Auf die Berufung des Beklagten änderte das LAG Berlin-Brandenburg das erstinstanzliche Urteil ab und wies die Klage insgesamt ab. Indem der Beklagte die Klägerin darüber täuschte, dass er kein Diplom besitzt, ist ihr kein Schaden entstanden. Die Klägerin wollte jemanden einstellen. Hierdurch wurde ihr Vermögen schon deswegen nicht gemindert, weil sie mit Abschluss des Arbeitsvertrags umgekehrt das Recht erhielt, die Arbeitskraft des Beklagten zu verwerten.

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Es mag zutreffen, dass dessen Leistung mangelhaft oder ungenügend war. Nach der Rechtsprechung des BAG (zuletzt Beschl. v. 18.7.2007 – 5 AZN 610/07, AuA 11/07, S. 691) besteht jedoch bei mangelhafter Arbeitsleistung des Arbeitnehmers kein Minderungsanspruch des Arbeitgebers (a. A. LAG Köln, Urt. v. 16.6.2000 – 11 Sa 1511/99, NZA-RR 2000, S. 630).

Die Kammer kam schließlich zu dem Ergebnis, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten zusteht, § 812 BGB. Diese zahlte das vereinbarte Gehalt gerade nicht ohne rechtlichen Grund, sondern aufgrund der vertraglichen Vereinbarung, mit der sie das Gehalt versprochen hatte. Etwas Anderes könnte nur gelten, wenn gar kein Arbeitsverhältnis vorgelegen hätte. Aber das konnte im Fall nicht angenommen werden, da die Klägerin nicht einmal die Anfechtung erklärt hatte. Doch selbst diese hätte das Arbeitsverhältnis nur mit Erklärung der Anfechtung (ex nunc) und nicht rückwirkend (ex tunc) beendet (BAG, Urt. v. 3.12.1998 – 2 AZR 754/97, NZA 1999, S. 584).

Das Urteil zeigt deutlich, wie unbefriedigend für den Arbeitgeber die Rechtslage in Fällen wie dem vorliegenden sein kann. Doch muss man differenzieren:

Täuschung über Qualifikation
 
Ein Arbeitsvertrag ist nichtig, wenn er z. B. die Ausübung des ärztlichen Berufs zum Gegenstand hat, die erforderliche Approbation oder Erlaubnis aber nicht vorliegt und sie auch nicht erteilt werden kann. Folge ist die Rückabwicklung der erbrachten Leistungen nach Bereicherungsrecht. § 817 Satz 2 BGB schließt es allerdings aus, den Wert der Arbeitsleistung zurückzufordern, wenn der Arbeitnehmer mit der Erbringung vorsätzlich gegen das Verbot, Heilkunde ohne Approbation auszuüben, verstoßen hat (BAG, Urt. v. 3.11.2004 – 5 AZR 592/03, AuA 6/05, S. 376). Hier verurteilte das Gericht den Mitarbeiter daher, die erhaltene Vergütung zurückzuzahlen.
 
Der Arbeitgeber hat ein schützenswertes Interesse daran, dass die ihm im Rahmen von Bewerbungen vorgelegten Zeugnisse die Qualifikation des Beschäftigten auch tatsächlich wiedergeben und nicht gefälscht sind. Eine Täuschungsanfechtung ist nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit über einen längeren Zeitraum ordnungsgemäß geleistet hat (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 13.10.2006 – 5 Sa 25/06, AuA 1/07, S. 50). Das Gericht hatte die vom LAG BerlinBrandenburg im hier besprochenen Urteil offen gelassene Frage, ob ein Einstellungsbetrug vorliegt, bejaht. Damit war die Anfechtung bzw. Kündigung des Arbeitsverhältnisses begründet. Erhaltenes Arbeitsentgelt war nicht zurückzuzahlen.
 
Nach manchen tariflichen oder betrieblichen Vergütungsordnungen sind spezielle Abschlüsse bzw. Qualifikationsnachweise Voraussetzung für die Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe. Hat hier der Bewerber den Arbeitgeber getäuscht und lässt sich die fehlende formale Qualifikation nach der bestehenden Regelung auch nicht durch mehrjährige einschlägige Berufserfahrung ersetzen, kann der Arbeitgeber jedenfalls die Eingruppierung anfechten. Ob der Mitarbeiter auch die Entgeltdifferenz zur nächstniedrigeren Entgeltgruppe zurückzahlen muss, ist offen. Es spricht aber Einiges dafür. Liegt – wie im vorliegenden Fall – keines der genannten Beispiele vor, dürfte eine Anfechtung des Arbeitsvertrags grundsätzlich zulässig sein. Eine Rückforderung von Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber scheidet jedoch regelmäßig aus.
 
Minder- und Schlechtleistung
 
Da ein Minderungsanspruch nach allem kaum realisierbar sein dürfte, ist an einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers zu denken. Dessen Durchsetzung setzt voraus, dass er Verschulden des Mitarbeiters beweisen kann. Bei schuldhafter Minder- oder Schlechtleistung kann er dann mit einem Schadensersatzanspruch gegen den Vergütungsanspruch des Beschäftigten im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben aufrechnen, §§ 387 ff. BGB (BAG, Beschl. v. 18.7.2007, a. a. O.).

Die Firma suchte einen Mitarbeiter für den Vertrieb. In der Stellenanzeige war als Ausbildungsgrad ein „Hoch- oder Fachhochschulabschluss“ gefordert. Der Bewerber legte ein gefälschtes Diplomzeugnis in Kopie vor und wurde eingestellt. Gut zwei Monate später endete das Arbeitsverhältnis aufgrund Probezeitkündigung des Arbeitgebers. Dieser behauptete, die Arbeitsleistungen des Mitarbeiters seien unzureichend gewesen, und begründete dies mit konkreten Beispielen. Anschließend verklagte er den ehemaligen Beschäftigten auf Ersatz seiner Aufwendungen für Arbeitsentgelt, Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, Anmietung eines Dienstwagens und Dienstreisekosten.

Die Klage war erstinstanzlich überwiegend erfolgreich (ArbG Berlin, Urt. v. 17.2.2011 – 2 Ca 4958/10). Der Anspruch der Klägerin gründe sich auf §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB. Die Aufwendungen aufgrund des täuschungsbedingten Abschlusses des Arbeitsvertrags habe der Beklagte während des Arbeitsverhältnisses nicht durch zugeflossene Arbeitsleistungen ausgeglichen. Die Behauptungen der Klägerin, seine Leistungen seien wertlos gewesen, habe der Beklagte nicht widerlegen können.

Um das Risiko, gefälschten Bewerbungsunterlagen aufzusitzen, möglichst zu reduzieren, verlangen viele Arbeitgeber von Bewerbern, die sie zur Vorstellung einladen, Originalurkunden vorzulegen. Zur Lösung des Low-PerformerProblems schlägt Stück (AuA 11/07, S. 691) Arbeitgebern, die ihr Vergütungssystem frei gestalten können, ein Modell vor, bei dem der echte Leistungslohn erst bei 100 % (Normalleistung) beginnt.
 
Davon abgesehen, kommt wohl wirklich nur die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen infrage. Sie setzt naturgemäß voraus, dass der Mitarbeiter im Zeitpunkt der Aufrechnung noch offene Entgeltforderungen hat. Außerdem sind die gesetzlichen Aufrechnungsbeschränkungen (§§ 393, 394 BGB) zu beachten (s. im Einzelnen dazu Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl. 2011, § 73 Rdnrn. 10 bis 13).
 

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht · 7/12