Allgemeine Grundsätze

man using a gray laptop computer
Foto von Crew

Vorab in aller Kürze zu Erinnerung: Soll eine außerordentliche, fristlose Kündigung ausgesprochen werden, müssen die Voraussetzungen des § 626 BGB gegeben sein. Im Verhalten des Beschäftigten in einem sozialen Netzwerk muss also eine Pflichtwidrigkeit liegen, die an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Dies ist i.d.R. bei schwerwiegenden Verstößen gegen die arbeitsvertragliche Loyalitäts- und Treuepflicht (etwa bei beleidigenden Äußerungen eines Mitarbeiters über Vorsetzte oder Kollegen) der Fall. Darüber hinaus muss dem Unternehmen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der anwendbaren Kündigungsfrist unzumutbar sein. Die insoweit vorzunehmende Interessenabwägung ist zumeist der Grund dafür, warum die Wirksamkeit einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung und damit die Erfolgsaussichten in einem – stets wahrscheinlichen – Kündigungsschutzverfahren schwer vorherzusagen sind. Hierher gehört auch der häufig entscheidungserhebliche Aspekt, ob der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung wegen Erforderlichkeit einer Abmahnung als milderes Mittel ausscheidet. Weiterhin zu erwähnen ist, dass die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB insbesondere auch bei Kündigungen wegen Fehlverhaltens in Social Media oftmals eine schwierige Hürde darstellt.

Wer zu welchem Zeitpunkt von der Pflichtwidrigkeit Kenntnis erlangt hat, ist oft ebenso problematisch wie die vollständige Aufklärung des Sachverhalts innerhalb des gesetzlich vorgegebenen, von der Rechtsprechung ausgestalteten Zeitrahmens.

Die hohen Anforderungen des § 626 BGB lassen es ratsam erscheinen, neben einer außerordentlichen hilfsweise eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen. So kann man insbesondere die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB, sollten sich hier Probleme stellen, als Unwirksamkeitsgrund ausschließen. Voraussetzungen einer wirksamen ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung sind aber ebenfalls das Vorliegen eines pflichtwidrigen Verhaltens sowie eine umfassende Interessenabwägung. Wenn auch – jedenfalls in der Theorie – mit weniger strengen Anforderungen als bei § 626 BGB, sind die Unwägbarkeiten einer stets erforderlichen Einzelfallentscheidung damit also keinesfalls vom Tisch; dies gilt insbesondere auch für das etwaige Erfordernis einer vorherigen Abmahnung.

Praxistipp

Der hilfsweise Ausspruch einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung weist für den folgenden Kündigungsschutzprozess oft den Weg zu einer vergleichsweisen Lösung. Arbeitsrichter legen in solchen Fallkonstellationen häufig den Parteien die Einigung auf eine Beendigung zum Ablauf der anwendbaren Kündigungsfrist im Vergleichswege nahe. Und Arbeitnehmer können nicht selten mit der Aussicht, dass jedenfalls die ordentliche Kündigung wirksam sein könnte, zum Einverständnis mit einer solchen Regelung veranlasst werden.

Bei der vorzunehmenden Bildung von Fallgruppen ist zunächst nach der Nutzung während oder außerhalb der Arbeitszeit zu unterscheiden. Im erstgenannten Fall ist das Leistungsverhalten, im zweitgenannten der Vertrauensbereich betroffen; bei Letzterem kann eine Pflichtverletzung allenfalls in der Verletzung der allgemeinen Treue- oder Loyalitätspflicht liegen. Insoweit ist dann weiter nach Äußerungen mit Bezug auf den Arbeitgeber oder solchen ohne jeden Arbeitsbezug zu differenzieren.

 

Exzessive Internetznutzung am Arbeitsplatz

Für Fehlverhalten während der Arbeitszeit sind auch Fälle einer exzessiven Nutzung des Internets, insbesondere von Social-Media-Plattformen, am Arbeitsplatz relevant.

In dem einer Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein vom 6.5.2014 (1 Sa 421/13, rk., vgl. AuA 9/14, S. 545) zugrunde liegenden Sachverhalt hatte das Unternehmen dem Beschäftigten Zugriff auf einen betrieblichen Computer mit Internetzugang gewährt. Die Nutzung des Computers zu privaten Zwecken war weder ausdrücklich untersagt noch erlaubt. Der Mitarbeiter hatte auf dem Firmenrechner eigenmächtig einen Zugang zum Internetportal „Usenet/UseNext“ installiert; des Weiteren befanden sich auf dem Rechner eine Vielzahl von Daten, u.a. Musik- und Filmdownloads sowie private Fotos. Zudem konnte die Nutzung verschiedener sozialer Netzwerke und diverser Chatportale nachgewiesen werden. Aufgrund dieses Sachverhalts sprach der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer, der über eine mehr als 21-jährige Betriebszugehörigkeit verfügte und drei Personen gegenüber unterhaltspflichtig war, ohne vorherige Abmahnung eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung aus.

Das LAG bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sah die Kündigung als gerechtfertigt an. Das Verhalten stellte danach eine massive Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflicht dar. Der Beschäftigte habe nicht nur den Firmenrechner in besonderem Maße zu privaten Zwecken genutzt, sondern durch seine Downloads zusätzlich eine erhebliche Gefahr der Infizierung des betrieblichen Datensystems mit Viren geschaffen. Eine vorherige Abmahnung sei aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung entbehrlich gewesen; der Umstand, dass eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Privatnutzung des Rechners nicht bestanden habe, vermöge an dieser Beurteilung nichts zu ändern.

Das LAG Schleswig-Holstein führte damit die strenge Rechtsprechung des BAG zur privaten Internetznutzung am Arbeitsplatz fort. Die Erfurter Richter hatten den Grundsatz aufgestellt, dass bei fehlender Vereinbarung – also bei fehlender ausdrücklicher Gestattung – eine private Nutzung des Internets grundsätzlich ausgeschlossen ist (Urt. v. 7.7.2005 – 2 AZR 581/04).

Auch im Rahmen der weiteren Interessenabwägung gelangte das LAG trotz der Sozialdaten des Arbeitnehmers – insbesondere seiner Betriebszugehörigkeit – aufgrund der Erheblichkeit der Pflichtverletzung zur Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung.

Praxistipp

Aus Arbeitgebersicht ist es empfehlenswert, die Privatnutzung des Internets – sofern dies nach Unternehmenszweck und Selbstverständnis in Betracht kommt – zu untersagen, damit eine diesbezügliche Kontrolle auch datenschutzrechtlich uneingeschränkt möglich ist (vgl. Kratz/Gubbels, NZA 2009, S. 652 ff.). Wichtig ist, jedenfalls klare und transparente Regelungen zur Internetnutzung im Betrieb aufzustellen.

 

Veröffentlichung von Patientenbildern auf Facebook

Den Grenzbereich zwischen Leistungsverhalten und Verhalten außerhalb der Arbeitszeit betrifft die einem Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 11.4.2014 (17 Sa 2200/13, rk.) zugrunde liegende Fallkonstellation: Die Arbeitnehmerin betreute als Krankenschwester Kinder auf einer Kinderintensivstation. Während der Arbeitszeit machte sie Fotos, auf denen von ihr betreute Säuglinge alleine oder gemeinsam mit ihr zu erkennen waren; diese veröffentlichte sie auf ihrem Facebook-Profil. Nachdem der Krankenhausbetreiber hiervon Kenntnis erlangt hatte, teilte er der Krankenschwester mit, es bestehe der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Vertragspflichtverletzung. Hierauf entfernte die Mitarbeiterin die Bilderunverzüglich von ihrem Facebook-Profil. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis dennoch außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgemäß.

Das LAG Berlin-Brandenburg stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung aufgelöst wurde. Dabei verletze die Veröffentlichung der Fotos die Schweigepflicht als medizinische Angestellte; diese sei sowohl arbeitsvertraglich als auch gesetzlich verpflichtet, jedwede Umstände in Bezug auf die Behandlung von Patienten geheimzuhalten.

Erwägenswert wäre zudem die Annahme einer Pflichtverletzung im Leistungsbereich gewesen, sofern die Arbeitnehmerin die Fotos während ihrer Arbeitszeit angefertigt haben sollte. Das Fotografieren der von ihr betreuten Patienten gehörte sicher nicht zu ihren arbeitsvertraglichen Pflichten, zumal bereits das Anfertigen der Fotos eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild darstellt.

Das LAG-Berlin-Brandenburg gelangte aber zum Ergebnis der Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen, weil vorliegend eine Abmahnung als milderes Mittel geeignet und erforderlich gewesen sei: Zum einen habe die Veröffentlichung der Bilder zu keiner schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung geführt, da der Patient – ein Säugling – auf den Bildern nicht zu individualisieren gewesen sei. Zum anderen sei nicht erkennbar, in welchem Krankenhaus der Patient behandelt worden sei; daher müsse der Betreiber weder mit einer Rufschädigung noch mit Schadenersatzansprüchen rechnen. Schließlich habe die Beschäftigte nach entsprechendem Hinweis die Bilder unverzüglich entfernt und damit den rechtswidrigen Zustand beseitigt, sodass auch keine Wiederholungsgefahr bestehe.

Die auf den ersten Blick für manche vielleicht etwas überraschend anmutende Entscheidung zeigt plakativ die Wichtigkeit des grundsätzlichen Erfordernisses einer vorherigen Abmahnung (vgl. BAG, Urt. v. 11.7.2013 – 2 AZR 994/12). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Pflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten beruht. Nur wenn von vornherein nicht zu erwarten ist, dass sich das Verhalten in Zukunft ändert, oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung festgestellt wird, muss man nicht zuvor abmahnen. Für die Beurteilung kann dem Nachtatverhalten eine wesentliche Bedeutung zukommen.

 

Beleidigung des Arbeitgebers

Eine Mehrzahl von Entscheidungen beschäftigt sich mit Kündigungen aufgrund von Äußerungen mit Bezug auf den Arbeitgeber oder Arbeitskollegen, die ein Mitarbeiter während seiner Freizeit auf seinem Social-Media-Profil tätigt. Wegen der bereits mehrfach angesprochenen Notwendigkeit einer Interessenabwägung im Einzelfall ist es hierbei zu Ergebnissen gekommen, die bei vordergründiger Betrachtung durchaus als widersprüchlich bezeichnet werden können.

Eine eher strenge Sichtweise zeigte das LAG Hamm in einem Urteil vom 10.10.2012 (3 Sa 644/12, rk., AuA 8/13, S. 491), obgleich es sich bei dem Kläger um einen Auszubildenden handelte. Auf dessen privatem Facebook-Profil befand sich unter der Rubrik „Arbeitgeber“ folgender Eintrag: „Arbeitgeber: menschenschinder & ausbeuter, Leibeigener?? Bochum dämliche scheisse für mindestlohn – 20 % erledigen.“ Als das ausbildende Unternehmen von diesem Eintrag erfuhr, kündigte es das Ausbildungsverhältnis außerordentlich und fristlos. Das LAG Hamm hielt die fristlose Kündigung für rechtswirksam. Die Beschreibung des Arbeitgebers als „Menschenschinder“ und „Ausbeuter“ sowie sich selbst als „Leibeigener“ stelle eine besonders ehrverletzende Äußerung dar, da dem Unternehmen hiermit eine Einstellung gegenüber seinen Beschäftigten attestiert werde, die sich auf niedrigster Stufe befinde. Diese ohnehin schon massive Beleidigung werde noch durch den Zusatz „dämliche scheisse“ und die Behauptung einer geringen Vergütung verstärkt. Interessant ist, dass das erstinstanzliche Gericht die Kündigung im Ergebnis für unwirksam erklärt hatte, da es eine Abmahnung für geeignet und erforderlich gehalten hatte (ArbG Bochum, Urt. v. 29.3.2012 – 3 Ca 1283/11). Dies sah das LAG Hamm aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung anders.

Hervorzuheben ist, dass der Arbeitgeber in den streitgegenständlichen Facebook-Einträgen nicht ausdrücklich benannt worden war (vgl. dazu auch Aszmons, DB 2016, S. 411 ff.). Hieraus lässt sich für vergleichbare Fallkonstellationen ableiten, dass es für die Kündigungsrelevanz keine Rolle spielt, ob sich die Äußerung explizit auf das Unternehmen oder das Arbeitsverhältnis bezieht. Es genügt vielmehr, wenn ein Zusammenhang durch weitere Umstände hergestellt werden kann.

 

Beleidigung von Kollegen

Im Ergebnis zur Unwirksamkeit sowohl der außerordentlichen als auch der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung gelangte das ArbG Duisburg in einem Urteil vom 26.9.2012 (5 Ca 949/12, rk.): Nachdem der Arbeitnehmer von Kollegen zu Unrecht „angeschwärzt“ worden war, verfasste er auf Facebook eine Statusmeldung, in der er – gerichtet an seine Kollegen – u.a. folgende Äußerungen tätigte: „speckrollen“, „hattet ihr schlechten sex“, „hat euch jemand ins gehirn geschissen“, „habt ihr keine anderen hobbys statt zu lästern und arsch zu kriechen und auf ein klug scheißer tun“ und „ihr seid unnötig noch nicht mal irgendwas wert“.

Zwar ordnete das ArbG Duisburg die Äußerungen in der Statusmeldung des Mitarbeiters ohne Zweifel als Beleidigung ein und verkannte auch nicht die intensive Wirkung, die von einer solchen Onlinenachricht ausgehe. Gleichwohl sei zugunsten des Beschäftigten zu berücksichtigen, dass die Aussagen im Affekt getätigt worden seien, nämlich nachdem er zu Unrecht bei seinem Arbeitgeber „angeschwärzt“ worden sei. Daher sei eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen.

Ungeachtet der im Vorverhalten der Arbeitskollegen liegenden Besonderheit des Falles sind die ansonsten getätigten Feststellungen des ArbG Duisburg durchaus verallgemeinerungsfähig. Zutreffend hat es im Rahmen der Interessenabwägung die besondere Wirkung online getätigter Äußerungen hervorgehoben und ausgeführt, dass dem Unternehmen aufgrund der möglichen Reichweite und Verbreitungsgeschwindigkeit eine erhebliche Gefahr vor materiellen und immateriellen Schäden drohen könne. Des Weiteren differenziert das Gericht in solchen „Online-Fällen“ ebenso wie bei verbal getätigten Äußerungen zwischen einer – zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigenden – Affekthandlung und einer bewussten, zielgerichteten Handlung. Während verbale Äußerungen oftmals eindeutig „in der Hitze des Gefechts“ erfolgen, ist die Bewertung bei online getätigten Äußerungen im konkreten Einzelfall mitunter schwieriger.

Praxistipp

Mit Blick auf die Argumentation in einem späteren Kündigungsschutzprozess sollte man ermitteln, zu welchem Zeitpunkt die Äußerung online verfasst worden ist: Während der Arbeitszeit? Unmittelbar nach einem Streit mit den Arbeitskollegen oder Vorgesetzten? Oder vielmehr erst einige Stunden später, möglicherweise nach Arbeitsende, nachdem sich das „Gemüt“ wieder beruhigen konnte?

 

Beleidigung durch Ehepartner

Es müssen nicht unbedingt eigene Äußerungen sein, die Anlass für eine Kündigung geben. Die Social-Media-Plattformen enthalten Funktionen, bei denen – im wahrsten Sinne des Wortes – „mit einem Klick“ der Bestand des Arbeitsverhältnisses in Gefahr gebracht werden kann. Das zeigt anschaulich das Urteil des ArbG Dessau-Roßlau vom 21.3.2012 (1 Ca 148/11, rk., AuA 3/13, S.187), dem folgender Sachverhalt zugrunde lag: Der Ehemann der Arbeitnehmerin hatte auf Facebook gepostet: „Habe gerade mein Sparkassen-Schwein auf R.-T. getauft [Vornamen der Vorstände] (…) Naja, irgendwann stehen alle Schweine vor einem Metzger.“ Zudem veröffentlichte er eine Fischdarstellung mit dem Firmenlogo der Arbeitgeberin seiner Ehefrau mit der Anmerkung „Unser Fisch stinkt vom Kopf.“ Unter der Darstellung befand sich mit dem Kommentar „Gefällt mir“ der Name der Mitarbeiterin. Nach Kenntnisnahme forderte die Arbeitgeberin diese sowie ihren Ehemann zur Löschung auf; dem kamen beide nach. Anschließend kündigte das Unternehmen das Arbeitsverhältnis der Beschäftigten außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgerecht. Das ArbG Dessau-Roßlau sah die ausgesprochenen Kündigungen unter keinem Gesichtspunkt für gerechtfertigt an. Die Aktivitäten des Ehemannes seien der Arbeitnehmerin nicht zuzurechnen; sie trage grundsätzlich keine Verantwortung für dessen Verhalten. Ihr könne allenfalls auferlegt werden, auf ihren Ehemann einzuwirken, solche Äußerung zu unterlassen. Dieser Verpflichtung sei sie nachgekommen, denn der Eintrag sei sofort nach Aufforderung gelöscht worden. Die Betätigung des „Gefällt-mir“-Button unter der Fischdarstellung könne zwar als arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung eingeordnet werden. Gleichwohl sei diese ohne vorangegangene Abmahnung nicht geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen, zumal das „Liken“ bei Facebook-Nutzern oftmals eine spontane Reaktion darstelle.

Die Entscheidung überzeugt nicht. Zutreffend ist, die Betätigung des „Gefällt-mir“-Button im Hinblick auf einen beleidigenden Kommentar oder eine solche Abbildung als arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung einzustufen, da es sich hierbei – wenn auch technisch-formalisiert – ebenso um eine Äußerung handelt wie bei einer eigenen verbalen Verlautbarung. Hierin wie das ArbG Dessau-Roßlau im Rahmen der Interessenabwägung eine weniger schwerwiegende Verletzung zu sehen, verkennt indes, dass der „Gefällt-mir“-Button bei vielen Facebook-Nutzern ein wichtiges Ausdrucksmittel darstellt, zumal die Anzahl der „Likes“ Maßstab für die Bedeutung der Aussage ist (so auch Bauer/Günther, NZA 2013, S. 67 ff.). Da es sich nicht um eine obergerichtliche Entscheidung handelt, muss diese – freilich abhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls – nicht davon abhalten, in vergleichbaren Konstellationen eine Kündigung auszusprechen.

 

Fremdenfeindliche Äußerungen ohne unmittelbaren Arbeitsbezug

Die Durchsicht der Rechtsprechung zeigt, dass bei Äußerungen mit fremdenfeindlichen oder gar rassistischen Inhalten ein unmittelbarer Bezug zum Arbeitsverhältnis nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Kündigung ist.

Insoweit im Grenzbereich bewegt sich die Entscheidung des Sächsischen LAG vom 27.2.2018 (1 Sa 515/17, rk.). In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein als Straßenbahnmitarbeiter beschäftigter Arbeitnehmer auf seinem Facebook-Profil ein Bild einer meckernden Ziege mit einer Sprechblase und den Worten „Achmed, ich bin schwanger“ veröffentlicht. Das Profilbild des unter seinem vollständigen Namen geführten Accounts zeigte den Beschäftigten in seiner Dienstkleidung. Der Arbeitgeber sprach eine außerordentliche und fristlose, hilfsweise eine ordentliche und fristgemäße Kündigung aus. Wie auch das erstinstanzliche Urteil hielt das Sächsische LAG die außerordentliche Kündigung für rechtswirksam. Das gepostete Foto stelle eine menschenverachtende Schmähung einer ganzen ausländischen Bevölkerungsgruppe, nämlich der türkischen Mitbürger, dar und könne insbesondere nicht als Satire ausgelegt werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Mitarbeiter das „Ziegenbild“ genau in dieser menschenverachtenden Weise habe verstanden wissen wollen, was sich auch aus anderen – auf eine generell rechtsextreme Haltung deutenden – Umständen ergebe. Hinzu komme, dass sich der Arbeitnehmer öffentlich neben dem Bild in seiner Arbeitskleidung dargestellt habe. Dadurch werde ein unmittelbarer Bezug zum Arbeitgeber hergestellt. Dies sei in der Interessenabwägung zu berücksichtigen, die im Ergebnis zulasten des Beschäftigten ausgehe. Aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung sei ferner eine Abmahnung entbehrlich gewesen. Daran vermöge auch die 24-jährige Betriebszugehörigkeit sowie das Alter des Mitarbeiters nichts zu ändern, denn die Straßenbahngesellschaft habe zahlreiche türkischstämmige Kunden, die von ihr eine klare, nicht-ausländerfeindliche Haltung erwarten dürften.

Die Entscheidung zeigt Zweierlei:

• Zum einen legt die Rechtsprechung bei fremdenfeindlichen Äußerungen offenbar einen besonders strengen Maßstab an und verwehrt ihnen den Schutz der Meinungsfreiheit; damit wird einer gängigen Verteidigungsstrategie auf Arbeitnehmerseite zur Recht ein Riegel vorgeschoben.

• Zum anderen muss die kündigungsrelevante Äußerung an sich keinen unmittelbaren Arbeitsbezug aufweisen. Das Sächsische LAG sieht den Bezug zum Arbeitsverhältnis zutreffend nicht als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung, sondern wertet diesen im Rahmen der Interessenabwägung als erschwerenden Aspekt. Dies ist konsequent, denn das Kündigungsrecht dient nicht der Sanktionierung privaten Fehlverhaltens; vielmehr ist abzuwägen, ob durch die private Äußerung des Beschäftigten auch die betrieblichen Interessen in einer Weise verletzt sind, die eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar macht (vgl. Fischer, jurisPR-ArbR 19/2016 Anm. 2).

Im Ergebnis zur Unwirksamkeit der außerordentlichen sowie der hilfsweise ordentlichen Kündigung gelangte das ArbG Mannheim in einem Urteil vom 19.2.2016 (6 Ca 190/15, rk.) mit folgendem Sachverhalt: Ein Mitarbeiter mit einer 14-jährigen Betriebszugehörigkeit hatte auf seinem Facebook-Profil ein Bild geteilt, welches das Eingangstor des Konzentrationslagers Ausschwitz mit der Torüberschrift „Arbeit macht frei“ zeigte. Unter diesem Bild befand sich folgender Text: „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“. Nachdem der Arbeitgeber diesen Post entdeckt und den Arbeitnehmer zur Rede gestellt hatte, entschuldigte sich dieser und entfernte das Bild. Das Unternehmen kündigte dennoch außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgerecht.

Nach Auffassung des ArbG Mannheim war zwar das Verhalten des Beschäftigten als vertragliche Nebenpflichtverletzung einzuordnen, da mit dem Post ein rassistisches und menschenverachtendes Gedankengut zum Ausdruck gebracht werde. Die Interessabwägung gehe aber trotz des fremdenfeindlichen Charakters der Äußerung zugunsten des Mitarbeiters aus, weil dieser eine mehr als 14-jährige beanstandungsfreie Betriebszugehörigkeit aufweise. Ferner habe er den Eintrag nach dem Anruf des Arbeitgebers sofort gelöscht und sich für sein Verhalten entschuldigt. Insoweit sei nicht davon auszugehen, dass er die Absicht gehabt habe, das Unternehmen durch sein Verhalten zu schädigen. Schließlich ging das Gericht zugunsten des Arbeitnehmers davon aus, dass sich dessen Verhalten auch nicht ruf- oder geschäftsschädigend ausgewirkt habe.

Hinsichtlich des letztgenannten Aspekts bildet die Entscheidung einen Gegenpol zum zuvor besprochenen Urteil des Sächsischen LAG, in welchem der rufschädigende Charakter des Verhaltens des Beschäftigten im Rahmen der Interessenabwägung zu dessen Lasten gewertet wurde. Das ArbG Mannheim berücksichtigte es umgekehrt in diesem Zusammenhang zugunsten des Mitarbeiters, dass es nicht zu einer Ruf- oder Geschäftsschädigung des Arbeitgebers gekommen sei.

Praxistipp

Ein wesentliches Element der Interessenabwägung ist die Länge der beanstandungsfreien Vorbeschäftigung. Ausgangspunkt der Kündigungsentscheidung sollte daher stets sein, ob entweder ein einschlägiges (wenn auch nicht sanktioniertes) Vorverhalten angeführt werden kann oder eine verhältnismäßig kurze Beschäftigungszeit gegeben ist; in beiden Fällen kann der Ausspruch einer Kündigung eher erwogen werden als bei Fehlen dieser Voraussetzungen. Ein positives Nachtatverhalten kann sich im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers auswirken; was es naheliegend erscheinen lassen kann, diesen nicht zuvor mit dem Vorwurf zu konfrontieren, sondern sogleich (freilich ggf. nach vorheriger Betriebsratsanhörung) die Kündigung auszusprechen. Wichtig ist stets, die Äußerung des Beschäftigten durch Screenshots zu dokumentieren, bevor dieser sie eventuell löscht.

Abschließend sei in dieser Fallgruppe auf ein Urteil des ArbG Gelsenkirchen vom 24.11.2015 (5 Ca 1444/15, rk.) hingewiesen. Dessen Gegenstand war die außerordentlich fristlose Kündigung gegenüber einem Mitarbeiter mit einer 16-jährigen Beschäftigungszeit innerhalb eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses; der Arbeitnehmer hatte eine ausländerfeindliche Hasstirade (u.a. „Ausländer sollten zusammen geschlagen werden und die Kinder die da raus endstehen sollten erschlagen werden“) auf seinem privaten Facebook-Profil verfasst. Das Arbeitsgericht hielt aufgrund der aus dem Verhalten ersichtlichen rechtsradikalen Gesinnung die außerordentliche fristlose Kündigung für rechtswirksam. Der Beschäftigte habe Missachtung gegenüber Ausländern kundgetan und diese Personen herabgewürdigt. Er sei verpflichtet, in seiner politischen Meinungsäußerung Zurückhaltung zu üben; dies gelte wegen der ihm obliegenden Loyalitätspflicht jedenfalls und ohne Einschränkung für die Äußerung rechtsextremer Ansichten. Die vorzunehmende Interessenabwägung gehe trotz der langen Betriebszugehörigkeit zu seinen Lasten aus. Aufgrund der Art und Weise der Äußerungen handele es sich um eine solch schwerwiegende Pflichtverletzung, die das Erfordernis einer vorherigen Abmahnung entfallen lasse.

 

„Wettbewerbsverstoß“ auf Xing?

Wohl mehr noch als bei privaten können Mitteilungen auf beruflichen Social-Media-Plattformen Anlass für eine Kündigung geben; dies gilt insbesondere mit Blick auf die vertragsimmanenten Wettbewerbs- und Nebentätigkeitsverbote.

In dem einem Urteil des LAG Köln vom 7.2.2017 (12 Sa 745/16) zugrunde liegenden Sachverhalt hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen eines Aufhebungsvertrags ein – auch ohnedies – bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehendes Wettbewerbsverbot explizit vereinbart. Noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entdeckte das Unternehmen auf Xing das Profil des Mitarbeiters mit der Angabe „Aktueller beruflicher Status: Freiberuflicher“. Es war der Auffassung, dass diese Angabe einen Verstoß gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot darstelle und kündigte außerordentlich fristlos. Besondere Brisanz erlangte diese Kündigung im entschiedenen Fall aufgrund einer weiteren Vereinbarung, die vorsah, dass bei einer „selbstverschuldeten“ außerordentlichen Kündigung ein Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Beschäftigten bestand.

In Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung (ArbG Aachen, Urt. v. 8.8.2016 – 6 Ca 995/16) sah das LAG Köln die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung als nicht gegeben. Zwar sei die Entfaltung einer Konkurrenztätigkeit während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses trotz entsprechenden Verbots an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Eine solche sei aber allein in der Angabe des Arbeitnehmers, freiberuflich zu sein, nicht zu sehen. Obwohl diese Angabe ohne Zweifel fehlerhaft sei, könne ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine unzulässige Wettbewerbshandlung angenommen werden. Darüber hinaus sei auch nicht ersichtlich, dass eine vorherige Abmahnung aussichtlos gewesen wäre, sodass die außerordentliche Kündigung ohnehin unverhältnismäßig sei.

In Trennungssituationen ist mit Blick auf etwaige Wettbewerbsverstöße allgemein zwischen bloßen Vorbereitungs- und (echten) Wettbewerbshandlungen zu unterscheiden. In Konsequenz hierzu hat das LAG Köln zutreffend in der bloßen Angabe des beruflichen Status auf Xing (noch) keine Wettbewerbshandlung gesehen.

 

Fazit

Der Gang durch die Rechtsprechung hat gezeigt, dass bei Pflichtverletzungen im Kontext mit Social Media die Frage, ob eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung rechtswirksam ist, regelmäßig im Rahmen der vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung entschieden wird. Die Erfolgsaussichten eines wahrscheinlichen Kündigungsschutzprozesses sind daher sehr sorgsam abzuwägen. Wichtig ist, basierend auf der vorhandenen Rechtsprechung eine möglichst stringente Argumentation zu entwickeln, die insbesondere die Aspekte der Schwere des Verstoßes sowie etwaiger Ruf und Geschäftsschädigungen für das Unternehmen in den Vordergrund stellt.

 

Mit freundlicher Genehmigung der HUSS-MEDIEN GMBH aus AuA 9/18, S. 504ff.