Unternehmenstypen – und erneut scheinen „Success-Unternehmen“ einiges besser zu machen als die übrigen.

Abbildung 5: Erlebte Wertschätzung in den fünf Unternehmenstypen (Anteil der Mitarbeitenden, die von ihrem Arbeitgeber Wertschätzung erleben, Top2-Boxes, 5er Skala, N=2.000).

Schließlich differenzieren die bewerteten Unternehmen auch recht deutlich mit Blick darauf, wie klar und verständlich sie ihren jeweiligen Belegschaften die eigenen Ziele erklären. Während in den „Success“-Unternehmen beispielsweise die Vision für die Mitarbeitenden klar und nachvollziehbar ist, gelingt das in den anderen Unternehmenstypen schlechter (Abbildung 6).

Abbildung 6: Klarheit der Ziele in den fünf Unternehmenstypen (Anteil der Mitarbeitenden, denen die Unternehmensziele klar und verständlich sind, Top2-Boxes, 5er Skala, N=2.000).

So leiten Sie Handlungsfelder ab: Employer Value Proposition

Für die Employer Value Proposition (EVP) lassen sich nun Zahlen eines konkreten Unternehmens an den Ergebnissen aus unserer repräsentativen Befragung benchmarken. So wird schnell deutlich, in welchen Handlungsfeldern „Ihr Unternehmen“ sehr gut dasteht und in welchen Bereichen es gegebenenfalls noch Defizite gibt.

Die Werteorientierung von Unternehmen wirkt sich dabei nicht allein auf die globale Arbeitgeberbeurteilung aus, sondern auch auf das gelebte und erlebte „Wertversprechen“ des Arbeitgebers an die Arbeitnehmenden, die sogenannte EVP. Wir unterscheiden hier folgende Handlungsfelder:

  • Arbeit: Hierunter fassen wir Themen wie Sinnhaftigkeit der Arbeit, Selbstwirksamkeit und Autonomie ebenso wie Work-Life-Balance und psychologische Sicherheit zusammen.
  • Menschen: Zentral sind hier die Themen Führung(skultur) und Kollegialität.
  • Affiliation: In diesem Feld sind das Prestige und die Bekanntheit sowie das ökologisch-sozial verantwortungsvolle Handeln des Arbeitgebers relevant.
  • Benefits: Eine leistungsgerechte, faire und transparente Vergütung sind hier die zentralen Stichworte.
  • Entwicklung: Der Arbeitgeber fördert aktiv die Entwicklung seiner Mitarbeitenden und entwickelt sich ebenfalls permanent weiter.

In der Tabelle sind beispielhaft Ergebnisse für jeweils einen Aspekt innerhalb der jeweiligen Handlungsfelder dargestellt. Es zeigen sich deutliche Unterschiede, das heißt die grundsätzliche Wertorientierung eines Unternehmens wirkt auch in die konkrete Wahrnehmung der Arbeit.

Abbildung 7: Klarheit der Ziele in den fünf Unternehmenstypen (Anteil der Mitarbeitenden, denen die Unternehmensziele klar und verständlich sind, Top2-Boxes, 5er Skala, N=2.000).

Fazit: 5 Insights, die Sie beachten sollten

  1. Kein Unternehmen kann es sich leisten, die Unternehmenskultur zu vernachlässigen, da der wirtschaftliche Erfolg und die Bewertung des Unternehmens durch die Belegschaft von ihr abhängig sind.
  2. Die Unternehmenskultur ist weder ein diffuses noch ein abstraktes Phänomen, sondern sehr konkret erfassbar beziehungsweise messbar.
  3. Daher können Handlungsfelder zur Ermittlung und vor allem Verbesserung der Unternehmenskultur unmittelbar und sehr spezifisch ermittelt werden.
  4. Die Loyalität der Mitarbeitenden hat mehr mit Unternehmenskultur zu tun als mit einzelnen Maßnahmen – ein Tischkicker macht noch keine zufriedenen Mitarbeitenden.
  5. Success-Unternehmen sind idealtypisch, da sie die Balance zwischen Erfolgsstreben und Beziehung zu den Mitarbeitenden beziehungsweise zwischen Freiraum für die Mitarbeitenden und festen Regeln und Strukturen für sich optimal lösen.

Webtipp

Lesen Sie dazu auch das Interview “Unternehmenskultur: Wie wir sie erkennen und positiv beeinflussen” mit Jörg Munkes und Patricia Blau von GIM – Gesellschaft für innovaitve Marktforschung. Zum Interview