Kritiker neuer Führungsmodelle unken, dass sich in den digital vernetzten Welten nicht wirklich viel an Führungsmodellen ändert; abgesehen von der Tatsache, dass digitale Kommunikation schlechte Manager schneller auffliegen lässt. Wer Führung immer noch nicht kann, der wird schnell eines Besseren belehrt, weil traditionelle Kontrolltraditionen und Rollenverteilungen nicht mehr ziehen. Der Enterprise Leadership Survey greift nun einen Punkt auf, der in den Debatten um New Work-Modelle des öfteren genannt wird: Weil Business in globalen Netzwerkstrukturen stattfindet – das gilt für die Logistik genauso wie für Hotellerie oder Industriezulieferer – müssen Manager ihre Teams anleiten, ebenfalls interdisziplinär zu arbeiten und zu denken. Die in der HR-Branche bekannten Schlagworte und Ansatzpunkte dafür lauten zum Beispiel Corporate Social Responsibility, optimierte Wertschöpfungsketten oder Design Thinking. Die zu erbringenden Dienstleistungen zu zu produzierenden Waren erfordern, dass verschiedene Bereiche just in time an Lösungen arbeiten, statt einander lediglich die Ergebnisse der eigenen Unit zuzuspielen.

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Foto von Chris Benson

Der Survey zeigt, wie die Schere zwischen dem klassischen individuellen Führungsmodell und einer neuen Führungskultur aussieht. Dazu hat das Research-Team das eigene Kompetenzmodell mit jenem abgeglichen, das klassische Parameter abbildet: 

Beim klassischen Management achten Führungskräfte darauf, erstens ihre eigenen Aufgaben und Ziele zu erfüllen und zweitens ihr Team beziehungsweise ihre eigene Unit vorwärts zu bringen. Netzwerk-Manager hingegen verbessern auch die die Performance all jener, die an ihren Projekten inhaltlich und formal beteiligt sind und sie nutzen die Ergebnisse derselben, um an ihnen zu wachsen. Darüber hinaus leiten Netzwerk-Manager ihre Mitarbeiter dazu an, so genannte Netzwerk-Performer zu sein und als solche mit anderen Teams zu kooperieren. Netzwerk-Manager fördern so Peer-Bildung, Innovation abseits von Silo- sowie reiner Fachdenke und sie erarbeiten sich eine Sicht auf ihre Organisation, die tatsächlich globale Ziele erfasst. 

Die Realität: Manager igeln sich in ihrer Unit ein 

In der Praxis sieht die Realität allerdings ganz anders aus. Die Mehrheit der befragten Manager stimmte der These des Surveys zu, dass Leader sich heutzutage mit immer mehr Personen beraten müssen, um zu Entscheidungen zu kommen. Mehr als 80% der Befragten berichten, dass die Komplexität ihrer Aufgaben und zu bearbeitenden Inhalte steigt; bei gleichzeitig mehr Verantwortung. Da ist es keine Erleichterung, dass mehr als die Hälfte der Manager sehr viel Zeit damit zubringen muss, Reports für verschiedene Standorte ihres Unternehmens zu erstellen. Das klaut ihnen nämlich die Zeit, die sie für ihre Teampflege benötigen. 

Laut Studie könnten die CEOs und Manager jedoch Spielraum gewinnen, wenn sie die Implikationen erkennen würden, die ihre Szenarien implizieren würden: Statt Komplexität aus Hilflosigkeit auszublenden, sollten Führungskräfte in Beratungsprozessen auf Peer-Aktionen setzen und sich mehr auf die Expertise dieser Peers verlassen. Dazu müssten sie allerdings erst einmal anfangs ungewöhnliche Peer-Beziehungen zulassen und initiieren; was wiederum eine neue Organisationskultur voraussetzt beziehungsweise befördert. Kritisch merken die Studienautoren auch an, dass Manager lernen müssten, Teams mehr Autonomie zuzugestehen; ein Punkt, den vor allem die Design Thinking- und New Work-Bewegung betont. 

Doch wie viele Manager entsprechen denn nun dem skizzierten neuen Anforderungsprofil? Der Survey beziffert ihre Quote unter den 908 Unternehmen auf zwölf Prozent. Im Detail erzielten diese innovativere Teams, ein höheres Mitarbeiter-Engagement und damit eine bessere Kundenzufriedenheit sowie Teams, die für ungewöhnliche und komplexe Problemen Lösungen finden. Offen lässt die Erhebung allerdings, inwiefern die alte Garde der Manager überhaupt in der Lage ist im vollen Galopp ihre Pferde umzusatteln. Interdisziplinäres Arbeiten und Denken setzt einen gewissen Spielraum, Standfestigkeit gegenüber Existenzfragen und Mut voraus. Es bleibt zu wünschen, dass nicht – wie so oft – erst der Leidensdruck den Krug zum Brunnen führt. 

 

Foto Copyright: Rainer Sturm | www.pixelio.de  
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Referent: Alexander Ratzel | CEB

 

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