Der Fall:
Der Arbeitgeber betreibt ein Textilunternehmen mit einer Verkaufsfiliale in Nürnberg. Dort sind circa 55 Mitarbeiter beschäftigt. Der Betriebsrat führte eine Betriebsversammlung durch und stellte für die Teilnehmer Getränke und Gebäck bereit (Bewirtung/Verpflegung). Der Betriebsratsvorsitzende verauslagte einen Betrag von 40,00 Euro und bat den Arbeitgeber, diese Kosten zu übernehmen. Das lehnte der Arbeitgeber ab.
Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Verfahren beim Arbeitsgericht ein und beantragte, den Arbeitgeber zu verpflichten, einen angemessenen Kostenzuschuss für die Bewirtung von Teilnehmern auf Betriebsversammlungen zu gewähren, zumindest in Höhe von 40,00 Euro und hilfsweise den verauslagten Betrag zu erstatten.
Der Betriebsrat war in beiden Instanzen erfolglos, sein Antrag wurde in erster und zweiter Instanz zurückgewiesen. Die Revision zum BAG wurde nicht zugelassen.
Die Entscheidung:
Das LAG Nürnberg ist der Ansicht, der Arbeitgeber sei weder nach den Vorschriften des BetrVG noch in entsprechender Anwendung von allgemeinen Vorschriften des BGB verpflichtet, Bewirtungskosten zu tragen, die auf Betriebsversammlungen anfallen.
Der Kostenerstattungsanspruch des Betriebsrats nach § 40 Abs.1 BetrVG setzt voraus, dass es sich um Kosten handelt, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstanden sind. Es zähle jedoch nicht zu den dem Betriebsrat durch das Betriebsverfassungsgesetz auferlegten Aufgaben, die Teilnehmer einer Betriebsversammlung zu bewirten. Hinzu kommt, dass der Betriebsrat aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zum Wohle des Betriebs verpflichtet sei, eine Betriebsversammlung so zu planen und durchzuführen, dass vermeidbare Kosten gar nicht erst anfallen.
Das Argument, die Verpflegung sei erforderlich gewesen, um einer Erschöpfung der Teilnehmer vorzubeugen, ließ das LAG nicht gelten. Pausenunterbrechungen könnten Teilnehmer schließlich dazu nutzen, sich im erforderlichen Umfang mit Getränken und Speisen einzudecken und diese oder selbst mitgebrachte Verpflegung zu sich zu nehmen. Auch im Fall der Fortsetzung der betrieblichen Arbeit hätten sich Mitarbeiter zur Mittagszeit bzw. im Rahmen einer Nachmittagspause selbst mit Getränken oder Speisen versorgen müssen.
Noch weiter geht das LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 16. Januar.1998 – 5 TABV 14/96): Selbst die Bewirtung des Referenten einer Betriebsversammlung und aktiv eingesetzter Betriebsratsmitglieder soll demnach allein die persönliche Lebensführung betreffen, und auch hierbei handele es sich um keine zur Erfüllung von Betriebsratsaufgaben erforderlichen Aufwendungen.
Praxishinweise:
Die Betriebsversammlung dient der Aussprache und gegenseitigen Information zwischen Betriebsrat und Belegschaft und innerhalb der Belegschaft. Betriebsversammlungen sind einmal im Kalendervierteljahr vom Betriebsrat einzuberufen. Der Arbeitgeber ist ebenfalls mit einzuladen.
Die inhaltliche Gestaltung der Betriebsversammlung ist Sache des Betriebsrats, der neben den Inhalten, die vorgeschrieben sind (etwa: Vierteljahresbericht, Wirtschafts-, Personal- und Sozialbericht) grundsätzlich die Tagesordnung frei bestimmt. Der Arbeitgeber und ein Viertel der Belegschaft können eine Ergänzung der Tagesordnung um eigene Punkte verlangen, und zwar auch noch während der Betriebsversammlung.
Die regelmäßigen Betriebsversammlungen finden während der Arbeitszeit statt; die Zustimmung des Arbeitgebers ist nicht erforderlich, und der Arbeitgeber darf der Belegschaft auch nicht etwa die Teilnahme an der Versammlung untersagen. Der Betriebsrat muss zwar auf die betrieblichen Notwendigkeiten Rücksicht nehmen, ist dabei aber nicht auf Zeiträume verwiesen, in denen der Betriebsablauf so wenig wie möglich gestört wird. Betriebsversammlungen können etwa im Einzelhandel während der Ladenöffnungszeit stattfinden: die Filialen bleiben dann geschlossen. Bei gleitender Arbeitszeit dürfen Betriebsversammlungen in der Kernzeit stattfinden. Jedoch muss der Betriebsrat den Arbeitgeber jeweils frühzeitig über den geplanten Termin der Betriebsversammlung unterrichten, damit der Arbeitgeber geeignete Vorkehrungen (vorübergehende Arbeitseinstellung bzw. Betriebsschließung) im Hinblick auf die mit der Arbeitsunterbrechung verbundenen betrieblichen Beeinträchtigungen treffen kann.
Durch die Teilnahme an einer Betriebs- und Abteilungsversammlung sollen die Arbeitnehmer keine Einbußen beim Arbeitsentgelt haben. Der Arbeitgeber hat deshalb die Zeit der Teilnahme an der Betriebsversammlung zu vergüten; er hat außerdem zusätzliche Wegezeiten und Fahrtkosten zu tragen bzw. diesbezügliche Kosten zu erstatten. Der Arbeitgeber soll auch Kinderbetreuungskosten erstatten, soweit der Arbeitnehmer an einer außerhalb seiner Arbeitszeit liegenden Betriebsversammlung nur teilnehmen kann, wenn die Kinder betreut werden.
Auch außerhalb von Betriebsversammlungen verursacht die Ausübung der Betriebsratstätigkeit Kosten. Über die Frage, wer diese zu tragen hat, gibt es regelmäßig Streit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. In der Praxis sollte jeder Arbeitgeber seine Verhandlungsposition kennen und wissen, was er zahlen muss und was nicht; oftmals werden großzügige Zugeständnisse gemacht, nur um ein gutes Verhältnis mit dem Betriebsrat nicht zu stören.
Die Erstattungspflicht des Arbeitgebers besteht nur für solche Kosten, die zur Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich und angemessen sind. Die Tätigkeit, durch die Kosten entstehen, muss sich innerhalb des Aufgabenbereichs halten, der dem Betriebsrat vom Gesetz zugewiesenen ist. Weiter muss der Betriebsrat bei Ausgaben stets die betrieblichen Verhältnisse (Klein- oder Großbetrieb) und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigen und muss auch die berechtigten Interessen des Arbeitgebers an einer Begrenzung der Kosten abwägen.
Zu den Kosten, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehen, können auch notwendige Aufwendungen einzelner Betriebsratsmitglieder gehören, etwa Fahrtkosten, wenn das Betriebsratsmitglied zu einer Betriebsratssitzung außerhalb seiner üblichen Arbeitszeit fahren muss oder wenn es in einem auswärtigen Betriebsteil zu tun hat, dort essen oder telefonieren muss, Portoauslagen hat. Der Arbeitgeber hat jedoch nur die Kosten zu tragen, die wirklich entstanden sind, und die Aufwendungen müssen erforderlich und verhältnismäßig sein.
Bei Teilnahme an einer Schulung gehören zu den Aufwendungen, die dem Betriebsratsmitglied zu erstatten sind. Dazu gehören auch Fahrt- und Verpflegungskosten sowie weitere Auslagen, soweit sie notwendig sind, um an der Schulung teilzunehmen.
Tipp: Der Arbeitgeber kann die Kostenerstattung davon abhängig machen, dass bei Schulungen die erstattungsfähigen tatsächlichen Kosten im Einzelnen angegeben werden, wenn der Betriebsrat oder die einzelnen Schulungsteilnehmer die Kostenerstattung verlangen.