In Zeiten des „War for talents“ wächst der Druck auf HR-Abteilungen in allen Branchen. Wie sollen Unternehmen auf den Fachkräftemangel reagieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft zu erhalten? An welchen Stellschrauben können sie drehen? 6 Tipps für ein erfolgreiches Recruiting von Talenten.

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Foto: Austin Distel, Unsplash

Nachdem zu Beginn der Coronapandemie der Bedarf an neuen Mitarbeitenden kurzzeitig sank, zieht die Nachfrage seit Anfang 2021 wieder deutlich an. Heute ist sie größer als vor der Pandemie. Die Zahlen für Deutschland zeigen ein neues Allzeithoch offen gemeldeter Stellen (siehe Abbildung), was Recruiterinnen und Recruiter aller Branchen vor Herausforderungen stellt.

Über allem steht ein hoher Bedarf an Fachkräften, ein knapper werdendes Angebot an potenziellen Arbeitnehmenden sowie das übergeordnete Ziel, Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen.

Die Lösungsansätze sind vielfältig und Unternehmen müssen sie individuell auf ihre eigenen Bedürfnisse abstimmen. Einige Entwicklungen betreffen jedoch alle Unternehmen gleichermaßen. Sechs Tipps, wie sich Unternehmen Vorteile in der Rekrutierung verschaffen können:

1. Optimieren Sie alle Prozesse aus Sicht der Kandidatinnen und Kandidaten

Prozessoptimierung ist keine neue Erfindung und in den meisten Unternehmen bereits eine Standardmethode. Allerdings haben Organisationen in der Vergangenheit ihre Prozesse oft in Bezug auf interne Abläufe optimiert, ohne Bewerbende oder Kandidaten in den Fokus zu stellen. Grundsätzlich müssen Prozesse, Tools und Methoden aber auf die Kandidaten und die Kandidatin ausgerichtet sein, um eine bestmögliche „Candidate Experience“ zu gewährleisten. Dabei sollten Unternehmen nicht nur Teilbereiche, sondern den gesamten Prozess vom Employer Branding bis hin zum Onboarding berücksichtigen. Geschwindigkeit und Service können bei der Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber den Unterschied machen. Dabei lohnt es sich immer, das Feedback von Bewerberinnen und Bewerbern einzuholen oder Rückmeldungen auf externen Plattformen (wie Arbeitgeberbewertungsportalen) zu analysieren.

2. Führen Sie Recruiting und Employer Branding zusammen

Sowohl das Employer Branding als auch das Recruiting verfolgen das Ziel, die besten Mitarbeitenden zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort einzustellen. Dabei unterstützt das Employer Branding alle Recruiting-Aktivitäten und hat einen direkten Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg im Recruiting. Andersherum können Unternehmen im Recruitings wertvolle Informationen und Hinweise sammeln, die beim Optimieren des Employer Brandings helfen. Nur durch eine enge Zusammenarbeit der Bereiche können Unternehmen schnell auf Veränderungen reagieren und alle Vorhaben optimal ausrichten. Grabenkämpfe und langwierige Entscheidungswege sind hingegen kontraproduktiv. Eine Kombination der Bereiche zu einem ist daher der progressivste Weg, der die größten Aussichten auf Erfolg verspricht.

3. Bieten Sie digitale Bewerbungsmöglichkeiten und maximale Flexibilität

Wir alle sind es gewohnt, schnell und einfach das zu bekommen, was wir möchten. Sei es beim Streamen der Lieblingsserie oder beim Online-Shopping mit „over night delivery“. Diese Erwartungshaltung an maximale Flexibilität und Geschwindigkeit ist inzwischen auch im Bewerbungsprozess angekommen. Kein Kandidat ist heute noch gewillt, Wochen auf Feedback zu warten oder für ein erstes Interview durch das ganze Land zu fahren, um zu sondieren, ob eine Stelle passen könnte. Daher müssen alle am Besetzungsprozess Beteiligten die Priorität auf die Stellenbesetzung legen und maximal flexibel auf Kandidatinnen und Kandidaten eingehen, beispielsweise im Rahmen von Online-Interviews.

4. Behalten Sie die Daten im Blick

Bei der Personalarbeit erzeugen und verarbeiten Unternehmen erhebliche Mengen an Daten, die sie nutzen können, um weiter Optimierungen voranzutreiben oder einen Vergleich zu anderen Unternehmen zu gewährleisten. Dabei sind das strukturierte Erfassen und Auswerten von Daten eine der nachhaltigsten Methoden, um zielgerichtet Anpassungen vorzunehmen. Halten Sie im Recruiting Daten wie die „Time to hire“, die Anzahl an Bewerbungen oder auch die Reputation des Unternehmens im Blick. Auch hier ist es wichtig, alle verfügbaren Datenquellen aus den Bereichen Recruiting und Employer Branding zu nutzen. Daten helfen nicht nur dabei, Entscheidungen gegenüber dem Management zu begründen, sondern geben auch direkte Indizien für die Qualität und Performance der eigenen Prozesse.

5. Treiben Sie die Digitalisierung im Recruiting und Employer Branding voran

Nicht erst seit der Pandemie hat die Digitalisierung einen deutlich höheren Stellenwert im geschäftlichen Alltag bekommen. Doch spätestens jetzt ist klar, dass fast alle Prozesse digital umsetzbar sind und Tools manche Prozesse sogar effizienter gestalten können, als dies in der Vergangenheit möglich war. Hierbei ist wichtig zu verstehen, dass weder digitale Prozesse noch neue digitale Tools wieder verschwinden werden. Auch in einer hybriden Arbeitswelt kommen die Tools zum Einsatz und das ist auch gut so. Tools effizient zu nutzen, stellt daher die Aufgabe für die Zukunft dar. Dabei sollten Unternehmen den Fokus darauf legen, Zeit zu sparen und den Einsatz dort zu fokussieren, wo die Vorteile einer digitalen Lösung eine nicht digitale Lösung überwiegen. Auch im Employer Branding müssen Unternehmen den Trend hin zum Online-Marketing und weg von klassischen Methoden weiter vorantreiben, um einen sinnvollen Einsatz von Ressourcen und Budgets zu gewährleisten. Dabei sind die Einsatzmöglichkeiten fast unbegrenzt.

6. Bilden Sie Recruiting-Teams, die eine End-to-End-Prozessverantwortung haben

Um die Herausforderungen von Unternehmen auch zukünftig bewältigen zu können, müssen die Personalbereiche sicherstellen, dass ihr wichtigstes Gut, die Mitarbeitenden, auch weiterhin in der benötigten Anzahl und mit den benötigten Kompetenzen zur Verfügung stehen. Dabei ist die Pflege der Belegschaft (You can‘t gain if you don’t retain) ebenso wichtig wie die Rekrutierung neuer Mitarbeitenden. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, Recruiting-Teams so umzubauen, dass sie eine End-to-end-Prozessverantwortung vom Employer Branding bis hin zum Onboarding haben, um so eine optimale Candidate Experience zu gewährleisten.