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Foto von John Schnobrich

In Interviews und Recherchen zu meinem Buch „Global Management“ habe ich immer wieder in Zwischentönen vernommen, dass die Zufriedenheit der internen Auftraggeber bzw. Kunden mit den angebotenen HR-Leistungen unzureichend ist. Auf der anderen Seite vermittelten uns Personalverantwortliche, dass sie nicht genügend in strategische Entscheidungen eingebunden werden; dass wichtige Informationen fehlen und nicht auf Augenhöhe mit ihnen kommuniziert wird sowie vieles mehr. Im Auslandsgeschäft ist diese Kluft zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung noch gravierender, daher wird hier viel mehr Geld versenkt.

Diesen Eindrücken und Erfahrungen gingen wir nach und starteten eine Online-Blitzumfrage. 69 Topführungskräfte aus internationalen Unternehmen – Vorstände, CEOs, HR-Verantwortliche, Auslandsmanager und internationale Projektleiter aus unterschiedlichen Branchen und Ländern – nahmen daran teil. Das Ergebnis zeigt unter anderem, warum viele Unternehmen ihre Potentiale nicht voll nutzen.

  • Darum ist es wichtig, dass alle dieselbe Strategie bzw. Ziele verfolgen:

Meist besteht eine große Lücke zwischen den Unternehmensstrategien und der Umsetzung im Personalbereich. Die Gründe: Der Personalbereich ist nicht von Anfang an in die Strategieentwicklung eingebunden ist; circa 55 % unserer Befragten beantworten diesen Punkt mit „Nein“, beziehungsweise „teilweise“.

Wichtig ist im nächsten Schritt, dass es eine schriftliche HR-Strategie gibt, abgeleitet aus der Business-Strategie und den Unternehmens-Zielen. Diesen Punkt verneinten rund 20 Prozent aller Teilnehmer, mehr als 30 Prozent antworten mit „teilweise“.

Um einen gemeinsamen Orientierungspunkt für den Personalbereich zu schaffen, müssen  Botschaften klar sein, alle Beteiligten sollten dieselben Ziele kennen und verfolgen. Gerade im internationalen Geschäft ist es wichtig, dass kein Zweifel daran besteht, ob die Strukturen zentral, dezentral sind oder ein Mix aus beiden gefahren wird. Vor diesem Hintergrund fragten wir unsere Umfrageteilnehmer auch, wie ihre Organisation aufgebaut ist. (45 Prozent „Aller Anderen“ sagen, dass das Unternehmen zentral gesteuert wird, für HR jedoch zu „0 Prozent“)?

In den meisten Personalbereichen dominieren oftmals die operativen Themen, Aufgaben erfolgen auf Zuruf.  HR-Manager werden vielfach nicht als die relevanten Experten mit ins Boot genommen. Anstatt bei strategischen Meetings dabei zu sein und wichtige Personal-Kennzahlen zur Planung einzubringen, werden sie von dem Top-Management als Bedenkenträger und  Verwalter gesehen. Man schickt sie in Arbeitskreise, wo sie des Öfteren wertvolle Zeit vergeuden. Um einen kritischen Blick des HR-Fachbereiches strategisch und entscheidungsrelevant einzubinden, ist es nötig, dass alle Beteiligten auf Augenhöhe kommunizieren.

Diese Einstellung macht Personalverantwortlichen ihr Business schwer: „HR kann doch jeder!“ Personalisten ergeht es ähnlich wie Experten im Marketing oder in der Öffentlichkeitsarbeit – viele Personen in und außerhalb des Unternehmens haben eine profunde Meinung dazu und wollen entsprechend mitmischen.

 

  • Darum ist es wichtig, dass alles zusammenspielt:


Was bedeutet dies für das Unternehmen? Dazu ein kurzer Blick in die Umfrage: Die HR-Leistungen sind dem Management, beziehungsweise den internen Kunden zu rund 60 % „nicht“ oder nur „teilweise“ bekannt.

Ist diese Sachlage das Ergebnis fachlicher Geheimniskrämer-Kultur? Zugegeben, nicht alle Tätigkeiten aus dem Personalbereich dürfen jederzeit kommuniziert werden. Dennoch sollen die direkten Zielgruppen – interne nationale sowie internationale Kunden – sehr wohl wissen, was das Leistungsspektrum des HR-Business-Partners ist. In der Partnerschaft „HR – Management“ tragen beide Seiten Verantwortung für ein gelungene Wechselspiel, um HR-Leistungen sichtbar zu machen: Das Top-Management vereinbart und kommuniziert  die gemeinsame Richtung, die Ziele, die Aufgaben und Verantwortlichkeiten; klärt die Rollen und bestätigt den Personalbereich in seinen Kernkompetenzen.

Ein echter Austausch und eine kongruente Kommunikation brauchen mehr Zeit – laut unserer Erhebung nutzt HR zu 100 Prozent Email und/oder Intranet. Sie sind aber der „Klebstoff, der Organisationen zusammen hält“, wie Professor Lothar Seiwert einmal formulierte. Damit Kommunikation kongruent wird, braucht es Zuhör- und Übersetzerqualitäten („Ich übersetze es Dir in Deine Sprache“ – Fokus auf Fakten und Wirtschaftsrelevanz)“ sowie Einfühlungsvermögen und Coaching-Fähigkeiten. Sie gehören klassischerweise zu den Kernkompetenzen von Verantwortlichen im Personalbereich.

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage bezieht sich das Geschäft internationaler Unternehmen. Demnach sagen rund 25 aller Befragten, dass internationale HR-Kennzahlen nicht strukturiert erhoben werden. Das ist nicht unproblematisch: Wesentlich wichtige Unternehmenskennzahlen fließen im Personalbereich zusammen. Das ist nötig, um zum Beispiel zu klären, wie und wo Talente gefunden werden. Weitere Fragen könnten sein: Wie lange brauchen wir für Recruiting beziehungsweise Personalentwicklung? Wann messen wir Mitarbeiterzufriedenheiten? Wann evaluieren wir Kündigungsgründe und Fehlzeiten? Was bedeuten Veränderungswünsche und Benchmarks in anderen HR-Bereichen? Diese Fragen heben Schätze, die für einen Wettbewerbsvorteil am internationalen Markt lebensnotwendig sind. Dennoch werden sie oft nicht gestellt, und die Schätze damit nicht gehoben. Stattdessen werden die Energien meist auf Nebenschauplätzen verbrannt, statt ein gemeinsames Lagerfeuer zu veranstalten, das auch der Mitbewerber sehen kann.

  • So wird der HR als Business-Partner im In- und Ausland wahrgenommen.


Die Öffentlichkeitsarbeit des Personalbereiches sieht traurig aus. Nur circa 60 Prozent aller Befragten geben ihr die Note „kompetent“  bis „sehr kompetent“, während HR ein anderes Selbstbild hat. Diesem zufolge erreicht der Fachbereiches 100 Prozent. In den Länderorganisationen liegt die Zufriedenheit sogar nur noch bei 50 Prozent. Unser Vorschlag an Personalverantwortliche: Was ist mit einer guten Portion „Vertriebs-Bewusstsein“, frei nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“? Jeder Vertriebler weiß: Das Klappern gehört zum Handwerk. Eine klare Definition der eigenen Aufgaben und Zuständigkeiten, der umgesetzten Maßnahmen – sei es im Intranet, bei Mitarbeiterversammlungen, am Info-Board oder im täglichen Gespräch – geben allen Stakeholdern eine klare Ergebnisorientierung und ein gutes Gefühl bei der Zusammenarbeit.

  • Die wertvollste Erkenntnis: Es gibt noch viel zu tun!


Alle im Unternehmen brauchen einen gemeinsamen Orientierungspunkt, ein klares Verständnis der Unternehmensstrategie und der sich daraus ergebenden Kompetenzen und Aufgaben. Eine Koexistenz von HR und Management auf Augenhöhe bedeutet: Jeder Bereich bleibt in seinen Kompetenzen.  

In diesem Fall übernimmt der Personalbereich  die Verantwortung für die „Übersetzung“ der Aufgaben, der Vermittlung, der Kommunikation, das heißt aller Soft Skills und setzt in jedem Moment seine Coaching-Kompetenzen ein.  Als kompetenter  Personaler versteht er sich als echter Dienstleister und nicht bloß als Stabsstelle. Er ist eine Fachberatung, die nicht isoliert ist, sondern als Teil des Ganzen auf Augenhöhe mitgestaltet; also nicht verwaltet. Der HR-Bereich hat Vorbild-Funktion für alle Führungskräfte und Mitarbeiter: Er zeigt, was es bedeutet, Soft Skills anzuwenden und dies ausdrücklich nicht nur bei der Beauftragung von Trainings, Coachings und Ähnlichem.

Das Top-Management hingegen schafft ein starkes Management-Team, zu dem auch der Personalbereich gehört. Hier werden hochrelevante Ziele erarbeitet, welche die Richtung vorgegeben, die unterschiedlichen Verantwortlichen befähigt und unterstützt. Man schafft eine gemeinsame strategische Weitsicht, gebündelt durch die Fragen: „Für welchen Zweck arbeiten wir hier zusammen? Was ist unser großes gemeinsames Ziel, das über den einzelnen Bereich hinausgehtß“ Meist entsteht daraus sozusagen als „Nebenprodukt“ Erfolg, Anerkennung und auch, dass jeder Partner an seinem richtigen Platz mit den eigenen Kompetenzen arbeitet. 

 

  • Die einzige Konstante ist der stetige Wandel


Auf unsere Frage „Sie haben 3 Wünsche frei, was würden Sie angehen?“, wurden für den Punkt „Strategie“ diese Themen genannt: Talent-Management, Kompetenz-Modelle, Job-Pools, globales und nachhaltiges Employerbranding, Shared-Service Center, globales Denken und dezentrales Handeln. Das sind in der Sache sinnvolle Maßnahmen. HR darf aber Folgendes nicht aus dem Blick verlieren: Es ist aus anderen Unternehmensbereichen bekannt, dass Strategien, die heute Wettbewerbsvorteile darstellen, morgen zu Unternehmensprozessen werden. Diese werden bald danach  runter gebrochen in Tools und Instrumente. Wichtig ist es für das Management-Team, bei der Entwicklung der Strategien für die Fachbereiche immer auch auf die Marktführerschaft zu achten und die entsprechenden Strukturen zu schaffen.

Die Schnelllebigkeit an den Märkten fordert nun aber zirkuläre Strukturen, Innovation sowie ein Wechselspiel zwischen Außen und Innen. Gerade im globalen Business dürfen weder das Headquarter noch andere Unternehmensbereiche in alten Strukturen stecken bleiben. Als Experte für Soft Skills – mit Kernkompetenzen als Coach und Kommunikationsexperte – ist der Personalbereich für die Gestaltung und Begleitung dieser Veränderungsprozessen prädestiniert. Mit diesen Fähigkeiten erkennt er Ängste, Widerstände in der Organisation  rechtzeitig und kann sie auffangen. Diese Schlüsselkompetenzen gilt es jedoch immer wieder aufzufüllen und die eigene Fortbildung einzufordern.

  • Weitblick vorhanden – hoffentlich …


Wendet sich die Aufmerksamkeit zu sehr auf das isolierte Arbeiten in den einzelnen Bereichen, geht der Weitblick, die Strategie, der Blick für das Große und Ganze verloren. Alle ins Boot zu holen, bedeutet auch, sich mit den Unterschiedlichkeiten im eigenen Management-Team auseinander zu setzen. Dies ist ein wertvoller erster Schritt für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Kunden, Geschäftspartnern, Kollegen und Mitarbeitern in den Auslandsmärkten. Sponsorship in der Zusammenarbeit und Führung schafft eine gute Ausgangslage für die nötige Flexibilität und den Umgang mit Unsicherheiten, die sich  im internationalen Business zeigen. Auch hier gilt: Wer nicht weiß wohin er kommt und wohin er segeln will, für den ist kein Hafen der richtige (Sokrates).

Fact Box:

  • Zufallsstichprobe: N = 500
  • Teilnehmer: 69 Führungskräfte mit internationalem Background
  • Branchenquerschnitt: Fertigungsindustrie, IT& Telekommunikation,
    Handel, Finanzdienstleistung,
    Dienstleistung, Konsumgüter-Industrie,
    Immobilien und Bauwesen, Logistik & Transport
  • Funktionen: 22,9 % Leiter Personal, HR Verantwortliche,
    34,3 % CEOs, Geschäftsführer, Vorstände (Alle anderen)

    14,3 % Auslandsmanager (Alle anderen)

    28,6 % internationale Projektleiter (Alle anderen)
  • Methode: Online-Fragebogen
  • Länder: Deutschland, Österreich, Spanien, Italien,
    China,Holland, Mexiko und Russland
  • Unternehmensgröße: Mittelstand und Konzerne
  • Auslands-Niederlassungen: Von 1 – 5 bis zu
    mehr als 100 (Konzernstrukturen)

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