Manager stehen unter besonderer Belastung. Sie sind wesentlich für den Erfolg des Unternehmens verantwortlich und müssen ganz „nebenbei“ ihr Personal führen. Zusätzlich haben Führungskräfte auch soziale und familiäre Bedürfnisse, die erfüllt werden müssen. Die Balance aus beruflicher und privater Ausgeglichenheit kann in der schnelllebigen Arbeitswelt immer schwerer realisiert werden. Das weiter auseinanderdriftende Verhältnis wirkt sich wie eine Spirale negativ auf die Leistung der Führungskraft aus: Unausgeglichenheit, Gereiztheit und fehlender Antrieb sind erste Anzeichen von Stress, in dessen Folge ein erster Leistungsverlust entsteht. Dieser wird häufig durch Überstunden und Ausweitung der Arbeitszeit auf das Wochenende kompensiert. Denn kein Manager möchte die in ihn gesetzten Erwartungen enttäuschen oder – fast noch schlimmer – bonusrelevante Ziele verfehlen. Hierbei übersehen sie allzu gerne, dass Ziele nur dann erreicht werden können, wenn eine konstante, intrinsische Motivation anhält. Diese ist infolge der Belastung aber bereits eingeschränkt. In den meisten Fällen hat die Führungskraft dabei die Abwärtsspirale so weit betreten, dass sie diese nur schwer verlassen kann.

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Foto von AllGo – An App For Plus Size People

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Der zunehmenden inhaltlichen und organisatorisch bedingten Arbeitslast können Führungskräfte nur mit einer gezielten Effizienzsteigerung im Day-to-Day-Business begegnen. Dabei ist der Anteil von Meetings besonders bedeutsam, da Entscheider darin bis zu 70 Prozent ihrer Arbeitszeit verbringen. Die Struktur und Organisation von Besprechungen bieten daher einen geeigneten Hebel, um die Arbeitseffizienz und Entscheidungsqualität von Führungskräften zu erhöhen.

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Case-Study

Ein international agierender Energiedienstleister hat – im Rahmen einer innerbetrieblichen Studie – in den letzten Jahren einen Anstieg von Stresssymptomen bei Mitarbeitern und Führungskräften im Backoffice wahrgenommen. Um die umfangreiche Ausgangslage zu erheben, ermittelte er einerseits das Stressempfinden von über 600 Mitarbeitern, andererseits durch vertrauliche Einzelinterviews mit Führungskräften den Status quo der Stressbelastung und der Effizienz von Arbeitsbesprechungen. Die Ergebnisse bestätigen das aktuell vorherrschende Bild der ineffizienten Führungskraft, die den Großteil der Arbeitszeit in Meetings verbringt. Zur besseren Übersichtlichkeit haben wir die Ergebnisse in vier Bereiche gegliedert.

1. Wichtigste Erkenntnis der Untersuchung ist, dass sowohl Manager als auch Mitarbeiter gestresst sind. Jeder zweite Studienteilnehmer fühlt sich gestresst, aber dennoch werden die Angebote zur Stress- und Burnout-Prävention von beiden Gruppen nicht angenommen. Diese Ablehnung ist vor allem darin begründet, dass 85 Prozent der Studienteilnehmer Angst vor den Kollegen haben, eine Art von Schwäche zu zeigen.

2. Es werden rund 68 Prozent der Arbeitszeit von Führungskräften in Meetings verbracht. Ferner messen Führungskräfte der Mitarbeiterentwicklung eine höhere Bedeutung bei, als diese von den Mitarbeitern eingefordert wird. Das bedeutet, dass Führungskräfte hier Aktivitäten und Anstrengungen unternehmen, die in dieser Form nicht von den Mitarbeitern eingefordert werden. Diese Tätigkeiten sind mit einem hohen Aufwand verbunden. Dies geht zulasten elementarer Führungstätigkeiten wie Weiterbildung, Problemlösungsaktivitäten sowie Networking.

3. Die interviewten Führungskräfte geben an, dass moderne Informations- und Kommunikationstechnologien eine Alternative zu Face-to-Face-Meetings sind und dass sie über die erforderlichen Kommunikationskompetenzen für Video- und Telefonkonferenzen verfügen. Die in dieser Studie interviewten Führungskräfte sagen, dass sie weniger als fünf Prozent aller Meetings als Video- oder Telefonkonferenzen abhalten, obwohl eine deutliche räumliche Trennung besteht.

4. Trotz des Einsatzes von Agenden zur Durchführung von Arbeitsbesprechungen ist vielen Führungskräften die Zielstellung der besuchten Meetings oft nicht bekannt. Der Erfolg dieser Meetings ist geringer als bei Arbeitsbesprechungen mit optimaler Organisation und Struktur. Insbesondere bei der Struktur und Durchführung von Arbeitsbesprechungen gibt es Pozenziale zur Verbesserung.

Erhöhung der Arbeitseffizienz

Viele Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt und beugen vor. Zur Erhöhung der Arbeitseffizienz von Führungskräften ist es wichtig, wie erläutert, die Stressbelastung zu mindern und somit kurz- und langfristige Stressreaktionen zu vermeiden. Gerade im so wichtigen Bereich der Arbeitsmeetings passiert derzeit viel in den Büros. Grundsätzlich lassen sich dabei die Maßnahmen unterteilen in:

  • Strukturregeln,
  • Verhaltensregeln,
  • Schulungen und
  • Kommunikationscontrolling.

Diese Maßnahmen sollen einen Mix bilden, um eine nachhaltige Erhöhung der Arbeitseffizienz zu erreichen. Die durchgeführte Fallstudie verdeutlichte, dass nur etwa der Hälfte der Führungskräfte die Zielstellung einer Besprechung klar ist. Weiterhin sind sich ein Drittel der Führungskräfte nicht sicher, welche Erwartungen an sie gestellt werden. Es finden also Besprechungen statt, bei denen die Teilnehmer nicht wissen, worum es geht und was sie in der Besprechung sollen. Als erste und wichtigste Strukturregel dient, geeignete Agenden einzuführen. Denn vor allem große Unternehmen verwenden zwar Agenden, diese sind jedoch meist unterschiedlich und der Situation nicht entsprechend. Daher sollten dezidierte, dem Anlass entsprechende Agenden verwendet werden. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Zuordnung von Rollen und Verantwortlichkeiten nach der RACI-Matrix (siehe Abbildung 2). Durch Zuweisung bestimmter Aufgaben und Verantwortlichkeiten nach dieser Methode ist es möglich, den Teilnehmern an Arbeitsbesprechungen einen klaren Erwartungshorizont mitzuteilen. Bild vergrößern

Neben dem Erwartungshorizont legen die Veranstalter des Meetings auch die klare Zielsetzung der einzelnen Tagesordnungspunkte (Tops) verständlich fest. Dafür können sie das RACI-Verantwortungsmodell als Hilfsmittel einsetzen, das heißt, zu jedem Tagesordnungspunkt ordnet der Einladende die teilnehmenden Personen einer der Matrix entsprechende „Rolle“ zu. Jeder Teilnehmer kann somit zu jedem Tagesordnungspunkt erkennen, welche Erwartung an ihn gestellt wird, und sich so gezielt vorbereiten. Diese Maßnahme soll helfen, Themenabweichungen zu vermeiden und einen konsequenten Entscheidungsprozess zu forcieren.
Durch die Einschätzung der zu erwartenden Dauer einzelner Tagesordnungspunkte wird der Umfang dieser vorab skizziert und sollte in der Besprechung konsequent umgesetzt werden.

Die bedeutsamste Verhaltensregel ist der vermehrte Einsatz moderner Technik. So können Führungskräfte nicht nur Reisezeiten – und damit auch Reisekosten – vermindern, sondern vielmehr Prozesse stark optimieren. Denn obwohl 90 Prozent der Führungskräfte Video- und Telefonkonferenzen für ein geeignetes Kommunikationsmittel halten, finden – laut der Case-Study – nur circa fünf Prozent aller Meetings in dieser Form statt.

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Alle Regeln sollten durch interne Trainingsabteilungen beziehungsweise durch die Personalabteilung in Form von Trainings und Seminaren den Mitarbeitern und Führungskräften zugängig gemacht werden. So wird eine möglichst große Verbreitung und Einhaltung der Regeln gewährleistet. In dem untersuchten Unternehmen geben 64 Prozent der Führungskräfte und 59 Prozent aller Mitarbeiter an, durch ihre Arbeit und die so entstehende Belastung gestresst zu sein.
Rund 85 Prozent der Führungskräfte (65 Prozent der Mitarbeiter) nehmen an, dass ihre Kollegen gestresst sind. Gleichzeitig glauben aber nur 35 Prozent der Führungskräfte (33 Prozent der Mitarbeiter), dass ihre Kollegen die angebotenen Maßnahmen ausreichend in Anspruch nehmen. Aufgrund von Vorurteilen gegen Anti-Stress-Seminare könnten Pflichtveranstaltungen helfen, die Stressproblematik nachhaltig zu bekämpfen. Denn es ist kein alleiniges Phänomen des Case-Study-Unternehmens, dass weder Führungskräfte noch Mitarbeiter die Angebote zur Stress- und Burn-out-Prävention annehmen.

Die zu verwendenden Maßnahmen sind von Situation zu Situation unterschiedlich, da jederzeit die Individualität von Unternehmen betrachtet werden muss. Maßnahmen können aber als Start eines Kommunikationscontrollings betrachtet werden, mit denen es möglich wird, Soll-Ist-Vergleiche durchzuführen.
Diese ermöglichen, die Maßnahmen zu überprüfen und zu justieren, und sorgen für eine schrittweise Verbesserung der Organisation.

Unternehmen stehen vor einer Vielzahl an Herausforderungen, insbesondere die voranschreitende Globalisierung sorgt für sich ständig ändernde Bedingungen. Reorganisation sowie geänderte Unternehmensstrategien und Kostensenkungsprogramme werden Auslöser für kommunikationsintensive Projekte sein. Um diese Projekte erfolgreich und kostensparend umzusetzen, ist eine optimale Organisation der Kommunikation von Führungskräften notwendig, denn dadurch sind kurze Projektzeiten und qualitativ hochwertige Entscheidungen möglich. Es besteht die Chance, sich auf diese Weise maßgeblich von Wettbewerbern zu unterscheiden.

 


Dieser Beitrag ist in der Fachzeitschrift personal manager 1/2012 erschienen.