Schadensersatzanspruch bei unrichtiger Auskunft des Arbeitgebers

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Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer schuldhaft eine falsche Auskunft erteilt (hier: über die Auswirkungen der Freistellungsphase der Altersteilzeit auf den Bewährungsaufstieg), kann der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz haben. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die falsche Auskunft direkt zu einem Schaden geführt hat, der Nachteil also ohne die Pflichtverletzung des Arbeitgebers nicht eingetreten wäre. Dabei hat der Arbeitnehmer aber die Darlegungs- und Beweislast.

BAG Urt. v. 04.05.2010 – 9 AZR 184/09

Karenzentschädigung auch bei nur teilweise zulässigem Wettbewerbsverbot

Dient ein Wettbewerbsverbot nur teilweise berechtigten geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers und ist es daher gemäß § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB nur teilweise verbindlich und beachtet der Arbeitnehmer außerdem den zulässigen Teil des Verbots, hat er Anspruch auf Karenzentschädigung vom Arbeitgeber. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot insgesamt beachtet.

BAG Urt. v. 21.04.2010 – 10 AZR 288/09

Keine AGG-Entschädigung bei Benachteiligung wegen Herkunft aus Ostdeutschland

Eine Benachteiligung Ostdeutscher im Bewerbungsverfahren stellt keine entschädigungspflichtige Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft im Sinne des § 1 AGG dar. Auch wenn die Bezeichnung als „Ossi“ diskriminierend sein kann oder so empfunden werden kann, verfügen Ost- und Westdeutsche über keine unterschiedliche ethnische Herkunft.

ArbG Stuttgart Urt. v. 15.04.2010 – 17 Ca 8907/09

Anspruch auf ständige Wechselschichtzulage auch während des Urlaubs

Der Anspruch auf eine Zulage für ständige Wechselschichtarbeit gemäß dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für kommunale Krankenhäuser geltenden Fassung (TVöD-K) besteht grundsätzlich auch während des Urlaubs des Arbeitnehmers oder für Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Die Rechtslage hat sich somit gegenüber der früheren tariflichen Regelung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) verändert.

BAG Urt. v. 24.03.2010 – 10 AZR 58/09

Arbeitgeber dürfen Dienstwagenüberlassung nicht pauschal aus wirtschaftlichen Gründen widerrufen

Eine in einem vorformulierten Vertrag enthaltene Klausel, wonach der Arbeitgeber die Überlassung eines Dienstwagens an den Arbeitnehmer aus wirtschaftlichen Gründen widerrufen kann, ist unwirksam. Hierin liegt eine unzumutbare Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB, weil für diesen nicht erkennbar ist, wann der Arbeitgeber die wirtschaftlichen Gründe als gegeben ansieht.

BAG Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09

Nebentätigkeit für Konkurrenz kann zulässig sein

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es einem Arbeitnehmer zwar grundsätzlich untersagt, während des rechtlichen Bestandes eines Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit zum Nachteil des Arbeitgebers aufzunehmen. Etwas anderes soll aber für Nebentätigkeiten gelten, denen jede unterstützende Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen abzusprechen ist. Eine weitere Einschränkung kann sich aus Tarifverträgen ergeben, wenn diese nur eine unmittelbare Wettbewerbstätigkeit verbieten.

BAG Urt. v. 24.03.2010 – 10 AZR 66/09

Übernahmeprovision für Leiharbeitgeber muss nach Dauer des vorangegangenen Verleihs gestaffelt sein

Die Höhe der in den AGB eines Leiharbeitgebers festgesetzten Vergütung, die der Entleiher ihm zu zahlen hat, ist grundsätzlich nicht mehr angemessen im Sinne des § 9 Nr. 3, 2. Halbsatz AÜG, wenn sie nicht nach der Dauer des vorangegangenen Verleihs gestaffelt ist. Eine solche Vereinbarung verstößt gegen § 9 Nr. 3, 1. Halbsatz AÜG und ist unwirksam. Demnach muss der Betrag für eine Vermittlungsprovision mit der Überlassungsdauer sinken.

BGH Urt. v. 11.03.2010 – III ZR 240/09

Private Internetnutzung rechtfertigt nicht immer Kündigung

Auch wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die Nutzung des betrieblichen Internetanschlusses zu privaten Zwecken ausdrücklich untersagt hat, rechtfertigt ein Verstoß hiergegen nicht automatisch eine außerordentliche Kündigung. Der Arbeitgeber muss grundsätzlich zunächst eine Abmahnung aussprechen, bevor er verhaltensbedingt kündigen kann. Zudem muss es beim Arbeitnehmer zu einer erheblichen Leistungsbeeinträchtigung gekommen sein. Deshalb muss der Arbeitgeber auf jeden Fall die jeweilige Dauer der Internetnutzung darlegen.

LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 26.02.2010 – 6 Sa 682/09

Wenn Arbeitgeber gegen Nachweisgesetz verstoßen, drohen Nachteile

Hat ein Arbeitgeber entgegen § 2 NachwG keinen schriftlichen Arbeitsnachweis mit der Angabe des vereinbarten Arbeitsentgelts erteilt, kann dies beim Streit um die zutreffende Entgelthöhe zu Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer führen. In der Konsequenz kann im einstweiligen Verfügungsverfahren von der Richtigkeit des Arbeitnehmervortrags hinsichtlich der Entgelthöhe auszugehen sein.

LAG Köln Urt. v. 18.01.2010 – 5 SaGa 23/09

Unklarheitenregelung bei Sonderzuwendung

Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB besagt, dass Unklarheiten zu Lasten des Verwenders gehen. Die Anwendung setzt aber voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Wird in einem Formulararbeitsvertrag geregelt, dass sämtliche Sonderzahlungen freiwillige Zuwendungen sind, für die kein Rechtsanspruch besteht, und soll sich nach einem Klammerzusatz die Weihnachtsgratifikation nach den Bestimmungen des BAT richten, so ist diese Regelung unklar. Der Freiwilligkeitsvorbehalt erfasst in diesem Fall nicht den Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation.

BAG Urt. v. 20.01.2010 – 10 AZR 914/08

Keine Kündigung bei Wegnahme geringwertiger Sachen

Nimmt ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ausgesondertes Material (hier: eine 30 Jahre alte Werkbank) in der irrigen Überzeugung an sich, hierzu berechtigt zu sein, ist regelmäßig keine Kündigung gerechtfertigt. Jedenfalls bei langjährig beschäftigten Mitarbeitern, die bislang noch nicht negativ aufgefallen sind, kann der Arbeitgeber in einem solchen Fall lediglich eine Abmahnung aussprechen.

LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 13.01.2010 – 3 Sa 324/09

Beweislast bei Rückgabe von Arbeitsmitteln

Stellt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine Quittung aus, dass er die dem Arbeitnehmer bei Beginn des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel vollständig zurückerhalten hat, ist dies grundsätzlich ein ausreichender Beweis dafür, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsmittel auch tatsächlich zurückgegeben hat. Hat das Arbeitsverhältnis nicht nur kurze Zeit bestanden, sondern mehrere Jahre, kann bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die zu Beginn des Arbeitsverhältnisses überlassenen Arbeitsmittel noch in der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Arbeitnehmers befinden. Dies gilt erst recht, wenn die Arbeitsmittel auch für andere Arbeitnehmer zugänglich waren.

LAG Berlin-Brandenburg Urt. v. 17.12.2009 – 25 Sa 1571/09

Stellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit

Nach § 8 Abs. 2 ASiG ist der Arbeitgeber verpflichtet, Fachkräfte für Arbeitssicherheit (mindestens) unmittelbar dem Leiter des Betriebs zu unterstellen. Erstens muss er eine Stabsstelle schaffen und sie zweitens in fachlicher und disziplinarischer Hinsicht dem Leiter des Betriebs unterstellen – zumindest wenn ein eigener Arbeitnehmer die Funktion ausübt. Die Rechte und Pflichten der Fachkraft für Arbeitssicherheit für sein Arbeitsverhältnis ergeben sich gemäß § 5 Abs. 1 ASiG nach den Regelungen des ASiG, soweit diese unmittelbar deren Stellung und Tätigkeit im Betrieb betreffen. In diesem Rahmen kann die Fachkraft eigene Rechte gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Aus § 16 ASiG ergibt sich für den öffentlichen Arbeitgeber die Verpflichtung, die Fachkraft für Arbeitssicherheit entsprechend § 8 Abs. 2 ASiG sowohl fachlich als auch disziplinarisch unmittelbar dem Leiter der Dienststelle oder Behörde, für die sie selbst bestellt ist, zu unterstellen.

BAG Urt. v. 15.12.2009 – 9 AZR 769/08

Umfang des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM)

Nach § 84 Abs. 2 SGB IX hat der Arbeitgeber mit allen Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein so genanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen. Das BEM genügt den gesetzlichen Anforderungen, wenn es die zu beteiligenden Stellen, Ämter und Personen einbezieht, keine vernünftiger Weise in Betracht kommenden Anpassungsmöglichkeiten ausschließt und die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert. Hat diese Form des BEM keinen Erfolg, weil kein Konsens zustande kommt, erleichtert das dem Arbeitgeber im Hinblick auf eine mögliche Kündigung die Darlegungs- und Beweislast. Gelingt es, Maßnahmen zu erarbeiten, muss der Arbeitgeber sie auch in Erwägung ziehen. Außerdem muss der Arbeitgeber dafür nötige Schritte in die Wege leiten, den Arbeitnehmer zu einer eventuell nötigen Einwilligung auffordern und deutlich darauf hinweisen, welche arbeitsrechtliche Konsequenzen es hat, wenn er die Maßnahmen verweigert.

BAG Urt. v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08

Androhung einer außerordentlichen Kündigung impliziert nicht immer Anfechtbarkeit des Aufhebungsvertrages

Droht der Arbeitgeber für den Fall, dass der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet, eine außerordentliche Kündigung an, kann hierin zwar eine widerrechtliche Drohung liegen, die den Vertrag anfechtbar macht. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn Umstände vorliegen, aufgrund derer der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Dass die Vorwürfe tatsächlich zutreffen, muss er nicht beweisen.

LAG Schleswig-Holstein Urt. v. 08.12.2009 – 2 Sa 223/09

Schlechtleistung rechtfertigt nicht zwingend Kündigung

Schlechte Leistungen eines Arbeitnehmers können zwar grundsätzlich eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Hinzukommen muss allerdings, dass der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausgeschöpft hat. Insoweit gilt eine abgestufte Darlegungslast. Der Arbeitgeber muss Art, Schwere und Folgen der qualitativen Minderleistung darlegen. Dies umfasst auch Ausführungen dazu, ob dem Arbeitnehmer längerfristig deutlich mehr Fehler unterlaufen sind als den mit ihm vergleichbaren Mitarbeitern.

LAG Hamm Urt. v. 20.11.2009 – 10 Sa 875/09

Anforderungen an Arbeitszeitfestlegung im Arbeitsvertrag

Eine arbeitsvertragliche Bestimmung, wonach der Arbeitnehmer im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten hat, der Arbeitgeber aber die Einzelheiten im Diensteinsatzplan festlegen kann, verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn kein Zeitraum festgelegt ist, innerhalb dessen die Durchschnittsvorgabe erreicht sein muss. Die Bestimmung kann der Arbeitgeber nicht durch eine geltungserhaltende Reduktion oder eine ergänzende Vertragsauslegung mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die monatliche Arbeitszeit mindestens 150 Stunden beträgt.

LAG Köln Urt. v. 11.11.2009 – 9 Sa 584/09

Weitere Informationen: www.naegele.eu