Mit Objectives & Key Results (OKRs) lassen sich Vorhaben zielfokussiert ausrichten. Sie mindern Komplexität und bieten eine Transparenz über den täglichen Stand der Dinge, die übliche Statusverfahren nicht zuverlässig liefern. Im Gegensatz zu gängigen Vorurteilen eignen sie sich nicht nur für große Unternehmen, sondern sind auch ein starker Managementmotor in mittelständischen Betrieben. Technisches Know-how allein reicht jedoch nicht aus, um ihre erfolgreiche Anwendung zu gewährleisten. Ebenso wichtig ist das Verständnis dafür, wie OKRs Menschen emotional auf die angestrebten Zielzustände ausrichten und sie zu herausragenden Leistungen anspornen.

Auf dem Weg zum Gipfel: Objective Key Results (OKRs) können dazu beitragen, Ziele zu erreichen.
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Kurzer Überblick: So gehen OKRs

Jedes OKR setzt sich aus einem Zielbild – einem angestrebten Zustand in der Zukunft – und den dafür notwendigen Schlüsselergebnissen zusammen, die schrittweise in der Kombination das Zielbild verwirklichen. Ein solcherart beschriebener Zielzustand im Objective könnte beispielsweise lauten:

„Mit unseren Maßnahmen im Servicebereich werden wir künftig 75 Prozent aller Kundenanfragen sofort lösen und dafür durchschnittlich nicht mehr als 30 Minuten benötigen. Mit einem neuen Leitfaden zu den häufigsten Problemen der Kunden wird unser Service 20 Prozent effizienter als früher sein. Künftige Direktleitungen zu den Abteilungen sorgen dafür, dass der Support Spezialthemen direkt in die Fachabteilungen weiterleiten kann. Ein softwaregesteuertes Leitungsmanagement räumt immer dem Kunden Priorität ein, der bereits am längsten wartet.

Key Results dazu könnten sein:

  1. Die Servicezufriedenheit in den Kundenbefragungen steigt von 70 auf mindestens 85 von 100 Punkten.
  2. Statt 60 Prozent können wir künftig 75 Prozent aller Kundenanfragen im ersten Kontakt klären.
  3. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit sinkt von 20 auf 16 Minuten.

Beim ersten Hinsehen erscheint dies eindeutig, ist aber tatsächlich nicht hinreichend. Der angestrebte Zustand ist präzise dargestellt, die Schlüsselergebnisse sind messbar und ausreichend, um die gewünschte Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen. Trotzdem stellt sich die Frage, ob die am Ablauf beteiligten Mitarbeitenden diese Zukunft emotional mitreißend finden und bereit sind, über einen längeren Zeitraum, jeglichen Hindernissen zum Trotz alles für ihre Umsetzung zu tun.

Wie Gefühle ihre Wirkung zeigen

In der Managementpraxis haben Gefühle oft keinen Platz. Obwohl die passenden Emotionen starke Antriebskräfte sein können, verlassen sich viele Führungspersönlichkeiten eher auf die Vernunft, um Menschen für ein Ziel zu gewinnen. Sie glauben, dass der Verstand genügt, um das Richtige zu tun, weil das Herz in der leistungsorientierten Geschäftswelt nur eine motivationale Nebenrolle spielt. Unglücklicherweise scheitert die reine Logik jedoch sehr verlässlich daran, ambitionierten Projekten und Aktionen genügend Schubkraft zu verleihen. Wer nur den Verstand und die sogenannte „höhere Einsicht“ adressiert, muss meist auf die großen Antreiber Vorfreude, Zuversicht und Siegeswillen bei den Mitarbeitenden verzichten.

Um im Gegensatz dazu die emotionalen Antriebskräfte zur Entfaltung zu bringen, ist es wichtig, fördernde Emotionen (Verstärker) zu aktivieren und hemmende (Blockierer) zu beseitigen. Die folgende Darstellung zeigt dies auf:

Vertrauen, Leidenschaft und Neid sind Top-Emotionen, die eine starke Vorwärtsbewegung ohne Hemmung zu erzeugen. Stolz, Angst und Zufriedenheit lassen Menschen zwar nach vorn gehen, weisen zugleich aber auch Bremswirkungen auf. So kann Stolz nicht nur neue Power geben, sondern ebenso zu überzogener Euphorie, zu Selbstüberschätzung und Sattheit führen. Ähnliches gilt für Zufriedenheit, die durch das Verlangen nach Stabilität des Zustands nicht nur Motivation, sondern auch Stagnation hervorrufen kann.

Die größten Blockierer sind Verzweiflung, Schuldgefühle und Scham. Glück und Freude verstärken zwar, verlieren jedoch schnell ihre Wirkung, wenn sie nicht kontinuierlich genährt werden.

Zukunft mit Sogwirkung

OKRs, die eine menschliche Verstärkerkraft in sich tragen, erfüllen zwei Bedingungen: Sie basieren auf lebhaft vorgestellten Zukunftsvisionen und lösen eine emotionale Sogwirkung aus. Diesen Prinzipen folgend, könnte ein vollständiges Objective im Beispiel folgendermaßen lauten:

„Wir sind stolz darauf, 75 Prozent aller Kundenanfragen sofort zu lösen und dafür in der Regel nicht mehr als 30 Minuten zu benötigen. Mit unserem neuen und vereinfachten Leitfaden zu den häufigsten Problemen arbeiten unsere Servicemitarbeiter heute im Durchschnitt 20 Prozent effizienter als früher. Die jüngst etablierten Direktleitungen zu den Abteilungen erlauben dem Support, Spezialthemen direkt in die Fachabteilungen weiterzuleiten. Die Gefahr interner Abstimmungsprobleme sinkt, und unsere begeisterten Kunden bekommen ihre Lösungen ohne überflüssige Wartezeiten. Durch das softwaregesteuerte Leitungsmanagement wird jederzeit dem Kunden Priorität einräumt, der am längsten in der Leitung war. Damit vermeiden wir Ärger auf der Kundenseite und reduzieren den Stress im Service spürbar.

Ein solch lebendige Vorstellung vor dem inneren Auge erlaubt nicht nur, die Zukunft genau zu visualisieren, um sie ausgehend von Status quo schrittweise anstreben zu können. Sie lässt auch die erstrebenswerten positiven Emotionen spüren, die in der neuen Realität zu erwarten sein werden.

Unverzichtbar beim Zielbilddesign ist allerdings, dass die Zukunftsbilder in ausführlicher Schriftform und im Unterschied zu ersten Version im Präsens formuliert werden. Das löst im Gehirn ähnliche Emotionen aus, als wäre das Bild bereits realisiert. Der mögliche Stolz wird bereits empfunden und entstehende Vorfreude und Spannung wecken die Leidenschaft, energisch voranzugehen.

Vollbrachte Objectives im Sechs-Monats-Takt

Auch langfristige Projekte und Strategieumsetzungen, die über mehrere Monate oder zwei bis drei Jahre andauern, verfügen über ein in diesem Zusammenhang übergeordnetes, allumfassendes und greifbar vorstellbares Zielbild. Bei solch langen Zeiträumen besteht jedoch die Gefahr, dass die Begeisterung der Teilnehmer nach und nach schwindet. Um die Vorspannung auf Freude, Stolz und Erfolgserlebnisse langfristig aufrechtzuerhalten, sind kontinuierlich neue Anreize notwendig. Deswegen werden langfristige Projekte in sechsmonatige Passagen mit eigenen Zielbildern aufgeteilt, die in Etappen regelmäßig Erfolgsmomente und den Appetit auf mehr erzeugen. Dies verleiht Schwung, Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, Rückschläge zu überwinden, die dann nicht mehr demotivieren, sondern ein kräftiges “Jetzt erst recht!“ hervorrufen.

Objectives – auf Outcome und Impact kommt es an

Im Kontext der Wirkungslogik bestehen realisierte Objectives immer aus einem greifbaren Ergebnis oder einer Auswirkung mit betriebswirtschaftlichem Effekt (Outcome oder Impact). Die zugehörigen Key Results stellen entweder einen Output oder ein Outcome dar.

  • INPUT = Key Actions: Neu engagierte Vertriebstrainer bieten Workshops an
  • OUTPUT = Key Result: Die Einwandbehandlung und die Abschlusstechnik der Verkäufer sind deutlich verbessert
  • OUTCOME = Objective/Key Result: Die Hit-Rate (Anzahl der abgeschlossenen Geschäfte je 100 Kundenkontakte) steigt vernehmlich an.
  • IMPACT = Objective: Die gesteigerte Hit-Rate erhöht konsequent den Umsatz und damit den Gewinn

Im Kontext der Gefühle sind lediglich Outcome oder Impact starke Auslöser von Leidenschaft und Stolz sowie Vertrauen ins eigene Team und die Führungskräfte der jeweiligen Abteilungen und Bereiche. Input und Output können zwar einen kurzen Schub der Zuversicht auslösen, der ohne den Nachweis zählbarer Erfolge aber schnell wieder verpufft.

Wer mehr fordert, bekommt auch mehr

Um die Wirkung von Objectives & Key Results optimal zu entfalten, verlangen die angestrebten Ziele außergewöhnliche Bemühungen. Wenn sie problemlos oder frühzeitig erreichbar sind, kann es passieren, dass die Leistung nach dem Zieleinlauf stagniert. Besser ist es, hoch zu greifen und so viel davon wie möglich zu erreichen, als zu wenig zu fordern und nicht alles am Ergebnis herauszuholen, was drin gewesen wäre. 

Damit dies jedoch nicht zu Entmutigung schon vor dem Beginn führt, müssen Werte wie Vertrauen, Begeisterung sowie eine positive Fehler- und Lernkultur in der Unternehmensidentität verankert und aktiv gelebt werden. Da das OKR-Konzept nicht auf Perfektion abzielt, die ohnehin kaum erreichbar ist, sondern sich auf Fortschritt konzentriert und belohnt, werden die Beteiligten alles daransetzen, dem Idealbild so nah wie möglich zu kommen. Dabei werden sie regelmäßig mehr erreichen, als wenn die Vorgaben einfach gestaltet gewesen wären.

Eine Stärke, die zukunftsfähig macht

Wie gezeigt, liegen die wesentlichen Bedingungen der emotionalen OKR-Stärke in ihrem Fokus auf ein eindrückliches, ersehnenswertes Zielbild und ihrer Orientierung auf messbarem Fortschritt statt sklavischer Planerfüllung. Wer diese Kraft in den Menschen weckt, entfacht in ihnen ungekannte Freude und Leistungsfähigkeit. Sie schreiten aus eigenem Antrieb dynamisch vorwärts, wodurch ein unglaubliches Momentum entsteht, das Unternehmen in eine erfolgreichere Zukunft führt.