Witwerrente auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartner

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Foto von Austin Distel

Gleichgeschlechtliche Lebenspartner können auch dann einen Anspruch auf eine Witwerrente aus einem berufsständischen Versorgungswerk haben, wenn die Satzung des Versorgungswerks einen solchen Anspruch nur für überlebende Ehegatten vorsieht. Diese Einschränkung kann eine unzulässige Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich überlebende Ehegatten und Lebenspartner in Bezug auf diese Versorgung in einer vergleichbaren Situation befinden. In diesem Fall greift die Richtlinie 2000/78/EG. Sie gilt zwar nicht für Sozialleistungen, sondern nur für Arbeitsentgelt oder einem Arbeitsentgelt gleichgestellte Leistungen. Die Witwerrente ist aber grundsätzlich als Arbeitsentgelt einzuordnen, denn das Versorgungssystem finanzieren ausschließlich die Arbeitsvertragsparteien. Außerdem bemisst sich die Höhe der Hinterbliebenenversorgung nach der Versicherungsdauer des Arbeitnehmers und der Höhe der von ihm entrichteten Beiträge. Sie hat ihre Grundlage somit im Arbeitsverhältnis des verstorbenen Partners.

EuGH Urt. v. 01.04.2008 – C-267/06

Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung von Studienkosten

Da der Arbeitnehmer Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist, unterliegen vom Arbeitgeber vorformulierte Vertragsbedingungen nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch dann der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, wenn sie nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und verständlich darzustellen. Ein Verstoß gegen das sich daraus ergebende Transparenzgebot liegt vor, wenn in einem Arbeitsvertrag eine ratenweise Rückzahlung der Weiterbildungskosten nur bei einer Anschlusstätigkeit beim Arbeitgeber in Betracht kommen soll, Art und Vergütung der Tätigkeit aber nicht festgelegt sind. Für den Arbeitnehmer ist insoweit unklar, ob überhaupt und – wenn ja – mit welcher Tätigkeit und Vergütung er eingestellt werden soll. Eine derart lückenhafte Vertragsgestaltung eröffnet dem Arbeitgeber ungerechtfertigt weitgehende Entscheidungsspielräume, deren Auswirkungen für den Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar sind.

BAG Urt. v. 18.03.2008 – 9 AZR 186/07

Anhörung des Arbeitnehmers vor außerordentlicher Verdachtskündigung

In der Praxis kann nicht nur die Vollendung einer Straftat, sondern auch der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder sonstigen schweren Pflichtverletzung, ein wichti-ger Grund zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers sein. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer aber vor Ausspruch der Kündigung zu den gegen ihn bestehenden Verdachtsmomenten anhören. In der Anhörung muss er dem Arbeitnehmer den erhobenen Vorwurf so darlegen, dass er dazu Stellung nehmen kann. Dabei kann der Arbeitnehmer allerdings keine überzogenen Anforderungen stellen. Weiß der Arbeitnehmer hinsichtlich welcher Straftaten der Verdacht beim Arbeitgeber besteht, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, solange abzuwarten, bis der Arbeitnehmer die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft eingesehen hat. Teilt der Arbeitnehmer mit, dass er sich zu den Vorwürfen nicht äußern wolle, obwohl ihm die Möglichkeit für eine Äußerung gegeben wurde, reicht dies für eine ordnungsgemäße Anhörung aus.

BAG Urt. v. 13.03.2008 – 2 AZR 961/06

Austausch von Arbeitnehmern durch Subunternehmer kann betriebsbedingte Kündigungen rechtfertigen

Nach § 1 Abs. 2 KSchG können Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis betriebsbedingt kündigen, wenn das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfällt. Entschließt sich der Arbeitgeber die bisher von seinen Arbeitnehmern ausgeübten Tätigkeiten in Zukunft durch selbstständige Subunternehmer ausführen zu lassen, rechtfertigt dies grundsätzlich betriebsbedingte Kündigungen. Eine derartige Umgestaltung des Betriebes ist als freie Unternehmerentscheidung von den Gerichten nicht auf ihre organisatorische oder betriebswirtschaftliche Zweckmäßigkeit zu prüfen, sondern nur darauf, ob sie willkürlich oder sonst missbräuchlich erfolgt ist. An diesem Ergebnis ändert sich grundsätzlich auch dann nichts, wenn der Arbeitgeber den bislang bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern anbietet, ihre bisherige Tätigkeit als selbstständige Unternehmer fortzuführen. Die den gekündigten Arbeitnehmern zu diesem Zweck vorgelegten neuen Verträge unterlagen in dem entschiedenen Fall nicht dem für Arbeitsverhältnisse kennzeichnenden Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Ort sowie Art und Weise der Arbeitsleistung. Außerdem war festgelegt, dass die gekündigten Arbeitnehmer als potenzielle selbstständige Unternehmer die Leistungen nicht in Person erbringen müssen, sondern auch Dritte hierfür einsetzen können.

BAG Urt. v. 13.03.2008 – 2 AZR 1037/06

Wann gilt ein Handelsvertreter vor dem Arbeitsgericht als Arbeitnehmer?

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Handelsvertreter gelten nach § 5 Abs. 3 ArbGG nur dann als Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000,00 € aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Aufwendungsersatz bezogen haben. Bei der Ermittlung der nach § 5 Abs. 3 ArbGG anzusetzenden Beträge sind alle unbedingt entstandenen Ansprüche des Handelsvertreters zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang sie erfüllt sind. Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich bezogenen Vergütung im Geschäftsbetrieb des Handelsvertreters entstandene Aufwendungen, die von dem Unternehmer nicht zu erstatten sind.

BGH Urt. v. 12.02.2008 – VIII ZB 3/07

Entschädigungsanspruch wegen diskriminierender Nichteinstellung

Eine unzulässige Benachteiligung im Einstellungsverfahren und damit ein Entschädigungsanspruch aus §§ 15 Abs. 2, 6 Abs. 2 AGG kommt nur in Betracht, wenn der Bewerber für die zu besetzende Stelle objektiv geeignet ist. Außerdem ist eine subjektiv ernsthafte Bewerbung erforderlich. Hieran kann es fehlen, wenn der Bewerber bereits einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht, dabei erheblich mehr verdient als bei der ausgeschriebenen Stelle und auch andere Gründe für einen Stellenwechsel nicht ersichtlich sind.

LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 11.01.2008 – 6 Sa 522/07

Personenbedingte Kündigung bei Krankheit

Will der Arbeitgeber eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen ist diese unter anderem nur dann sozial gerechtfertigt, wenn die prognostizierten Fehlzeiten auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen, etwa durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Woche pro Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten, zu einer derartigen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen. Entgeltfortzahlungskosten können aber auch dann als wirtschaftliche Belastung zu berücksichtigen sein, wenn sie zum Teil aus einem Tronc (Opferstock/Trinkgeldkasse) bezahlt werden und damit zugleich die Vergütungsansprüche anderer Arbeitnehmer schmälern.

BAG Urt. v. 08.11.2007 – 2 AZR 292/06

Unzulässige Rechtsausübung bei Verjährungseinrede

§§ 195, 199 BGB regeln die Verjährung von Ansprüchen. Die Verjährungsfrist beträgt danach grundsätzlich drei Jahre. Will sich der Schuldner darauf berufen, dass der Anspruch des Gläubigers bereits verjährt ist, muss er eine so genannte Verjährungseinrede erheben. Ein Gericht prüft nicht von Amts wegen, ob Verjährung eingetreten ist. Die Verjährungseinrede stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten von der Erhebung der Klage abgehalten oder ihn nach objektiven Maßstäben zu der Annahme veranlasst hat, er werde den Anspruch auch ohne Rechtsstreit vollständig erfüllen. Ein Rückschluss auf die uneingeschränkte Leistungsbereitschaft des Schuldners ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn sich aus den Umständen klar und eindeutig ergibt, dass der Schuldner die Forderung trotz des Eintritts der Verjährung erfüllen wird.

BAG Urt. v. 07.11.2007 – 5 AZR 910/06