1. Wertschöpfung durch Kostenoptimierung

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Foto von Tetiana SHYSHKINA

Strategische Personalplanung – also jene Disziplin, die für den Produktionsfaktor Mensch hauptverantwortlich ist – muss daher auch in jenem signifikanten Ausmaß zur Sicherstellung und Optimierung der unternehmerischen Wertschöpfung beitragen, wie sich die Kosten im Verhältnis zu den anderen Produktionsfaktoren verhalten. Wie Unternehmen dies mit den Erkenntnissen des modernen Workforcemanagements erreichen können, sollen vier Beispiele veranschaulichen.

Für jede Aktivität im Unternehmen lässt sich ein Anforderungsprofil hinterlegen.

Wenn HR-Abteilungen die Kompetenzwerte der Mitarbeiter, die diese Aktivität ausführen, aggregieren, entsteht ein kumuliertes Kompetenzprofil für diese spezielle Aktivität. Vergleicht man diesen Wert mit jenen Werten aus dem definierten Anforderungsprofil, so leitet sich daraus ein positiver oder negativer Wert ab. Wenn dieser „Kompetenz-Anforderungs-Indikator“ (KAI) – positiv ist, sind die Mitarbeiter für die untersuchte Aktivität überqualifiziert. Es sind zu teure Mitarbeiter im Einsatz, was betriebswirtschaftlich ineffizient ist. Eine KAI-basierte Anpassung des Personals mit dem Ziel, den KAI gegen null zu bringen, trägt direkt zur Erhöhung der Wertschöpfung bei. Bei einem KAI „0“ wäre das Verhältnis aus Anforderung und zugeordneter Kompetenz ideal – das Unternehmen verschwendet sein Humankapital nicht.

Eine weitere Möglichkeit der Wertschöpfungsoptimierung bietet sich bei einer Kompetenzüberausstattung, die anhand des Kompetenz-Anforderungs-Indikators (Competence Activity Ratio) als Absolut- (KAIA bzw. CARA) oder Prozentwert (KAII bzw. CARI) ausgewiesen wird. Eine Kompetenzüberausstattung besteht, wenn die einer Aktivität zugeordneten Kompetenzen höher ausfallen als die für diese Aktivität im Rahmen von zum Beispiel Stellenbeschreibungen oder direkten Anforderungsprofilen definierten Mindestkompetenzen. Die mathematische Herleitung des KAI erfolgt durch den Vergleich von Kompetenzprofil und Anforderungsprofil mittels eines speziell entwickelten Algorithmus.

Aus monetärer Sicht bietet es ein enormes Potenzial, überqualifizierte und in den meisten Fällen kostenintensivere Mitarbeiter durch solche zu ersetzen, die den Anforderungen entsprechen. Die frei werdenden Kräfte lassen sich besser in anderen Wertschöpfungsketten einsetzen. Durch die Umallokation können Unternehmen die Ressourcen effektiver einsetzen, was einer innerbetrieblichen Optimierung der Wertschöpfung gleicht.

Andererseits können Unternehmen durch eine Analyse des Verhältnisses von Leistung und Kompetenz (Competence Performance RatioIndex/Absolut, CPRI bzw. CPRA) möglicherweise ein Führungsproblem lösen. Denn anhand des Dashboards zeigt sich, dass in unserem Beispielunternehmen überqualifizierte Mitarbeiter „underperformen“, während unterqualifizierte Mitarbeiter überperformen (Aktivitäten 9 und 10). Anstatt, wie in den meisten Fällen, Mitarbeiter aufgrund der Underperformance weiteren Qualifizierungen zu unterziehen und unternehmerische Ressourcen falsch einzusetzen, hat dieses Unternehmen versucht, das Führungsverhalten des Gruppenleiters und die Motivation der Mitarbeitergruppen gezielt zu verbessern. Dass dies die absolut richtige Entscheidung war, belegten die Zahlen aus dem strategischen Personalmanagement nach nur wenigen Monaten. Nach der Führungskräfteentwicklung drehte sich der CPR nacheinander für alle Aktivitäten in den positiven Bereich. Somit wurde in allen Aktivitäten nach nur kurzer Zeit plötzlich „überperformed“. Das intern durchgeführte Führungskräftetraining für die drei Abteilungsleiter schlug mit nur rund 20 Prozent der ansonsten für die anderen 34 betroffenen Mitarbeiter kalkulierten Personalentwicklung zu Buche, denn diese hätten durch externe Spezialanbieter im relevanten Fachgebiet trainiert werden müssen. In diese Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sind zudem keine Opportunitätskosten durch Arbeitsausfall der trainierten Mitarbeiter eingeflossen, wodurch der PE-RoI noch höher ausgefallen wäre.

Eine solche Optimierung der Kosten auf Basis des KLI beziehungsweise des CPR war möglich, weil die erforderlichen Auswertungen aus dem strategischen Personalmanagement vorlagen und entsprechende, darauf aufbauende Regressionsanalysen ähnliche Parameterstrukturen ergaben, auf deren Basis wir mit unseren Erfahrungswerten und Benchmarkdaten darauf schließen konnten, dass es sich nicht um ein Kompetenzthema handelte, sondern um ein Führungsthema.

2. Wertschöpfung durch Kostenminimierung

Wenn Unternehmen in den Jahresgesprächen den Zielerreichungsgrad und somit das Leistungsniveau evaluieren, können sie diese Werte ebenso mit dem KAI in Beziehung setzen. Angenommen, sie ermitteln bei einer Aktivität einen negativen KAI, so bedeutet dies, dass Mitarbeiter bezogen auf das Anforderungsprofil einer bestimmten Aktivität unterqualifiziert sind. Eigentlich müssten Arbeitgeber diese Unterdeckung ausgleichen, was aber nicht notwendig ist, wenn die unterqualifizierten Mitarbeiter das definierte Leistungsniveau erfüllen. Ein solcher Umstand freut jeden Controller, denn es bedeutet, dass günstigere Mitarbeiter eine höherwertige Arbeit erledigen.

Um das erkennen zu können, kann strategisches Personalmanagement auf einen weiteren neuen Indikator, den Kompetenz-Leistungs-Indikator (KLI), zurückgreifen. Zur Bestimmung des KLI werden das Kompetenzniveau einer Aktivität und das dokumentierte Leistungsniveau der zugeordneten Mitarbeiter über einen Algorithmus in Beziehung gesetzt. Geht man davon aus, dass die im Rahmen des Personalmanagements ermittelten Leistungswerte der Mitarbeiter valide sind, so liefert der KLI verlässliche Werte zur Güte der geleisteten Arbeit.

Wenn die Werte positiv sind, dann erreichen vermeintlich unterqualifizierte Mitarbeiter erfolgreich die definierten Zielsetzungen. Somit wäre eine Optimierung des zuvor angesprochenen KAI eigentlich ein Nachteil, da die vermeintlich unterqualifizierten Mitarbeiter erfolgreich die Ziele erreichen – und dies bei geringeren Kosten. Strategisches Personalmanagement kann daher auf Basis der KLI-Auswertung transparent darstellen, dass eine Investition in die Erhöhung der Kompetenz in gewissen Unternehmensbereichen nicht notwendig ist, wohingegen ohne diese KLI-Auswertung Geld in die Hand genommen werden würde, um die vermeintliche Lücke zwischen Kompetenz und Anforderung zu schließen.

Doch lassen sich solche Aussagen aus den Zahlen wirklich eindeutig ableiten? Letzten Endes muss eine solche Frage das strategische Personalmanagement eines Unternehmens selbst beantworten, denn es verhält sich mit den Zahlen wie mit der Entwicklung einer Hypothese: Nur wenn die Basis nachweislich valide, objektiv und reliabel ist – also statistischen und wissenschaftlichen Standards entspricht – kann eine sich daraus abzuleitende Hypothese Bestand haben. Das bedeutet, dass die Aussagekraft der Zahlen davon abhängt, wie diese gewonnen werden. Eine Analyse der zum Einsatz kommenden Verfahren und Instrumente kann rasch die verwendete Daten- und Verfahrensbasis validieren und somit die Aussagekraft der Informationen untermauern.

Auf diese Weise kann strategisches Personalmanagement verhindern, dass Unternehmen falsche Investitionsentscheidungen bezogen auf das Personal treffen. Durch Kostenoptimierung kann die HR-Abteilung somit zur Wertschöpfung der gesamten Organisation beitragen.

3. Wertschöpfung durch Investitionsmanagement

Auch bei Investitionsentscheidungen kann strategisches Personalmanagement unterstützen. Wenn Unternehmen Aktivitäten durch neue Informationssysteme oder Automatisierungslösungen optimieren möchten, liefert das strategische Personalmanagement die erforderlichen Zahlen und Fakten in Bezug auf Einsparungspotenziale.

In der Angebotsphase analysiert das Unternehmen mit den Anbietern eines IT-Systems, welche Personalressourcen die Organisation aktuell für einen bestimmten Prozess oder Aufgabenbereich benötigt. Anschließend wird der Mitarbeiterbedarf nach der Systemeinführung kalkuliert. Das strategische Personalmanagement passt die Mitarbeiterbedarfe an und ermittelt die monetären Einsparungen im Sinne der direkt zurechenbaren Personalkosten.

Diese Einsparungen lassen sich als Basis für weiterführende Investitionsrechnungen und Return-on-Investment-Betrachtungen heranziehen. Darüber hinaus können Unternehmen die von ihnen kalkulierte zukünftige Wertschöpfungsstruktur auch als Vertragsbestandteil bei der Systemanschaffung verwenden, wenn sie zum Beispiel eine fixe und eine variable Preiskomponente mit dem Anbieter vereinbaren. Bei einer hundertprozentigen Erreichung der im Rahmen der Modellierung definierten Einsparungen zahlt der Auftraggeber 100 Prozent der Anschaffungskosten. Sollte die Einsparung durch das System geringer ausfallen, reduziert sich der variable Preisanteil der Anschaffungskosten entsprechend.

Strategisches Personalmanagement dient in diesem Fall der Wertschöpfung eines Unternehmens, indem es hilft, Investitionen im Vorhinein nachvollziehbar zu quantifizieren, um so die Qualität der Entscheidungen weiter zu verbessern. Darüber hinaus liefert es die Basis, um Verträge durch entsprechende Bestandteile ergänzen zu können, die das Umsetzungs- und Implementierungsrisiko für das eigene Unternehmen minimieren und den Anbieter in die Pflicht nehmen. Die strategische Personalplanung bietet somit Informationen, um Investitionen in Bezug auf deren betriebliche und monetäre Effizienz hin untersuchen und bewerten zu können. Das ist eine Form der direkten Mehrwertgenerierung und Risikominimierung.

4. Wertschöpfung durch nachhaltiges Ressourcenmanagement

Während die ersten Beispiele gezeigt haben, wie die strategische Personalplanung auf der operativen Ebene Wertschöpfung generieren kann, so widmen wir uns im Folgenden den strategischen Möglichkeiten der nachhaltigen Mehrwertsteigerung.

Die strategische Personalplanung betrachtet nicht nur die interne Situation, sondern auch das externe Umfeld. Sie untersucht die zu erwartenden Umfeldbedingungen und ihre Auswirkungen auf betriebswirtschaftliche Kerndimensionen. Außerdem analysiert sie die Eintrittswahrscheinlichkeit und den zu erwartenden Eintrittszeitpunkt von externen Ereignissen. Die operative Führungskraft muss nun gemeinsam mit dem Personalmanager die erwarteten Veränderungen in Bezug zu aktuellen Werten setzen. Modernes Workforcemanagement als Kernkomponente des strategischen Personalmanagements kann diese Informationen mit den aktuellen Personaldaten verbinden und über Algorithmen und Kalkulationsschemata auf einem Zeitstrahl auftragen und in die Zukunft und extrapolieren.

Durch ein vordefiniertes Erhebungsraster werden qualitative Informationen zu internen und externen Faktoren Schritt für Schritt „rechenbar“ gemacht. Die operative Führungskraft muss dabei unter Anleitung des Personalplaners auf Basis der eigenen Expertise Risiken definieren, diese in deren Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmen und auch in deren möglichen Auswirkungen in leicht, mittel und schwer gruppieren.

Ein Faktor können zum Beispiel die Arbeitsmarktprognosen sein. Wenn die operative Führungskraft antizipiert, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt in einem Bereich verschärfen wird, bedeutet dies, dass sich die Bezugskonditionen für neue Fachkräfte verschlechtern. Die interne Weiterentwicklung der Mitarbeiter wäre unter Umständen die wesentlich günstigere Alternative, wenn das Unternehmen die Kompetenzprofile und -potenziale ihrer Mitarbeiter kennt. Durch die mehrdimensionale Verlinkung zu allen Aspekten der Workforce wie Herkunft, Region, Allokation, Alter, Kompetenz und Performance kann somit das strategische Personalmanagement mit der operativen Führung Workforcemanagement auch im Big Picture global nach Regionen und den dortigen speziellen Entwicklungen, Vor- und Nachteilen aber auch Risiken ausrichten. Dadurch kann strategisches Personalmanagement weitere Vorteile im globalen Wettbewerb um die besten Mitarbeiter 


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Quelle: personal manager – Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 1 Jänner/Februar 2015


Fotocredit:
Stephanie Hofschlaeger | pixelio.de

Die betrieblichen Wertschöpfungsketten bilden die DNA eines Unternehmens. Nur wenn eine Organisation die eigene DNA im Griff hat, wird sie nachhaltig erfolgreich sein können. Die Wertschöpfungsketten sind das alles zusammenhaltende Gefüge eines organisationalen Konstrukts aus Abläufen, Schnittstellen, Systemen und Produktionsfaktoren. Zu jener Gruppe gehört auch der Produktionsfaktor Mensch, der in vielen Bereichen der heutigen Industrien mit bis zu 80 Prozent aller betrieblichen Kosten zu Buche schlägt.