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Foto von Annie Spratt

Im Ergebnis sollten Arbeitgeber in Bezug auf die Erstellung und das Betreiben einer Facebookseite insgesamt von einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausgehen. 

 

RA und FA für Arbeitsrecht
Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule
Bremen, Direktor KompetenzCentrum für Wirtschaftsrecht, Hamburg

Mit freundlicher Genehmigung der HUSS-MEDIEN GMBH aus AuA – 6/17, Seite 374

 

 

 

 

 

 

Entscheidung

Das BAG gab der Rechtsbeschwerde teilweise statt. Das Betreiben einer Facebookseite durch den Arbeitgeber ist insoweit mitbestimmungspflichtig, als es der alleinigen Entscheidungdes Unternehmens unterliegt, Postings unmittelbar zu veröffentlichen. Soweit sich diese auf das Verhalten oder die Leistung der Belegschaft beziehen, führt das zu einer Überwachung von Arbeitnehmern durch eine technische Einrichtung i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

Konsequenzen

Eine solche technische Einrichtung ist jedes optische, mechanische, akustische oder elektronische Gerät (BAG, Beschl. v. 8.11.1994 – 1 ABR 22/94), also auch jede Form von Datenerhebung, so dass insbesondere alle Arten computergestützterAuswertungen darunterfallen. Das Vorhalten einer Facebookseite durch den Arbeitgeber stellt danach stets eine technische Einrichtung dar. Anders als bei analogen Beschwerdemöglichkeiten sind Facebookpostings und Bewertungen technische Vorgänge, die einer automatisierten Datenerhebung entsprechen.

Durch die erstmalige Erlaubnis für solche Vorgänge mittels einer dahingehenden Seitenkonfiguration wird ein technischer Automatismus in Gang gesetzt, der die Möglichkeit von Bewertungen nach sich zieht.
Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats wird jedoch erst dann ausgelöst, wenn diese zur Überwachung von Leistung und Verhalten der Arbeitnehmer bestimmt ist. Dies ist indes über den Wortlaut des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hinaus bereits dann der Fall, wenn durch die Datenerhebung eine Überwachung objektiv möglich ist (BAG, Beschl. v. 9.9.1975 – 1 ABR 20/74).

Für eine gewerbliche Seite lässt es Facebook für seine Nutzer zu, zahlreiche Bewertungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Dies kann etwa durch die Vergabe von Sternen, Likes oder Postings erfolgen. Solche Postings werden von anderen Facebooknutzern frei formuliert und können einen (ab-)wertenden Inhalt haben, der sich inhaltlich auch auf Mitarbeiter beziehen kann. Solche Wertungen kann der Arbeitgeber als Seiteninhaber zwar modifizieren. 

Die Vorgaben zur Konfiguration einer gewerblichen Facebookseite lassen es aber nicht zu, dass jede Form der Interaktion vollständig ausgeschlossen ist. Folglich können auch Verhaltens- und Leistungsbeurteilungen durch andere Nutzer genauso wenig ausgeschlossen werden wie deren Bezug zur Mitarbeiterschaft. Es besteht die Möglichkeit der Überwachung der Arbeitnehmer, so dass das Mitbestimmungsrecht einschlägig ist. Dieses umfasst sowohl die Einführung als auch die dauerhafte Durchführung der Facebookpräsenz. 

Zwar betrifft das Mitbestimmungsrecht nur die Entscheidungen des Arbeitgebers zur unmittelbaren Veröffentlichung von Postings anderer Nutzer, soweit sich diese auf das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern beziehen. Daraus eine eingegrenzte Mitbestimmung für den Betriebsrat abzuleiten, dürfte jedoch aus rein tatsächlichen Erwägungen schwerfallen. Das Nutzen einer unternehmerischen Facebookseite lässt es aufgrund der vorgegebenen Konfigurationsparameter kaum zu, Bewertungen von Mitarbeitern durch fremde Nutzer oder „Freunde“ vollständig auszuschließen. Vor allem ergäbe eine vollständig statische Facebookseite ohne jede Kommentierungs- oder Bewertungsfunktion unter Marketinggesichtspunkten keinen Sinn.

Problempunkt

Die Arbeitgeberin ist das herrschende Unternehmen eines Konzerns, der Blutspendedienste betreibt. Bei den einzelnen Terminen sind stets zahlreiche Mitarbeiter der Konzernunternehmen anwesend, welche die medizinischen Dienste durchführen und die Spender betreuen. Hierbei sind regelmäßig ein oder mehrere Ärzte sowie bis zu sieben weitere Beschäftigte tätig. Auf der Arbeitskleidung finden sich neben den Kennzeichen der Arbeitgeberin auch Namensschilder der Angestellten. Die Arbeitgeberin richtete bei Facebook eine Seite für konzernweites Marketing ein.

Das Unternehmen stellt dort sich, seine Leistungen und Neuigkeiten dar. Bei Facebook registrierte Nutzer können dort zudem eigene Postings einstellen. Im Rahmen solcher Postings wurden in der Folge verschiedene Aussagen zum Verhalten von Arbeitnehmern geäußert. Daraufhin machte der Konzernbetriebsrat geltend, die Einrichtung und der Betrieb der Seite seien mitbestimmungspflichtig. Die Arbeitgeberin könne mit von Facebook bereitgestellten Auswertungsmöglichkeiten die Beschäftigten überwachen. Auch könnten sich Nutzer durch Postings zum Verhalten oder der Leistung von Mitarbeitern öffentlich äußern, wodurch ein erheblicher Überwachungsdruck erzeugt werde. Das LAG Düsseldorf wies die Anträge ab.