Management und Leadership – wider den Zeitgeist

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Foto von William Iven

„Wir versprechen Ihnen hier keine hochtrabenden Innovationen. Für uns ist es nicht entscheidend, ob etwas neu ist, sondern ob es funktioniert.“ Mit diesen Worten eröffnete Henning Böhne vom Malik Management Zentrum St. Gallen seinen Vortrag auf der Zukunft Personal und machte damit klar: Modewellen kommen und gehen, was zählt sind solide Managementansätze. So räumte er auch gleich mit dem Vorurteil auf, dass Management und Leadership im Gegensatz stünden. Während manche Unternehmen mit Managern eher nüchtere Fakten und Daten assoziierten, stellten sich viele unter einem Leader eine begeisternde Persönlichkeit vor, die mit Visionen und kommunikativem Geschick die Mitarbeiter antreiben. „Vision und Mut, die gibt es meistens in Unternehmen. Die Frage ist aber, was sind das für Visionen? Sind Sie auch für Kunden und Mitarbeiter nachvollziehbar?“, fragte Böhne in die Runde. Am neuen Markt hätten Unternehmen beobachten können, wohin zu viel Euphorie führen könne. Schon Helmut Schmidt habe gesagt: „Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen.“

Doch warum erzielen manche Führungskräfte bessere Ergebnisse als andere? Management sei ein ganz gewöhnlicher Beruf und dazu gehöre es, sein Handwerk zu beherrschen, betont Böhne. Der Werkzeugkasten aus St. Gallen enthält neben Aufgaben wie organisieren, entscheiden, für Ziele sorgen, kontrollieren und fördern von Menschen auch eine ganze Palette an Tools für den täglichen Gebrauch. Eines davon besteht darin, auf den Punkt zu kommen. Klarheit und Entbürokratisierung koste Zeit, lohne sich aber, so der Referent. Ebenso wie eine systematische „Müllabfuhr“: „Was sollen wir nicht mehr tun?“, das ist die Frage, die sich Führungskräfte laut Böhne öfter stellen sollten. Es gelte, sich Zeit für die wichtigen Dinge zu nehmen – nicht nur in Bezug auf die Aufgaben, sondern auch auf die Mitarbeiter.

Wichtiger als Charisma, rethorisches Geschick und Visionen sind für das Malik Management Zentrum Resultate. Manager müssten sich dafür eine Output-Mentalität zu Eigen machen. „Wir sollten für Ergebnisse anerkannt, sanktioniert und bezahlt werden“, so Böhne. Wichtig sei dabei auch, dass Führungskräfte nicht den Anspruch haben sollten, dass Arbeit Spaß mache. Das sei gefährlich, denn wie beim Fußball zählten allein die Ergebnisse: „Ob eine Mannschaft schön gespielt hat, interessiert am Ende keinen. Entscheidend ist das Ergebnis.“ Diversen Modewellen zum Thema Managementgrundsätze lehnte der Berater aus St. Gallen rigoros ab. So sei beispielsweise die Vorstellung, dass Führen nach dem Motto „keep it simple“ funktionieren könne, ein Fehlschluss. „Führen ist einfach zu verstehen, aber nicht einfach umzusetzen“, resümierte Henning Böhne.

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Was macht gute Führung aus?

Wie verschieden die Ansichten zum Thema Führung sein können, zeigte sich in der Podiumsdiskussion des GABAL Verlages – keine leichte Aufgabe für Moderator Bodo Schäfer, der die Fäden in der höchst kontrovers geführten Diskussion in der Hand behielt. So stellte Prof. Walter Simon bereits in Frage, dass Führung überhaupt nötig sei. „Viele Bereiche funktionieren ohne, zum Beispiel die Hochschulen. Der Übergang zur Wissensgesellschaft wird dies noch weiter fördern“, prophezeite der Gründer des Corporate University Centers Bad Nauheim. Moderne Ansätze zur Verbesserung des Führungsstils verwarf der Professor als pure Modeerscheinungen und Geldmacherei. Entsprechend belustigt reagierte er auf die Aussagen seiner Sitznachbarin Susanne Kleinhenz, die unter anderem Managementtrainings mit Pferden anbietet. „Wir haben es doch wohl mit vernunftorientierten und nicht mit futtergesteuerten Wesen zu tun“, sprach Simon dieser Methode jeglichen Sinn ab. „Jeder Mensch braucht Führung – insbesondere Führung von sich selbst“, betonte ihrerseits die Autorin des Buches „Das 21. Jahrhundert ist weiblich“. Ihrer Meinung nach benötigen Führungskräfte insbesondere Charisma.

Auch der bekannte Trainer Boris Grundl widersprach Simon. „Kein System ist denkbar ohne Führung. Ohne sie wäre ich heute nicht hier“, betonte der Rollstuhlfahrer, der vor einem schweren Unfall zunächst eine Karriere als Tennisspieler gestartet hatte. Gute Führung zeichne sich durch Einfachheit und Klarheit aus, erklärte Grundl, der aus dieser Warte „Oberideale und Modewellen“ ablehnt. „Wir müssen die Werkzeuge definieren und unser Handeln nachvollziehbar machen.“ Führungskräfte, die an sich arbeiteten, entwickelten zwangsläufig Lust, andere zu entwickeln, glaubt Grundl. „Ich habe gemerkt, wie viel Spaß das macht.“ Für mehr Transparenz in der Führung sprach sich auch Diplompsychologin Anne-Katrin Matyssek aus. Die Mehrzahl der Chefs pflegten einen ironischen Sprachstil und stellten nur noch ein Pokerface zur Schau, kritisierte sie. Dr. Jörg-Peter Schröder (Future Systems Consulting) gab zu bedenken, dass Personen oft auf Grund von Leistung und Expertise in Führungspositionen befördert würden. „Das bedeutet aber nicht, dass diese Menschen auch Führungsgeschick in Form des nötigen Fingerspitzengefühls besitzen.“

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Identifikation qualifizierter Führungskräfte im öffentlichen Sektor

Bei der Suche nach qualifizierten Führungskräften hat es der öffentliche Sektor doppelt schwer – zum einen steigt die Nachfrage nach Talenten, zum anderen genießt die Verwaltung keinen besonders guten Ruf: „Sie ist ein bisschen verschrien“, eröffnete Moderatorin Ute Klöker die Podiumsdiskussion der Fachzeitschrift „innovative Verwaltung“ im Rahmen der Themenreihe „Personal und Verwaltung“. Elke Holzrichter zeigte sich überzeugt, dass dem öffentlichen Sektor zu Unrecht ein schlechtes Image anhaftet. „Es passiert sehr viel in den Kommunen. Wir sind gar nicht so verstaubt“, betonte die Programmbereichsleiterin „Personalmanagement” von der kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt). Im Konkurrenzkampf mit der freien Wirtschaft ließen sich die Gemeinwohlorientierung und der hohe Sinngehalt der Arbeit in die Waagschale werfen: „Wirkungen beim Bürger zu erzielen, ist eine wunderbare Aufgabe“, betonte Holzrichter. Malte Dahlhoff, Leiter Aus- und Fortbildung der Stadt Hamm, ergänzte, dass die neue leistungsorientierte Bezahlung nach TVöD in Kombination mit guten Arbeitsbedingungen helfen werde, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu binden.

„Eigentlich müssten wir im eigenen Saft braten“, erklärte Dr. Thomas Lambertz von der Stadt Duisburg – für die Verwaltung einer der ärmsten Großstädte Deutschlands gelte theoretisch ein absoluter externer Einstellungsstopp. Da sich die Ansprüche an Führungskräfte durch das neue kommunale Finanzmanagement geändert hätten, sei es jedoch nicht möglich, alle Stellen aus den eigenen Reihen zu besetzen. Zudem müssten noch Instrumente zur Beurteilung gefunden werden. So befand der Leiter des Personalamtes den Einsatz von Assessment Centern zur Auswahl lang gedienter Mitarbeiter als „unpassend“. „Wir müssen ihnen die Chance geben, sich beruflich zu profilieren“, meinte Lambertz. Eine andere Ansicht vertrat Elke Holzrichter, die sich eindeutig für Assessment Center zur Identifikation von Leistungsträgern aussprach. „Das Auswahlverfahren sorgt für Transparenz und für Akzeptanz des Erwählten“, erklärte sie. Auf diese Weise bleibe er frei vom Verdacht, dass Mauschelei im Spiel war. Im öffentlichen Dienst stelle sich öfter die Frage, ob „Parteibuch oder Qualifikation“ den Ausschlag gaben, bestätigte Dr. Lambertz.

Die Besetzung von gehobenen Positionen erfolge kaum über das Internet oder über teure Head Hunter, erklärte Elke Holzrichter. Durchaus üblich sei das Abwerben von Talenten aus Nachbarkommunen – wie Thomas Lambertz von der Stadt Duisburg als Leidtragender bestätigte. Während E-Recruiting bei Führungskräften noch unüblich sei, bewürben sich mittlerweile 90 Prozent der Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz in der Verwaltung wünschten, online. „Wir nutzen Jobbörsen, beobachten Mitarbeiter über eine längere Zeit und bieten auch Quereinsteigern eine Chance“, fasste Lambertz zusammen. Malte Dahlhoff sprach sich für ein „Konglomerat aus verschiedenen Elementen“ zur strukturierten Personalauswahl aus, das beispielsweise interne Ausschreibungen und eine gezielte Nachwuchskräfteförderung umfasse. Weil die Mitarbeiter in der Regel bis zur Pensionierung in der Verwaltung beschäftigt blieben, sei die richtige Besetzung der Stellen umso wichtiger, gab Dahlhoff zu bedenken.

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Führungsqualität messen und verbessern

 

Mit den finanziellen Schwierigkeiten im Gesundheitswesen rückt das Thema Führung in den Blickpunkt von Pflegeeinrichtungen. Wie Organisationen im Gesundheitswesen mit Hilfe von verschiedenen Methoden ihre Führungsqualität steigern können, stellte deshalb Moderator Thomas Webers, Redakteur des Coaching Reports, am 11. September in einer Podiumsdiskussion der Themenreihe „Personal und Pflege“ in den Mittelpunkt. „Führungskräfte im Gesundheitswesen stehen quasi am Fließband“, erklärte Dr. Dirk V. Seeling, Geschäftsführer der Beratung personal-point. Deshalb benötigten sie Kompetenzen, die nicht unbedingt mit denen von Leadern in der freien Wirtschaft vergleichbar seien. Da Ärzte und Stationsleiter selbst in die praktische Arbeit einbezogen wären, müssten sie ihre Führungsaufgaben in Aktion erledigen. Hinzu komme die Einstellung der Belegschaft. „Die Mitarbeiter im Gesundheitswesen sind sehr intrinsisch motiviert“, bestätigte Frank Hauser vom Great Place to Work Institut. Nur ein spezielles Benchmarking könne im Gesundheitswesen dem Aspekt der spezifischen Mitarbeitermotivation vollständig gerecht werden. „Das hat uns dazu bewogen, einen eigenen Preis für das Gesundheitswesen ins Leben zu rufen“, erklärte er. Das Great Place to Work Institute Deutschland hat in diesem Jahr erstmals die Auszeichnung „Beste Arbeitgeber im Gesundheitswesen“ vergeben. Grundlage ist eine ausführliche Mitarbeiterbefragung sowie ein Kultur-Audit, das aus einem Gespräch mit den Personalverantwortlichen besteht.

Seeling setzt hingegen auf ein 360-Grad-Feedback, bei dem auch die Kunden mit einbezogen werden. Dr. med. Roger Schmid, Facharzt für Anästhesiologie in der Klinik Links vom Rhein, hat von dieser Befragungsform Gebrauch gemacht. Für ihn kam es vor allem darauf an, mehr Struktur in seine vergleichsweise kleine Einheit zu bringen. „Nur so sind wir überlebensfähig“, erklärte Schmid. Für die Barmherzigen Brüder Trier e.V. war hingegen die praktische Auseinandersetzung mit den eigenen Werten der Grund, eine Mitarbeiterbefragung durchzuführen. Wie der Leiter der Stabstelle Unternehmensentwicklung, Andreas Einig, berichtete, entschieden sich die Barmherzigen Brüder für die Mitarbeiterbefragung im Rahmen des Great Place to Work Auszeichnung, weil den Führungskräften aus dem Orden die Meinung der Mitarbeiter sehr wichtig sei. „Außerdem profitieren wir selbstverständlich von der Auszeichnung, die unser Klinikum Koblenz dabei bekommen hat“, fügte Einig hinzu.

Thematisch geht es bei Befragungen im Gesundheitswesen Seeling zufolge hauptsächlich um Kernaufgaben von Führungskräften, die sich nicht delegieren lassen: Mitarbeiter loben, Ziele transportieren, Prozesse in der Organisation koordinieren und kontrollieren. Hauser ergänzte dieses Spektrum um Fragen zur persönlichen Integrität der Führung, der Gesundheitsförderung oder Work-Life-Balance. Der Knackpunkt jeder Mitarbeiterbefragung sei vor allem der anschließende Dialog mit den Mitarbeitern, so Einig. „Es ist wichtig eine Kultur des Feedbacks herauszubilden, die als Geschenk verstanden wird.“ Schmid gab zu, dass das nicht immer so einfach gelinge. Die Bewertung von Kollegen könne auch leicht zu Missverständnissen führen. Um dem vorzubeugen, sollten die Einrichtungen im Vorfeld ihre Führungskräfte genau informieren, welche Intention hinter der Befragung stehe und was auf sie zukomme. Das A und O jeder Befragung seien die Konsequenzen, waren sich die Diskutanten einig. Schmid betonte abschließend: „Mit einer Befragung steigt die Erwartungshaltung des Personals, die es zu erfüllen oder zu übertreffen gilt.“

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