BAG, Urteil vom 14. Dezember 2010, 9 AZR 631/09

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Ein Arbeitnehmer hatte aufgrund der Regelungen seines Arbeitsvertrages das Recht, den ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Dienstwagen auch privat zu nutzen. Den damit verbundenen geldwerten Vorteil hatte er nach den üblichen steuerlichen Regelungen zu versteuern.

In der Zeit vom 3. März 2008 bis 14. Dezember 2008 war der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt. Der sechswöchige Entgeltfortzahlungsanspruch hatte am 13. April 2008 geendet. Im November 2008 forderte der Arbeitgeber den erkrankten Arbeitnehmer dann zur Herausgabe des Dienstwagens auf, woraufhin jener das Fahrzeug – allerdings „unter Protest“ – am 13. November 2008 abgab. Nach Wiederaufnahme der Arbeit am 18. Dezember 2008 stellte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wieder einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Der Arbeitnehmer indes war mit der vorangegangenen Rückgabe des Dienstwagens nicht einverstanden und verlangte vom Arbeitgeber für die Zeit vom 13. November 2008 bis 15. Dezember 2008 Schadensersatz wegen der in dieser Zeit entzogenen Privatnutzungsmöglichkeit.

Die Klage des Arbeitnehmers wurde in allen drei Instanzen abgewiesen. Das Bundesarbeitsbericht (BAG) hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Gebrauchsüberlassung eines PKWs auch zur privaten Nutzung grundsätzlich eine Gegenleistung für die geschuldete Arbeit darstelle. Es handle sich um einen Sachbezug und werde daher auch wie ein Sachbezug versteuert. Die zur Verfügungstellung des Fahrzeuges sei folglich Teil des geschuldeten Arbeitsentgeltes und damit Teil der Arbeitsvergütung. Daher habe der Arbeitnehmer auch nur solange einen Anspruch auf private Nutzung des Dienstwagens, wie der Entgeltfortzahlungsanspruch bestehe.

Mit anderen Worten: Während der ersten sechs Wochen einer Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber nicht nur die Vergütung zahlen, sondern dem Arbeitnehmer auch den zur privaten Mitnutzung überlassenen Dienstwagen weiterhin überlassen. Dann endet jedoch regelmäßig die Entgeltfortzahlungsverpflichtung und parallel auch die Verpflichtung zur Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung. Für die restliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber das Fahrzeug ohne Ausgleichszahlung zurückfordern.

TIPP:

Die besprochene Entscheidung sollte Anlass geben, die bestehenden Arbeitsvertragsmuster oder Muster von Überlassungsvereinbarungen für Dienstwagen unverzüglich durchzusehen und die Regelungen anzupassen. Dort sollte ausdrücklich geregelt werden, dass der Anspruch auf Überlassung eines Dienstwagens (auch für private Zwecke) nur solange besteht, wie der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist und dass bei fehlendem Entgeltfortzahlungsanspruch das Fahrzeug auf Verlangen des Arbeitgebers bis zur Wiederaufnahme der Tätigkeit beziehungsweise bis zur Wiederherstellung des Entgeltfortzahlungsanspruchs an diesen herauszugeben ist.

Die vorliegende Entscheidung ist im Übrigen nicht nur bei krankheitsbedingter Entgeltfortzahlung von Bedeutung. Ähnliches muss, vorbehaltlich anderer vertraglicher Festlegungen, auch gelten, wenn Arbeitnehmer aus anderen Gründen nicht beschäftigt werden und kein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht – beispielsweise während der Elternzeit, im Falle von Sonderurlaub ohne Entgeltfortzahlung, bei unentschuldigtem Fehlen des Arbeitnehmers oder wenn das Arbeitsverhältnis ruht.

Wichtig ist auch dabei, dass die zugrundeliegenden Verträge angepasst werden und die (neuen) Regelungen den Anforderungen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechen. Deshalb sollten Arbeitgeber bei der Gestaltung entsprechender Vertragsklauseln internen oder externen arbeitsrechtlichen Sachverstand in Anspruch nehmen.