von Markus Dreyer, Director Business Development RPO DACH, ManpowerGroup Talent Solutions Deutschland

Wirtschaftliche Unsicherheit, Fachkräftemangel, neue Technologien: HR-Teams jonglieren heute mit vielen Herausforderungen gleichzeitig. Gleichzeitig kämpfen viele Unternehmen mit einem paradoxen Befund: Während die Einstellungswellen der vergangenen Jahre abgeebbt sind und interne Recruiting-Teams verkleinert wurden, bleibt gleichzeitig der Bedarf an qualifizierten Fachkräften hoch. Genau hier zeigt sich ein klarer Trend: Weg von starren Inhouse-Strukturen, hin zu skalierbaren, externen Lösungen: Recruitment Process Outsourcing (RPO) bietet die nötige Flexibilität und Expertise, um kurzfristige Engpässe zu überbrücken, Spezialwissen ins Unternehmen zu holen und Kosten besser zu steuern.
HR-Abteilungen im Wandel – zwischen Fachkräftemangel und Budgetdruck
Interne Recruiting-Teams können den geschilderten Spagat häufig nicht allein bewältigen: Zu stark schwanken die Bedarfe, zu schnell verändern sich die Anforderungen an Skills, Tools und Prozesse. Dabei sollen Personalabteilungen einerseits Budgets einhalten, andererseits müssen sie Engpässe in Schlüsselbereichen wie IT, Ingenieurwesen oder Produktion schnell schließen. Wie soll das bitte funktionieren? Diese Frage hören wir zunehmend in den Gesprächen mit unseren Kunden. Hinzu kommen der demografische Wandel, steigende Kosten und globale Marktverwerfungen – man möchte eigentlich fragen: Quo Vadis Personalplanung? Recruiting muss heute gleichzeitig agil, präzise und kostensensitiv funktionieren. Unternehmen, die sich auf einen festen Personalapparat verlassen, riskieren Leerlauf in schwachen Phasen und Überlastung in Spitzenzeiten. Was wir in der Praxis sehen: Klassische HR-Strukturen gelangen hier schnell an ihre Grenzen. Unternehmen hingegen, die heute schon auf modulare RPO-Lösungen setzen, rekrutieren schneller, gezielter und oft günstiger.
Einfach „Luft holen“ können: Warum modulare Workforce-Lösungen jetzt gefragt sind
Der Erfolg moderner RPO-Modelle liegt in ihrer Anpassungsfähigkeit. Immer mehr Unternehmen setzen auf modulare, bedarfsorientierte Lösungen. Dabei werden gezielt jene Prozessschritte ausgelagert, die aktuell den größten Engpass darstellen – zum Beispiel Active Sourcing, Bewerbermanagement, Interviewkoordination oder Employer-Branding-Kampagnen. Das Ergebnis ist eine „atmende“ Recruiting-Struktur, die sich je nach Projektphase, Region oder Fachbereich flexibel anpassen lässt. Unternehmen zahlen nur für tatsächlich genutzte Kapazitäten – und gewinnen gleichzeitig Zugang zu erfahrenen Recruiting-Expertinnen und -Experten, modernen Technologien und globalen Talentpools. Diese Flexibilität ist besonders in Phasen hoher Dynamik entscheidend. Wenn kurzfristig neue Projekte starten oder Produktionskapazitäten erweitert werden, lässt sich das Recruiting-Team mit On-Demand-Recruitern schnell aufstocken. Geht die Nachfrage zurück, können Kapazitäten wieder reduziert werden, ohne Know-how oder Strukturen zu verlieren. Ein weiterer wesentlicher Vorteil liegt in der Kostenlogik: RPO-Modelle werden leistungsbasiert und transparenter gesteuert als klassische Vermittlungsprovisionen. In vielen Fällen liegen die Besetzungskosten pro Rolle deutlich unter klassischen Vermittlungsprovisionen, was ab mittleren Volumina besonders effizient ist. Mit On-Demand-Recruiting können aber auch kleinere Peaks wirtschaftlich abgebildet werden. Da viele Unternehmen ihre interne Cost-per-Hire nicht durchgehend messen, hilft bei Bedarf ein KPI-Assessment, um zum Start eine belastbare Entscheidungsgrundlage zu schaffen.
Ist die klassische HR-Abteilung ein Auslaufmodell?
Aus meiner Sicht ist es ganz das Gegenteil. Die HR-Funktion bleibt zentral, verändert aber ihre Rolle. Sie wird zunehmend zum strategischen Enabler, der interne Ressourcen mit externen Partnern orchestriert. RPO ist in diesem Zusammenspiel kein Ersatz, sondern eine Erweiterung der eigenen Fähigkeiten – ein Werkzeug, das Geschwindigkeit, Marktkenntnis und Skalierbarkeit liefert, ohne den kulturellen Kern der Organisation zu gefährden. In der Praxis bedeutet das: Unternehmen können bestimmte Funktionen dauerhaft auslagern, während andere temporär unterstützt werden. So entsteht eine hybride Organisationsstruktur, die nicht auf starre Strukturen setzt, sondern auf Beweglichkeit. Die Bandbreite reicht vom punktuellen Peak-Management bis zum End-to-End-Betrieb der gesamten Talent-Acquisition – auf Wunsch erweitert um Talent-Management-Module wie internes Mobility-Sourcing, Skills-Mapping oder Career-Development. In diesen Setups wird RPO zum strategischen People-Partner mit mehrjährigem Horizont.
Workforce-Intelligenz: Wer seine Daten nicht kennt, verliert den Anschluss
Die zunehmende Integration von Technologie verändert auch die Art und Weise, wie RPO funktioniert. Moderne Tools für automatisiertes Sourcing, KI-gestütztes Matching oder Datenanalysen schaffen Transparenz über Talentmärkte, Bewerberverhalten und Recruiting-Kennzahlen. Diese datenbasierte Steuerung ermöglicht präzisere Entscheidungen – etwa zur optimalen Besetzungsdauer, den effektivsten Kanälen oder zur Qualität der Bewerber. Gleichzeitig verschiebt sich der Fokus weg von der reinen Prozessoptimierung hin zu einer strategischen Workforce-Intelligenz. Unternehmen, die über RPO Zugang zu Markt- und Talentdaten erhalten, können frühzeitig auf Trends reagieren: Wo entstehen neue Kompetenzfelder? Wie verändern sich Gehaltsstrukturen? Welche Regionen entwickeln sich zu Talent-Hubs? Operativ fügt sich ein RPO-Team in die bestehende Infrastruktur ein und arbeitet auf Wunsch in den HR-Systemen des Unternehmens, übernimmt definierte Prozessschritte unter der Arbeitgebermarke des Kunden und sichert so eine konsistente Candidate Experience – vom ersten Kontakt bis zum Vertrag.
On-Demand-Recruiting als Schnellboot der Talentgewinnung
Eine besonders dynamische Ausprägung des RPO ist das On-Demand-Recruiting. Hier werden erfahrene Recruiting-Spezialisten kurzfristig in bestehende Teams integriert – zum Beispiel, um Engpässe zu überbrücken. Diese Experten arbeiten mit den gleichen Tools, Prozessen und Qualitätsstandards wie interne Teams, sind jedoch innerhalb weniger Tage einsatzbereit. Geht die Nachfrage zurück, werden diese Kapazitäten wieder reduziert.
Während klassische Recruiting-Prozesse oft träge und langsam sind, ist On-Demand-Recruiting somit das „Schnellboot“: flexibel, präzise und hocheffizient. Unternehmen profitieren von schneller Skalierbarkeit, verkürzten Time-to-Hire-Zeiten und klar planbaren Kosten. Gleichzeitig behalten sie die volle Kontrolle über ihre Candidate Experience und Arbeitgebermarke.
Ausblick: Die Zukunft der Personalgewinnung ist hybrid
Die nächsten Jahre werden geprägt sein von wachsender Unsicherheit – aber auch von enormen Chancen. Denn Engpässe sind selten national zu lösen. Internationale Sourcing-Teams, mehrsprachige Recruiterinnen und Recruiter sowie Talentmobilität werden zu zentralen Hebeln. Globale RPO-Partner wie Talent Solutions können länderübergreifend skalieren und Talentströme dorthin lenken, wo sie den größten Business-Impact erzeugen. Mit der rasanten Entwicklung in KI und HR-Tech wächst zudem der Abstand zwischen Organisationen, die Recruiting datenbasiert und skalierbar steuern – und jenen, die weiter mit starren Strukturen arbeiten. Wer jetzt in Agilität, Internationalisierung und Technologie investiert, verschafft sich einen klaren Wettbewerbsvorteil. Recruiting wird zunehmend zu einem differenzierenden Faktor.
Fazit
RPO ist längst kein Outsourcing-Tool mehr, sondern ein strategischer Hebel für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit und moderne Talentgewinnung. Es bietet Unternehmen die Fähigkeit, flexibel zu bleiben, Expertise gezielt einzukaufen und Ressourcen intelligent zu steuern. Die Personalbeschaffung der Zukunft ist hybrid, skalierbar – und datengetrieben. Unternehmen, die diesen Wandel frühzeitig gestalten, gewinnen doppelt: Sie sichern sich die besten Talente und stärken zugleich ihre Resilienz gegenüber den Unsicherheiten von morgen. Nicht mehr nur die Frage „Wen stellen wir ein?“, sondern „Wie schnell und effizient können wir reagieren?“ entscheidet über Erfolg. HR-Teams, die RPO intelligent nutzen, gewinnen Zeit und Handlungsspielraum. Sie können sich auf strategische Aufgaben wie Talentbindung, Entwicklung und Kultur konzentrieren, während operative Recruiting-Prozesse beim Partner mit hoher Geschwindigkeit und Präzision ablaufen.
Autoreninfo:
Markus Dreyer ist Director Business Development RPO DACH bei Talent Solutions. Er berät Unternehmen beim Aufbau agiler Rekrutierungsmodelle – von On-Demand-Recruiting über projektbasierte RPO-Lösungen bis zu End-to-End-Programmen.
LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/markus-dreyer-152071134/












